Es passierte am ... Geschichten zum Auto

Wie Sōichirō Honda auf dem Rhein den Honda S500 präsentierte und der Honda S800 zum ersten Japaner in Deutschland wurde!

Sōichirō Honda stieg innerhalb weniger Jahre zum größten Motorrad-Hersteller der Welt auf, um dann Autos zu bauen. Nach etwas Anlauf bot Honda das erste japanische Auto in Deutschland an.

Schon mit seinem ersten Auto wagte Sōichirō Honda den Schritt nach Europa. Am 29. August 1963 stellte der Firmenchef den Sportwagen S500 auf einem Rheindampfer bei Koblenz der Öffentlichkeit vor. Es war der Startschuss des Autobauers in Deutschland, obwohl Honda noch mehr als drei Jahre wartete, um tatsächlich in Deutschland Autos zu verkaufen. Trotzdem war der vom S500 abgeleitete Honda S800 beim Debüt 1966/67 das erste japanische Auto in Deutschland.

Sōichirō Honda (4. v. l.) 1968 bei einem Besuch der Honda-Niederlassung in Deutschland
Sōichirō Honda (4. v. l.) bei einem Besuch der Honda-Niederlassung in Deutschland. Honda datiert das Foto auf das Jahr 1968. (Foto: Honda)

Sōichirō Honda betrieb seit den späten 1930er-Jahren ein Unternehmen, das Kolbenringe fertigte. 1948 erwarb Toyota diese Firma. Das Geld aus dem Verkauf investierte der Unternehmer sofort in die Produktion von Motorrädern. Innerhalb weniger Jahre stieg Honda zum größten Motorrad-Hersteller der Welt auf. Der Export der Motorräder nach Europa und Nordamerika war lukrativ. Doch Honda erkannte, dass das Motorrad in den westlichen Industrieländern mit dem dort steigenden Wohlstand zunehmend ins Abseits fuhr.

1958 begann der Motorradbauer mit der Entwicklung von Autos

Vier Jahre später zeigte Honda auf der Tokyo Motor Show mit dem Kleintransporter T360 sowie den Sportwagen S360 und S500 seine ersten Autos. Herzstück der Fahrzeuge war ein kleiner wassergekühlter Vierzylinder aus Aluminiumguss mit zwei oben liegenden Nockenwellen (DOHC). Mit 354 ccm Hubraum leistete das Aggregat 33 PS, was einer Literleistung von 92 PS entspricht. Hier kam Honda offensichtlich die Erfahrung aus dem Motorradbau zur Hilfe. Den Honda S500 trieb eine 492 ccm große und 40 PS kräftige Variante des Vierzylinders an.

Honda T360 von 1962
Zusammen mit seinen Sportwagen S360 und S500 stellte Honda den Lieferwagen T360 vor. Der Sportwagen kam einige Jahre später als S600 und S800 nach Europa. Den Lieferwagen gab es nur in Japan. (Foto: Honda)

Während Honda den Kleintransporter anschließend in Japan anbot, kam der S360 über zwölf Prototypen nicht hinaus. Dafür startete Sōichirō Honda mit dem S500 eine Welttournee. Schon am 29. August 1963 präsentierte der Firmenchef den Sportwagen auf einem Rheindampfer bei Koblenz europäischen Journalisten. Kurze Zeit später zeigte Honda den S500 auch in Nordamerika. Parallel dazu startete im Oktober 1963 im heimischen Japan die Auslieferung des S500 an die Kunden. Im Serienmodell steckte ein Vierzylinder mit 531 ccm und 44PS Leistung.

Honda trat mit dem S500 beim Langstreckenklassiker Spa-Sofia-Lüttich 1963 an!

Bereits zwei Tage vor der Präsentation auf dem Rhein trat Honda Ende August mit zwei Werkswagen bei der Langstrecken-Rallye Spa-Sofia-Lüttich an. Den weißen Honda S500 mit der Startnummer 58 steuerten die Japaner Nobuo Koka und Giichi Suzuki. Suzuki war eigentlich Motorrad-Rennfahrer, hatte 1959 bei der Tourist Trophy auf der Isle of Man einen siebten Platz in der Klasse bis 125 ccm belegt. In einem zweiten S500 stellten sich die Belgier Henri Quernette und Jean-Pierre Guyette der 5.500 Kilometer langen Herausforderung der Langstreckenfahrt.

