Die Regeln des Motorsports unterliegen einem stetigen Wandel. Besonders bei den Tourenwagen und GT-Fahrzeugen gab es immer wieder Änderungen. Wie entwickelten sich eigentlich die Mindeststückzahlen für Tourenwagen, GT-Fahrzeugen und Sportwagen im Laufe der Zeit?
Epilog – Fahr doch, womit Du willst!
In den Anfangstagen des Motorsports kam alles zum Einsatz, was die Autobauer damals auf Räder stellten. Die ersten modernen Regeln verfasste James Gordon Bennett Junior. Der Zeitungsverleger erkannte die Faszination, die Sport und Wettbewerb auf das Publikum ausüben. Um den Reiz für die Zuschauer zu steigern, sollte das Feld beim Gordon Bennett Cup möglichst ausgeglichen sein. Deshalb durften bei diesem Wettbewerb nur Zweisitzer antreten. Zudem gab es Mindest- und Maximalgewichte. Dazu kamen die bis heute bekannten Rennfarben.
In den folgenden Jahren setzte sich durch, bei den Rennen zwischen Touren- und Sportwagen zu unterscheiden. Wobei die Anzahl der Sitzplätze das Unterscheidungskriterium war. Ein Fahrzeug mit vier Sitzplätzen galt als Tourenwagen. Autos mit nur zwei Sitzplätzen galten als Sportwagen. Ab 1922 übernahm die vom „Automobil-Weltverband Association Internationale des Automobile Clubs Reconnus“ (AIACR) gegründete Sportkommission „Commission Sportive Internationale“ (CSI) die Organisation des Motorsports.
Auf Tourenwagen und Sportwagen folgten die Grand Prix-Klasse und die Voiturette!
In den Anfangstagen kümmerte sich die CSI im Wesentlichen um die Organisation der Europameisterschaft für Grand-Prix-Rennwagen. Als bei den Grand-Prix-Rennen die Pflicht entfiel, im Rennen einen Mechaniker mitzunehmen, entstanden die einsitzigen Grand Prix-Fahrzeuge. Wobei es solche Monoposto in Nordamerika schon ein paar Jahre vorher gab. Etwa zeitgleich mit der Definition der Grand Prix-Klasse Gleichzeitig begannen Veranstalter spezielle Wertungen für Voiturette (französisch, etwa Kleinwagen) ausschrieben, um ihre Felder zu füllen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Motorsport-Welt komplexer! Denn die Automobilproduktion stieg sprunghaft an. Damit stiegen auch die Anforderungen an die Regelwerke. Denn neben Hobbyfahrern gab es jetzt auch professionelle Sportler und ambitionierten Privatfahrer. Sie benötigten faire Regeln. Bei den Formel-Fahrzeugen war das eine einfache Sache. Doch bei Tourenwagen und Sportwagen, wobei sich für die zweite Gruppe international zunehmend der Begriff GT – für Grand Tourisme – durchsetzte, war das schwieriger.
Wie bringt man unterschiedliche Fahrzeuge unter einen Hut?
Um Chancengleichheit zu schaffen, definierte die CSI in den 1950er-Jahren ihre Fahrzeugklassen neu. Damit entstand ein Gruppen-System, das im Kern bis Anfang der 1980er-Jahre Bestand haben sollte. Ursprünglich führte die CSI sowohl bei den Tourenwagen als auch den GT-Fahrzeugen jeweils drei Stufen ein. Die CSI sprach von „Serien-Fahrzeugen“, „verbesserten Fahrzeugen“ und „Spezial-Fahrzeugen“. So entstanden folgende Fahrzeugklassen:
- Serien-Tourenwagen
- verbesserte Tourenwagen
- Spezial-Tourenwagen
- Serien-GT-Fahrzeuge
- verbesserte GT-Fahrzeuge
- Spezial-GT-Fahrzeuge
Wobei ein Auto bis 1965 zunächst entweder als Tourenwagen oder als Sportwagen galt. Die Gruppen 1 bis 3 beziehungsweise 4 bis 6 bezeichneten so „nur“ den Grad der Veränderung. Um die Komplexität der Regeln zu reduzieren, strich die CSI schon 1961 zwei der GT-Klassen. Zudem fasste sie die freizügigen Spezial-Tourenwagen mit den Spezial-GT in einer neuen Sportwagen-Klasse zusammen. Hier sollten die Rennwagen eigentlich Bezüge zu einem Fahrzeug aus den Gruppen 1 bis 3 aufweisen.
1966 kommen die Sport-Prototypen hinzu!
Doch besonders in Nordamerika und Japan entstanden jetzt Sport-Prototypen ohne Bezug zu einem homologierten Fahrzeug. Die CSI reagierte und erweiterte ihr Regelwerk 1966 um Sport-Prototypen. Hier gingen Einzelstücke an den Start. Zusätzlich entstand eine neue Klasse für Serien-Sportwagen mit einer Mindeststückzahl von 50 Exemplaren, die innerhalb von zwölf aufeinanderfolgenden Monaten entstehen mussten, um startberechtigt zu sein.
Die Änderungen 1966 waren die größten Änderungen, die der Automobilweltverband an seinem Homologationssystem bis zu diesem Zeitpunkt vornahm. Denn auch bei den Tourenwagen gab es zu diesem Zeitpunkt umfangreiche Veränderungen. Bei Gruppe-1-Serien-Tourenwagen stieg die Mindeststückzahl auf 5.000 Exemplare. Die Mindeststückzahl für Gruppe-2-Tourenwagen lag weiterhin bei 1.000 Exemplaren.
