Alfa Romeo in der Formel 1 – Privatfahrer und Versuche mit Cooper, McLaren und March
von Fabian P. Wiedl und Tom Schwede am 18. Mar 2024Nach dem Alfa Romeo in den Anfangstagen die Automobil-Weltmeisterschaft dominierte verließ der Autobauer die Königsklasse Ende 1951 überraschend. Das brachte fast die Weltmeisterschaft ins Wanken. Erst zehn Jahre später holten Privatfahrer das „Quadrifoglio Verde“ in die Formel 1 zurück. Davon inspiriert dachte auch das Werk wieder über ein Formel 1-Engagement nach. Doch ein Comeback mit Cooper zerschlug sich. Bei Einsätzen mit McLaren war Alfa Romeo nicht konkurrenzfähig. Und auch bei March sah es nur etwas besser aus.
Trotz des Rückzug des Werksteams am Ende der Saison 1951 taucht der Name Alfa Romeo bald wieder in den Startlisten der Automobil-Weltmeisterschaft auf. Denn ab 1961 rennt die Königsklasse mit 1,5-Liter großen Saugmotoren. Richtige Rennmotoren dieser Größe sind zunächst knapp. Es gibt sie zunächst nur bei B.R.M. und Ferrari. Die britischen Teams entdecken bei Coventry Climax den Motor einer Feuerwehr-Pumpe. Sie passen diesen für den Betrieb in ihren Rennwagen an. Das rückt praktisch automatisch andere Großserientriebwerke in das Blickfeld der Teams. Dazu zählt auch der Vierzylinder aus der Alfa Romeo Giulietta. Denn der „Bialbero“ ist Anfang der 1960er-Jahre ein äußerst modernes Triebwerk.
Privatfahrer brachten Alfa Romeo in die Formel 1 zurück
Der Motorblock aus Aluminium ist leicht. Dazu rotieren im ebenfalls aus Alu gegossenen Zylinderkopf zwei Nockenwellen. Mit strammen 100 PS Leistung steht schon das Großserientriebwerk mit 1,3 Litern Hubraum im Serienmodell Giulietta Sprint Speciale gut im Futter. Alles zusammen sind gute Voraussetzungen, um Anfang der 1960er-Jahre einen Rennmotor von einem Serientriebwerk abzuleiten. Das erkennt der Südafrikaner Syd van der Vyver früh. Seinen aus Europa importierten Cooper T43 rüstet van der Vyver mit einem getunten Triebwerk aus Mailand aus und gewinnt 1960 die erste nationale Formel-Meisterschaft Südafrikas. Das Potenzial des Motors sieht auch Alejandro de Tomaso und leitet ein Jahr später ebenfalls einen Rennmotor von dem Serienmotor ab.
Doch im de Tomaso F1 genannten Monoposto erweist sich das Triebwerk als defektanfällig. Das Projekt ist ein Flop, de Tomaso zieht sich schnell wieder aus der Königsklasse zurück. Neben de Tomaso treten vor allem die Südafrikaner mit ihren Alfa Romeo-Motoren in der Formel 1 an. Denn ab 1962 zählt der Große Preis von Südafrika zur Automobil-Weltmeisterschaft. Das nutzen einheimische Piloten, um sich der internationalen Konkurrenz zu stellen. Zu ihren gehört auch van der Vyvers ehemaliger Mechaniker Peter de Klerk, der zweimal mit einen „Alfa Special“ getauften Rennwagen antrat. Der „Alfa Special“ des Teams Otelle Nucci war eine Konstruktion des Rennfahrers Doug Serrurier. Dieser war auch der Kopf hinter der südafrikanischen Marke „LDS“
Der Tipo 33 schuf die Grundlage für ein Comeback in der Formel 1
Es ist nicht mehr nachvollziehbar, wie das Werk in Mailand auf die Aktivitäten der Kunden reagierte. Zumindest offiziell gab es zu dieser Zeit wohl keine Pläne in die Weltmeisterschaft zurückzukehren. Doch 1963 gründet Carlo Chiti Autodelta, um Fahrzeuge für den Motorsport zu entwickeln. Teilhaber dieser Firma ist der Alfa Romeo-Händler Lodovico Chizzola. Das öffnet auch in Mailand die Türen. Autodelta übernimmt die Vorbereitung der Alfa Romeo TZ. Schon 1964 zieht die Firma in die Nähe von Mailand um. Zwei Jahre später übernimmt Alfa Romeo die Firma als Tochterunternehmen. Autodelta bleibt jedoch rechtlich selbständig. In den kommenden Jahren operiert Autodelta als „unabhängige“ Sportabteilung des Staatsunternehmen Alfa Romeo.
