Auto-Erinnerungen

Mein Name ist Bond – Bond Bug!

Das (meist) orange Dreirad der Gebrauchtwagen-Profis!

Durch Zufall flimmerten hier vor ein paar Tagen bei DMAX die Gebrauchtwagen-Profis über den Fernseher flimmerten. Denn der mehr als zwei Meter große Edd China hockte in einem winzigen Kleinwagen mit drei Rädern. Edd war mit einem Bond Bug unterwegs. Das dreirädrige und in einem knackigen Organe lackierte Dreirad weckte sofort mein Interesse.

Treue Leser unseres Blogs wissen, dass Edd und ich mit einer ähnlichen Körperlänge durchs Leben eilen. Trotzdem hege ich schon länger eine gewisse Vorliebe für Kleinwagen. Ich mag klassische Kleinwagen wie den Austin Mini, den FIAT 500 oder auch den NSU TT. Für Dreiräder war bisher in meinem Auto-Kosmos kein Platz. Unbedarft ordnete ich sie bisher den Kindertagen zu – den eigenen und denen der Automobilhistorie.

Auto-Blogger mit Hut und Trecker
Auto-Blogger 1972 mit Hut und einem dreirädrigen Trecker (Foto: HMS)

Schließlich war ich als Kind in den frühen 1970er-Jahren regelmäßig mit einem Trecker unterwegs, der auch „nur“ drei Räder hatte. Das wirkt offensichtlich bis heute nach. Bei Autos dachte ich bisher beim Stichwort Dreirad an den Morgan Threewheeler oder vielleicht das eine oder andere Fahrzeug aus der Zeit des Wirtschaftswunders.

Doch weit gefehlt, denn in Großbritannien baute die Firma Reliant bis zu ihrer Pleite (wundert jetzt nicht, oder?) im Jahr 2001 noch Personenkraftwagen mit drei Rädern in Serie. Vielleicht kennt ihr die Fahrzeuge von Reliant sogar aus der TV-Serie „Mr.-Bean“ des bekennenden Auto-Native Rowan Atkinson. Dort zieht ein Reliant Regal regelmäßig gegen Mr. Bean und seinen Mini den Kürzeren im Kampf um Vorfahrt oder Parkplätze. Diese Auseinandersetzung ist ein Running-Gag des Komikers.

In Griechenland oder Schwellenländern wie Indien und auch dem Gaza-Streifen gehören Dreirad-Autos als Lieferfahrzeug dagegen bis heute zum Straßenbild. Und wenn das eigene Schamgefühl auch Geschmacksverirrungen wie das fast schon zynisch „Can-Am Spyder Roadster“ getaufte Fahrzeug aus dem Bombardier Konzern erträgt, dann findet gehören auch in vergleichsweise entwickelten Ländern heute noch motorisierte Dreiräder zum Fahrangebot.

Doch das Bond Bug ist völlig anders

Denn das Bond Bug ist kein Kleintransporter oder Motorrad für Zweirad-Legastheniker. Das Bond Bug, dessen wohlklingender Name ja eigentlich eher nach Aston Martin oder vielleicht auch Toyota GT 2000 klingt, ist eine andere Klasse. Es sieht deutlich mehr nach einem Auto aus als jedes andere motorisierte Dreirad. Wie bei den Fahrzeugen von Reliant gibt es Bond Bug zwei angetriebene Hinterräder und im Vorderwagen ein gelenktes Vorderrad.

Ganz besonders in der Geschichte des Automobils bewanderte Leser, denken bei dieser Anordnung der Räder sicherlich sofort an die frühen von Carl Benz konstruierten Patent-Motorwagen. Doch anders als Bertha Benz auf ihrer legendären Tour nach Mannheim nach Pforzheim legen die Passagiere im Bond Bug ihren Weg vollständig von einer Karosserie geschützt zurück. Auch wenn das Bond Bug wirkt, als ob seinen Erbauern an der Fahrzeugfront irgendwie die Teile ausgingen, dieses Gefährt geht spontan als Auto durch.

Wer baute das Bond Bug?

Entstanden ist das Bond Bug bei der Firma „Bond Cars Ltd“. Der ursprünglich 1922 gegründete Autobauer war im britischen Preston zu Hause und hieß zunächst „Sharp’s Commercials Ltd“. 1948 bot „Sharp’s Commercials“ mit dem Bond Minicar sein erstes Auto aus. In den Anfangsjahren war das Unternehmen damit durchaus erfolgreich. Doch der Markt veränderte sich bald. Auch in Großbritannien nahm der Wohlstand zu und wer es sich leisten konnte, der kaufte ein Auto mit vier Rädern. Wobei Steuervorteile gerade auf den britischen Inseln Dreiräder länger als anderswo attraktiv hielten.

Bond Bug in einer Ausstellung
Bond Bug in einer Ausstellung (Foto: Tom Schwede)

Die seit 1921 geltenden Zulassungsvorschriften für motorisierte Dreiradfahrzeuge machten Großbritannien zur Hochburg der Dreirad-Autos. Bis zu einem Leergewicht von 8 britischen Zentnern, dies entspricht circa 406 kg, fielen für ein Dreirad – unabhängig von Hubraum und Leistung – gerade einmal vier Pfund Kraftfahrzeugsteuern an. Die Dreiräder lagen damit im Unterhalt unter den Motorrädern und durften zum Teil sogar ohne Führerschein gefahren werden. Erst Ende der 1960er-Jahre entfiel dieser Steuervorteil.

