Es passierte am ... Geschichten zum Auto

15. März 1906 – Gründung der Rolls-Royce Limited

Henry Royce und Charles Rolls führten im März 1906 ihre zuvor selbstständigen Unternehmen in der Rolls-Royce Limited zusammen. Damit legten sie den Grundstein für einen Mythos, der Auto-Fans bis heute fasziniert.

Bis in die Gegenwart ist Rolls-Royce traditionell die Marke der gekrönten Häupter. Und natürlich derer, die sich selbst zumindest eine automobile Krone aufsetzen möchten. Dieser Anspruch führt zu Preisen, die den Kundenkreis naturgemäß einschränken. Einen Rolls-Royce in freier Wildbahn zu treffen, ist deshalb ein recht seltenes Vergnügen. Ihn zu fahren, das ist auch für Vielfahrer der schreibenden Zunft ein außergewöhnliches Erlebnis, das lange nachwirkt.

Karla und ich konnten zu unserem großen Vergnügen vor ein paar Jahren den Rolls-Royce Ghost Series II ausprobieren. Bei jeder Fahrt zog das im Farbton twighlight purple lackierte Oberklassefahrzeug viele Blicke auf sich. Besonders Kinder reagierten auf den Rolls-Royce meistens ziemlich positiv. Sie winkten oder schossen – dank der heute allgewägten Smartphones – sofort ein Foto. Dabei trieb sie offensichtlich eine ehrliche Begeisterung an, die Erwachsene meistens unterdrücken. Doch es gibt Ausnahmen.

Rolls-Royce Ghost Series II – twighlight purple
Karla und ich, unterwegs im Rolls-Royce Ghost Series II (Foto: Karla Schwede)

Bei einem Zwischenstopp auf einem Baumarkt-Parkplatz, näherte sich ein älterer Herr schüchtern dem Ghost. „Oh, ist der schön!“ sagte der Mann, um dann langsam und fast zärtlich mit der Hand über den Lack zu streicheln. Doch das ist die Ausnahme. Denn Erwachsene wissen von den sündhaft teuren Preisen. Wissen, dass es zum Preis des Autos in Teilen der Republik für das gleiche Geld immer noch ein kleines Haus oder eine nette Wohnung gibt. Das ordnet einen Rolls-Royce automatisch als fast schon obszön dekadentes Luxusgut ein.

Frederick Henry Royce baut das beste Auto der Welt

Grundlage dieses Rufs war der Anspruch der Gründer, von Anfang an Autos zu bauen, die Qualität und Luxus vereinen. Den Startpunkt setzte Henry Royce, der schon 1902 mit der Qualität eines gekauften Autos unzufrieden war. Denn der mit der Bahn gelieferte Decauville 10hp lies sich nach der Übergabe nicht starten. Ingenieur Henry Royce löste das Problem pragmatisch und baute einfach sein eigenes Auto. Dieser Royce 10 hp überzeugte zwei Jahre später auch Charles Rolls.

Womit die Geschichte ihren Lauf nahm. Rolls, der Anfang des letzten Jahrhunderts in Manchester Luxusautos von Minerva (Belgien) und Panhard (Frankreich) verkaufte, übernahm die Generalvertretung für die Autos von Henry Royce. Der Autohändler erfindet den Markennamen Rolls-Royce. Bereits im Dezember 1904 präsentierte sich Rolls-Royce auf dem Pariser Autosalon.

Rolls-Royce 40/45 H.P. ("Silver Ghost"), Chassis #2484, with Tourer coachwork by Cann Ltd. (1913).
Rolls-Royce 40/45 H.P. („Silver Ghost“), Chassis #2484 von 1913

Nach zwei Jahren, am 15. März 1906 führen die beiden Britten ihre bisher getrennten Unternehmen in einer Firma zusammen. Noch im gleichen Jahr präsentieren sie mit Rolls-Royce 40/50 hp das erste Modell dieser gemeinsamen Firma und erobern gleich die Spitze des Marktes. Denn mit einem Preis von 305 Pfund war der Erstling fast schon unverschämt teuer. Das ist ein stolzer Preis, denn das Durchschnittseinkommen in Großbritannien lag damals bei etwa vier Pfund pro Monat.

Rolls-Royce versteht es, das Auto geschickt zu vermarkten!

Doch der Rolls-Royce 40/50 hp ist sein Geld wert. Denn das junge Unternehmen leistet sich bei der Entwicklung einen bisher nicht bekannten Aufwand. Während der Entwicklung legen die Ingenieure 27-mal die Strecke zwischen London und Glasgow zurück. Dabei kommen 15.000 Meilen (24.000 Kilometer) zusammen. Und der Rolls-Royce beeindruckt von Anfang nicht nur mit Komfort und Luxus. Der Prototyp überzeugt mit hoher Zuverlässigkeit.

Das überzeugt auch die damalige Motor-Presse, für sie gilt der 40/50 hp sofort als das beste Auto seiner Zeit. Ein Journalist erfindet für das Gefühl der umangestrengten Bewegung des Fahrzeugs den Begriff “Waftability”. Noch heute nutzt Rolls-Royce diesen Begriff, um das Fahrgefühl zu beschreiben. Die Ruhe des 40/50 hp führt zusammen mit der Farbe des Versuchsträgers, den Rolls-Royce später auf einer Automesse ausstellt, zum Spitznamen “Silver Ghost”.

Mit geschickt ausgewählten Zuverlässigkeitsfahrten wie der Alpen Trophy in Österreich unterstreicht das Unternehmen seinen Qualitätsanspruch in den darauffolgenden Jahren regelmäßig. Das funktioniert, Kunden aus Adel und Geld-Adel stehen praktisch sofort Schlange, um einen Rolls-Royce zu kaufen. Die Firma verdient damit von Anfang angutes Geld. Trotzdem verliert Charles Rolls bald die Lust am Autogeschäft. Der Brite entdeckt im Fliegen eine neue Leidenschaft. Partner Henry Royce konstruiert dazu die passenden Motoren.

Charles Rolls verunglückt 1910 bei einem Flugunfall

Auch die Flugmotoren erweisen sich für das Unternehmen als gutes Geschäft. Daran ändert sich auch nichts, als Charles Rolls im Sommer 1910 bei einem Absturz tödlich verunglückt. Doch das Unternehmen verkraftet auch diesen Schock. Denn Henry Royce versteht es auch ohne seinen Partner, die Motoren und Autos des Unternehmens stetig zu verfeinern. Mit den Flugmotoren sichert sich Rolls-Royce mehrfach prestigeträchtige Geschwindigkeitsweltrekorde.

Die Automotoren glänzen mit seidenweichem Lauf. Damit unterstreichen sie den Komfortanspruch der Marke eindrucksvoll. Und seit 1911 ziert mit der legendären „Spirit of Ecstasy“ („Geist der Verzückung“) eine geflügelte Frauengestalt die Kühler der Fahrzeuge. Henry Royce hielt das für modischen Schnick-Schnack, der die Linien seiner Autos störte. Doch auch Royce wusste, was die Marke beflügelt. Und das funktioniert, trotz der schließlich wechselvollen Geschichte der Marke, bis heute.

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Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!

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