Es gibt Autos, die gelten als Kunstobjekte. Gründe dafür gibt es viele. Ihre Form kann besonders gelungen sein. Oder sie sind einfach gut gemacht. Und machmal haben sogar international anerkannte Künstler sie als Leinwand genutzt und so zu einem Kunstgegenstand erhoben. Besonders bekannt sind die BMW Art Cars, von denen seit 1975 bisher 17 Exemplare entstanden sind. Der Hatje Cantz Verlag würdigt sie nun in einem mit Buch. Das gibt uns die Möglichkeit, quasi nebenbei die BMW Arts Cars vorzustellen, die in Le Mans gestartet sind.
Am Anfang stand der Zufall – stand wie so oft in der Kunst einfach eine Idee. Es wäre sicherlich vermessen zu behaupten, dass allen Beteiligten ahnen konnten, dass das BMW Art Car auch noch fast vierzig Jahre später für Aufsehen sorgen sollte.
Am Anfang war der Motorsport
Ideengeber war der französische Hobbyrennfahrer und Hervé Poulain. Er überzeugte 1975 den damaligen BMW-Motorsportchef Jochen Neerpasch davon, einen BMW 3.0 CSL von einem Künstler bemalen zu lassen. Poulain war Kunsthändler, verfügte also über die entsprechenden Verbindungen in der Szene. Mit dem US-Amerikaner Alexander Calder gewann er einen in den 70er Jahren international erfolgreichen Künstler für die Gestaltung seines Rennwagens.
In Le Mans lag es dann ganz bestimmt nicht an ihrer Gestaltung, dass Startnummer 93 nach wenigen Stunden ausfiel. Dennoch galt der BMW als Publikumsliebling des Chaosrennens von 1975. In Erinnerung blieb er vor allem wegen Durcheinanders beim Start. Der ACO schloss quasi während der Startaufstellung einen Ferrari 308 des North American Racing Teams von Luigi Chinetti aus. Das Ortega Ecuador Marlboro Team nutzte die Verwirrung, um nach dem Rennstart aus der Boxengasse illegal ins Rennen zu gehen. Ein in Le Mans einmaliger Vorgang.
Der große Zuspruch, den das erste BMW Art Car in diesem Chaos erntete, machte bei den Verantwortlichen Lust auf mehr. Ein Jahr nach dem Debüt beauftragten die Münchener Frank Stella mit der Gestaltung eines weiteren Art Cars. Doch auch Brian Redman and Peter Gregg sahen mit dem Art Car nicht die Zielflagge. Schon nach 23 Runden fiel der Werkswagen erneut vorzeitig aus. Die erste Zielankunft eines BMW Art Cars musste noch etwas warten.
1977 kommt das erste BMW Art Car in Le Mans über die Distanz
Es war Hervé Poulain und seinem Teamkollegen Marcel Mignot vorbehalten, als Erste mit einem BMW Art Car in Le Mans über die Distanz zu kommen. Im von Roy Lichtenstein gestalteten BMW 320 i fuhren die Franzosen 1977 bei der ersten Zielankunft eines BMW Art Cars sogar auf den neunten Gesamtrang. Im Vorjahr hatte sich BMW mit einem Turbo-Motor versucht, im dritten Anlauf setzten die Münchener dann auf Sicherheit. Mit dem 320 PS starken Zweilitersaugmotor aus der Formel 2 kam das Team über die Distanz. Trotz der „dicken Backen“ und des ausladenden Spoilerwerks war der Lichtenstein-BMW übrigens kein Gruppe-5-Fahrzeug. BMW nutzte die Möglichkeit zur Nennung in der IMSA-Klasse, um etwas mehr Benzin verbrauchen zu können.
Sowohl in der Kunstszene als auch im Motorsport waren die BMW Art Cars jetzt in aller Munde. 1978 schickte Andy Warhol einen Entwurf nach München. Doch der Entwurf, der rosa Blumen auf einem schwarzen BMW 320 vorsah, wurde nicht umgesetzt. BMW beschränkte sich 1978 darauf, Motoren nach Le Mans Motoren zu liefern. Nur ein privater BMW 3.5 CSL war am Start. Mit diesem Modell wollte BMW Jahre nach dem Produktionsende schon im Vorjahr nicht mehr werben. So musste Andy Warhol ein Jahr warten, bis BMW mit dem M1 das passende Renngerät an den Start bringen konnte.
