Alfa Romeo in der Formel 1: Osella fährt das Material auf

Anfang 1983 übernimmt Euroracing die Werkseinsätze von Alfa Romeo in der Königsklasse. Da Euroracing auf den neuen Turbo-Motor setzt, sind die bewährten Saugmotoren überflüssig. Alfa Romeo entscheidet sich, diese der Osella Squadra Corse zur Verfügung zu stellen. Es ist der Anfang einer Zusammenarbeit, die sich bis Ende 1988 fortsetzen sollte und die schließlich weiter über die Lieferung von Motoren hinausging.

Osella FA1F von Piercarlo Ghinzani
Osella durfte 1984 im Osella FA1F den Alfa Romeo 890T einsetzen. Damit gehörte das chronisch unterfinanzierte Team auch zu denen, die einen Turbo einsetzten. – Foto: Archiv AutoNatives.de

Das Werksteam Autodelta tritt ab 1979 für Alfa Romeo in der Formel 1 an. Doch das Team fährt dem Erfolg konsequent hinterher. Anfang 1983 strukturiert Alfa Romeo sein Motorsportprogramm um. Die Werkseinsätze in der Formel 1 übernimmt das bisherige Formel 3-Team Euroracing. Euroracing tritt mit dem neuen Turbo an. Damit sind die Saugmotoren über. Diese darf fortan Osella Squadra Corse als Kundenteam nutzen. Die Verantwortlichen in Mailand halten sich damit eine Hintertür offen. Denn ein Vertrag mit Bernie Ecclestone verpflichtet den Autobauer noch ein paar Jahre zur Teilnahme an der Formel 1-Weltmeisterschaft. Wenn Euroracing nicht so lange überlebt, dann soll Osella in die Bresche springen können. Außerdem ist Carlo Chiti immer noch davon überzeugt, dass sich sein Motor bisher unter Wert verkaufte.

Wer war Osella Squadra Corse?

Hinter Osella Squadra Corse steht der ehemalige Rennfahrer Vincenzo „Enzo“ Osella. Ab Mitte der 1960er-Jahre führte Osella eine Abarth-Vertretung in Turin. Als Carlo Abarth 1971 seine Markenrechte an FIAT verkaufte, übernahm Osella große Teile der Motorsportabteilung von Carlo Abarth. Damit wurde Osella zum Sportwagen-Bauer, was das Unternehmen übrigens bis heute noch tut. Ab Mitte der 1970er-Jahre ergänzte Osella sein Angebot um Formel-Fahrzeuge. Wobei der Einstieg in die Formel 3 misslang. Denn kaum ein Kunde interessiert sich für den neuen Rennwagen aus Italien. In der Formel 2 lief es besser. 1976 nehmen zeitweise bis zu sechs Osella an der F2-Europameisterschaft teil. Doch Rennsportkunden sind in diesen Jahre nie besonders treu. Bleiben Erfolge aus, dann ziehen sie schnell zum nächsten Hersteller weiter.

Auch Osella lernt dieses Verhalten kennen. So tritt schon 1977 nur noch das eigene Werksteam – und auch das nur sporadisch – in der Formel 2-Europameisterschaft an. Ohne Kunden ist die Finanzierung nicht gesichert. Trotzdem nimmt Osella bald einen neuen Anlauf. Mit Erfolg, denn 1979 gewann Eddie Cheever mit seinem Osella-BMW FA2/79 drei Läufe zur Formel 2-Europameisterschaft. Vom Erfolg in dieser Fahrzeugklasse beflügelt, steigt Osella ein Jahr später mit einem eigenen Fahrzeug in die Königsklasse des Motorsports auf. Denn dort sind in diesen Jahren die Einsatzkosten kaum höher als in der zweiten Liga des Formel-Sports. Gleichzeitig sind Sponsoren für die Königsklasse einfacher zu finden, als das in der Formel 2 der Fall war.

