von Tom Schwede am 29.05.2025

Lister Storm LMP – „Storm over Europe“ oder doch laues Lüftchen?

In unserem Archiv entdeckte ich kürzlich einige Bilder des Lister Storm LMP. Dieser Sportprototyp trat von 2003 bis 2006 auf der Langstrecke an.

Lister Storm LMP

Lister Storm LMP beim Le Mans-Vortest 2006 (Foto: Tom Schwede)

Seit 2012 dürfen Sportwagen in der Langstrecken-Weltmeisterschaft wieder um einen offiziellen FIA-Titel kämpfen. Die Langstrecken-WM gilt als Nachfolger der von 1953 bis 1992 ausgetragenen Sportwagen-Weltmeisterschaft. Besonders in den 1980er-Jahren, der Ära der Gruppe C, erfreute sich diese großer Beliebtheit. Die Gruppe C bot oft packenden Rennsport und einem spannenden Wettbewerb unterschiedlicher Konzepten. Doch der Niedergang begann mit der Einführung der von der FISA vorgeschriebenen 3,5-Liter-Motoren.

Formel-1-Triebwerke funktionierten auf der Langstrecke nicht!

Diese Motoren stammten aus der Formel 1 und waren für Langstreckenrennen ungeeignet. In der letzten Saison der Sportwagen-Weltmeisterschaft 1992 kämpften nur noch Peugeot, Toyota und Mazda um den Titel. Wobei der Mazda ein umgebauter Jaguar mit Judd-Motor war. Die WM, in der zuvor auch Porsche, Jaguar, Mercedes-Benz und Nissan antraten, war nur noch ein Schatten vergangener Tage. 1993 verzichtete die FISA auf eine Ausschreibung und beendete nach 40 Jahren die Geschichte der Sportwagen-WM.

Lister Bristol von 1954

Lister vertraute 1954 im Lister Bristol auf einen Sechszylinder von Bristol. Archie Scott Brown gewann mit dem Lister Bristol zahlreiche Rennen. (Foto: Tom Schwede, Silverstone 2010)

Mehrere Versuche zur Wiederbelebung des Sportwagen-Rennsports folgten. 1994 gründeten die Rennfahrer Jürgen Barth, Patrick Peter und Stéphane Ratel die BPR Global GT Series. Ihre Anfangsbuchstaben bildeten den Seriennamen. Aus dieser Serie entstand 1997 die FIA-GT-Meisterschaft. Und langsam kehrten die Hersteller auf die Langstrecke zurück. Doch dem Veranstalter des 24-Stunden-Rennens von Le Mans, dem ACO, gefiel diese Entwicklung nicht.

Der Sportwagen-Rennsport wurde unübersichtlich!

Der ACO sah die Zukunft bei den Prototypen – nicht in GT-Fahrzeugen. Um diesen Fahrzeugen eine ganzjährige Einsatzmöglichkeit zu bieten, entstand 1999 in Zusammenarbeit mit Don Panoz die American Le Mans Series (ALMS). Sie trug bereits 2000 auch Rennen in Europa aus. Damit wurde die Szene unübersichtlich. Denn John Mangoletsi, der zuvor am BRM-Comeback mitwirkte, organisierte seit 1997 die FIA Sportscar Championship.

Doch diese konnte nie so viel Aufmerksamkeit wie die FIA-GT-Meisterschaft auf sich ziehen. 2001 versuchte Don Panoz zusätzlich, eine „European Le Mans Series“ (ELMS) zu etablieren – ebenfalls ohne Erfolg. Erst als der ACO ab 2004 die Sache selbst in die Hand nahm, wurde die ELMS erfolgreich. Sie lockte – nun sind wir beim Lister Storm LMP – endlich mehr Hersteller in die Top-Klasse. Denn neben Audi und Peugeot engagierten sich jetzt auch Teams wie Pescarolo Sport oder Kleinserienhersteller wie Lister bei den LMP-Prototypen.

Lister brachte einen Gruppe C-Motor auf die Straße!

Der Name Lister geht auf „George Lister & Sons“ zurück. Dieses Unternehmen entstand schon 1890 als Hersteller von Landmaschinen. 1953 baute Brian Lister, der Enkel des Firmengründers nebenbei einen Sportwagen. Als Archie Scott Brown mit diesem Sportwagen Rennen gewann, war das Interesse groß. Zum Bau der Kundenfahrzeuge entstand das Tochterunternehmen „Brian Lister, Light Engineering Ltd.“ Es beschäftigte zweitweise rund 20 der insgesamt 200 Mitarbeiter der Firmengruppe „George Lister & Sons“.

