Fahrberichte: Jaguar

Test: Jaguar I-Pace (2018) – Wie fährt sich die elektrische Katze?

Überall heißt es: Die Zukunft ist elektrisch. Doch während andere Hersteller bisher nur mit Konzeptstudien und Ankündigungen glänzen, ist Jaguar bereits einen Schritt weiter. Noch in diesem Sommer steht der vollelektrische Jaguar I-Pace bei den Händlern. Max war für autonatives.de bereits jetzt mit dem Briten unterwegs, um den Jaguar I-Pace auf Herz und Nieren zu testen. Auf kurvigen Eifelstraßen ging der Sportfahrer unseres Blogs der Frage nach, wie fährt sich der elektrische Jaguar I-Pace? Das Fazit ist einfach: Fahrspaß geht auch leise!

Ich will niemandem die Spannung nehmen, diesen Testbericht zu lesen, aber der erste elektrische Jaguar hat mich nachhaltig beeindruckt. Jaguar folgt mit dem I-Pace dem aktuellen Trend der Autoindustrie. Der britische Autobauer hat allerdings nicht ein vorhandenes Modell nachträglich elektrifiziert. Jaguar hat innerhalb von nur vier Jahren ein eigenständiges Elektroauto entwickelt.

Jaguar folgt mit dem I-Pace dem Trend zum E-Auto!

Grundlage des I-Pace ist ein speziell konstruiertes Chassis. Bei diesem befinden sich die Batterien im Fahrzeugboden. Dank der weit außenstehenden Räder verfügt der I-Pace über einen ungewöhnlich langen Radstand von fast drei Metern. Beim – über alles – etwas längeren Jaguar F-Pace stehen zwischen den Rädern fast 13 Zentimeter weniger zur Verfügung. Der Vergleich der Brüder aus Coventry verdeutlicht, wie ungewöhnlich lang der Radstand des I-Pace ist.

Jaguar nutzt den Raum, um zwischen den Rädern die Batterien zu verstauen. Das senkt den Schwerpunkt und trägt damit auch zum durchaus sportlichen Fahrverhalten des SUV I-Pace bei. Insgesamt bringt Jaguar zwischen den Achsen des I-Pace 432 Pouch-Zellen unter. Anders als bei klassischen Fahrzeugbatterien fehlt den Pouch-Zellen ein festes Außengehäuse. Stattdessen verfügen sie über eine flexible verschweißte Außenfolie. Das spart Gewicht und ermöglicht, die Form der Batterie optimal an den zur Verfügung stehenden Raum anzupassen.

Fotos von Jaguar I-Pace „First Edition“

Als Tesla vor rund zehn Jahren als Erster Pouch-Zellen im Auto einsetzte, sprachen die Techniker klassischer Autobauer gern verächtlich von „Laptop-Batterien“. Inzwischen ist diese Bauform bei den meisten Elektroautos Standard. Und auch die Anordnung der Batterien im Fahrzeugboden hat sich durchgesetzt. Beim Jaguar I-Pace ruhen inklusive Batterie-Trägern und -Kühlung mehr als 600 Kilogramm zwischen den Achsen. Ohne dieses Drumherum bringen die in 36 Batterie-Modulen zusammengefassten Pouch-Zellen alleine fast 400 Kilogramm auf die Waage.

Diese Masse will bewegt werden. Und das erfordert Energie. 90 kWh kann die Batterie des Jaguar I-Pace speichern. Jaguar sagt, dass der I-Pace damit im WLTP-Zyklus eine Reichweite von 480 Kilometern erzielt. Im Test, wo allerdings der Sportfahrer in mir ziemlich oft die Oberhand gewann, zeigte der Bordcomputer einen Verbrauch von rund 29 kWh an. Damit käme ich mit dem Jaguar I-Pace mit einer Batterieladung gute 300 Kilometer weit. Das zeigt, auch beim Elektroauto hängen Verbrauch und Reichweite hauptsächlich vom Fahrer und seinem Gasfuß ab.

Das Design wirkt vertraut – Kompliment für die Gestaltung!

Für die Gestaltung des I-Pace war Jaguar Chef-Designer Ian Callum verantwortlich. Unter der Regie des Altmeisters entstand eine schmucke etwas gedrungen wirkende Karosserie. Sie folgt der aktuellen Designlinie des Hauses. Wie seine konventionellen Brüder verfügt auch der I-Pace über einen großen und schmucken Kühlergrill. Daneben gibt es an der Front zwei große Kühleinlässe. Das wirkt alles sehr vertraut und ist zu 100 Prozent Jaguar!

Auf den ersten Blick könnte hier auch ein klassisch motorisiertes Fahrzeug vor mir stehen. Wer zur elektrischen Katze greift, der trägt das Mantra der Weltverbesserung nicht so aufdringlich wie bei anderen Elektrofahrzeugen vor sich her. Nur Kennern fällt auf, wie ungewöhnlich weit vorne sich die Fahrgastkabine vom Fahrzeugkörper löst. Der unter der vorderen Haube fehlende Verbrennungsmotor macht es möglich.