Osella nagt in der Formel 1 ständig am Hungertuch!

Enzo Osella setzt darauf, dass Formel-1-Rennen auch vor vier Jahrzehnten schon regelmäßig über die Bildschirme der TV-Zuschauer flimmeren. Bilder von Formel-2-Rennen sind dagegen ein rares Gut. Wie in der Formel 2 baut Osella auch für die Einsätze bei den Grand Prix ein eigenes Auto. Der Osella FA1 ist zwar vergleichsweise schwer, entsteht dafür aber kostensparend fast vollständig in der heimischen Werkstatt und basiert auf dem vorherigen Formel 2-Boliden. Als Pilot bleibt im Debütjahr Eddie Cheever an Bord. Geld kommt hauptsächlich von Unternehmen aus dem regionalen Umfeld des Teams. Hier zahlt sich aus, dass der Unternehmer Osella im Piemont gut vernetzt ist. Auch wenn Osella nicht im Luxus schwelgt, das Team kann zwei Jahre ohne Punkte in der Automobil-Weltmeisterschaft, die 1981 zur Formel 1-Weltmeisterschaft wird, überleben.

Osella FA1C bei einem Rennen in Silverstone
Der Osella FA1C (alternativ: Osella FA1/C) war der erfolgreiche F1-Rennwagen von Osella. Jean-Pierre Jarier fuhr mit ihm beim Boykott-Rennen in Imola auf Platz vier. Besser sollte ein Osella in der Formel 1 nie wieder ins Ziel kommen. (Foto: Tom Schwede)

Noch 1980 stellt Osella mit dem Typ FA1B einen neuen Rennwagen vor, der allerdings nur ein sanfte Weiterentwicklung seines Vorgängers ist. Bereits 1981 steigt Osella zu einem Team mit zwei Rennwagen auf. Cheever zieht weiter, sein bisheriges Cockpit übernimmt Beppe Gabbiani. Doch der Italiener blamiert sich auch mit dem Osella in der Königsklasse. Denn schon 1978 scheiterte Gabbiani bei Surtees zweimal an der Hürde der Qualifikation. Drei Jahre später gelingt Gabbiani nur bei drei der 15 Saisonrennen die Teilnahme am Rennen. Im zweiten Cockpit setzt Enzo Osella auf wechselnde Bezahlbarer. Beim neunten Saisonlauf sitzt mit Jean-Pierre Jarier schon der vierte Pilot im zweiten Osella. Doch dem Franzosen gelingt, was seinen Vorgängern meist verwehrt blieb. Denn Jarier qualifiziert den Rennwagen regelmäßig und fährt die Rennen zu Ende.

Ab 1983 liefert Alfa Romeo Motoren an Osella!

Enzo Osella erkennt, dass das ein Vorteil ist und setzt auch 1982 auf den erfahrenen Franzosen. In den zweiten Osella steigt mit Riccardo Paletti der Sohn eines Bauunternehmers aus der Region. Paletti fährt wohl vor allem, weil sein vermögender Vater für das Cockpit bezahlt und Osella den Bau einer eigenen Teststrecke in Aussicht stellt. Das Jahr beginnt gut für Osella, denn beim Europaauftakt in Imola fließt sogar erstmals richtig Geld aus den Preistöpfen der Formel 1 in die Teamkasse. Jarier fährt beim Boykott-Rennen von San Marino, als wegen des Streits zwischen dem Weltverband FISA und der Teamvereinigung FOCA nur 14 Rennwagen starten, drei Punkte ein. Doch kurze Zeit später verunglückt in Kanada Riccardo Paletti am Steuer seines Osella tödlich.