Honda S800 von Honda UK
Honda UK restaurierte vor ein paar Jahren einen Honda S800, um an den Start der Marke in Europa zu erinnern. (Foto: Honda UK)

Während das belgische Duo nach sechs Tagen ins Ziel fuhr, verunglückten Koka und Suzuki in der Nähe von Ljubljana/Jugoslawien schwer. Dabei verlor der 32 Jahre alte Giichi Suzuki sein Leben. Ironischerweise passierte der Unfall am gleichen Tag als der Firmenchef den S500 auf dem Rhein der Presse präsentierte. Die Rallye Spa-Sofia-Lüttich gewannen 1963 übrigens Eugen Böhringer und sein Beifahrer Hermann Eger mit dem Mercedes-Benz 230 SL. Das war der SL, den die Fans wegen seines nach innen gewölbten Hardtops als „Pagode“ bezeichnen.

Erst mit dem Honda S600 startete der Export nach Europa!

Trotz der Premiere auf dem Rheindampfer und dem Start bei der Langstreckenfahrt verkaufte Honda den S500 noch nicht ins Ausland. Erst den im März 1964 in Japan vorgestellten Nachfolger S600 mit einem auf 606 ccm vergrößerten Motor, der inzwischen 57 PS leistete, exportierte Honda. Zunächst verkaufte Honda den kleinen Sportwagen nach Australien und Kanada. Die ersten 50 Exemplare für den europäischen Markt kamen Ende August 1965 über den Hamburger Hafen nach Europa. Eines dieser Fahrzeuge stand 1965 auf der IAA in Frankfurt.

Honda S800 in Le Mans
Im Feld der Maxi 1000, einer Rennserie in Frankreich, tritt regelmäßig auch ein Honda S800. Unser Foto entstand bei einem Rennen in Le Mans. (Foto: Tom Schwede)

Trotzdem bot Honda den S600 offiziell zunächst nur in Italien und der Schweiz an. Rund 180 Exemplare des S600 fanden ihren Weg nach Europa. Vor dem deutschen Markt hatte Sōichirō Honda offenbar besonderen Respekt. Denn den Schritt nach Deutschland wagte der Unternehmer erst mit dem abermals weiterentwickelten Sportwagen. Im Herbst 1966 feierte der S800 auf dem Pariser Autosalon seine Europa-Premiere. Anschließend präsentierte Sōichirō Honda den S800 am Nikolaustag 1966 auch wieder persönlich in Deutschland der Presse und der Öffentlichkeit.

Der Honda S800 war das erste japanische Auto in Deutschland!

Für die Veranstaltung in der Parkanlage „Planten un Blomen“ in Hamburg engagierte Honda den Rennfahrer Hans Herrmann als Testimonial. Neben Journalisten nahmen auch interessierte Auto-Händler an dem Termin teil, um sich bei ausführlichen Probefahrten ein Bild von dem japanischen Sportwagen zu verschaffen. Den Winter 1966/67 nutzte Honda, um in Deutschland ein Vertriebsnetz aufzubauen. Dabei kam der Firma zur Hilfe, dass es seit 1961 in Offenbach über eine deutsche Niederlassung verfügte. Nach Motorrädern und Industriemotoren bot diese nun auch Autos an. Offizieller Verkaufsstart war der 21. März 1967, womit der S800 zum ersten in Deutschland angebotenen japanischen Auto wurde.

Honda S800 Coupé
Neben dem Roadster gab es vom Honda S800 auch ein Coupé. Beide Varianten gab ab dem 21. März 1967 in Deutschland zu kaufen. (Foto: Honda)

Für Vortrieb sorgte jetzt ein wassergekühlter 791 ccm großer Vierzylinder, der mit vier Vergasern von Keihin erstaunliche 67,2 PS Leistung produzierte. Bereits beim S600 stellte Honda seinem Roadster mit einem Coupé eine zweite Karosserie-Version zur Seite. Jetzt bot Honda beide Varianten als S800 auch in Deutschland an. Der Roadster kostete zum Start 7.795 DM. Das war nicht wenig. Denn ein Käfer Cabrio kostete als Käfer-Spitzenmodell damals etwa 900 DM weniger. Trotzdem setzte Honda bis 1970 rund 1.200 Exemplare des S800 in Deutschland ab. Das war definitiv ein Achtungserfolg für den jungen Autobauer aus Japan.


Infos zum Titelbild dieses Beitrags:
Sōichirō Honda (4. v. l.) 1968 bei einem Besuch der Honda-Niederlassung in Deutschland

Foto: Honda

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Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!

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