Im Innenraum ist viel Platz!

Die knackig kurzen Überhänge und das große Greenhouse sorgen innen im Fahrzeug für fast schon luxuriöse Platzverhältnisse. Angenehm, wie gut und komfortabel ich mit trotz meiner Größe von rund 1,90 Metern in diesem Jaguar sitze. Und das Beste, als ich auf die Rückbank wechsle, kann ich selbst hinter dem auf meine Bedürfnisse eingestellten Vordersitz ebenso komfortabel sitzen.

Insgesamt besticht der I-Pace mit einer qualitativ hochwertigen Anmutung. Im Testwagen klappert oder wackelt auch bei meiner ausgedehnten Testfahrt nichts. Das gilt auch für die selbsttragende Karosserie. Jaguar fertigt sie, wie bei seinen anderen aktuellen Modellen, aus Aluminium. Das nimmt dem Gewicht der Batterie etwas von ihrem Schrecken. Trotzdem bringt der Jaguar I-Pace leer 2,2 Tonnen auf die Straße.

Wie fährt sich der Jaguar I-Pace?

Auf dem Datenblatt stehen 400 PS Leistung und 696 Newtonmeter Drehmoment. Das sind Zahlen, die dem Sportfahrer in mir natürlich das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen. Im I-Pace kommen an der Vorder- und der Hinterachse zwei im Prinzip baugleiche Synchronmotoren zum Einsatz. Zusammen mit einem Wandler und dem integrierten Planetengetriebe bringt jede Motoreinheit rund 80 Kilogramm auf die Waage.

Jaguar hat die Motoren übrigens selbst entworfen. Ungewöhnlich ist, wie aus dem Elektromotor an beiden Seiten Antriebswellen „entwachsen“. Auf den ersten Blick erinnert die Motoreinheit damit fast an ein großdimensioniertes Lenkgetriebe. Die Kraftverteilung zwischen der Vorder- und Hinterachse übernimmt der Computer. Zudem unterstützen ESP-Eingriffe das in der Motoreinheit integrierte Differenzial.

Bilder vom Jaguar I-Pace (2018)

Der Fahreindruck des Jaguar I-Pace ist einfach zu beschreiben. Denn die elektrische Katze ist agil und bleibt auch bei schneller Kurvenfahrt angenehm neutral. Auf der Straße wirken sich der tiefe Schwerpunkt und die ausgeglichene Gewichtsverteilung von 50:50 ausgesprochen positiv aus. Wo das alleine im Einzelfall nicht reicht, da hilft die elektronische Steuerung der Kraftverteilung mit wohldosierten und kaum bemerkbaren Eingriffen in die Kraftverteilung.

Ich finde das wunderbar!

Zumal mir auch die Kraftentfaltung der Elektromotoren gefällt. Denn Elektromotoren stellen ihr maximales Drehmoment praktisch sofort zur Verfügung. Dadurch zieht es den I-Pace beim Beschleunigen, wenn der Fahrer das will, kräftig nach vorne. Den Sprint aus dem Stand auf ein Tempo von 100 Kilometern pro Stunde absolviert der SUV bei Bedarf in 4,8 Sekunden. Das ist ein Sportwagen-Wert!

Insofern hat der Jaguar I-Pace alles, was ich mir als Fahrer wünsche. Wenn ich es nicht besser wüßte, dann würde ich beim Fahren sogar am Gewicht des Briten zweifeln. Denn der I-Pace fühlt sich leichter an, als die nackten Zahlen es vermuten lassen. Die Lenkung ist direkt und setzt alle Lenkbefehle erstaunlich direkt um. Insbesondere in Verbindung mit dem optionalen Luftfahrwerk bleibt der Aufbau des Fahrzeugs dabei auch erstaunlich frei von Schwingungen.

Trotzdem vermisse ich beim Fahren den Sound des Motors. Damit bin ich möglicherweise nicht alleine. Denn der I-Pace hat einen Sound-Imitator. Dank diesem Spielzeug kann der I-Pace mit einem synthetischen V8-Sound durch die Gegend rollen. Ich halte das für überflüssig. Vermutlich ist beim Thema Sound einfach ein Umdenken angesagt. Elektromobilität ist eine radikale Veränderung. Gut möglich, dass die Zukunft eigene Töne anschlägt.

One-Paddle-Driving ist ungewohnt!

Das Fahren eines Elektroautos war für mich, mit Ausnahme einer kurzen Runde im VW e-Golf, neu. Insofern hatte ich mit dem sogenannten „One-Paddle-Driving“ bisher kaum Erfahrung. Grundsätzlich ist es möglich, den I-Pace nur mit dem Gaspedal zu fahren. Das Bremspedal bleibt außen vor. Für Bremswirkung sorgt die Rekuperation, das Erzeugen von Strom. Sie setzt ein, sobald ich das Gaspedal lupfe. Der Motor, der eben noch für Vortrieb sorgte, wird jetzt zum Generator.