Das Team fährt die Saison mit nur einem Rennwagen zu Ende. Die Finanzen reichen nicht, um einen neuen zweiten Rennwagen zu bauen. Zudem weiß Enzo Osella, dass sich Anfang 1983 die Regeln ändern. Denn dann verschwinden die seitlichen Dichtleisten an den Boliden, die Vorgabe zur Bodenfreiheit ist nun auch im Rennen einzuhalten. Daher müssen die die Fahrzeuge im Vergleich zu 1982 deutlich umbauen. Ein neuer Rennwagen käme also nur noch bei wenigen Rennen zum Einsatz. Deshalb fällt dem Team der Verzicht leicht. Zur Überraschung vieler Beobachter entscheidet sich Alfa Romeo ab 1983 die Osella Squadra Corse zu unterstützen. Es gibt Stimmen, die heute sagen, dass dies den Fortbestand des Teams rettete. Osella bekommt von Alfa Romeo die ausrangierten V12-Motoren. Denn Werksteam Euroracing setzt auf den neuen Turbo.

Auf den Motor folgen die ausrangierten Rennwagen von Alfa Romeo!

Um Zeit zu sparen, stellt Alfa Romeo dem Team die Motoren inklusive Getriebe und Hinterradaufhängung des Alfa Romeo 182 zur Verfügung. Deshalb gilt der Osella FA1E zu Beginn des Jahres als „halber“ Alfa Romeo. Piercarlo Ghinzani darf dieses Fahrzeug fahren. Doch Osella ist mit dem Zwitter nicht zufrieden und bestellt bei Tony Southgate ein eigenständiges Design. Erst als dies zur Verfügung steht, darf mit Corrado Fabi auch der zweite Pilot des Teams den V12 nutzen. Doch der Motor von Alfa Romeo ist unzuverlässig und durstig. Das war schon in den Vorjahren bei Autodelta so. Und da Alfa Romeo den Motor nicht mehr weiterentwickelt, ändert sich daran auch bei Osella nichts. Die Aufgabe der Piloten besteht zunächst darin, den Osella zu qualifizieren. Das gelingt den beiden Piloten insgesamt 14-mal nicht. Wenn es gelingt, dann ist das Ziel, das Rennen zu Ende zu fahren. 1983 gibt es 15 WM-Läufe. Die beiden Osella-Piloten schaffen zusammen drei Zielankünfte. Nur in Österreich erreichen beide Piloten das Ziel.

1983 tritt EuroRacing mit dem Alfa Romeo 183T an
Grundlage der Rennwagen, die Osella von 1984 bis 1988 einsetzte, war der Alfa Romeo 183T – hier bei der Vorstellung auf dem Alfa-Testgelände in Balocco (Foto: Alfa Romeo).

So schließt Osella auch 1983 zum dritten Mal in vier Jahren die WM ohne Punktgewinn ab. Ein zehnter Platz von Corrado Fabi in Österreich sorgt immerhin dafür, dass das Team die Konstrukteurs-WM nicht als Letzter abschließt. Am Ende ist es, wie es vorher bei Brabham und beim Werksteam Autodelta war. Die Osella fallen meist mit Motorschäden aus. Doch es ist Hoffnung in Sicht, denn der Vertrag mit Alfa Romeo sichert Osella ab 1984 den Turbomotor 890T zu. Aber dem Team fehlen die Mittel, um einen für den neuen Motor passenden Rennwagen zu entwickeln. Deshalb landen auch die ausrangierten Alfa Romeo 183T bei Osella. Das Team bringt sie als Osella FA1F an den Start. Die Regelhüter drücken beide Augen zu, erkennen im FA1F genügend konstruktive Änderungen, um den Rennwagen als Osella zu deklarieren. Böse Zungen sagen heute, dass sich die konstruktiven Änderungen auf ein neues Farbkleid beschränkten.

1984 war ein erfolgreiches Jahr für Osella!

