Sonst noch ausprobiert

On Any Sunday – Teufelskerle auf heißen Feuerstühlen!

Denkst Du noch daran, dass Du für Max das Schulbuch bestellst? Mit dieser Frage erinnerte mich Karla neulich daran, dass ich noch mal eben „zu“ Amazon wollte. Der ehemalige Buchhändler ist inzwischen längst eine Art IKEA der virtuellen Welt. Man „geht“ hin und kommt immer auch mit einigen Dingen zurück, die zuvor auf keiner Einkaufsliste standen. So kam ich kürzlich zu der DVD des Films On Any Sunday – Teufelskerle auf heißen Feuerstühlen.

Bei On Any Sunday – Teufelskerle auf heißen Feuerstühlen dreht sich alles um Motorräder. (Foto: Tom Schwede)
Bei On Any Sunday – Teufelskerle auf heißen Feuerstühlen dreht sich alles um Motorräder. (Foto: Tom Schwede)

Der Vergleich von IKEA und Amazon verdeutlicht nebenbei, wie sich die Welt verändert. Die Schweden müssen erst mühsam Angebote in den Gang stellen, um Erfahrungen dazu zu sammeln, was die Kunden in den Einkaufswagen packen. Die Amerikaner können in der virtuellen Einkaufswelt bei ihren Kunden mit A/B-Tests ausprobieren, was zu nicht geplanten Einkäufen animiert. Zumal die Software weiß, was die Kunden sonst kaufen und sich – möglicherweise sogar mehrfach – ansehen.

Offensichtlich ermittelte die Software von Amazon so, dass ich Motorsport und Filme mit Steve McQueen mag. Daher schlug mir das System, obwohl ich eigentlich nur ein Schulbuch kaufen wollte, zusätzlich den Spielfilm Teufelskerle auf heißen Feuerstühlen vor. Mit Erfolg, denn ich hatte einen schwachen Moment und legte die DVD in den virtuellen Einkaufskorb. So landete der Film, dessen Cover demonstrativ der „King of Cool“ ziert, schon einen Tag später auf meinem Schreibtisch.

Teufelskerle auf heißen Feuerstühlen ist ein Dokumentarfilm

Beim Ansehen des Films trat eine gewisse Ernüchterung ein. Zumal ich zwei Versuche brauchte, um den Film komplett anzusehen. Beim ersten Versuch schlief ich ein ein. Eine Rolle dabei spielte, dass der „Spielfilm“ – Amazon nutzt diese Bezeichnung bis heute in der Artikelbeschreibung – ein Dokumentarfilm ist. Doch noch viel wichtiger war, der Film ist meiner Meinung nach einfach schlecht. Mit deutschem Ton ist Teufelskerle auf heißen Feuerstühlen sogar unerträglich.

Teufelskerle auf heißen Feuerstühlen ist, ganz grob betrachtet, dem Rennen mit Motorrädern gewidmet. Der Film springt dabei immer wieder eher planlos zwischen den unterschiedlichen Spielarten des Motorradrennsports hin und her. Von der Straße geht es über Dirt-Track-Oval-Rennstrecken und dem Daytona Speedway schließlich zum Motorcross. Zwischendrin gibt es noch einen Abstecher zur Baja 1000 in Mexico und zu den Six-Days.

Herausragende Fahrszenen lösen sich mit Unfällen ab

Irgendwie begleitet der Film auch den Rennfahrer Mert Lawwill. Nach 30 Minuten tritt sogar Steve McQueen auf. Doch der Schauspieler bleibt dabei eine Randfigur. Immerhin zeichnen den Film Bilder aus, die das Fahren in den Mittelpunkt stellen. Ob auf dem Dirt-Track-Oval oder in den Steilkurven von Daytona, die mehr als 40 Jahre alten Aufnahmen sind herausragend. Selbst heute, wo jeder Hobbyfahrer mit einer GoPro-Kamera seine Touren in Full HD aufzeichnen kann, faszinieren diese Aufnahmen.

die Aufnahmen vermitteln auch einen Eindruck davon, was die Macher des Films am Motorradfahren begeistert haben könnte. Schade, dass diese spannenden Aufnahmen sich fast nahtlos mit Unfallszenen abwechseln. Zeitweilig wirkt der Film wie eine frühe Ausgabe der legendären Havoc-Filme oder wie die Pausenfüller „Best of Crash“ bei Motors TV. Immer wieder steigen Motorcross-Piloten über den Lenker ab. Wie beim Rodeo sind die Unfälle „lustig“ mit Westernmusik (viel Banjo und ganz viel Jaahoouuuo) unterlegt.

Überhaupt die (deutschen) Texte

Teufelskerle auf heißen Feuerstühlen schwankt in diesen Momenten zwischen ernsthafter Dokumentation und Klamauk oder vielleicht auch zwischen Unterhaltung und Sensationsgier. Anders ist es nicht zu erklären, warum der Film die Unfälle immer mehrfach wiederholt. Und falls der Zuschauer einen Unfall nach mehreren Wiederholungen immer noch nicht vollständig erfasst hat, legt der Film nach. Bei der nächsten Wiederholung weist der Sprecher noch mal auf den Handschuh hin, den der Stürzende bei diesem Unfall spektakulär verlor.

Dabei wirken die deutschen Kommentare wie aus der Zeit gefallen. Da ist die Welt des Motorrads groß und bunt. Sie ist eine Gemeinschaft für Individualisten (sic!) und bietet ihren Mitgliedern eine „berauschende Welt der Freiheit“. Die Texte des Sprechers wirken heute einfach nur noch komisch. Sofern sie nicht völlig in den Chauvinismus abgleiten. Zu einem gestürzten und tief im Matsch versunkenen Motorcross-Piloten heißt es aus dem Off „ … Peinlich genug, wenn die Freundin erste Hilfe leisten muss … “.

Das sind Texte aus einer ganz weit entfernten Zeit!

Die Texte wirken befremdlich. Doch sie stammen eben aus einer Zeit, als Sex noch sicher und Motorsport gefährlich war, wie Hans-Joachim Stuck es einmal treffend formulierte. Die positive Überraschung stellt sich ein, als ich den Film im englischen Originalton ansehe. Denn nun verstehe ich warum „Teufelskerle auf heißen Feuerstühlen“ 1972 in der Kategorie „Bester Dokumentarfilm“ für den Oscar nominiert wurde. Selbst wenn es keinen Oscar gab, war das für den Produzenten Steve McQueen ein Erfolg.


Wer es nicht lassen kann, der findet Teufelskerle auf heißen Feuerstühlen beispielsweise bei Amazon (Werbung). Selbst wenn ich den Film bei einem Preis von rund 7 Euro nur bedingt empfehlen kann.


Infos zum Titelbild dieses Beitrags:
Historisches Motorrad auf der Grand Prix-Strecke des Nürburgrings. Gesehen 2012 bei einer Veranstaltung des DAMC 05.

Foto: Tom Schwede

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Themen in diesem Artikel:

Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!