Das lädt die Batterie des I-Pace wieder auf, bis zu 150 kW fließen so kurzzeitig in die Batterie „zurück“. Doch die Rekuperation verzögert die Fahrt. Und das sogar so stark, dass der I-Pace alleine beim Stromerzeugen die gesetzlichen Vorschriften in Bezug auf die Bremsleistung erfüllen kann. Wer will, der kann sein Auto so fast bis zum Stillstand verzögern. Auf den ersten Kilometern ist diese Art des Fahrens definitiv gewöhnungsbedürftig. Als Automobil-Slalom-Pilot bin ich es gewöhnt, kurz und hart zu bremsen. Immer wieder ertappe ich mich, wie mein Fuss unbewusst, ja automatisch das Bremspedal betätigt.

Prompt meldet der Kopf, dass ich damit Reichweite „verschenke“. Doch auf dem Weg gewöhne ich mich an das Fahren mit viel Rekuperation. Trotzdem finde ich es komisch, wie der I-Pace verzögert, wenn ich jetzt den Gasfuß auch nur etwas lupfe. Und so entscheide ich mich bald gegen die Maximierung der Reichweite und stelle den Grad der Rekuperationswirkung schrittweise zurück. Erst auf der niedrigsten Stufe („low“) fühlt sich die Verzögerung, wenn ich das Gas lupfe, wie eine normale Motorbremse an.

Effizienz ist beim Elektroauto immer ein Thema

Realistisch betrachtet schafft der Jaguar I-Pace eine Reichweite von 400 Kilometern, wenn sich der Fahrer etwas zusammenreißt. Für den täglichen Gebrauch ist das völlig ausreichend. Wer die Möglichkeit hat, den SUV abends an eine Steckdose zu stecken, wird damit in der Regel keine Probleme haben, durch den Tag zu kommen.

Auf längeren Urlaubsfahrten empfiehlt Jaguar den I-Pace beim Raststopp „nachzutanken“. An einer herkömmlichen 50kW Ladesäule ist es möglich, in etwa 20 Minuten Strom für rund 100 Kilometer aufzuladen. An den etwas selteneren 100kW Ladestationen benötigt dieser Prozess nur circa 10 bis 15 Minuten. Genau hängt das immer vom Zustand und dem Füllgrad der Batterie ab. Wobei Jaguar einige pfiffige Ideen realisiert hat, um die Leistung und die Lebensdauer der Batterie zu maximieren.

Wer seinem I-Pace über eine Smartphone-App mitteilt, dass er am nächsten Morgen um 8 Uhr aufbrechen will, der findet ein vorgewärmtes Auto vor. Die Ladeelektronik lädt dann den I-Pace über Nacht zunächst nur zu 80 Prozent auf. Erst eine Stunde vor Abfahrt beginnt der Jaguar, seine Batterie ganz zu füllen. Das bringt dann auch die Batterie auf Betriebstemperatur. Dadurch kann der I-Pace vom Start weg die volle Leistung aus der Batterie abrufen. Und mein Vater liegt mir nicht mehr in Ohren, dass ich das Auto erst warmfahren müsse.

Fazit zum Jaguar I-Pace

Jaguar hat mit dem neuen I-Pace ein attraktives Elektroauto auf die Räder gestellt. In meinen Augen muss sich der I-Pace vor dem Tesla Modell X nicht verstecken. Ich habe mir den Amerikaner neulich im Tesla-Store ausführlich angesehen. Bei der Qualitätsanmutung und der Verarbeitungsqualität schlägt der I-Pace den Amerikaner um Längen. Daneben gefällt mir auch die Gestaltung des Briten besser. Denn ich muss den Habitus der Weltverbesserung nicht durch zwei Flügeltüren unterstreichen.

In Bewegung unterstreicht der Jaguar I-Pace seine sportliche Figur eindrucksvoll. Denn 400 PS Systemleistung und 696 Newtonmeter Drehmoment sorgen für überzeugende Fahrleistungen. Dank der fantastischen Kraftentfaltung der beiden Elektromotoren, der guten Motorsteuerung und auch der Abstimmung des Fahrwerks fährt sich der neue Jaguar I-Pace richtig gut! Und das ist das, worauf es bei einem Auto ankommt. Egal, was für Energie dessen Motor antreibt.

Daten zum Testwagen:

  • Typ: Jaguar I-Pace
  • Motor: Zwei Permanentmagnet-Elektromotoren
  • Emissionsklasse: Euro 6d-temp
  • Getriebe: Zwei Reduktionsgetriebe mit einem Gang
  • maximale Leistung: 400 PS
  • Drehmoment: 696 Nm ab Anlauf
  • Höchstgeschwindigkeit: 200 km/h (abgeregelt)
  • Beschleunigung 0-100 km/h: 4,8 Sekunden

Der Jaguar I-Pace steht in Kürze bei den Händlern. In der Grundausstattung kostet der erste elektrische Jaguar 77.850 €. Das Sondermodell „First Edition“, bei dem unter anderem auch die optimale Luftfederung serienmäßig an Bord ist, gibt es 101.850 €.

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