Rennsport-Geschichten

Rennwagen des Monats: Abarth-Osella PA1

Den Namen Abarth verbinden die meisten Autofans mit modifizierten Fahrzeugen von Fiat. Kenner wissen allerdings, dass Abarth sich auch Autos von Simca oder Porsche annahm. Zudem entstanden in den Hallen von Abarth & Co auch GT-Fahrzeuge und Prototypen. Vor einiger Zeit fotografierte ich diesen Abarth-Osella PA1. Er war der Schlusspunkt der langen Prototypen-Historie von Abarth. Optimal für eine Würdigung als Rennwagen des Monats.

Für Carlo Abarth, den zunächst in Bologna und später in Turin arbeitenden Wiener, stand der Motorsport im Mittelpunkt. Der Betrieb des Rennteams war für Abarth der zentrale Grund für den Betrieb seiner Firma. Mit dem Verkauf von Auspuffanlagen und anderen Tuningprodukten finanzierte Abarth seinen teuren Rennbetrieb – vereinfacht gesagt. Ende der 1950er-Jahre wurde Abarth ein wichtiger Bestandteil der Sportwagen-Szene. In Zusammenarbeit mit Zagato entstanden das Coupé „Record Monza“ sowie der Porsche-Abarth Carrera GTL. Später folgten der 1000 Bialbero und sein Straßenpendant Monomille. Typische Fahrzeuge dieser Zeit. Denn zunächst entstanden die Rennwagen. Nur wenn die Regelwerke es verlangten, leitete Abarth Straßenversionen von ihnen ab.

1963 stellte Abarth mit dem Fiat-Abarth 1000 Sport-Spider vor. Mit ihm vollzog Abarth den Schritt weg von den GT und hin zu den Prototypen. Der Fiat-Abarth 1000 Sport-Spider war ein typischer Prototyp seiner Zeit. Über dem Gitterrohrrahmen lang eine Karosserie aus Fiberglas. Den Antrieb übernahm der ein Liter große Rennsportmotor aus dem Fiat-Abarth 1000 TC. Mit 105 PS war der Sportprototyp rund 190 Kilometer pro Stunde schnell. Einsatzgebiet waren Bergrennen und Langstreckenrennen, auch wenn Abarth 1963 auf einen Start in Le Mans verzichtete.

Abarth-Osella PA1
Abarth-Osella PA1auf der Strecke, Silverstone 2010

Zwei Jahre später folgte der Abarth 2000 OT Sport Spider. Abarth schaffte es, den Rennwagen in der damaligen Gruppe 4 der Straßensportwagen zu homologieren. Ein Jahr später legte die FIA in dieser Kategorie eine Mindeststückzahl von 50 Fahrzeugen fest. Der von einem Fiat-Motor angetriebene 2000 OT Sport Spider blieb jedoch startberechtigt. Doch Abarth wusste, dass seine kleine Firma die für eine weitere Homologation notwendige Mindestmenge nicht verkaufen konnte. Daran änderte sich auch nicht, als die FIA in den kommenden Jahren die Mindeststückzahl auf 25 Exemplare reduzierte. Abarth entschied sich daher bei den Nachfolgern für den Aufbau „echter“ Prototypen.

Abarth-Osella PA1
Abarth-Osella PA1 im Wettkampf mit einem Chevron – wie 1973

Mit dem Fiat Abarth 2000 Sport Spyder und dem Abarth 2000 S (SE 010) entstanden Mittelmotorsportwagen. Sie kämpften besonders bei den europäischen Sportwagenrennen gegen Rennwagen von Lola und Chevron. Wobei Abarth mit dem Pfund des kräftigeren Motors wuchern konnte. Der Fiat-Motor mit dem Zweikanal-Zylinderkopf (TwinCam) von Abarth leistete 250 PS. Damit war der Abarth-Motor stärker als der von den Wettbewerbern eingesetzte Ford-Motor. Klassensiege bei der Targa Florio 1969 und 1970 fallen in diese Zeit.

Abarth-Osella PA1
Hinterachse des Abarth-Osella PA1

Parallel zum SE 010 entstand 1970 für den Einsatz auf „richtigen“ Rennstrecken der etwas filigranere Abarth 2000 SP (SE019). Ihn entwickelte Abarth 1971 zum SE 021 weiter. Sein Einsatzgebiet war die Europameisterschaft für Sportwagen, wo ein Hubraumlimit von zwei Litern bestand. Nach dem Verkauf der Firma Abarth an Fiat übernahm Enzo Osella das Material der Rennabteilung, um weiterhin an der Sportwagen-Europameisterschaft teilzunehmen. Für 1973 entstand der Abarth-Osella PA1. PA steht dabei für „Prototipo Alberto“ und ist eine Würdigung für den im gleichen Jahr verstorbenen Chefentwickler Alberto Guerrato. Bis heute tragen die Sportprototypen von Osella das Kürzel PA im Namen.

Nach fünf Erfolgen in der Saison 1972 sah Osella wenig Bedarf für eine echte Neuentwicklung. Daher war der PA1 eher eine Weiterentwicklung des erfolgreichen SE 021. Das Chassis ist wie beim Vorgänger ein Monocoque als genietetem Aluminium. An der Vorderachse befestigte das Team die Doppelquerlenker direkt am Chassis. Bei der Hinterachse trug ein Hilfsrahmen die Multilenker-Hinterachse. Sichtbarste Änderung war der neue Heckflügel. Der Vorgänger verfügte noch über zwei kleine senkrechte Finnen. Beim PA1 gab es erstmals bei Abarth ein Flügelblatt, das sich über die gesamte Breite des Fahrzeugs erstreckte. Den Antrieb übernah der bekannte Abarth-Motor. Dank einer Einspritzanlage von Lucas standen inzwischen rund 270 PS zur Verfügung. Über ein FG 400 Getriebe von Hewland brachte der Vierzylinder seine Kraft auf die Straße.

Abarth-Osella PA1
Der Abarth-Osella PA1 ist ein Abarth, der letze siegreiche Abarth-Sportwagen.

Nach der erfolgreichen Saison 1972 baute Enzo Osella zehn Rennwagen des Typs PA1 auf. Mit der EM und am Berg gab es vor 40 Jahren genug Einsatzgebiete für den kleinen Sportwagen. Doch das Werksteam konnte 1973 nicht an die Erfolge der Vergangenheit anknüpfen. Chevron und Lola hatten ihre Hausaufgaben besser gelöst. Immerhin gewann Vittorio Brambilla das Rennen auf der schnellen Strecke von Enna Pergusa. Arturo Merzario gewann das 500 Kilometer-Rennen auf dem Nürburgring.

Am Ende der Saison belegte Abarth in der Markenwertung der Europameisterschaft hinter Lola und Chevron nur den dritten Platz. Im Zuge der Ölkrise verweigerte Fiat die weitere Unterstützung des Teams von Enzo Osella. Der Italiener vertraute bei seinen weiteren Prototypen auf BMW-Motoren. So wurde der Abarth-Osella PA1 zum Schlusspunkt einer langen Entwicklung. Denn er war der letzte Rennwagen mit dem Skorpion im Logo, der bei einem internationalen Sportwagen-Rennen siegte.

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Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!