80 Jahre Opel Kadett

Opel kennt den Wert der eigenen Geschichte und erinnert in diesen Tagen an den 80. Geburtstag des ersten Opel Kadett. Mit Recht, denn bei seiner Premiere 1936 ist der Urvater des heutigen Astra ein innovatives Auto. Schließlich spendiert Opel dem Kadett eine selbsttragende Ganzstahlkarosserie. Das gab es vorher im Segment der Kleinwagen nicht.

Dieser Schritt hat eine Vorgeschichte. Denn der erste Kadett ist der kleine Bruder des ein Jahr zuvor präsentierten Opel Olympia. Beide entstehen in Rüsselsheim, wo 1936 das größte europäische Karosseriewerk zu Hause ist. Innovativ ist auch, dass die Mitarbeiter Motor, Getriebe und Achsen der Fahrzeuge bei der sogenannten Hochzeit von unten hydraulisch in die Karosserie heben. Bis heute ist das 1934 von Opel patentierte Verfahren der Standard im Großserienbau.

Möglich macht das Montageprinzip auch die selbsttragende Karosserie. Bereits 14 Jahre vor Opel setzt Lancia im Lambda auf dieses Konstruktionsmerkmal. Es ist der Berliner Ingenieur Friedrich Eugen Maier, der das Prinzip weiterverfolgt und 1932 die selbsttragende Ganzstahlkarosserie erfindet. Citroën setzt die Idee im legendären Citroën Traction Avant 1934 noch etwas schneller um. Doch ein Jahr später folgt Opel mit dem Olympia als erster deutscher Großserienhersteller.

Vorteil einer selbsttragenden Ganzstahlkarosserie ist die hohe Steifigkeit. Zudem ist die Produktion einfacher und damit kostengünstiger. Den Verantwortlichen bei Opel, zu denen damals auch Heinrich Nordhoff gehört, ist klar, dass das Prinzip der selbsttragenden Ganzstahlkarosserie den Autobau revolutionieren wird. Die Investitionen in das Werk in Rüsselsheim sind die Grundlage, um die Produktionspalette schnell umzurüsten.

Der Opel Kadett läuft 1936 auch mit 72 Oktan fast 100 Kilometer schnell!

Deshalb schickt Opel den Opel P4 nach nur einem Jahr in Rente. In die neue Karosserie des Nachfolgers Kadett wandert ein Mix aus Technik vom P4 sowie vom größeren Opel Olympia. Der P4 steuert den Antrieb bei. 23 PS leistet der 1.073 ccm große wassergekühlte Vierzylinder-Graugussmotor bei 3.400 Umdrehungen pro Minuten. Damit gilt der Motor als „autobahnfest“, wo der erste Kadett bei Bedarf fast 100 Kilometer pro Stunde schnell ist.

Bei der Gemischaufbereitung setzt Opel erstmals auf einen Fallstromvergaser mit genanntem Venturi-Rohr. Zum Betrieb benötigt der erstmals bereits 1931 präsentierte Motor Benzin mit einer geringen Kopffestigkeit von 72 Oktan. Das ist wohl ein Grund dafür, dass Auto und Motor nach dem Zweiten Weltkrieg als Reparationsleistung in der Sowjetunion landen. Dort läuft der Ur-Kadett ab 1947 als Moskwitsch 400 vom Band.

Vom großen Bruder Olympia erbt der erste Opel Kadett das Fahrwerk mit Synchronfederung an der Vorderachse und blattgefederter Hinterachse. Aus Kostengründen vereinfachen die Techniker allerdings die Konstruktion der Vorderachse. Mit vier hydraulisch bestätigten Trommelbremsen und serienmäßigen Winkern ist der Kadett trotzdem damals gut ausgestattet.

Die Presse ist bei der Premiere des Opel Kadett begeistert

Die „Kölnische Zeitung“ schreibt „Genauso flink, wendig und gehorsam auf alle Befehle des Fahrers […], wie man es von einem karrieremachenden Kadetten erwartet“. In der „Braunschweiger Tageszeitung“ heißt es „der Kadett ist, wie die ersten Probefahrten uns bestätigen, ein für diese Preislage keineswegs alltägliches Fahrzeug“.

Den Kunden gefällt zudem das hochmoderne Karosseriekleid, das wahlweise als Limousine oder als Cabrio lieferbar ist. Die integrierten Scheinwerfer statt der bis dato üblichen Topflampen und das fesche Schrägheck machen den Kadett 1936 zum Designstück. Damit unterscheidet sich der erste Kadett deutlich von seinem Vorgänger P4, der daneben wie ein echter Oldtimer wirkt.

2.100 Reichsmark kostet der Vorgänger des aktuellen Opel Astra. Der größere Opel Olympia kostet damals 400 Reichsmark mehr. Das ist viel Geld. Denn die heutigen Studien zu den Löhnen und Preise im Jahr 1936 belegen, dass damals mehr als 60 Prozent der Bevölkerung weniger als 1.500 Reichsmark pro Jahr verdienen. Trotzdem verkauft Opel bis zur kriegsbedingten Einstellung der Produktion im Jahr 1940 mehr als 107.000 Kadett. Auch das ist ein eindeutiger Beleg dafür, wie fortschrittlich das Auto war.

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Ein Beitrag von:

Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!