Auf die Alfa Romeo TZ folgt der Sportwagen Alfa Romeo Tipo 33. Für ihn entsteht ein zunächst zwei Liter großer 90°-V8-Saugmotor. Mit Doppelzündung, vier oben liegenden Nockenwellen und einer maximalen Drehzahl von 10.000 Umdrehungen pro Minute ist der V8 aus Mailand einer der interessantesten und ambitioniertesten Sportmotoren seiner Zeit. Ein Jahr nach dem Debüt des Tipo 33 folgte auf ihn die Weiterentwicklung Tipo 33/2. Sie verfügte über eine 2,5 Liter große Version des V8-Motors. Und bei Autodelta gibt es bereits Pläne für eine drei Liter große Version des Motors. Das macht den Motor auch für die Königsklasse interessant. Denn schon 1963 gab die C.S.I. bekannt, dass die Formel 1 ihre 1,5 Liter-Aggregate nach nur fünf Jahren in den Ruhestand schicken wird.
Ein Comeback bei mit Cooper platzt – John Cooper fehlt das Vertrauen in die Motoren aus Mailand und sperrt sein Team zu!
An die Stelle der allgemein als zu klein für die Königsklasse empfundenen Motoren sollen ab 1966 drei Liter große Saugmotoren treten. Mit der ungewöhnlich langen Vorlaufzeit von mehr als zwei Jahren wollten die Verantwortlichen der Formel 1 sicherstellen, dass es solche Motoren zum Start der neuen Formel auch gibt. Das klappt nur bedingt, denn zum Start fehlen der Königsklasse echte Rennmotoren. Einige Teams fahren mit auf zwei oder zweieinhalb Liter aufgebohrten Triebwerken der 1,5-Liter-Ära. McLaren nutzt einen US-V8 von Ford. Die Szene dominiert der vom Buick 215 abstammende Repro V8 von Jack Brabham. Das lässt die Idee eines Comebacks in Mailand wieder aufleben. Es entstehen Pläne, den V8 aus dem Sportwagen Tipo 33 in die Formel 1 zu bringen.
Denn John Cooper ist auf der Suche nach einem geeigneten Triebwerk. Dessen Team ist mit Motoren von Maserati und BRM ins Hinterfeld zurückgefallen. Cooper und Alfa Romeo vereinbaren 1968 eine Zusammenarbeit. Doch die Fertigstellung der Dreiliter-Variante des V8 verzögert sich. Im Sommer 1968 testet Lucien Bianchi im Cooper 86C daher eine 2,5-Liter-Version des Motors. John Cooper überlegt, Bianchi mit diesem Testträger bei den Grand Prix in Brands Hatch und Monza ins Rennen zu schicken. Doch bei den Tests kann der Motor nicht überzeugen. John Cooper fehlt das Vertrauen in die Fähigkeiten der Italiener und sagt den Start ab. Am Ende des Jahres sperrt Cooper sein Team zu. Damit platzt das geplante offizielle Comeback des Autobauers in der Königsklasse.
Alfa Romeo platziert seine Motoren bei McLaren und March
Trotzdem ist der von Bianchi getestete Cooper 86C heute im historischen Motorsport mit einem Alfa-Motor unterwegs. Doch der Originalmotor fehlt. Deshalb übernimmt dabei ein V8 aus dem legendären Montreal des Antrieb des Monoposto. Erst 1970 kommt es zu einem Comeback in der Formel 1. Werksfahrer Andrea de Adamich tritt bei zehn Grand Prix mit einem McLaren Alfa Romeo an. Doch dem Italiener gelingt nur fünfmal der Sprung ins Starterfeld. Genauso häufig verpaßt de Adamich die Qualifikation. In Italien bekommt mit Nanni Galli ein weiterer Alfa-Werksfahrer einen McLaren Alfa Romeo. Auch Galli verpaßt jedoch die Qualifikation. Bruce McLaren besserte mit dem Projekt wohl nur seine Kasse auf.
Denn bei den Einsätzen übernimmt der Autobauer aus Italien die Kosten, stellt Motoren und Piloten. Doch die Partnerschaft endet nach nur einem Jahr, die Motoren, die Piloten und das Geld aus Italien ziehen weiter zu March. Andrea de Adamich tritt bei elf Rennen an und und qualifiziert den March 711 Alfa Romeo regelmäßig. Nanni Galli darf sich bei vier Läufen versuchen, scheitert einmal an der Qualifikationshürde. Doch für Punkte oder gar Siege reicht es auch bei March nicht. Der vom Sportwagen abgeleitete Motor kann mit dem inzwischen vorgestellten Cosworth nicht mithalten. Der Autobauer erkennt die Sinnlosigkeit. In den folgenden Jahren konzentriert sich die Sportabteilung Autodelta auf Sportwagen. Womit nebenbei die Grundlage für das nächste Comeback in der Formel 1 entsteht.
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