Meinung und Kommentar

Am Ende des Tages zählt nur eins: Auch Online-Journalismus muss sich rechnen!

Jetzt erreichte die Debatte über den Wettstreit zwischen den etablierten Medien und den nicht neuen Online-Medien auch die Autoszene. Wobei so ganz neu ist dieses Internet gar nicht mehr. Denn schließlich erfand Tim Berners-Lee das Netz der Netze nun schon immerhin 22 Jahren. Aber losgelöst davon, ist das zwischen den Online-Angeboten der großen Verlage und den Bloggern wirklich ein echter Wettbewerb? Hat Online-Journalismus von Einzelkämpfern eine Zukunft?

Aber mal der Reihe nach, Robert Basic, Blogger-Urgestein der ersten Stunde nahm sich unter der Überschrift „Wachablösung: Warum die Autoblogger der Autojournalisten-Riege die Zähne zeigen“ am 17. April die Autoblogger-Szene vor. Das Auto ist für viele von uns immer noch das liebste Hobby. Kein Wunder, dass sich auch das Netz reichlich und gerne des Themas Auto annimmt. Wie in vielen anderen Bereichen gab es, als das Web vor rund 15 Jahren interessant wurde, daher bald auch Online-Angebote der Auto-Profis der etablierten Medien.

Wie lässt sich mit Online-Journalismus und diesem Internet bloß Geld verdienen?

Die Medien-Profis integrierten ihre Angebote selbstverständlich in das Gesamtkonzept ihrer jeweiligen Verlagshäuser. Als Beiboot der bekannten Printpublikation verlängerten sie mit ihren Webseiten entweder die bestehende Wertschöpfungskette oder waren einfach nur Werbung für die aktuellen Print-Ausgaben ihrer Zeitschriften. Das Ergebnis waren langweilige und oft uninteressante Webseiten, die das Potential des (damals) neuen Mediums Internet gar nicht nutzen. Insofern waren der Online-Journalismus der Etablierten oft nicht sehr professionell.

Hinter der Einfallslosigkeit stand sicher auch die Angst, dass die kostenlose Webseite das gedruckte Produkt nicht gefährden durfte. Damit lag das Kind dann meist schnell ganz im Brunnen. Die Zeitschriften-Verleger machten die gleichen Fehler wie zuvor ihre Zeitungskollegen. Auch diese betrieben ab Mitte der 1990er-Jahre ihre Webaktivitäten fast alle nur auf Sparflamme, um die eigenen Anzeigenerlöse nicht zu gefährden. Denken Sie mal zurück, wie wir vor noch 15 Jahren Auto kauften oder verkauften. Wer damals mit den Preisen der Händler vor Ort nicht einverstanden war gab eine Kleinanzeige.

Mit Kleinanzeigen verdienten Verleger in der Epoche vor dem Online-Journalismus ihr Geld.
Kleinanzeigen waren einst die Goldmine der Zeitungsverleger (aus als 6/1970 vom 14. März 1970)

Egal, ob diese in der lokalen Zeitung vor Ort oder in einer überregionalen Autozeitung erschien, damit waren Sie Cashcow! Denn das Geschäft mit Kleinanzeigen war für die Verleger damals eine wahre Goldgrube. Heute verdienen dieses Geld Internetplattformen wie mobile.de oder AutoScout24. Das sind übrigens alles Plattformen, die Marketing-Leute und Programmierer gründeten. Den Zeitschriften-Verlegern fehlte die Kreativität sich vorzustellen, dass Menschen auch im Internet für Anzeigen bezahlen. So verloren sie den Markt der Kleinanzeigen!

Wie sieht der Online-Journalismus der Blogger aus?

Das ist gar nicht so einfach zu beantworten. Viele Webseiten von Bloggern vermitteln ein anderes Bild als die Angebote etablierter Medien. Vielleicht weil viele Blogger vor allem die eigenen Leidenschaft antreibt. Zudem können sie – wie Robert Basic richtig schreibt – als Einzelkämpfer ihre Webseiten agiler und experimentierfreudiger gestalten. Klein, leicht und schnell, das waren schon im biblischen Kampf von David und Goliat gute Voraussetzungen für Erfolg. Unser Auto-Blog beschäftigt sich hauptsächlich mit Motorsport-Geschichte und dem historischen Motorsport.

Als Analogie zur biblischen Geschichte aus dem Alten Testament fällt mir ein, wie im historischen Motorsport kleine Rennwagen der Lotus Elan oder der Mini an guten Tagen deutlich stärkere und größere Gegner, wie es die Ford Mustang oder die AC Cobra sind, schlagen. Ähnlich sieht es mit den Auto-Blogs aus, denn auch sie ziehen im direkten Vergleich mit den etablierten Medien teilweise gut aus der Affäre. Auch auch leider Schönheitsfehler wie „JAKYLL“ statt „JEKYLL“ im Titel eines von Basic gelobten Fahrberichts das Bild trüben. Auch im Online-Journalismus kommt auf den Inhalt an!

Doch reicht das auch für die lange Distanz?

Nicht immer! Da bin ich wieder im historischen Motorsport. Um die Großen schlagen zu können, müssen die Kleinen oft am absoluten Limit bewegt werden. Gleichzeitig haben die Großen am Ende noch Reserven und fahren die Geschichte schließlich doch locker nach Hause. Robert Basic weist in seinem Artikel richtigerweise darauf hin, dass sich die Bedingungen gerade verändern. Denn zum wirtschaftlichen Überleben müssen auch Auto-Blogs Geld verdienen. Leidenschaft alleine zahlt weder Brot noch ein Dach über dem Kopf. Das gilt auch im Online-Journalismus.

Wenn ein Auto-Blog also nicht nur Hobby bleiben sollen, dann muss es sich einen Teil vom Kuchen sichern, schreibt Basic. Das ist sicherlich nicht völlig von der Hand zu weisen! Denn der Betrieb einer Webseite verursacht Kosten. Ab und zu mit dem Setzen von Werbe-Links wie „Auto versichern und sparen“ einige Euros zu verdienen, reicht nicht. Am Ende des Tages muss sich auch Online-Journalismus rechnen! An dieser Stelle unterscheiden sich die Blogger gar nicht so sehr von den Etablierten. Vielleicht haben beide Lager doch mehr gemeinsam, als sie bisher annehmen.


PS: Danke dafür, dass 1300ccm.de Die AutoNatives im Rahmen des Artikels von Robert und seinem Mitstreiter Jan Gleitsmann Bestandteil ihrer „Autoblogger-Liste“ ist.


Infos zum Titelbild dieses Beitrags:
Kleinanzeigen waren einst die Goldmine der Zeitungsverleger (aus als 6/1970 vom 14. März 1970)

Screenshot

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Themen in diesem Artikel:

Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!