Unabhängig davon stellte auch „Sharp’s Commercials“ seinem Minicar 1963 mit dem Bond Equipe ein Fahrzeug mit vier Rädern zur Seite. Bei dieser Gelegenheit änderte das Unternehmen seinen Namen in „Bond Cars Ltd“ und baute weiter auch Dreiräder. Doch der Equipe rettete das Unternehmen nicht. Spätestens der Wegfall der Steuervorteile für die Dreiräder machte Bond zu einem Sanierungsfall. Wie immer in der Automobilgeschichte kam es zur Konzentration. Im Februar 1969 übernahm die „Reliant Motor Company“ ihren Wettbewerber. Reliant wickelte Bond in Preston innerhalb nur eines Jahres ab. Sogar die Ersatzproduktion für die bisher gebauten Bond-Fahrzeuge gab Reliant an Bob Joyner & Son ab.

Das Bond Bug stand für Style und Fashion

Bond wurde zu einer Marke von Reliant. Denn Reliant wusste, dass die Kunden aus der Nachkriegszeit langsam älter wurden. Gleichzeitig war den Unternehmen klar, dass es jüngere Kunden immer weniger für Dreiräder begeistern konnte. Mit dem 1970 vorgestellten Bond Bug versuchte Reliant, sich gegen diesen Trend zu stellen. Die technische Grundlage lieferte der Reliant Regal. Den Antrieb übernimmt der 700 ccm große Vierzylinder von Reliant. Doch anders als beim eher barocken Regal stülpte Reliant beim Bond Bug darüber eine modere Karosserie.

Innenraum des Bond Bug
Innenraum des Bond Bug

Für das Design der Karosserie war mit Tom Karen von Ogle Design ein damals renommierter Designer verantwortlich. Der Einstieg in den Zweisitzer erfolgt durch die große Haube des Cockpits. Sie lässt sich – fast wie bei einem  Kampfjet – vollständig nach vorne aufklappen. Naja, optisch zumindest. Denn mit einer Höchstgeschwindigkeit von 121 Kilometern pro Stunde ist das Dreirad weit weg von einem Jet. Trotzdem klingt das spannend. Denn das Bond Bug wiegt leer nur 395 Kilogramm. Das klingt nach einem  durchaus interessanten Fahrerlebnis.

Den Bau des Bond Bug übernahm die „Reliant Motor Company“ in ihrem Stammwerk in Tamworth selbst. Doch trotz des attraktiven Designs war das Bond Bug nicht der erhoffte Befreiungsschlag. Vermutlich war das Bond Bug dafür zu teuer. Denn Reliant verlangt für das Bond Bug beim Debüt 629 britische Pfund. Damit war das Dreirad teuer als das Grundmodell des Mini. Denn der Mini kosten 1970 mit dem 850 ccm großen Motor in Großbritannien „nur“ 620 britische Pfund.

Bis 1975 entstanden daher nur 2.268 Exemplare des bis auf wenige Ausnahmen in einem leuchtenden Orange lackierten Bond Bugs. Kenner vermuten, dass davon allenfalls 1.000 Exemplare bis heute überlebten. Ein Exemplar baute John Stears übrigens zum „Landspeeder“ des Weltraumhelden Luke Skywalker in George Lukas Star Wars Epos um. Mit Spiegeln versteckte Stears die Räder. Bei den Filmaufnahmen entstand so der Eindruck, dass der „Landspeeder“ schweben würde.

Das „Bond Bug“ heute

Die überlebenden Exemplare des Bond Bug sind heute ein Fall für Liebhabern in der ganzen Welt. Dank der GFK Karosserie ist Rost kein Thema. Zudem lassen sich die Teile relativ leicht nachbauen. Reliant vertraute bis zu seinem Konkurs im Jahr 2001 auch in den Nachfolgern Robin und Rialto auf den Vierzylinder aus dem Bond Bug. Dies sorgt auch bei den Motoren für eine relativ entspannte Ersatzteilversorgung. Die Gebrauchtwagen-Profis zahlten für ihr Exemplar weniger als 3.000 €. Für die Restauration benötigten sie Teile im Wert von rund 800 €. Am Ende der Sendung fand ihr Exemplar für rund 6.300 € einen Käufer.


Technische Daten des Bond Bug im Überblick:

  • Typ: Bond Bug
  • Grundpreis: £629 (1970)
  • Motor: Vierzylinder-Benzinmotor (OHV), 700 ccm (später 750 ccm) Hubraum, 29 PS (21 kW) bzw. 31 PS (23 kW) Leistung bei 5.000 1/min, maximales Drehmoment 47,8 Newtonmeter bzw. 51,5 Newtonmeter bei 3.000 1/min
  • 0-60 mph: 23,2 Sekunden
  • Höchstgeschwindigkeit: 121 km/h
  • Abmessungen: 2,79 Meter lang, 1,40 Meter breit und 1,27 Meter hoch
  • Gebaute Exemplare: 2.268 Stück

AutoNatives.de ist auch bei Facebook. Wir freuen uns über ein Like.







Themen in diesem Artikel:

Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!