Die Klimmzüge waren notwendig, da die Regeln inzwischen vorsehen, dass alle Teams mit eigenen Rennwagen antreten. Osella baut zunächst nur ein Exemplar seines „neuen“ FA1F auf. In diesem greift Piercarlo Ghinzani ins Lenkrad. Mitte des Jahres zieht Ghinzani in Dallas sogar zwei WM-Punkte an Land. Doch in der Regel sieht der Osella-Pilot die Zielflagge nicht. Zudem bleibt das Geld knapp. Deshalb vermietet Osella beim Rennen in Imola den Vorjahresrennwagen mit dem alten V12-Saugmotor an den Formel 2-Piloten Jo Gartner. Der Österreicher qualifiziert den Oldtimer auf dem 26. Startplatz. Ironischerweise verdrängt der Rookie damit seinen Teamkollegen Ghinzani im neuen Auto aus dem Feld.

In die Geschichtsbücher bringt das Rennen jedoch ein anderes Detail. Denn der Große Preis von San Marino 1984 ist das einzige Formel 1-WM-Rennen, bei dem Ayrton Senna an der Qualifikationshürde scheitert. Wie ironisch, dass der große Brasilianer hier zehn Jahre später sein Leben verliert. Im Sommer ist ein zweiter Osella FA1F fertig. Das Cockpit sichert sich erneut Jo Gartner, dem anschließend sieben Mal der Sprung ins Rennen gelingt. Dabei sieht der Österreicher viermal die Zielflagge. Beim Rennen in Monza wird Gartner Fünfter. Doch weil Osella zu Saisonbeginn nur das Auto von Ghinzani für die Konstrukteurs-Weltmeisterschaft meldet, entgeht dem Team viel Preisgeld. So beendet das Team die WM als Zwölfter. Mit den Punkten aus Italien wäre Osella auf Platz neun vorgestoßen.

Ab 1985 geht es für Osella und Alfa Romeo bergab

Dem Team entgehen dadurch mehrere Millionen US-Dollar, so bleibt das Geld knapp. Osella fehlt der Schmierstoff, der die teure Formel 1-Welt am Leben hält, an allen Ecken und Enden. 1985 tritt Osella deshalb erneut nur mit einem Auto an. Auch der „neue“ Osella FA1G basiert auf dem Alfa Romeo von 1983. Zur Saisonmitte räumt Piercarlo Ghinzani das Cockpit. Statt des Italieners sitzt nun Huub Rothengatter im Osella. Der Fahrerwechsel erfolgt vor dem Großen Preis von Deutschland offensichtlich so überraschend, dass die Veranstalter im Programmheft noch Ghinzani auflisten. Der Niederländer Rothengatter gilt damals als Pilot, der Geld ins Team bringt. Das dürfte die Motivation für den plötzlichen Fahrerwechsel erklären. Am Ende schließt Osella auch 1985 erneut punktlos ab.

Trotzdem bringt Osella ein Jahr später regelmäßig zwei Rennwagen an den Start. Wobei als zweites Fahrzeug meist der Osella FA1F von 1984 zum Einsatz kommt. Und auch nach dem Rückzug des Werksteams Euroracing darf Osella auch 1986 weiter den Turbo-Motor von Alfa Romeo einsetzen. Vor der Saison gibt es kurz Gerüchte über eine Fusion von Osella und Euroracing. Die italienische Presse tauft dieses Konstrukt „Eurosella“. Heute ist nicht klar, wie dicht die Teams tatsächlich vor einer Hochzeit standen. Doch zu ihre kommt es nicht. Euroracing macht ein Jahr Pause und tritt bald – erfolglos – als „EuroVenturini“ in der Formel 3000 an. Osella bleibt selbständig und in der Königsklasse. Ghinzani, der im Vorjahr nach seinem Rauswurf ein paar Rennen für Toleman fuhr, kehrt zum Team aus Verolengo zurück.

Osella fährt Turbo, bis es nicht mehr geht!

