Meinung und Kommentar

Bajuwarische Sticheleien ums Laserlicht

Die Darstellung der eigenen Innovationskraft ist ein wichtiger Baustein im Marketingplan vieler Hersteller. Schließlich wollen Kunden gern das Neuste fahren. Einer der ersten Hersteller, der „Innovation“ strategisch für sich beanspruchte, war Audi. Als mein Interesse für Autos entflammte, war Audi noch total uncool.

Schon ein Audi-Prospekt auf Vaters Schreibtisch löste Albträume aus. Hoffentlich kauft der sich den nicht, dachte ich, als ich dort in der zweiten Hälfte der 1970er ein Angebot für ein Fahrzeug mit vier Ringen entdeckte. Ein Audi war ein Auto für Beamte, für Bausparer, für Menschen mit Feinripp-Unterwäsche, aber doch nicht mein Vater! Damals empfand ich es als großes Glück, dass der sich dann doch ein sportlicheres Auto entschied.

Dabei wurde zu dieser Zeit bei Audi schon am Wandel gearbeitet. Denn nachdem Ferdinand Piëch aus dem Familienunternehmen Porsche zu Audi wechselte, etablierte sich Audi schrittweise als Innovationsführer. Mit dem Claim „Vorsprung durch Technik“ wurde das geschickt kommuniziert.

Anfang der 1980er-Jahre wurde Audi plötzlich cool!

Meine Tante fuhr einen Audi 200 5T mit Turboaufladung und die vier Ringe in der Rallye-Weltmeisterschaft mit Allradantrieb zum Erfolg. Damit galt Audi nebenbei nicht nur als innovativ, sondern auch als sportlich. Beides Markenwerte, die sich die Ingolstädter bis heute bewahrt haben. Und beides Werte, die man auch in der bayrischen Landeshauptstadt München gern für sich beansprucht.

Sportlichkeit gehört für BMW seit Menschengedenken zur DNA. Und mit der Submarke BMW i stellt auch BMW die eigene Innovationsfähigkeit inzwischen deutlich in den Mittelpunkt. Ab Juni mit dem Sportwagen BMW i8, der nach dem reinelektrischen BMW i3 als zweites Modell der Innovationslinie i angeboten wird.

Beim Karosseriebau ähnelt der i8 mit seiner Fahrgastzelle aus kohlefaserverstärktem Kunststoff dem kleinen Bruder. Und wie beim reinelektrischen i3 geht auch der i8 für das Haus BMW neue Wege. Denn der i8 ist das erste Plug-in-Hybrid-Fahrzeug mit dem bekannten Propeller am Bug.

Neben einem 1,5 Liter großen und 231 PS starken Drei-Zylinder-Verbrennungsmotor, der die Hinterräder antreibt, sorgt ein 131 PS starker Elektromotor an den Vorderrädern für zusätzlichen Schub. BMW bringt damit einen Aufbau auf die Strasse, den Audi – wenn auch mit einem Dieselmotor – in Le Mans fährt.

In der Medieninformation, die vor BMW vor einigen Tagen verschickte, heißt es im Steckbrief zum BMW i8:

… Voll-LED-Scheinwerfer und Heckleuchten in LED-Technik serienmäßig, weltweit erstmaliger Einsatz von Laserlicht in einem Serienautomobil als Option …

Womit wir zurück in Le Mans und bei Audi sind

Audi weist traditionell gern daraufhin, dass das eigene Motorsportprogramm auch der Erprobung neuer Technologien dient. Aktuell läuft in den Fernsehprogrammen sogar ein entsprechender Werbespot von Audi. Im Mittelpunkt des Spots steht der Audi R18 quattro, Audis nach zwei Niederlagen gegen Toyota zurzeit etwas stumpfe WEC-Waffe.

Parallel dazu kündigen die Ingolstädter seit einiger Zeit an, dass der Audi R18 quattro im Juni in Le Mans mit Laserlicht rennen soll. Das legt den Verdacht nahe, Audi plane schon länger, mit dem Laserlicht eine weitere Kommunikationsbrücke vom Motorsport zur Serie zu schlagen.