Die Spezial-Tourenwagen definierten den Freiheitsgrad neu!
Zudem schufen die Regelhüter am oberen Ende der Skala ein neues freizügiges Reglement. Die Tourenwagen-Europameisterschaft nutzte dieses Reglement 1968 und 1969. In der neuen Gruppe 5 konnten die Teilnehmer serienmäßig mit Vergasern bestückte Tourenwagen der Gruppen 1 und 2 beispielsweise mit Einspritzanlagen tunen. Auch der Einsatz von Turboladern oder Kompressoren war möglich, wenn es diese nicht beim Serienmodell gab. Gleichzeitig war die CSI in diesen Jahren flexibel und passte ihr Sportgesetz mehrfach kurzfristig an.
Denn in der Klasse für Seriensportwagen (Grp 4/1966) war es für kleine Hersteller wie Chevron oder Lola unmöglich, 50 Exemplare in zwölf aufeinanderfolgenden Monaten zu bauen. Deshalb sank 1969 die Mindeststückzahl auf 25 Exemplare. Ironie der Geschichte, die neue Mindeststückzahlen waren für Fahrzeuge wie den Lola T70, den Chevron B8 oder den Lotus 47 Europa gedacht. Doch die ermöglichten den Porsche 917 und verlängerten das Wirken des Ford GT40.
Bei den Sportwagen entsteht eine weitere Gruppe
Auch bei den Sport-Prototypen gab es in diesen Jahren mehrfach Änderungen. 1968 sank der erlaubte Hubraum auf drei Liter. Für die CanAm und vergleichbare Rennen in Japan entstand zeitweilig eine 7. Gruppe. In dieser Gruppe war der Hubraum weiterhin nicht limitiert. Zudem galten in der Gruppe 7 auch die 1969 eingeführten Regeln fürs Fahrzeuggewicht oder die Größe eines Gepäckfachs nicht. Womit die Entwicklung europäischer Sportwagen eine andere Richtung nahm, als das in Nordamerika oder Japan der Fall war.
Zehn Jahre nach der großen Reform folgte 1976 die Einführung der Gruppe 5 für Spezial-Produktionswagen. Anders als zehn Jahre zuvor, war die neue Klasse von 1976 auch offen für Tourenwagen und GT-Fahrzeuge. Es entstanden schnell Rennwagen, die praktisch keine Grenzen kannten. Besonders die Deutsche Rennsportmeisterschaft (DRM) war ein Treiber. Hier entstanden zahlreiche aufregende Gruppe-5-Boliden. Sie waren kräftiger Turbo-Motoren und ausladender Flügelwerke bald fast so schnell wie Formel-1-Boliden.
Zeitgleich mit den neuen Spezial-Produktionswagen entstand auch eine neue Sportwagen-Klasse für offene Sport-Prototypen. Doch anders als zehn Jahre zuvor funktionierte die Sportwagen-Klasse diesmal nicht. Die Sportwagen blieben ein rares Gut. Die Sportwagen-Szene litt auch darunter, dass sich in den USA mit den GTP eigene Sportwagen-Regeln entstanden. Deshalb ordnete die FISA, wie die CSI inzwischen hieß, ab 1982 den Motorsport völlig neu. Diese Neuordnung war so umfassend, dass sie hier – in Kürze – einen eigenen Artikel verdient.
Die Entwicklung der Mindeststückzahlen für Tourenwagen, Sportwagen und GT-Fahrzeuge bis 1982 im Überblick:
Gruppe 1 | Gruppe 2 | Gruppe 3 | Gruppe 4 | Gruppe 5 | Gruppe 6 | |
1958 | Serien-Tourenwagen 1.000/12M | verbesserte Tourenwagen | Spezial-Tourenwagen | Serien-GT 100/12M | verbesserte GT | Spezial GT |
1961 | Serien-Tourenwagen 1.000/12M | verbesserte Tourenwagen 1.000/12M | GT-Fahrzeuge 100/12M | Sportwagen als Varianten eines in den Grp. 1 bis 3 zulassbaren Fahrzeugs | gestrichen | gestrichen |
1966 | Serien-Tourenwagen Produktion von mind. 5.000 Stück in 12 Monaten | Tourenwagen 1.000/12M | GT-Fahrzeuge 500/12M | Sportwagen 50/12M | Spezial-Tourenwagen Prototypen auf Basis eines Fahrzeugs der Gruppen 1 und 2 | Sport-Prototypen Einzelstücke ohne Hubraum-begrenzung |
1968 | unverändert | unverändert | unverändert | unverändert | unverändert | max 3 Liter Hubraum |
1969 | unverändert | unverändert | unverändert | Sportwagen 25/12M | unverändert | erstmals mit Vorgaben für Gewicht, Gepäckfach, Ersatzrad und Frontscheibe |
1970 | unverändert | unverändert | GT-Fahrzeuge 1000/12M | Spezial GT-Fahrzeuge 500/12M | Sportwagen 25/12M | unverändert |
1972 | unverändert | unverändert | unverändert | unverändert | Sport-Prototypen weitgehend identisch mit der bisherigen Gruppe 6 | gestrichen |
1976 | unverändert | unverändert | unverändert | Spezial GT-Fahrzeuge 400/24M | Spezial-Produktions-wagen Einzelstücke auf Basis von Fahrzeugen der Gruppen 1 bis 4 | Sport-Prototypen Rennwagen mit zwei Sitzplätzen mit bis zu 5 Litern Hubraum |
1982 | Gruppe N | Gruppe A | Gruppe B | Gruppe C |
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