Im zweiten – dem alten – Osella mühen sich nach Christian Danner auch Allen Berg und Alex Caffi ab. Danner unterschreibt eigentlich für das ganze Jahr, nutzt aber die Gelegenheit, um nach sechs Rennen zu Arrows zu wechseln. Dort ist nach dem Unfall von Marc Surer bei einer Rallye ein Platz frei. Eine gute Entscheidung, denn sein altes Team gewinnt erneut keine WM-Punkte. Dieses Schauspiel wiederholt sich auch 1987. Wobei sich das Team diesmal bei der Mehrzahl der Rennen auf den Einsatz eines Rennwagens für Stammfahrer Alex Caffi beschränkt. Nur bei vier Rennen nennt Osella einen weiteren Rennwagen. Doch Gabriele Tarquini erkennt nach einem Versuch die Hoffnungslosigkeit. Der Schweizer Franco Forini tritt dreimal für Osella an. Während andere Teams bereits wieder Saugmotoren einsetzen, tritt Osella weiter mit den Turbomotoren von Alfa Romeo an. Osella wartet die Motoren aus Kostengründen inzwischen in der eigenen Werkstatt.

Alfa Romeo 890T 1.5 V8t im Alfa Romeo 184T
Alfa Romeo baute für die Formel 1 einen 1,5 Liter großen V8 mit Biturbo-Aufladung. Osella setzte das Triebwerk – hier in einem Werkwagen von Alfa Romdeo – von 1984 bis 1988 fünf Jahre ein. Damit nutzte Osella das Triebwerk länger als der Hersteller selbst. (Foto: Archiv AutoNatives.de)

Das sind Zustände, die beispielsweise Cosworth davon Abstand nehmen lassen, das Team mit seinen Motoren zu versorgen. Die Saugmotoren sind inzwischen stärker als der alte Turbo von Alfa Romeo. So fällt es den Piloten von Osella zunehmend schwer, die Autos fürs Rennen zu qualifizieren. Zudem sind die Osella übergewichtig. Obwohl die Fahrzeuge nur noch 150 Liter Benzin pro Grand Prix verbrauchen dürfen, hat der Osella einen deutlich größeren Tank. Denn das Team ändert an der Technik auch im Finaljahr der Turbomotoren 1988 praktisch nichts. Wie in den Vorjahren basiert der Rennwagen auf der inzwischen fünf Jahre alten Konstruktion von Alfa Romeo. Unverändert an Bord ist der V8-Turbo von Alfa Romeo. Weil der Autobauer inzwischen FIAT gehört, bekommt der Motor einen neuen Namen. Osella tritt 1988 offiziell mit einem Motor von Osella an.


Auch 1988 gibt es erneut keine Punkte für Osella und Alfa Romeo

Die Entscheidung für den alten Motor fällt aus Kostengründen. Denn den aufgeladenen V6 von Motori Moderni, den Minardi gerade aussortierte, kann Osella genauso wie einen der 3,5-Liter großen Saugmotoren von Cosworth oder Judd bezahlen. Nicola Larini lässt sich trotzdem 1988 auf das Abenteuer Osella als Pilot ein. Nur bei zehn der 16 Saisonrennen gelingt dem Italiener der Sprung ins Hauptfeld. Zweimal scheitert Larini sogar an der Hürde der Vorqualifikation. Womit das Rennwochenende des Teams bereits am Freitagvormittag früh zu Ende ist. Einmal verweigern die Sportkommissare die Teilnahme am Wochenende, weil sie das Fahrzeug von Osella nicht für regelkonform halten. Mit null Punkten landet Osella bei der Abschiedsvorstellung von Alfa Romeo in der Formel 1 auf dem 16. Platz der WM der Konstrukteure. Hinter Osella landen nur EuroBrun, wo das ehemalige Alfa Romeo-Werksteam Euroracing beteiligt ist, und Zakspeed.

