Peugeot 905 – Mit Vollgas nach Le Mans
Als Peugeot 1990 den 905 vorstellte, war das mehr als nur ein neues Rennauto. Es war ein Angriff auf Le Mans mit Ansage. Denn Peugeot wollte nicht mehr nur die Nebenrolle spielen. Mit Erfolg, denn 1992 und 1993 gewann der Peugeot 905 die 24 Stunden von Le Mans.
Peugeot war bis in die 1980er-Jahre in Le Mans überwiegend als Motorlieferant vertreten. Alexandre Constantin, Charles Deutsch und ab 1976 Welter Racing vertrauten auf Peugeot-Power. Doch niemand von ihnen fuhr um den Gesamtsieg. Das änderte sich erst mit dem Peugeot 905, den der Autobauer im Sommer 1990 der Öffentlichkeit präsentierte.
Der Peugeot 905 war der erste Vertreter einer neuen Ära!
Denn der Peugeot 905 war der erste Werkseinsatz in der Gruppe C mit einem 3,5 Liter großen Saugmotor. Die Gruppe C war von Beginn an eine Spielwiese der Turbos. Sie halfen den Konstrukteuren, die Verbrauchsvorgaben der Gruppe C einzuhalten. Schon in den 1970er-Jahren brachten Renault und Porsche dem Turbo auf der Langstrecke das Laufen bei.
Anschließend eroberte der Turbo auch die Formel 1 im Sturm. Doch im Streben, dort den Motoren immer mehr Leistung zu entlocken, übertrieben es die Entwickler. Regelmäßige Motorschäden ließen die Kosten steigen – und waren schlecht fürs Image. Schließlich wuchs seit den 1970er-Jahren das ökologische Bewusstsein. In großen Feuerbällen aufgehende Motoren passten da nicht mehr ins Bild.
Doch der Abschied vom Turbo war schwieriger als erwartet!
Die Königsklasse sollte deshalb wieder mit kostengünstigen Saugmotoren fahren. Ab 1989 sollten die Turbos der ersten Ära im Museum stehen. Doch die großen Hersteller zuckten bei den neuen Motorregeln nur mit den Schultern. Schon 1988 war klar: Die meisten Teams würden auf Kundenmotoren von Cosworth oder Judd setzen. So entstand die Idee, auch den Sportwagen die gleichen Motoren vorzuschreiben.
Die Hoffnung der Regelhüter war, dass dadurch der eine oder andere Hersteller gleich auch in der Königsklasse landet. Bau einen Motor, fahr zwei Weltmeisterschaften – war die Botschaft der Verantwortlichen. Diese Strategie ging nur kurz auf. Denn sie führte den Sportwagensport in eine tiefe Krise. Doch das lag im Sommer 1990, als Peugeot den 905 präsentierte, noch vor uns.
Im Staub geboren – auf Asphalt gezähmt: Peugeots Weg zu den Prototypen!
Auf Schotter und losem Untergrund konnte die Löwenmarke 1985 und 1986 mit dem Peugeot 205 T16 zweimal die Konstrukteurs-Weltmeisterschaft gewinnen. Dazu sicherten sich mit Timo Salonen und Juha Kankkunen zwei Peugeot-Piloten den Titel des Rallye-Weltmeisters. Nach dem Verbot der Gruppe B fehlte Peugeot das passende Fahrzeug, um weiter in der Rallye-WM zu fahren.
Denn vom Peugeot 205 oder dem etwas größeren Peugeot 305 gab es keine in der Gruppe A homologierte Allrad-Version. Unter der Regie von Sportchef Jean Todt konzentrierte sich Peugeot auf die Rallye Paris–Dakar. Diese gewannen die Franzosen von 1987 bis 1990 viermal. 1988 und 1989 siegte Peugeot zudem beim „Race to the Clouds“ am Pikes Peak.
Fein, aber eher motorsportliche Randbereiche!
Deshalb musste ein Programm her, das weltweit mehr Aufmerksamkeit versprach. Die Wahl fiel auf die 24 Stunden von Le Mans. Das war keine Überraschung – schließlich reden wir über einen Hersteller aus Frankreich. Und Le Mans ist für die Franzosen, was die Indy 500 für die Amerikaner und die Mille Miglia für die Italiener sind: eine Herzensangelegenheit.
