Interserie: Wie die Interserie das CanAm-Feeling nach Europa brachte!

Die Interserie gab Sportwagen ab 1970 eine zusätzliche Heimat. Das Erfolgsgeheimnis der Serie war in den Anfangsjahren, dass in der Interserie wie in der CanAm zweisitzige Rennwagen ohne Hubraumbeschränkung antreten durften. Das fand auch in Europa schnell Anhänger.

Jürgen Neuhaus, Gewinner der Interserie 1970
Jürgen Neuhaus, hier 1972 nach einem Rennen in Zandvoort, gewann 1970 die erste Ausgabe der Interserie. – Fotograaf Onbekend / Anefo – Nationaal Archief – https://commons.wikimedia.org/wiki/File:De_winnaar_met_de_beker_(naam_onbekend),_Bestanddeelnr_925-6771.jpg

Wer in alten Autozeitschriften stöbert, der findet bald unweigerlich Rennergebnisse der Interserie. Ab 1970 eroberte sich diese ihren Platz auf den Rennstrecken in Deutschland und dem nahen Ausland. Dabei half ihr, dass sie sich an der nordamerikanischen CanAm-Serie und ihren zweisitzigen Rennwagen der Gruppe 7 orientierte. So bot sie den Fans die einzige Chance in Europa, Rennwagen wie den Porsche 917/10, den McLaren M6 oder M8 sowie den March 707 im Rennen zu bestaunen. Die Idee, CanAm-Boliden in Europa einzusetzen, war bei Gründung der Interserie allerdings nicht neu.

Der Nordic Challenge Cup (NCC) war das Vorbild der Interserie!

Schon 1969 brachte der Nordic Challenge Cup (NCC) das CanAm-Feeling nach Europa. Der NCC ging auf Curt Lincoln, den Schwiegervater von Jochen Rindt zurück. Lincoln, gebürtiger Schwede war in seiner finnischen Heimat nach dem Zweiten Weltkrieg ein bekannter Rennfahrer. Zeitweise spielte Lincoln zudem Tennis für das finnische Davis-Cup-Team. Lincoln war auch 1966 einer der Macher hinter dem „Keimola Motor Stadium“. Um die Rennstrecke auszulasten, gründete der Unternehmer drei Jahre später den Nordic Challenge Cup (NCC).

Um diese Trophäe kämpften 1969 in drei Rennen zahlreiche europäische Stars. Gefahren wurde von August bis September im Keimola Motor Stadium, im schwedischen Mantrop Park sowie auf dem Scandinavian Raceway in Anderstorp. Den Auftakt gewann Lincolns Schwiegersohn Jochen Rindt, der Finne Leo Kinnunen gewann den NCC-Titel. Obwohl beide mit einem Porsche 908 antraten, das Feld des NCC glänzte vor allem mit zahlreichen großen Lola T70, die mit ihren V8 von Chevrolet in der Tat CanAm-Feeling vermittelten.

Der NCC tanzte nur einen Sommer!

Das Engagement der zahlreichen bekannten Piloten, die im NCC antraten, war mit Gewissheit teurer. Allenfalls bei Jo Bonnier oder Ulf Norinder können wir Heimatgefühle als Grund für den Start annehmen. Doch Brian Redman, Herbert Müller, Richard Attwood oder Jackie Oliver traten sicherlich nicht nur wegen der hübschen Mädchen in Skandinavien an. Zumal Curt Lincolns Tochter Nina schon mit Jochen Rindt verheiratet war. Eine Neuauflage des NCC scheiterte am Geld.

David Prophet, 1969 mit einem McLaren M12 Chevrolet in Hockenheim
Schon 1969, ein Jahr vor der Gründung der Interserie, traten Gruppe 7-Boliden unter anderem beim Hessenpreis in Hockenheim an. Unser Bild zeigt David Prophet mit einem McLaren M12 Chevrolet. (Foto: Archiv AutoNatives.de)

Doch langsam fügten sich Stück zur Stück alle notwendigen Bausteine zusammen, die bald die Interserie ergeben sollten. Denn ab 1968 waren in der Sportwagen-Weltmeisterschaft nur noch Prototypen mit maximal drei Liter großen Motoren oder „Seriensportwagen“ (Mindestmenge 50 Stück in zwölf Monaten beziehungsweise 25 Stück ab 1969) mit maximal fünf Liter großen Motoren zugelassen. Gleichzeitig nahm die CSI die Gruppe 7 in ihr Regelwerk auf und machte damit den Weg frei für eine europäische CanAm!

„Lass und eine Serie ausschreiben“

Denn mit der Aufnahme der Gruppe 7 in die Regeln der CSI konnten auch europäische Veranstalter Rennen für die neue Fahrzeugklasse ausschreiben. Das nutzten bereits 1968 und 1969 einige britische Veranstalter. Auch in Hockenheim durften schon 1968 beim „Großen Preis der Nationen“ auch Gruppe 7-Boliden starten. Das nutzen David Piper mit seinem Ferrari 412 P und Frank Gardner mit einem von John Woolfe Racing eingesetzten McLaren M6B.

Alles zusammen zeigt, dass das Ausschreiben einer Serie für die Boliden in Europa förmlich in der Luft lag. Und im Januar 1970 war es soweit! Der Motorsport-Club Stuttgart e.V. (MCS) stellte auf der Messe „Motor-Sport-Freizeit“ das Konzept für die Interserie vor. Diese Ausstellung für Rennsport, Camping und Wandern ging ebenfalls auf den MCS zurück. Der Club rief die Messe 1968 mit Unterstützung des damaligen ADAC-Gaus Württemberg ins Leben. Zwei Jahre später nutzte der MCS seine Messe für die Präsentation der Interserie!

