Herz mit 54 Grad: Der V6-Motor des Opel Calibra für die DTM
Opel setzte ab 1993 in der DTM auf einen außergewöhnlichen V6 mit 54-Grad-Zylinderwinkel, dessen Ursprung im Serienbau lag. Anfangs noch unterlegen, führte die technische Evolution schließlich zum Titelgewinn. Doch der Erfolg kam erst mit einem neuen Motor – und das Ende der ITC folgte kurz darauf.

Als die FISA 1982 ihr Sportprogramm neu ordnete, fand in den Gruppen A (Tourenwagen) und B (GT-Fahrzeuge) die 10%-Evolution den Weg ins Reglement. Erdacht, um Herstellern zu ermöglichen, ihre Facelifts auch auf der Rennstrecke zu zeigen, öffnete sie eine Hintertür. Was als simple Regel gedacht war, entwickelte sich schnell zum Schlupfloch. Denn niemand hatte damit gerechnet, dass die Hersteller die Evolution einfach umkehren würden.
Wie die Hersteller den Spieß umdrehten!
Zunächst entstanden die 200 (Gruppe B) beziehungsweise 5.000 (Gruppe A) für die Homologation benötigten Fahrzeuge. Doch dann kam der Trick: 20 oder 500 optimierte Modelle folgten, getarnt als harmlose Modellpflege. Tatsächlich wurden die Rennwagen zuerst entwickelt – und erst danach das sogenannte Evolutionsmodell für die Straße abgeleitet. Kosten? Spielten keine Rolle. Wer im Motorsport glänzen wollte, musste tief in die Tasche greifen.
Die Gruppe-B-Renner verwandelten sich in wilde Bestien auf Rädern – unbändig schnell, brutal gefährlich. Nach der Katastrophe von Korsika blieb der Rallye-Szene keine Wahl: 1987 kehrte die FISA mit der Gruppe A zur Vernunft zurück. Doch die Evolutionstricks lebten weiter – diesmal im Tourenwagensport. Die DTM wurde zum Epizentrum, und der Skandal um die Audi V8-Kurbelwellen war nur ein Vorgeschmack auf das, was folgen sollte.
Mit der Klasse 1 sollte alles besser werden!
Also zog die FISA die Reißleine und definierte 1993 zwei neue Fahrzeugklassen. Die DTM entschied sich für die freizügige „Klasse 1“. Hersteller durften die Silhouette ihrer Serienmodelle mit Kohlefaser und Kunststoff nachbilden. Erlaubt waren Saugmotoren mit maximal 2,5 Litern Hubraum, wobei der Motorblock von einem Serienfahrzeug der Marke stammen musste – aber nicht zwingend aus dem eingesetzten Rennwagen. Wer wollte, konnte alle vier Räder antreiben.
Ursprünglich interessierten sich fünf Hersteller für die neue Klasse. Doch Audi und BMW entschieden sich – trotz entwickelter Versuchsträger – für den seriennahen „Klasse 2“-Weg. Das eröffnete ihnen Einsätze in Frankreich und Großbritannien. Opel hingegen legte sein DTM-Projekt vorerst auf Eis. So war es am Ende Neueinsteiger Alfa Romeo zu verdanken, dass die Meisterschaft überhaupt starten konnte.
Ende 1993 warf Opel seinen Hut in den Ring!
Der Alfa Romeo 155 dominierte die erste Saison der neuen Fahrzeugklasse – kein Wunder, denn Mercedes hatte seinen alten 190er nur notdürftig angepasst. Doch dann kehrte Opel zurück! Hockenheim, 1993: Der Opel Calibra V6 4×4 kam doch noch auf die Strecke. Die Rüsselsheimer wollten angreifen. Den Antrieb des neuen Rennwagens übernahm eine weiterentwickelte Version des damals brandneuen 2,5-Liter großen 54° V6-Motors.
Dieser intern L81 getaufte Motor ersetzte die bisherigen Opel-Reihensechszylinder. Ein kompaktes Triebwerk war gefragt – schließlich musste es sowohl für Heck- als auch Frontantrieb passen. So entstand ein V6 mit einem ungewöhnlichen Zylinderwinkel von 54 Grad. Da dieser Zylinderwinkel nicht automatisch zu gleichmäßigen 120-Grad-Zündintervallen führt, versetzten die Ingenieure die Hubzapfen der Kurbelwelle um 18 Grad.
Der Anfang mit dem 54 Grad-V6 war schwer!
Opel führte den Motor 1993 in den Modellen Vectra A und Calibra ein. Später kam das Triebwerk auch in Omega B und Signum zum Einsatz. Cadillac, Chevrolet, Holden, Saab und Saturn nutzten es ebenfalls – logisch, dass Opel den Motor auch für den Calibra V6 4×4 in der DTM verwendete. Auf der Rückseite des Pressebilds vom März 1994 gab Opel die Leistung des Rennmotors mit rund 420 PS bei 10.500 Umdrehungen pro Minute an.
Die Motoren wurden bei Cosworth vorbereitet. 1994 fuhr Opel die komplette Saison in der DTM – doch im Duell zwischen Mercedes und Alfa Romeo war kein Durchkommen. Manuel Reuter gewann einen Lauf nur am grünen Tisch, nachdem der eigentliche Sieger disqualifiziert wurde. Eine enttäuschende Saison. Doch Opel gab nicht auf. Mit der Verpflichtung von Klaus Ludwig ging Opel ins Risiko.
Erfolg kam erst mit einem V6 aus Japan
Denn der Bonner kam als amtierender Meister zu Opel. Es dauerte bis zum Saisonfinale in Hockenheim, dass Ludwig mit dem Opel Calibra V6 4×4 zwei Rennen gewann. Zur Saison 1996 wich der schmale V6 einem neuen Motor, der auf Basis eines Motors aus dem Opel Monterey entstand. Kenner wissen, dass dieser Motor – wie der Monterey – von Isuzu stammte. Wieder übernahm Cosworth Engineering die Vorbereitung der Rennmotoren. Sein Aluminium-Block sparte gegenüber dem Vorgänger Gewicht ein.
Doch sein größter Vorteil war der Zylinderwinkel von 75 Grad! Flacher, leichter, besser ausbalanciert – ein klarer Vorteil gegenüber dem alten Triebwerk. Außerdem erlaubte er flachere Ansaugwege. Aus der DTM wurde die ITC, und Opel sicherte sich mit Manuel Reuter den Titel. Doch zur Titelverteidigung kam es nicht. Denn der Wettbewerb zwischen Alfa Romeo, Mercedes-Benz und Opel trieb die Kosten nach oben. Opel und Alfa Romeo zogen sich am Ende der Saison daher zurück. Die ITC war Geschichte.
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