Beide Team konnten sich 1988 noch seltener für die Rennen qualifizieren als Osella. Zudem hilft Osella ein neunter Platz, den Larini in Monaco herausfährt. Von solchen Leistungen ist Osella am Ende des Jahres weit entfernt. Denn für die Weiterentwicklung fehlt das Geld. Osella konzentriert sich darauf, überhaupt an der Strecke zu erscheinen und qualifiziert mit etwas Glück das Auto fürs Rennen. Beim Saisonfinale in Australien gelingt auch das nicht mehr. Nicola Larini verpaßt im Osella Alfa Romeo den Sprung in die reguläre Qualifikation um mehr als vier Sekunden. Damit endet am 11. November 1988 das Formel 1-Engagement von Alfa Romeo vorzeitig. Osella kehrt übrigens trotzdem in Frühjahr 1989 in die Königsklasse zurück. Den Neustart mit einen völlig neuentwickelten Rennwagen und Saugmotor ermöglichter der Felgenhersteller Gabriele Rumi, der Ende 1988 Anteile am Team erwarb.

Auch ohne Osella ging in Mailand der Traum von der Formel 1 weiter

Bereits seit 1984 arbeitete Gianni Tonti für Alfa Romeo. Der ehemalige Lancia-Mitarbeiter wirkte in Mailand als Technischer Direktor. Unter der Regie von Tonti entstand nochmal ein neuer Formel 1-Motor von Alfa Romeo. Diesen sollte spätestens ab 1987 Ligier fahren. Alfa Romeo schloß dafür frühzeitig im Sommer 1986 einen Vertrag mit dem französischen Team. Doch die Übernahme des Autobauers durch Fiat im November 1986 verändert alles. Die neuen Herren nutzen die Chance und ziehen die Reißleine, als sich René Arnoux nach den ersten Testfahrten negativ über den Reihenvierzylinder von Alfa Romeo äußert. Denn bei FIAT ist allen klar, dass ein Vierzylinder 1987 in der Formel 1 nicht mehr konkurrenzfähig ist. Anschließend entwickeln Gianni Tonti und sein Team ein V10-Triebwerk, das genau in das neue Reglement der 3,5 Liter-Saugmotoren paßt.

Alfa Romeo 164 ProCar von Brabham
Das Alfa Romeo 164 ProCar mit dem V10 von Alfa Romeo entstand bei Brabham. Es blieb ohne Renneinsatz. (Foto: Tom Schwede)

Dieser Motor nimmt vieles vorweg, was ab 1989 Standard in der Formel 1 sein wird. Doch FIAT hat kein Interesse daran, die Konzernmarken Ferrari und Alfa Romeo in der Königsklasse gegeneinander fahren zulassen. Deshalb wandert der V10 in das Alfa Romeo 164 ProCar. Mit diesen Silhouetten-Rennwagen will Bernie Ecclestone ab 1988 die Sportwagen-Szene der Gruppe C unter Druck setzen. Doch das Projekt ProCar-Series scheitert vor dem ersten Rennen. Fiat nutzt den V10-Motor anschließend im Gruppe C-Rennwagen Alfa Romeo SE 048SP, der in der inzwischen Abarth genannten Sportabteilung von Fiat entsteht. Doch auch der Nachfolger des Lancia LC2 tritt nie bei einem Rennen an. Stattdessen darf Alfa Romeo ab 1989 drei Jahre – mit einem Ferrari-Motor – in Indianapolis rennen.


Veröffentlicht in: Serie: Alfa Romeo in der Formel 1

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Ein Beitrag von:

Fabian P. Wiedl interessiert sich seit Kindestagen für Motorsport und Automobile. Als Mitverfasser mehrerer Bücher, wovon insbesondere „Audi Typenkunde: Renn- und Rallyewagen von 1968 bis 2013“ zu erwähnen ist, greift Wiedl gern auf sein umfassendes Motorsport-Archiv zurück.

Tom Schwede wuchs in einem ausgesprochen automobilen Umfeld auf. Dies war ein optimaler Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Seit 2010 moderiert Tom bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland sowie dem angrenzenden Ausland.

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