Der Ford Mustang gilt seit 50 Jahren als uramerikanischer Sportwagen. In den USA steht inzwischen die sechste Generation des Pony-Cars bei den Händlern. Mit ihr folgt auch der Sportwagen der One Ford-Strategie von einem Modell für alle Märkte. Daher gibt es den neuen Mustang jetzt auch offiziell bei den deutschen Ford-Händlern. Und ich war mit dem Sportwagen auf Probefahrt.
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Dieser persönliche Hintergrund machte die Probefahrt mit dem neuen Ford Mustang schon im Vorfeld zu einem besonderen Vergnügen. Denn der amerikanische Sportwagen verbindet auf fast einzigartige Art und Weise die Tradition mit der Moderne.
Mit dem Mustang schuf Ford 1964 die Klasse der Pony-Cars
Zum Wesen dieser Fahrzeugklasse gehören trotz großvolumiger 8-Zylinder-Motoren günstige Anschaffungspreise. Damit richteten sie sich traditionell vor allem an junge Kunden. Verkaufsgenie Lee Iacocca erkannte als Ford Direktor die Faszination dieser Verbindung.
Mit geschicktem Marketing verkaufte Ford unter der Regie von Iacocca bereits im Debütjahr des Sportwagens mehr als 680.000 Exemplare. Bis heute rollten mehr als 9,3 Millionen Mustang vom Band. Und die sechste Generation hat alle Anlagen, um der Erfolgsgeschichte Mustang neuen Drive zu verpassen.
Wie wirkt der neue Ford Mustang auf mich?
Bei meiner ersten Begegnung nähere ich mich dem Amerikaner von vorne. Das charakteristische Pony im Kühlergrill lässt von Anfang an keinen Zweifel daran, mit wem ich in den nächsten Stunden das Vergnügen habe. Dazu folgt die Formgebung des neuen Ford Mustang der Tradition des Urmodells. Das wirkt vertraut, obwohl die Designer der Versuchung widerstanden, ein Retromobil auf die Räder zu stellen.
Mir gefällt die relativ hohe Seitenlinie des Bodys. Besonders beim Fastback, wie Ford das Mustang-Coupé nennt, ist das Greenhouse sportlich knapp geschnitten. Dazu läuft die Passagierkanzel beim Fastback sehr stilvoll flach aus. Der Seitenlinie des Cabrio Mustang Convertible fehlt an dieser Stelle die Harmonie. Zudem wirkt auch die breite hintere „Säule“ des Verdecks nicht so elegant wie der im Vergleich geradezu filigranen Steg des Coupés.
Natürlich ist das „nur“ ein subjektiver Eindruck. Sicherlich spielt bei mir immer auch eine Rolle, dass ich ein Coupé-Freund und kein Cabrio-Liebhaber bin. Müsste ich mich spontan für einen Mustang entscheiden, dann wähle ich definitiv den Fastback und nicht den Convertible. Beim Mustang vielleicht auch schon deshalb, weil Steve McQueen als Lieutenant Frank Bullitt im Spielfilmklassiker Bullitt von 1968 einen Mustang Fastback fuhr.
Welche Motoren stehen zur Verfügung?
In Deutschland bietet Ford zwei Motoren an. Das Spitzenmodell verfügt über einen V8-Motor. Der Sauger schöpft seine Kraft aus einem Hubraum von fünf Litern. 421 PS Leistung und ein maximales Drehmoment von 530 Newtonmetern stehen zur Verfügung. Auch im V8 ist ein manuelles 6-Gang-Getriebe Standard, um diese Kraft auf die Strasse zu bringen. Nur als Extra (+ 2.000 Euro) gibt es ein Automatikgetriebe.
Für Einsteiger gibt es im Mustang zudem den 2,3-Liter-EcoBoost. Der Benzindirekteinspritzer mit Turboaufladung stellt 317 PS zur Verfügung. Das maximale Drehmoment des Vierzylinders liegt bei 434 Newtonmeter. Interessant ist die Preisgestaltung von Ford. Denn die beiden Motoren trennt nur ein Aufpreis von 5.000 Euro – sowohl beim Fastback als auch beim Convertible.
Mit welchem Mustang war ich auf Probefahrt?
