Auto-Erinnerungen

30 Jahre Opel Manta 400

Klassiker auf den zweiten Blick

Einige Autos gelten bereits kurz nach ihrem Debüt als „out“. Mit ihnen will sich praktisch niemand sehen lassen. Doch es gibt Chancen, dass gerade diese Fahrzeuge später einmal zu gesuchten Klassikern reifen. Teilweise werden hässliche Entchen mit etwas Zeit zu einem schönen Schwan. Der Opel Manta 400 ist so ein Fall. Beim Debüt eher verkannt, ist er heute ein gesuchter Klassiker.

Opel Manta 400 bei der Paris Dakar 1984 (Foto: Stellantis)
Opel Manta 400 bei der Paris Dakar 1984 (Foto: Stellantis)

Opel war in den 1970er und frühen 1980er-Jahren auf den Rallye-Pisten der Welt zu Hause. Obwohl die Rüsselsheimer mit den 1979 vorgestellten Ascona immer noch wettbewerbsfähig ist, stellten sie auf dem Genfer Automobilsalon 1981 den Opel Manta 400 als neues Homologationsmodell für den Motorsport vor. Denn für die Homologation in der damaligen Gruppe 4 schrieben die Regularien der Fédération Internationale du Sport Automobile (FISA) den Bau von 400 Exemplaren innerhalb von 24 Monaten vor. Opel verewigt diese Stückzahl im Namen der Sportversion ihres Coupés. Denn den Opel Manta der zweiten Generation gab es bereist seit 1975. Nun, sechs Jahre später soll dieses „alte“ Auto neue Motorsporterfolge für Opel einfahren.

Gebaut für den Motorsport

Der Manta 400 unterscheidet sich von den zahmeren Modellen der von 1975 bis 1988 gefertigten Manta B-Baureihe deutlich. Die Ausrichtung auf den Motorsport ist offensichtlich. Herzstück des Manta 400 ist der 2,4 Liter-Vierzylindermotor mit einer Leistung von 144 PS. Auf dem Motorblock sitzt ein Querstromzylinderkopf mit 16 Ventilen, die zwei obenliegenden Nockenwellen betätigen. Die Kurbelwelle verfügt über acht Ausgleichsgewichte. Eine Bosch-LE-Jetronic-Einspritzanlage übernimmt die Spritversorgung. Serienmäßig ist ein Fünfganggetriebe an Bord, bereits ab Werk konnten die Kunden wischen zwei Hinterachsübersetzungen wählen – der Einsatzzweck „Sport“ lässt grüßen.

Das Fahrwerk des Opel Manta 400 verfügt über eine Hinterachse, die fünf Lenker führen. Vor 30 Jahren sorgte dieser verhältnismäßig große Aufwand bereits in der für die Homologation notwendigen Kleinserie für überdurchschnittliche Fahrleistungen. Den Sprint von null auf Tempo 100 absolviert der Manta 400 in 7,5 Sekunden. Am Ende der Beschleunigung liegt eine Höchstgeschwindigkeit von 210 km/h an. Gut, dass an der Vorderachse eine mit innenbelüfteten Scheiben optimierte Bremsanlage für Verzögerung sorgt. Trotzdem bewarb Opel das 1981 für 31.201 DM verfügbare Sportcoupé mit dem Slogan: „Dynamischer Ausdruck reiner Fahrfreude. Für Kenner und Könner“.

Von der Entwicklung geschlagen

Für den Einsatz im Motorsport gab es zahlreiche – heute heißt es in solchen Fällen sofort – „Updates“. Das Tuning-Paket von Partner Irmscher bot einen Stoßfänger aus Kunststoff – vorne mit integriertem Frontspoiler – sowie verbreiterte Kotflügel, Seitenschweller und Leichtmetallräder im Format 8 J x 15 für Reifen der Größe 225/50 VR 15. Auf der Heckklappe thront nach dem Update ein dreiteiliger Heckspoiler. Mit diesem Update-Paket wurde der 400er zum Vorbild für zahlreiche „Bastelbuden“, die einige Jahre später zum schlechten Image des Opel Manta beitragen sollten.

Für den Opel Manta 400 bot Opel übrigens auch die für den Motorsport notwendige Aufrüstung. Zunächst standen im Wettbewerb 250 PS zu Verfügung. Spätere „Phase-II“- und „Phase-III“-Triebwerke boten sogar bis zu 280 PS Leistung. Die leistungsstärkste Version beschleunigt der 400er Manta in nur 5,5 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h. Trotzdem blieben die Sporterfolge, die Opel besonders in der Rallye-Weltmeisterschaft anstrebte, aus. Denn in der Rallye-Weltmeisterschaft braute sich gerade ein anderer Wind zusammen: Audi läutete 1981 mit dem Audi quattro das Zeitalter der Allrad-Fahrzeuge ein. Beide Autos standen übrigens zeitgleich auf dem Genfer Autosalon.

