Meinung und Kommentar

Opel in der Krise – Ist Opel noch zu retten?

In Deutschland galt Opel lange als der große Herausforderer, der mit VW auf einer Stufe um die Marktführerschaft kämpfte. Heute ist Opel in der Krise. Wie konnte es dazu kommen? Und gibt es hoch Hoffnung für Opel? Ist Opel noch zu retten?

Opel aus besseren Tagen – Opel RAK 2
Fritz von Opel experimentierte mit Raketenwagen. Das war zwar wirtschaftlich sinnlos. Aber es brachte Opel viel Aufmerksamkeit.

Vor 40 Jahren lang Opel mit einem Marktanteil von rund 21% sogar zeitweilig in der Gunst der Käufer vor dem Rivalen aus Wolfsburg. Opel stand für günstige und zuverlässige Autos, die zeitweilig sogar etwas chic waren. Doch das ist lange Geschichte. Opel erlebte in den vergangenen 40 Jahren einen beispielhaften Abstieg. Aktuell liegt der Marktanteil in Deutschland bei maximal 7 Prozent. Inzwischen stellen Experten die Existenz des Autobauers Opel, der bereits seit 1931 vollständig zu General Motors gehört, ernsthaft infrage.

Wie kam es zum Abstieg?

Der Niedergang von Opel setzte vor rund 30 Jahren ein. Bereits 1980 schrieb Opel erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg Verluste. Schon damals fragten die Ersten: Ist Opel noch zu retten? Denn zuvor führte das Unternehmen mehr als 30 Jahren seine Gewinne brav an die Mutter in den USA ab. Der Crash kam schnell und fast unvermittelt. Die Opel-Manager reagierten mit einer Entlassungswelle. Mehr als 7.500 Opel-Mitarbeiter verloren ihren Job. Und mit dem Kadett D – dem ersten Nachkriegs-Kadett mit Frontantrieb – sowie dem ab 1982 angebotenen Corsa, der allerdings im spanischen Saragossa entsteht, gelang die Rückkehr in die Gewinnzone.

Als die Frage, ist Opel noch zu retten, das letzte mal aktuelle war, kam der Opel Corsa. Der Kleinwagen spielte eine wichtige Rolle bei der Rettung von Opel.
Opel Corsa A, Luxus, 1982-1992 – Bis in die 1980er-Jahre baute Opel baute Auto für die ganze Familie. Der Opel Corsa A war beliebt als Zweitwagen. Gern wurde der Corsa auch von den höheren Töchtern der Vorstädte bewegt. (Foto: Opel Media)

Trotzdem ordneten die amerikanischen Eigentümer ihr Europageschäft neu. 1986 richteten sie in Zürich eine Europazentrale ein, um Opel und Vauxhall zentral zu steuern. Doch diese neue Hierarchiestufe, zuvor berichteten die Opel-Manager direkt in die USA, führte nur zu zusätzlichen Reibungsverlusten. Die Amerikaner reagierten und reduzierten aus Kostengründen die Entwicklungsstandards. Das war eine schlechte Entscheidung, den sie führte ab Anfang der 1990er-Jahre immer wieder zu großen Qualitätsproblemen und fuhr Opel bald wieder in die Krise.

Ein Opel, muss schon mal zurück in die Werkstatt

Rückrufaktionen waren in diesen Jahren treue Begleiter der Autos von Opel. Die Rückrufdatenbank des ADAC weist für Modelle wie den Astra, den Calibra, den Omega oder den Vectra von 1995 bis 2000 immerhin 24 Rückrufaktionen aus. Zum schlechten Image trugen auch Modelle wie der Geländewagen Frontera oder der Familienvan Sintra bei. Beide basierten auf Modellen aus dem weitverzweigten General Motors Imperium und wurden mit einem neuen Markenzeichen als typische Vertreter des Badge-Engineerings zum Opel.

Opel Sintra (Foto: Ecogarf)
Opel Sintra – im Kern ein US-Produkt. Er teilte sich mit dem Chevrolet Venture, Oldsmobile Silhouette, Pontiac Trans Sport (ab 2000 Pontiac Montana) und dem Buick GL8 eine Plattform. (Foto: Ecogarf)

Der Opel Sintra, ein modifizierter US-Van, sorgte bei Crashtests mit besonders schlechten Ergebnissen für Aufsehen. Beim „Euro NCAP-Crash-Test“ drang das Lenkrad des Opel Sintra 1999 lebensgefährlich weit in den Fahrgastraum ein. Den Kopf des Crash-Test-Dummys wurde beim Aufprall weit nach hinten gerissen, die Verformung des Dachs schränkte den Überlebensraum des Fahrers weiter ein. Mit diesem Makel war der Opel Sintra praktisch sofort unverkäuflich. Nach nicht einmal drei Jahren nahm Opel den Van wieder vom Markt.