Entsprechend groß ist das Prestige, wenn ein französisches Team mit einem Auto aus dem Heimatland in Le Mans auf dem Podium steht. Als die FISA im November 1988 ihre Pläne verkündete, bei den Sportwagen auf die gleichen Motoren wie in der Formel 1 zu setzen, begann Peugeot Sport mit der Arbeit. Ein Vorteil der neuen Regeln war, dass die Motoren keinerlei Bezug zur Serie mehr aufweisen mussten.
Peugeot konstruierte einen V10!
Das war in der Gruppe C noch anders. Dort musste der Motorblock von einem Serienhersteller stammen. Beim sporadisch auch auf der Langstrecke eingesetzten Cosworth DFV übernahm Ford die Homologation. Offiziell stammte das Triebwerk schließlich von Fords Kent-Motoren ab – ein Mythos, den die Verantwortlichen schon seit Vorstellung des DFV 1967 pflegten.
Peugeot entwarf für seinen Einstieg in den Sportwagensport ein völlig neues Triebwerk. Das Aggregat mit der internen Bezeichnung SA35-A1 war ein hochdrehender V10 mit vier Ventilen pro Zylinder. Der Motor leistete rund 650 PS und war auf eine Drehzahl von bis zu 13.000 U/min ausgelegt. Später steigerten die Entwickler die Leistung ihres Triebwerks im Sportwagen auf 715 PS.
Rund um den V10 entstand der Peugeot 905!
Wie in der Formel 1 längst üblich, integrierten die Peugeot-Techniker den Motor als tragendes Element ins Fahrzeug. Die Mehrzahl der zuvor in der Gruppe C eingesetzten Rennwagen verfügte noch über einen Hilfsrahmen zur Aufnahme des Motors. Und wie die Vorbilder von Mercedes-Benz und Jaguar verfügte der neue Peugeot 905 über ein Chassis aus Kohlefaser.
Im Sommer 1990 präsentierte Peugeot seinen neuen Rennwagen der Öffentlichkeit. Im September und Oktober bestritten Keke Rosberg und Jean-Pierre Jabouille mit dem 905 zwei Läufe zur Sportwagen-Weltmeisterschaft. Beim Debüt in Montreal fiel der neue Peugeot 905 noch aus. Doch in Mexiko sprang ein 13. Platz – acht Runden hinter den Siegern – heraus.
In Le Mans war die Zeit für den 905 noch nicht reif!
Das war nicht berauschend – aber allen war nun klar, dass das Konzept des Peugeot 905 funktionieren konnte. Über den Winter entwickelte Peugeot den neuen Rennwagen weiter. Offenbar mit Erfolg. Denn den Saisonauftakt 1991 in Fuji gewannen Mauro Baldi und Philippe Alliot. Auch wenn Peugeot diesen Erfolg nicht unmittelbar wiederholen konnte, war das ein starkes Lebenszeichen.
In Le Mans übernahmen die beiden Werkswagen von Peugeot in den Anfangsstunden kurzzeitig die Führung. Doch sie fielen nach 22 beziehungsweise 68 Runden aus. Es war noch nicht die Zeit der 3,5-Liter-Saugmotoren. Die Wettbewerber von Jaguar und Mercedes-Benz setzten ihre neuen Rennwagen wohlweislich nur im Training ein. Am Ende gewann der Wankel-Mazda – ein Exot, der nicht den neuen Regeln folgte.
Die Evolution greift an: Peugeot 905 Evo 1 Bis
Auf Le Mans folgten gut zwei Monate Pause. Peugeot nutzte die Zeit, um den 905 umfassend zu überarbeiten. Mitte August am Nürburgring warf der französische Autobauer erstmals den verbesserten Peugeot 905 Evo 1 Bis in die Rennschlacht. Doch dieser konnte – nach einem Motorschaden und einem Unfall – sein Potenzial noch nicht abrufen.
Doch im September und Oktober gewann der neue Rennwagen zwei Läufe der Sportwagen-Weltmeisterschaft. Damit zog Peugeot bei der Anzahl der Siege mit Jaguar gleich. Jetzt schmerzten die Ausfälle am Nürburgring. Denn dort sicherte sich Jaguar mit einem Sieg 20 Punkte, während Peugeot leer ausging. Das Finale in Japan endete mit einer Sensation: Gewonnen hat der zuvor enttäuschende Mercedes-Benz C291.
Die Konkurrenz zog ab – und die Sportwagen-WM stand vor dem Aus!