Diesmal entschied sich der Künstler für eine Bemalung im Stile eines abstrakten Expressionisten mit Feldern von Regenbogenfarben. Zudem nahm sich Warhol vor, den Rennwagen innerhalb von fünf Minuten zu bemalen. Ein Filmteam, das die Arbeit des Künstlers dokumentierte, bat um etwas mehr Zeit. Medienprofi Warhol hatte an den Filmaufnahmen sichtlich Spaß und nahm sich 28 Minuten für die Gestaltung des Wagens. Im Rennen, bei dem das spätere Siegerauto noch in der Startaufstellung einen neuen Besitzer fand, wurde der BMW M1 mit Manfred Winkelhock, Hervé Poulain und Marcel Mignot am Steuer Sechster. Dieses Ergebnis blieb bis heute beste Le-Mans-Platzierung eines BMW Art Cars.
Zurück in Le Mans – nach 20 Jahren für eine Ehrenrunde
Denn 1999 nahm ein von der Künstlerin Jenny Holzer lackierter BMW V 12 LMR nicht am großen Rennen teil. Der von der Amerikanerin gestaltete Rennwagen drehte „nur“ vor dem Rennen eine Ehrenrunde. Im späteren Rennen gewann sein – mit den Werbebotschaften eines Computerherstellers versehenes – Schwesterauto. Möglicherweise eine verpasste Gelegenheit, denn mehr Chancen auf den Gesamtsieg dürfte ein BMW Art Car nie gehabt haben.
Das bisher letzte BMW Art Car in Le Mans gestaltete 2010 der Amerikaner Jeff Koons. Sein BMW M3 lag zeitweilig auf einem sechsten Platz. Doch auch vor vier Jahren stoppte ein Defekt vorzeitig die Fahrt.
Wie es sich für einen Auto-Blog gehört, der sich regelmäßig mit Sportwagen und den 24-Stunden-von Le Mans beschäftigt, haben wir uns für diesen Beitrag natürlich nur die BMW Art Cars herausgegriffen, die einen Bezug zu Le Mans haben. Ken Done (1989) und Sandro Chia (1992) gestalteten später Rennwagen der Gruppe A, doch kein kein weiteres Art Car von BMW drehte in Le Mans seine Runden. Die weiteren BMW Art Cars entstanden sogar auf der Basis von Serienmodellen. Die Künstler Ernst Fuchs (1982), Robert Rauschenberg (1986), Michael Jagamara Nelson (1989), Matazo Kayama (1990), César Manrique (1990), A. R. Penck (1991), Esther Mahlangu (1991), David Hockney (1995) und Olafur Eliasson (2007) wurden über die Jahre von BMW mit der Gestaltung eines Art Cars betraut.
Wer sich für die gesamte Geschichte der BMW Art Cars interessiert, findet in dem Buch „BMW Art Cars“ des Kunstbuchverlags Hatje Cantz ausreichend Lesestoff. Auf 200 Seiten und mit 148 Abbildungen ist die Geschichte der BMW Art Cars sehr umfassend dokumentiert. Neben zahlreichen Kunstexperten, die die einzelnen BMW Art Cars in ihre Zeit einordnen, erinnern sich Hervé Poulain und Jochen Neerpasch in ihren Beiträgen an die Hintergründe, die zum ersten BMW Art Car führten. Zum Buch, der mit 29,80 € für ein Kunstbuch vergleichsweise preiswert ist, gehört ein Schuber, dessen Cover von Jeff Koons gestaltet wurde.
PS: Wenn Ihr das Buch „BMW Art Cars“ bei Amazon (Werbung) kauft, helft Ihr uns, die Kosten des Blogs zu bestreiten. Vielen Dank!