Denn was vor einigen Jahren noch in Dorfdiskotheken für Stimmung sorgte, gilt heute als das Fernlicht der Zukunft. Laserlicht-Scheinwerfer erzeugen ein sehr weißes und sehr helles Licht, das als angenehmer als Xenon-Licht empfunden wird. Zudem lässt sich mit Laserlicht sowohl Bauraum als auch Gewicht sparen.

Laserlicht als Schnittmenge zwischen Sportlichkeit und Innovation

Platz- und Gewichtssparen passt – losgelöst von Marketing-Interessen – gut zu einem Le Mans Sportwagen. Und zum innovativen BMW i8, der mit Laserlicht als Extra geordert werden kann. In München spricht man davon, dass das Laserlicht noch in diesem Jahr lieferbar sei.

Offensichtlich ein Thema, das auch Audi beschäftigt. Denn gestern kündigte die Presseabteilung der Ingolstädter das Sondermodell Audi R8 LMX an. Auch Audi spricht in der Pressemitteilung davon, dass der in limitierter Serie angebotene Sportwagen das erste Serienmodell der Welt mit Laser-Fernlicht sei.

… Als erstes Serienautomobil der Welt hat das Editionsmodell Laser-Fernlicht an Bord. Der R8 LMX ist ab sofort bestellbar und geht im Sommer an den Start. …

Zickenkrieg unter Autobauern?

Natürlich ist die Pressemitteilung ein offener Seitenhieb gegen BMW. Denn beide schreiben in offiziellen Verlautbarungen davon, als Erster in der Serienproduktion Laserlicht anzubieten. Wobei – dieser Einwand drängt sich auf – das mit der Serie in beiden Fällen so eine Sache ist. Weder der Audi R8 LMX noch der BMW i8 sind klassische Produkte der Großserie.

Audi limitiert das Sondermodell auf genau 99 Exemplare. BMW hat in der Vergangenheit vermieden, zum BMW i8 überhaupt eine Absatzplanung zu kommunizieren. Mit einem Preis von 210.000 Euro (Audi R8 LMX) bzw. 145.000 Euro (BMW i8 Pure Impulse) sind natürlich auch beide Fahrzeuge keine Brot- und Butter-Autos.

Die BMW-Ankündigung zum optionalen Laserlicht im i8 wurde im Februar publiziert. In der mir vorliegenden Preisliste Nr. 1 des BMW i8 vom März 2014 wird allerdings noch kein Laserlicht angeboten. Wer sich bei BMW umhört, bekommt die Auskunft, dass im September die ersten BMW i8 mit Laserlicht ausgeliefert werden sollen. Es wirkt ein wenig so, als ob BMW das Laserlicht nachgeschoben hat, um Audi etwas zu sticheln.

In Ingolstadt kontert man daher jetzt überraschend mit dem Sondermodell Audi R8 LMX. Das sorgt auch bei anderen Autobloggern für eine gewisse Ratlosigkeit. Für Sebastian Bauer wirkt die Präsentation des Audi R8 LMX sogar etwas überhastet. Zumal die Angabe „im Sommer lieferbar“, die Audi für den LMX verwendet, auch nicht gerade präzise ist.

Zumal vielen Autofans diese Diskussion völlig Latte sein wird. Bis ihre Fahrzeuge mit Laserlicht ausrücken, wird noch viel Wasser die Isar oder die Donau herunterfließen. Dann werden sie längst vergessen haben, wer der Erste mit Laserlicht war. Auch deshalb wirkt das Duell ums erste serienmäßige Laserlicht schon etwas komisch.

Mal gucken, ob Audi und BMW das Spiel weitertreiben. Mal gucken, ob einem der beiden womöglich die erste Kundenzulassung mit Laserlicht die nächste Pressemitteilung wert ist. Denn wenn die Autoindustrie keine anderen Probleme mehr hat, ist doch alles in Butter. 😉

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Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!