Technik

Reifendruck-Kontrollsystem – direkt oder indirekt ist hier die Frage

Es sind die kleinen Nachrichten, die oft nachträglich für jede Menge Verwirrung sorgen. Die Verpflichtung, dass für Neuwagen in der EU seit dem 1. November 2014 ein Reifendruck-Kontrollsystem verpflichtend ist, gehört dazu. Denn das Thema öffnet unseriösen Auto- und Reifenhändlern ein wunderbares Spielfeld.

Anzeige des Reifendruck-Kontrollsystems im Volkswagen Tiguan. (Foto: Volkswagen)

In der vergangenen Woche habe ich drei Leute getroffen, die sich beim Wechsel auf Winterreifen zum Teil haarsträubende Geschichten erlebten. Nicht ihre einzige Gemeinsamkeit. Denn alle kauften in diesem Jahr einen Neuwagen. Und alle drei besitzen ein Fahrzeug mit einem Reifendruck-Kontrollsystem. Um an dieser Stelle keinen falschen Eindruck zu vermitteln, Reifendruck-Kontrollsysteme sind sinnvoll. Sie können einen plötzlichen Druckverlust anzeigen. Das erhöht die Sicherheit.

Aber bisher war das Reifendruck-Kontrollsystem kein Bestandteil der Typzulassung. Deshalb war die Deaktivierung des Systems, beispielsweise bei der Verwendung eines zweiten Rädersatzes im Winter, erlaubt. Nun ist das nicht mehr möglich. Wobei das nicht zwingend am Datum 1. November festzumachen ist. Denn die Hersteller haben die Typzulassungen teilweise schon vorher angepasst. Das heißt, dass auch bei Fahrzeugen, die vorher zugelassen wurden, das Reifendruck-Kontrollsystem stets funktionsbereit sein muss!

Indirektes System? Kalibrierung reicht!

Bei den sogenannten indirekten Systemen ist das kein großes Problem. Bei Ihnen ist das Reifendruck-Kontrollsystem eine Software-Lösung. Ein platter Reifen ist kleiner als ein aufgepumpter Reifen. Deshalb dreht er sich schneller. Mit den ABS- und ESR-Sensoren kann das Auto so feststellen, wenn sich der Luftdruck verändert. Nach einem Reifenwechsel ist nur das System auf die Größe der Reifen zu kalibrieren, dann kann die Reise weitergehen.

Direkte Systeme verlangen Sensoren

Bei den direkten Systemen sitzen im Reifen spezielle Sensoren, die den Luftdruck im Reifen überwachen. Standard sind spezielle Ventile. In Einzelfällen werden die Sensoren auch in die Reifen geklebt. Die Sensoren messen den Luftdruck und übermitteln ihn an das Auto. Bei diesen Systemen sind auch die Winterreifen mit Sensoren zu bestücken. Das kostet – je nach System – zwischen 250 und 400 Euro. Und das verspricht dem Handel Zusatzeinnahmen.

Leider sind nicht alle Händler seriös!

Im ersten Fall versuchte ein Reifenhändler standhaft, seinem Kunden die Sensoren zu verkaufen. Dass der Skoda mit einem indirekten System den Reifendruck misst, war für den Händler kein Hindernis. Im zweiten Fall verkaufte der Händler einen ganzen Felgensatz. Der vorhandene Reifensatz lasse sich nicht umrüsten, so dieser Händler. Zweifelhaft, wir reden hier von einem Fahrzeug, wo der Sensor des direkten Reifendruck-Kontrollsystems im Reifen eingeklebt ist.

Doch beide Geschichten sind harmlos im Vergleich zu Nummer drei. In diesem Fall kaufte ein guter Freund von mir im Spätsommer einen Neuwagen. Der Händler warb damit, dass das Auto achtfach bereift sei. Im Vertrag spricht der Händler von „Winterreifen mittlerer Güte“. Das Fahrzeug ist mit einem direkten Reifendruck-Kontrollsystem ausgestattet. Seit dem Wechsel auf Winterreifen leuchtet die Kontrolllampe des Reifendruck-Kontrollsystems dauerhaft. Das seit nicht zu ändern, versicherte der Händler.

Der Fuchs ist schlau und stellt sich dumm – oder ist besonders abgewichst!

Denn mit Sensoren am Ventil würde das Reifendruck-Kontrollsystem sicherlich auch mit den Winterreifen funktionieren. Offensichtlich ist dem Händler das Problem der Sensoren bei der Kalkulation seines Sonderangebots entgangen. Vielleicht setzte er auch dreist auf eine Fehlinterpretation des Stichtags 1. November. Beides wird ihm wenig nützen. Denn er verkaufte ein Auto mit Winterreifen, dessen Typzulassung ein Reifendruck-Kontrollsystem enthält. Spätestens vor Gericht hat er keine Chance, sich um den Nachbesserungsanspruch zu drücken.

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Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!