Trotz dieser Typenvielfalt im ersten Jahr, in dem die neuen 3,5-Liter-Saugmotoren eigentlich die Hauptrolle spielen sollten, stand die Sportwagen-WM auf des Messers Schneide. Denn Ende 1991 verabschiedeten sich Jaguar und Mercedes-Benz. Zeitweilig erwog die FISA die Einstellung der Sportwagen-Weltmeisterschaft. Besonders Peugeot protestierte lautstark – mit Erfolg. Die FISA setzte die Sportwagen-WM fort.
Mazda übernahm den erfolgreichen Jaguar XJR-14 und schickte ihn mit einem V10 von John Judd ins Rennen. Dazu betrat Toyota mit dem neuen Toyota TS010 die Bühne. Doch die Neueinsteiger hatten gegen Peugeot keine Chance. Nur beim Saisonauftakt in Monza fuhren die Sieger keinen Peugeot. Die weiteren fünf Saisonrennen sicherten sich die Franzosen.
Dazu zählten auch die 24 Stunden von Le Mans!
Mit dem Erfolg an der Sarthe rundete Peugeot die (fast) perfekte Saison ab. Zudem bewiesen auch ein Toyota TS010 als Zweiter und ein Mazda MXR-01 als Vierter Steherqualitäten. Es war möglich, mit einem Formel-1-Motor Le Mans zu gewinnen. Trotzdem ließ die FISA die Sportwagen-WM auslaufen. Aber auch ohne WM-Prädikat wiederholte Peugeot 1993 den Erfolg in Le Mans – mit einem Dreifachtriumph!
Prestige, Patriotismus und Podium – für Peugeot war Le Mans wohl mehr als nur ein Rennen. Danach stieg Peugeot aus – und wechselte in die Formel 1 und belieferte 1994 McLaren. Mika Häkkinen sicherte dem Neueinsteiger fünf Podestplätze. Trotzdem zog McLaren nach nur einer Saison zu Mercedes-Benz weiter. Anschließend fuhren bis 2000 zunächst Jordan und dann Prost Grand Prix die Motoren von Peugeot.
Weitere Infos zum Peugeot 905
Wie viele Exemplare des Peugeot 905 entstanden?
- Es gilt als sicher, dass sieben Exemplare des Peugeot 905 gebaut wurden. Dazu entstanden zwei weitere Chassis eines am Ende nie eingesetzten Peugeot 905 Evo 2.
Worin liegt der Unterschied zwischen dem Peugeot 905 und dem Peugeot 905 Evo 1 Bis?
- Die Änderungen betrafen vor allem die Karosserie. 1991 wurden auch bereits vorhandene Fahrzeuge umgebaut. Chassis 905/15 gewann noch als 905 beim Saisonauftakt in Japan. Ab dem Sommer trat es als 905 Evo 1 Bis an und gewann zwei weitere Rennen.
Wo sind die Peugeot 905 heute?
- Einige Exemplare des Rennwagens behielt Peugeot. Andere gelangten inzwischen in die Hände interessierter Sammler. Einige lassen es sogar zu, dass ihre Fahrzeuge im historischen Motorsport eingesetzt werden. Im März 2025 verunglückte dabei ein 905 in Barcelona spektakulär.
Wie viele Rennen gewann der Peugeot 905?
- Die Werkswagen von Peugeot bestritten von 1990 bis 1993 insgesamt 17 Rennen. Davon gewannen sie neun. Zweimal davon waren sie bei den 24 Stunden von Le Mans erfolgreich. Dazu kamen schon 1991 die Siege in Suzuka, Magny-Cours und Mexiko City. 1992 gewann die Peugeot auch in Silverstone, Donington sowie erneut in Suzuka und Magny-Cours. Drei der Erfolge waren Doppelsiege. Bei zwei weiteren Erfolgen wurde ein zweiter Peugeot 905 Dritter.
Was für einen Motor hat der Peugeot 905?
- Das SA35 genannte Triebwerk ist ein V10 mit einem Zylinderwinkel von 80°. Der Hubraum liegt bei 3.499 Kubikzentimetern. Die erste Version (A1) des Vierventilmotors leiste 650 PS bei 12.500 Umdrehungen pro Minute. Eine weiterentwickelte Version (A2) hatte schon 715 PS Leistung. Die Bohrung des Triebwerks lag bei 91 Millimetern. Der Hub der im 905 eingesetzten Sportwagen-Variante betrug 53,9 Millimeter.
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