Opel ging mit dem Opel Manta 400 in die Wüste

Dazu kam, dass die FIA nach der Vorstellung des Opel Manta 400 zur Saison 1982 das Reglement änderte. Für die neue Gruppe B, die die Gruppe 4 ablöste, mussten die Hersteller nur noch 200 gebaute Fahrzeuge nachgewiesen. Bei den Wettbewerbern entstanden daraufhin Fahrzeuge wie der Audi Sport quattro, der Peugeot 205 Turbo 16 oder die Lancia 037 Rally und Delta S4. Sie waren in der Regel mit ihren zahmen Brüdern aus der Serienmodellen nur noch ganz entfernt verwandt. Zudem fuhr Opel zweigleisig. Denn 1982 kämpft Walter Röhrl – letztlich erfolgreich – im Opel Ascona 400 um die Weltmeisterschaft.

Erst zum 1. März 1983 homologierte Opel den Opel Manta 400 in der Gruppe B. Dafür baute Opel tapfer 245 Exemplare des Coupé. Doch anders als im Vorjahr der Ascona steht der Rüsselsheimer mit seinem Heckantrieb auf den Rallye-Pisten der Welt längst auf verlorenem Posten. Zumal inzwischen kein Ausnahmekönner wie Walter Röhrl mehr am Lenkrad dreht. Nur in Deutschland gab es einen kleinen Erfolg. Denn Erwin Weber und sein Copilot Gunter Wanger sicherten sich 1983 die Deutsche Rallyemeisterschaft. Doch in der Weltmeisterschaft kann Opel – anders als mit dem Vorgänger – nicht mehr um Gesamtsiege kämpfen.

Opel ging 1984 mit dem Opel Manta in die Wüste. Bei der Rallye Paris-Dakar, die damals von Paris über Spanien und Marokko, durch Algerien, die Elfenbeinküste, Guinea, Sierra Leone und Mauretanien nach Dakar im Senegal führte, brachte Opel sein Werksteam den Start. Dabei feierte das Coupé seinen wohl größen Motorsporterfolg. Denn Guy Colsoul und Alain Lopes gewannen nach rund 11.000 Kilometern die Wertung der Fahrzeuge ohne Allradantrieb. In der Gesamtwertung kamen die Belgier als Vierte hinter drei Allradfahrzeugen ins Ziel. Den Sieg holte Porsche mit dem Porsche 953 genannten 911 SC/RS 4×4, der ein Versuchsträger für den Übersportwagen Porsche 959 war.

Neue Heimat in der „Grünen Hölle“

Nachdem es auf den Rallye-Pisten der Welt nicht zu den ganz großen Erfolgen reichte, entdecken Hobbypiloten den Opel Manta 400 als preiswertes und haltbares Sportgerät. 1986 belegte der heutige Mercedes-Motorsport-Direktor Norbert Haug gemeinsam mit dem damaligen Opel-Kommunikationsdirektor Karl Mauer und Joachim Winkelhock beim 24 Stunden-Rennen auf dem Nürburgring den zweiten Platz. Anschließend wurden die Opel Manta 400 zum festen Bestandteil der Szene des Langstreckenpokals. Selbst heute, 30 Jahre nach seinem Debüt ist der Manta 400 noch in der „Grünen Hölle“ aktiv.

Bernhard Schmittner und Opel-Mitarbeiter Peter Hass treten mit ihrem Opel Manta 400 regelmäßig im Langstreckenpokal an. Nach der Übernahme eines ehemaligen Werksautos bestritt das Team seit 1987 fast 100 Langstreckenrennen. Dabei sprangen mehr als 40 Klassensiege gegen die – zum Teil deutlich moderne – Konkurrenz heraus. Auch bei Oldtimer-Treffen sorgen echte Opel Manta 400 heute nicht mehr für Entsetzen. Die hässliche Ente lockt, da das Publikum sie heute als Schwan wahrnimmt, meist sogar ein bewunderndes Lächeln hervor. Den Erhalt des sportlichen Opels unterstützt übrigens der bereits 1986 gegründete Opel-400-Club, der Freunden des Opel Manta 400 Hilfe bei der Restaurierung ihrer Schätze bietet.


Das Titelbild fügten wir 2022 hinzu.


Infos zum Titelbild dieses Beitrags:
Opel Manta 400 bei der Paris Dakar 1984. Der vierte Platz im Gesamtklassement war der größte internationale Motorsporterfolg des Coupés.

Foto: Stellantis

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Themen in diesem Artikel:

Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!