Ideengeber war Sportleiter Gerhard Härle!

Das Konzept der Interserie ging im Wesentlichen auf MCS-Sportleiter Gerhard Härle zurück. Zusammen mit Rolf Moll, der als Orgaleiter im MCS tätig war, fand Härle sofort Mitstreiter für seine Idee einer europäischen CanAm. Der Kalender der ersten Saison umfasste sechs Rennen. Nach dem Auftakt am Norisring (28. Juni 1970) folgte ein Lauf in Hockenheim. Es folgten Ausflügen nach Croft, Keimola und Thruxton. Das Finale fand am 11. Oktober 1970 auf der badischen Rennstrecke statt.

Die Interserie fand sofort Anklang bei Fahrern und Teams. Denn schon beim Debüt am Norisring erschienen 24 Rennwagen. Mit Niki Lauda, Helmut Marko, Pedro Rodriguez und Jo Bonnier war das Feld durchaus prominent besetzt. Zumal auch Piloten wie Gijs van Lennep, Karl von Wendt oder Helmut Kelleners sich dem Wettbewerb der neuen Serie stellten. Am Ende ging der Wuppertaler Jürgen Neuhaus mit seinem Porsche 917 als erster Sieger in die Geschichte der Interserie ein.


Die Interserie brachte tatsächlich (auch) die Gruppe 7 nach Europa!

Der Porsche 917 war – da als Seriensportwagen homologiert – im Debütjahr der Interserie auch noch in der Sportwagen-Weltmeisterschaft zugelassen. Das galt auch für die Mehrzahl der anderen Fahrzeuge, die an den ersten Rennen der Interserie teilnahmen. In der Startliste finden sich neben den Porsche-Modellen 908/2 (5x), 910 (2x) und 907 (3x) auch ein Alfa Romeo T33/3, gleich sechs Lola T70 Mk.3B GT Chevrolet, ein Ferrari 512S sowie ein Chevron B8 BMW. Dazu kamen aus der Gruppe 7 je ein McLaren M12 Chevrolet und M6B Chevrolet sowie ein March 707 Chevrolet.

Alles zusammen ergab ein interessantes Feld und ließ für die kommenden Rennen Großes erwarten. Auch beim zweiten Lauf, der in Hockenheim stattfand, gingen 22 Boliden an den Start. Vic Elford gewann das Rennen mit einem McLaren M6B Chevrolet. Der Brite nutzte auf den langen Geraden der badischen Rennstrecke die Kraft des großen amerikanischen V8 optimal aus. Im Ziel lag Elford mehr als 25 Sekunden vor Gijs van Lennep im schnellsten Porsche 917. Das Podium vervollständigte Jo Bonnier, der einen Lola T70 steuerte.

Jürgen Neuhaus gewann die Interserie 1970!

Mit 26 Fahrzeugen, die das Training aufnahmen, war auch der dritte Lauf im britischen Croft erneut gut besetzt. Wobei das vor allem darauf zurückging, dass der Veranstalter ein gutes Dutzend einheimischer Piloten verpflichtete. Sie traten überwiegend mit 2-Liter-Rennwagen an. Das Rennen gewann Helmut Kelleners im March 707, der zuvor bei beiden Rennen ausfiel. Damit gewann im dritten Lauf schon zum zweiten Mal einer der Gruppe 7-Boliden. Was den Ruf der Interserie als europäische CanAm unterstrich.

Porsche 917 K, den 1970 in der Interserie Jürgen Neuhaus bewegte
1970 gewann Jürgen Neuhaus den Titel der Interserie. Der Rennfahrer aus Wuppertal setzte diesen Porsche 917K ein. Unser Foto zeigt den Rennwagen allerdings beim 1.000km-Rennen auf dem Nürburgring. Dort teilte sich Neuhaus das Cockpit mit Helmut Kelleners. (Foto: Lothar Spurzem)

Im finnischen Keimola traten nur 13 Fahrzeuge an. Es sollte der Tiefpunkt der Saison sein. Das Rennen gewann Gijs van Lennep, der mit seinem Porsche 917 zwei Sekunden vor seinem Markenkollegen Jürgen Neuhaus ins Ziel kam. Der Wuppertaler revanchierte sich beim fünften Lauf in Thruxton und gewann so als erster Pilot zwei Läufe der Interserie. Beim Finale in Hockenheim zog Helmut Kelleners im March 707 nach und hatte nun ebenfalls zwei Siege. Doch mit einem weiteren zweiten Platz gewann Jürgen Neuhaus die Meisterschaft.


Lesen Sie mehr zur Interserie im zweiten Teil unser Artikel-Reihe.

Veröffentlicht in: Serie: Geschichte der Interserie

  • Interserie: Die I. S. O. überstand die Ölkrise und erfand eigene Fahrzeuge!
    Mit dem erfolgreichen Debüt etablierte sich die Interserie im internationalen Rennsport-Kalender. Sie überstand einen internen Machtkampf und die Ölkrise. Im Laufe der Zeit wurde sie europäischer. Doch dann fand der Veranstalter I. S. O. eine Lösung, die sich wieder etwas am Rennsport in Nordamerika orientierte.

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Fabian P. Wiedl interessiert sich seit Kindestagen für Motorsport und Automobile. Als Mitverfasser mehrerer Bücher, wovon insbesondere „Audi Typenkunde: Renn- und Rallyewagen von 1968 bis 2013“ zu erwähnen ist, greift Wiedl gern auf sein umfassendes Motorsport-Archiv zurück.

Tom Schwede wuchs in einem ausgesprochen automobilen Umfeld auf. Dies war ein optimaler Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Seit 2010 moderiert Tom bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland sowie dem angrenzenden Ausland.

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