W 140 von 1991 – Wer erinnert sich noch?
von Tom Schwede am 09. Aug 2011Kinder wie die Zeit vergeht! Eine Pressemitteilung führte mir vor einigen Tagen schmerzhaft vor Augen, welcher Aufreger vor inzwischen mehr als 20 Jahren das Volk der Auto-Fans bewegte. Mit viel Tamtam stellte Mercedes-Benz im Frühjahr 1991 die Baureihe W 140 als neue S-Klasse vor. Vollmundig bezeichneten die Stuttgarter die Neuerscheinung beim Debüt als das beste Auto der Welt. Die Antwort waren Spott und Hohn.
Kinder wie die Zeit vergeht! Eine Pressemitteilung führte mir vor einigen Tagen schmerzhaft vor Augen, welcher Aufreger vor inzwischen mehr als 20 Jahren das Volk der Auto-Fans bewegte. Mit viel Tamtam stellte Mercedes-Benz im Frühjahr 1991 die Baureihe W 140 als neue S-Klasse vor. Vollmundig bezeichneten die Stuttgarter die Neuerscheinung beim Debüt als das beste Auto der Welt. Die Antwort waren Spott und Hohn.
Die S-Klasse von Mercedes-Benz galt lange als Spitze des Autobaus. Sie setzte mehrfach Standards, die der Rest der Autoindustrie bald aufgriff. Doch ab 1986 setzte BMW die Stuttgarter mit ihrem Siebener der Baureihe E32 mächtig unter Druck. Mit ihm bot erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg ein deutscher Autobauer einen Zwölfzylinder an. Die Baureihe W 140 war auch eine Antwort auf diese Herausforderung. Mit ihr wollte Mercedes-Benz das Auto quasi neu erfinden. Entsprechend lang ist die Liste der Neuheiten, die mit dieser S-Klasse auf den Markt kamen.
Die Extras hatten ihren Preis ihr Gewicht
Neben dem heute weit verbreiteten ESP gehörten dazu ein Bremsassistent, die optionale Sprachsteuerung LINGUATRONIC und Verbundsicherheitsglas, das Geräusche dämmte. Daneben zeigte sich Mercedes-Benz umweltbewusst. Nahezu alle Fahrzeugkomponenten seien recyclingfähig, versprach der Autobauer beim Debüt der damals neuen S-Klasse. Zudem hielt mit ihr die Informatik Einzug in das Auto. Als weltweit erstes Serienauto vernetzt der W 140 mit dem CAN-Bus seine Steuergeräte. Um den eigenen Anspruch zu untermauern, legte die neue S-Klasse gegenüber ihrem Vorgänger deutlich an Größe zu.
5.113 Millimeter war die neue S-Klasse mindestens lang. Das waren 20 Zentimeter mehr als der Vorgänger W 126 und der Wettbewerber aus Bayern boten. Doch mit 1,9 Tonnen Leergewicht wog der W 140 fast 400 Kilogramm mehr als sein Vorgänger. Wer, wie es damals bei Mercedes-Benz üblich war, eine umfangreiche Ausstattung orderte, der war in seinem W 140 mit 2,2 Tonnen auf der Straße unterwegs. Kein Wunder, dass die S-Klasse der Baureihe W 140 schnell einen Spitznamen bekam. Wie den damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl nannten bald alle die neue S-Klasse nur „den Dicken“.
Größe überfordert – in der Politik und auf der Straße
Wenn ich an die S-Klasse der Baureihe W 140 denke, dann denke ich zunächst an die Vorstände meines damaligen Arbeitgebers. Ihre neuen S-Klassen waren zu groß für die angestammten Parkplätzen. Deshalb wurden im Firmen-Parkhaus die Parkplätze neu gezeichnet. Ich hatte später einige Male die Gelegenheit zum Fahren mit der S-Klasse der Baureihe W 140, der Vater meiner Freundin hatte eine. Deshalb erinnere ich mich an ihre unglaublich gute Federung. Selbst auf belgischen Autobahnen, die auch Mitte der 1990er-Jahre schon das Beste hinter sich hatten, ließ sich in der S-Klasse mit hohem Tempo Richtung Paris eilen.
Das gefiel – wegen der Übertretung der erlaubten Geschwindigkeit – natürlich nicht allen belgischen Polizisten. Doch nach dem Kassieren wurde selbst dem studentischen Aushilfs-Chauffeur dieses Fahrzeugs eine gewisse Bewunderung für das beste Auto der Welt zu Teil. Sogar obwohl diese S-Klasse „nur“ mit unfassbar hässlichen Velours-Sitzen ausgestattet war.
Wer braucht mit einer S-Klasse schon eine Parklücke?
Doch losgelöst davon sorgten die kolossalen Abmessungen der Baureihe W 140 bald überall für Kritik. Zudem sprach sich rum, dass das Dickschiff verhältnismäßig unübersichtlich war. Mercedes-Benz stattete den Wagen daher bald mit einer passiven Einparkhilfe aus. Beim Einlegen des Rückwärtsgangs fuhren aus den hinteren Kotflügeln kleine Peilstäbe aus. Sie sollten dem Fahrer helfen, das Heck und seine Position in einer Parklücke besser einzuschätzen Das war ein sehr pragmatischer Ansatz, dessen Umsetzung sicherlich auch etwas Mut erforderte. Die Lösung spaltete die Auto-Freunde in zwei Lager. Die Einen bewunderten die einfache Lösung, die Anderen spotteten über so viel Low-Tech im High-Tech-Auto.
Nach rund drei Jahren hatte der Spott ein Ende. Die Stummel verschwanden bei einem Facelift. Die Designer senkten das Heck etwas ab. Daneben bot Mercedes eine elektronische Einparkhilfe PARKTRONIC mit Ultraschallsensoren an. Trotzdem blieben die Peilstäbe vielen Auto-Fans bis heute in Erinnerung. Sie gehören zu den kuriosen Details, die jemals ein Auto verzierten. Und kaum zu glauben, es ist schon 20 Jahre her, dass diese Peilstäbe diskutiert wurden. Kinder wie die Zeit vergeht!
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