Lister Storm GTS, 1995

Der Lister Storm GTS, den 1995 in Le Mans Geoff Lees, Rupert Keegan und Dominic Chapell fuhren. (Foto: Martin Lee)

Im Sommer 1959 stellte Brian Lister den Rennbetrieb und Bau der Sportwagen ein. Dem Briten setze der tödliche Unfall von Archie Scott Brown in Spa zu. Zudem wurde der Rennsport immer teurer. Das überstieg die Möglichkeiten des Familienunternehmens. Erst zum 100. Geburtstag baute die „George Lister & Sons“ 1990 nochmal vier Lister – als „Centenary Edition“. Kurz danach erwarb Laurence Pearce die Markenrechte, bot zunächst getunte Jaguar XJS an und stellte 1993 seinen Lister Storm mit dem sieben Liter großen V12 von Jaguar vor.

Mit dem Lister Storm kehrte Lister nach Le Mans zurück!

1995 nahm ein Lister Storm GTS an den 24 Stunden von Le Mans teil. Damit kehrte Lister nach 36 Jahren an die Sarthe zurück. Zuvor war die Marke dort letztmals 1959 mit dem Lister LM am Start. Damals belegten Ivor Bueb und Bruce Halford den 27. Platz. Der Storm GTS sah 1995 nicht die Zielflagge: Geoff Lees, Rupert Keegan und Dominic Chappell strandeten nach nur 40 Runden mit einem Getriebeschaden.

Doch in den folgenden Jahren etablierte sich Lister im GT-Sport. Zwar blieb Le Mans ein schwieriges Pflaster, aber 1999 gewannen Jamie Campbell-Walter und Julian Bailey mit dem weiterentwickelten Lister Storm GT die britische GT-Meisterschaft. Ein Jahr später sicherte sich das Duo mit dem Lister Storm auch den Titel in der FIA-GT-Meisterschaft. Auch 2001 und 2002 blieb der Lister Storm erfolgreich – konnte jedoch nicht mehr an den ganz großen Erfolg anknüpfen.

Der Lister Storm LMP trat in große Fußstapfen!

Entsprechend hoch waren die Erwartungen, als Lister ab 2003 mit einem LMP-Prototypen antrat. Der Aufstieg in die Top-Klasse schien gut vorbereitet. Anstelle des bewährten Jaguar-V12 setzte Lister auf einen Chevrolet-V8. Er versprach einen Gewichtsvorteil und geringeren Spritverbrauch. Andy Thorby zeichnete für die Konstruktion des Lister Storm LMP verantwortlich.

Im März 2003 debütierte der Lister Storm LMP bei den 12 Stunden von Sebring. Doch nach nur acht Runden war das Rennen bereits vorbei. In Le Mans verzichtete Lister nach einem Unfall im Training auf den Start. Erst im November, beim 1.000-Kilometer-Rennen auf dem Circuit Bugatti in Le Mans, kehrte der Lister auf die Strecke zurück. Doch auch beim ELMS-Probelauf des ACO blieb der britische Sportwagen hinter den Erwartungen zurück und wurde Letzter.

Am Ende war der Lister Storm LMP nur ein kurzes und schwieriges Kapitel der Motorsport-Geschichte!

2004 kehrte Lister mit einem umfangreicheren Programm in die Sportwagen-Szene zurück und gewann am Saisonende das 6-Stunden-Rennen von Vallelunga. Doch dieses Rennen zählte zu keiner Meisterschaft. Zudem war der Lister der einzige LMP900-Prototyp auf der Strecke – was den Erfolg relativiert. Sponsor Essex Invest beendete die Zusammenarbeit und wechselte zu Zytek.

Lister Storm LMP, 2003

2003 trat der Lister Storm LMP noch in rot an. Doch nach dem Verlust des Sponsors Essex Invest trat der Sportwagen in Zukunft in schwarz an. Zudem überarbeitete Lister das Cockpuit, um es an die neuen Regeln anzupassen. (Foto: Tom Schwede)

Der Verlust des Sponsors offenbarte, dass Lister das LMP-Programm allein nicht stemmen konnte. 2005 trat der Rennwagen nur bei drei Rennen an. 2006 folgten vier weitere Starts. Durchaus mit Erfolg, so gelang bei der ELMS in Istanbul ein Podestplatz. Doch beim Saisonhöhepunkt in Le Mans fiel der Lister erneut vorzeitig aus. Am Jahresende stellte Lister das LMP-Programm endgültig ein. Der Lister Storm LMP blieb letztlich eine Randnotiz in der Gesichte des Motorsports.


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