Ich konnte beide Motoren in der Kombination mit einem Schaltgetriebe ausprobieren. Schon der Vierzylinder ermöglicht souveräne Fahrleistungen. Den Sprint aus dem Stand auf Tempo 100 legt der „kleine“ Mustang in 5,8 Sekunden auf den Asphalt. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 234 Kilometern pro Stunde. Der V8 erreicht das Landstraßentempo genau eine Sekunde schneller. Zudem ist er bis zu 250 Kilometer pro Stunde schnell. Das sind vergleichsweise geringe Unterschiede.
Den größten Unterschied gibt es beim Sound. Der Vierzylinder klingt kernig. Doch ihm fehlt natürlich das sonore Blubbern des Achtzylinders. Ein Mustang mit dem 2,3-Liter-EcoBoost-Motor ist ein netter Sportwagen. Richtig amerikanisch wird es erst mit dem Mustang GT und seinem V8-Motor. Das gilt allerdings leider auch für den Verbrauch und die CO2-Emissionen. Während sich das kleine Coupé handgeschaltet im kombinierten Fahrzyklus (NEFZ) mit 8,0 Liter Super begnügt, verlangt der Große hier schon 13,5 Liter.
Unterwegs im Ford Mustang EcoBoost 2,3
Für die erste Testfahrt wählte ich den Vierzylinder. Gestartet wird der Mustang auf Knopfdruck. Auch wenn „Key-less-go“ heute längst auch in der Mittel- und Kompaktklasse zu Hause ist, hat das für mich noch immer etwas vom Rennwagen. Im Leerlauf ist der Turbomotor des Sportwagens fast schon unauffällig. Ich greife zum kurzen Schaltknauf und bin begeistert.
Denn die Schaltwege des manuellen 6-Gang-Getriebes sind kurz und knackig. Die Führung in der Kulisse des Getriebes ist präzise. Auch an dieser Stelle untermauert der Mustang seinen sportlichen Anspruch. Langsam rolle ich vom Hof und strebe der Landstrasse entgegen. Denn ich bin gespannt, wie sich der kleine Mustang auf der Strasse schlägt. Als der Motor warm ist, beginne ich mit dem Mustang zu spielen.
Ich beschleunige von 50 auf 100, bremse wieder ab, wiederhole das Spiel. Der Mustang EcoBoost bewältigt diesen Teil des Tests cool. Selbst auf kurvigen Langstrassen bringt den Amerikaner nichts aus der Ruhe. Es macht sich bemerkbar, dass der aktuelle Mustang erstmals über vier Einzelradaufhängungen verfügt. Die Zeiten der Starrachse sind – der One Ford-Strategie sei Dank – im neuen Mustang vorbei.
Nach einer guten halben Stunde wechsele ich auf die Autobahn. Auch dort cruise ich zunächst eher lässig durch die Gegend. Endlich erreiche ich ein Stück Autobahn, das die Politiker und Verwaltungsbehörden in unserem Land bisher nicht mit einem Tempolimit überzogen haben. Ich trete das Gaspedal voll durch und fordere dem Motor damit wohl erstmals alle seine 317 PS ab. Jetzt klettert die Tachonadel zügig aufwärts. Schnell lässt der Mustang die Marke von 200 Kilometern pro Stunde hinter sich.
Genauso schnell liegen auch 220 Kilometer pro Stunde oder mehr an. Im Tachometer des Sportwagens steht „Groundspeed“. Das ist ein nettes Detail und erinnert mich an die Flugstunden, die ich als Student absolvierte. Doch der Mustang bewahrt die Bodenhaftung. Obwohl sich in diesem Geschwindigkeitsbereich das Heck des Amerikaners jetzt etwas leichter als zuvor anfühlt. Gut möglich, dass dies nur an den auf dem Testwagen aufgezogenen Winterreifen liegt. Vielleicht würde jedoch auch ein etwas größerer Heckspoiler dem Mustang gut zu Gesicht stehen.
Wechsel in den 421 PS starken Ford Mustang GT
Nach der Rückkehr zum Ausgangspunkt wechsele ich sofort in den Ford Mustang GT mit dem V8-Motor. Er begeistert mich schon im Stehen mit dem Klang seines 5-Liter-Motors. Das ist das typische Ami-Bollern, das ich mit amerikanischen Sportwagen verbinde. Auch der GT verfügt über ein manuelles 6-Gang-Getriebe. Es wird ganz klassisch über den Schalthebel auf der Mittelkonsole bedient. Schaltwippen gibt es nicht.