Der Niedergang der Marke Opel setzte sich fort

Zum Beginn des Jahrtausends betrug der Marktanteil noch fast 12% und sank 2006 erstmals unter die Marke von 10%. Parallel zur Geschäftsentwicklung sank die Zahl der Mitarbeiter. 1990 zählte Opel noch mehr als 57.000 Mitarbeiter. 1995 waren immerhin noch rund 45.600 Mitarbeiter bei Opel tätig. Heute sind weniger als 40.000 Mitarbeiter in Europa bei Opel beschäftigt. Im Zuge der Finanzmarktkrise entstanden ab 2008 Überlegungen, Opel von der Konzernmutter General Motors zu trennen.

Opel Kadett in Bochum
Ein Bild aus besseren Tagen: Am 11.10.1966 läuft im Werk Bochum der einmillionste Opel Kadett vom Band. (Foto: Opel Media)

Gut möglich, dass die Inhaber in den USA die Frage, ist Opel noch zu retten, da schon mit einem „Nein“ beantworteten. Doch am Ende blieben die Amerikaner, die selbst nur durch das Eingreifen der US-Regierung und eine geordnete Insolvenz gerettet wurden, bis heute der Herr im Haus. Ein Verkauf an Interessenten wie Fiat, Magna oder die chinesische Beijing Automotive Industry Holding Company kam bisher nicht zustande. General Motors kämpfte stattdessen mit einem weiteren Personalabbau gegen die Krise des Unternehmens an.

Die Spekulationen ist nicht gut für das Image

Immer wieder machen Gerüchte die Runde, dass Opel dazu auch Werke schließen wird. Das Werk in Bochum, das in diesen Tagen den 50. Geburtstag „feiert“, gilt ein Streichkandidat. Vom Ziel, in Deutschland einen Marktanteil von 10% zu erreichen, ist Opel im Moment meilenweit weit weg. Ohne die Fahrzeuge, die von Opel-Händlern zugelassen werden und dann mit großen Rabatten auf den Markt kommen, liegt der Marktanteil in Deutschland allenfalls auf dem Niveau der VW-Tochter Skoda. Die Folge ist, dass bis zum Jahresende für Teile der Belegschaft Kurzarbeit gilt.

General Motors verwehrt Opel den Zugang zu den lukrativen Auslandsmärkten. In China oder Indien sind andere Töchter für den Verkauf von Fahrzeugen zuständig. Nur in Russland darf Opel dran. Opel stellt sich darauf ein und präsentierte deshalb den neuen Opel Astra mit Stufenheck vor ein paar Wochen auf der Motorshow in Moskau erstmals der Weltöffentlichkeit. Immer öfter plädieren erneut Stimmen für eine Trennung von General Motors. Doch es erscheint fraglich, ob Opel ohne General Motors überhaupt lebensfähig ist.

Ist Opel noch zu retten? Und hat Opel ohne General Motors überhaupt eine Zukunft?

Die Entwicklungsabteilungen im gesamten Konzern sind eng verknüpft. Die Autos von Opel stecken durch die konzernweite Gleichteilestrategie voller Technik und Patente von General Motors. Ein Opel-Verkauf scheiterte bisher auch an daran. DennGeneral Motors befürchtete, dass beim Verkauf zu viel Know How in die Hände von Wettbewerbern fließt. Es ist für Außenstehende nicht abschließend zu beurteilen, wie begründet diese Ängste sind. Trotzdem ist inzwischen fast befürchten, dass die Amerikaner Opel lieber sterben lassen, als das Unternehmen in neue Hände zu geben.

Leben die noch Autos?

Der aktuelle Opel-Claim lautet „Wir leben Autos“. In den kommenden Monaten müssen die Manager beweisen, dass das so ist. Die Werbekampagne, die unter dem Motto „Und was kann Ihr Auto?“ Opel Innovationen in den Mittelpunkt stellt, ist ein Anfang. Mit dem ADAM stellte Opel in Paris einen Kleinwagen auf der Plattform des kommenden Corsa vor. Dazu gibt es mit dem Mokka einen neuen SUV. Doch ob alleine ein 3,70 Meter langer Luxus-Kleinwagen und ein SUV wirklich das Image verbessern und sich dann neue Kunden finden, ist im Moment noch völlig offen.

Opel ADAM
Opel ADAM – auf dem Kleinwagen liegt die Hoffnung des Unternehmens (Foto: Opel Media)

Wenn General Motors Opel wirklich retten will, sollten sich die Verantwortlichen auf die Werte besinnen, die Opel einst ausgemachten. Opel punktete traditionell bei den Familien. Dazu gab es in den erfolgreichen 1970er-Jahren auch Opel-Modelle in der oberen Mittelklasse. Das waren sicherlich keine Massenprodukte. Aber diese Produkte waren extrem wichtig für das Image. Heute könnte ein Hybridfahrzeug, das in wirklichen Stückzahlen auf unseren Strassen wahrzunehmen ist, diese Rolle spielen. Traurig, dass das alles bei Opel im Moment nicht zu erwarten ist.


Infos zum Titelbild dieses Beitrags:
Fritz von Opel experimentierte mit Raketenwagen. Das war zwar wirtschaftlich sinnlos. Aber es brachte Opel viel Aufmerksamkeit.

Foto: Tom Schwede

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Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!