Es passierte am ... Geschichten zum Auto

6. Februar 1911 – Rolls-Royce montiert erstmals die Kühlerfigur Spirit of Ecstasy!

Seit 110 Jahren weist den Fahrern eines Rolls-Royce eine imposante Kühlerfigur den Weg. Denn am 6. Februar 1911 ließ der Autobauer die Gestaltung der auf einer Bronzestatuette des Bildhauers Charles Sykes basierenden Figur schützen. Offiziell heißt die Kühlerfigur Spirit of Ecstasy, doch für viele Autofreunde trägt sie bis heute den Spitznamen Emily.

Spirit of Ecstasy unterwegs
Spirit of Ecstasy unterwegs (Foto: Karla Schwede)

Als Rolls-Royce die Gestaltung seiner – offiziell – Spirit of Ecstasy genannten Kühlerfigur schützen ließ, entwuchs das Auto gerade langsam den Kinderschuhen. Automobilbauer verwandelten sich mit großen Schritten von Manufakturen zu Serienherstellern. Es sollte nicht mehr lange dauern, bis sie das Prinzip des Fließbands aus Schlachtbetrieben in den Fahrzeugbau übertragen sollten. Ein Schritt, der heute in der Rückschau als Startpunkt der Massenmotorisierung gilt.

Spätestens an diesem Punkt erkannten die Hersteller den Bedarf, ihre Fahrzeuge als Produkt des Hauses zu kennzeichnen. Denn so konnte der potenzielle Käufer an Straßenrand sofort erkennen, was für ein Fahrzeuge gerade an ihm vorbeifuhr. Damit machte jeder Kunde Werbung für den Hersteller seines Fahrzeugs. Glücklicherweise verfügte damals die Mehrzahl der Autos über einen mächtigen Wasserkühler an der Front. Da bot es sich an, den Verschluss des Kühlers mit einer Figur zu versehen.

Eine Kühlerfigur war stets die Königsklasse!

Wer darin zu viel Aufwand sah, der stanzte sein Emblem ins Kühlergehäuse oder lackierte seinen Schriftzug auf die Lamellen des Kühlers. So befand sich an den Fahrzeugen der Daimler-Motoren-Gesellschaft aus dem damaligen Cannstatt bereits seit dem Anfang des 20. Jahrhunderts ein dreizackiger Stern auf der Kühlereinfassung. Benz & Cie. lackierte zunächst den eigenen Namen auf die Lamellen des Kühlers. Später vertraute auch Benz auf eine Plakette auf dem Kühlergehäuse.

Spirit of Ecstasy an einem frühen Rolls-Royce
Seit 1911 trägt fast jeder Rolls-Royce diese Kühlerfigur, die der Hersteller offiziell Spirit of Ecstasy nennt. Ausgerechnet Firmengründer Henry Royce hielt Kühlerfiguren für modischen Schnick-Schnack, der die Linien seiner Autos störte. Seine Dienstwagen wurden daher ohne Kühlerfigur ausgeliefert. (Foto: Karla Schwede)

Doch die DMG und Benz & Cie. waren damals fast schon Massenhersteller, deren Produkte auch für das gehobene Bürgertum erschwinglich waren. Autobauer wie die Neugründung Audi von August Horch oder eben Rolls-Royce spielten in einer anderen Liga. Sie sprachen mit ihren Fahrzeugen die absolute Oberschicht an. Und so entstand ihr Bedürfnis, ihre Fahrzeuge mit einer prächtigen Kühlerfigur zu verzieren. August Horch bestückte seine Audi nach den Erfolgen bei der Alpenfahrt mit einer prächtigen Eins. Rolls-Royce nutzte ab 1911 eine Frauen-Figur und nennt sie Spirit of Ecstasy.

Das Prinzip der Kühlerfigur stammte aus der Seefahrt!

Bereits im 17. Jahrhundert trugen spanische und portugiesische Schiffe am Bug prächtige Galionsfiguren. Wobei Seefahrer diesen Figuren oft eine mystische Bedeutung zuschrieben. Für die Besatzungen damaliger Schiffe war klar, ging eine Galionsfigur in rauer See verloren, so kündigte sich ein großes Unglück an. Selbst Schiffbrüchige retteten teilweise ihre Galionsfiguren, um die Hoffnung nicht ganz aufzugeben. Wenn Mercedes bis heute seinen Stern auf der Motorhaube als guten Stern bezeichnet, so folgt das dieser Tradition.

Spirit of Ecstasy bei unserem Roadtrip
Die Spirit of Ecstasy auf dem Regler des Bordcomputers zieht in einem modernen Rolls-Royce nicht nur den Kühler. In unserem Testwagen Rolls-Royce Dawn gab es die Figur auch auf dem Regler des Bordcomputers. (Foto: Karla Schwede)

Mit ihrem Autobauer Rolls-Royce traten Henry Royce und Charles Rolls an, die besten Autos der Welt zu bauen. 1906 stellte das Duo sein erstes Fahrzeug vor. Fünf Jahre später folgte die Kühlerfigur. Grundlage dieser war die Bronzestatuette „Whisper“ des Bildhauers Charles Sykes. Die Bronzestatuette entstand ursprünglich für den frühen Rolls-Royce-Enthusiasten Lord Montagu of Beaulieu. Historiker gehen davon aus, dass mit Miss Eleanor Velasco Thornton die Geliebte des Auftraggebers dem Bildhauer bei der Gestaltung der Statuette Modell stand. Weshalb sich im Volksmund der Name „Emily“ für die Figur einbürgerte.

Spirit of Ecstasy oder Emily?

Gleichwohl war Emily nie der offizielle Name der Kühlerfigur. Ursprünglich wollte Firmenchef Henry Royce die Figur „Spirit of Speed“ („Geist der Geschwindigkeit“) nennen. Galt ein Rolls-Royce damals doch als ausgesprochen schnelles Fahrzeug. Doch die britische Bescheidenheit lies den Autobauer schließlich den Namen „Spirit of Ecstasy“ („Geist der Verzückung“) wählen. Wobei Firmengründer Henry Royce Kühlerfiguren für modischen Schnick-Schnack hielt, der die Linien seiner Autos störte. Seine Dienstwagen wurden daher ohne Kühlerfigur ausgeliefert.

Spirit of Ecstasy fährt heute ein.
In diesem Gehäuse verschwindet die Kühlerfigur, wenn der Motor des Rolls-Royce nicht läuft. Das Erscheinen der Figur nennt Rolls-Royce „The Rise“ (Foto: Karla Schwede)

Bis heute tragen Autos der Marke Rolls-Royce die Figur in diesem Sinne auf dem Kühler. Wobei die Figur im Laufe der Zeit etwas schrumpfte. Denn das Erstlingswerk war noch sieben Zoll (circa 18 Zentimeter) groß. Heute ist sie mit 3 ¾ Zoll (circa 9,5 Zentimetern) deutlich kleiner, verlor damit jedoch keinesfalls an Symbolkraft. Wobei die Figur heute bei einem abgestellten Rolls-Royce in einem speziellen Gehäuse in der Motorhaube ruht, bis der Motor anspringt. Dann betritt sie ihre Bühne sanft und anmutig – weshalb der Autobauer diesen Auftritt „The Rise“ nennt.

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Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!

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