Das macht den Ford Mustang zum Sportwagen für Puristen. Das gefällt mir. Auch mit dem großen Mustang führt es mich zunächst wieder auf die Landstraße. Ich wiederhole die Beschleunigungsübungen. Ja, es gibt einen Unterschied zum kleinen Bruder. Schließlich verfügt der V8-Motor über 104 zusätzliche Pferdestärken. Doch eigentlich ist das völlig nebensächlich.
Denn das Schöne am echten Sportwagen ist das Können und nicht das Müssen. Der Ford Mustang ist kein halbstarker Basecap-Träger, der aussieht, als könne er nicht bis drei zählen. Der Amerikaner wirkt stattdessen wie ein gereifter Gentleman, der nur Bedarf voll zuschlägt. Deshalb muss der Mustang GT seine Potenz auch nicht wie manch sportliche Mittelklasse mit viel Geschrei permanent vor sich hertragen.
In diesem Sinne ist der 5-Liter-V8-Motor der Antrieb eines (fast) perfekten Gentlemans. Bei Bedarf reißt es ihn jederzeit vorwärts. Zumal der V8 seine 421 PS erst bei 6.500 Umdrehungen pro Minute kurz vor dem Erreichen des Schaltpunkts aus dem Ärmel schüttelt. Nach dem Gangwechsel fällt die Drehzahl auf 3.500 Umdrehungen zurück.
Damit liegt beim Einkuppeln also sofort das maximale Drehmoment an, um die Beschleunigungsorgie fortzusetzen. Gut zu wissen, dass der GT über eine Hochleistungsbremsanlage von Brembo verfügt. Sechs Bremskolben pro Bremszange sorgen dafür, dass der Mustang nicht nur sportlich beschleunigt, sondern auch sportlich bremst.
Wie kann ich im Mustang sitzen?
Besonders mit den optionalen Sportsitzen von Recaro sitzt der Ford Mustang wie ein Maßanzug. Das Lenkrad liegt perfekt in der Hand. Die Position zu den Pedalen und zum Schaltknauf stimmt. Alle Instrumente liegen gut im Blickfeld des Fahrers. So lässt sich der Mustang perfekt dirigieren. In der Liga der Sportwagen fährt sich der Mustang damit bei mir und meinem mehr als zwei Meter langen Körper auf Platz eins. Denn so gut habe ich lange nicht in einem Sportwagen gesessen.
Fazit zum Ford Mustang
Mit dem neuen Fahrwerk, das erstmals im Mustang über vier Einzelradaufhängungen verfügt, kann der Amerikaner auch Kurven. Er bleibt damit auch bei sportlicher Fahrweise präzise und seine Reaktionen vorhersehbar. Kein Vergleich zu den alten Mustangs, die mit ihrer Starrachse oft an ein Wildpferd erinnerten, das plötzlich und unerwartet auskeilt. Dank dieser Auslegung hat der Mustang tatsächlich das Potenzial zum Weltauto.
Gleichzeitig bleibt sich Ford mit der Preisgestaltung treu. Denn auch die Anschaffung des neuen Ford Mustang ist günstig. In Deutschland startet der Fastback bei nur 37.000 Euro. Der Einstieg in den offenen Mustang erfordert gerade mal 41.000 Euro. Für den Mustang GT mit dem V8-Motor verlangt Ford einen bescheidenen Aufschlag von 5.000 Euro. Ein PS kostet im Mustang als weniger als 100 Euro – das ist zurzeit in dieser Klasse konkurrenzlos.
Trotzdem ist auch der neue Ford Mustang ein emotionales Auto und kein billiger Jakob. Denn seit einer Probefahrt im legendären Ford RS200 habe ich nicht erlebt, dass ein Ford so viele Blicke auf sich zieht. Insofern beweist Ford mit dem neuen Mustang, wie wenig sich der Autoverkauf auch heute von den Zeiten des Lee Iacocca unterscheidet. Doch anders als vor 50 Jahren hat das neue Pony das Zeug, um nicht nur Amerika, sondern gleich die ganze Welt zu erobern.