Rennsport-Geschichten

25 Jahre BMW V12 LMR

Die 24 Stunden von Le Mans üben auf Autobauer seit jeher eine besondere Faszination aus. Denn ein Erfolg an der Sarthe überragt den bei allen anderen Langstreckenrennen deutlich. Ab 1998 kämpfte BMW mit einem eigenen Prototypen um die Krone des Langstreckensports. Schon ein Jahr später gewann der BMW V12 LMR die 24 Stunden von Le Mans.

BMW V12 LMR bei der Zieldurchfahrt in Le Mans
Nach 24 Stunden und 365 Runden durfte Pierluigi Martini den BMW V12 LMR ins Ziel fahren. Es war der größte Erfolg des langjährigen Grand Prix-Piloten. Denn in der Formel kam der Italiener in 119 Starts nicht über zwei vierte Plätze hinaus. (Foto: BMW)

Mit dem Ende der Sportwagen-Weltmeisterschaft lag der Langstreckensport am Boden. Das beeinträchtigte auch die 24 Stunden von Le Mans, die sich jedoch nach dem Tiefpunkt 1992 schnell erholten. Der Schritt des Veranstalters, eigene Fahrzeugklassen zu definieren, erwies sich als richtig. Daran änderte auch 1994 der Coup des Dauer 962 LM nicht, der den Automobile Club de l’Ouest (ACO) düpierte. Denn der ACO übersah, dass ein bewährter Gruppe C-Rennwagen mit Hilfe einer Straßenzulassung zum GT1-Sportwagen reifen könne. Ein Jahr später siegte erneut ein GT1-Sportwagen. Wobei es an der Einstufung des Briten mit BMW-Triebwerk als GT1 keinen Zweifel gab. 1995 half der Regen dem McLaren F1 GTR, die Prototypen zu schlagen.

1996 und 1997 gewann Joest mit einem WSC-Sportwagen. Auch bei diesem Rennwagen stand ein Gruppe C-Bolide Pate. Denn das Chassis des TWR-Porsche WSC-95 stammte vom Jaguar XJ14. Ironie der Geschichte, dass der TWR-Porsche zweimal gegen die favorisierten Werkswagen des Typs Porsche 911 GT1 gewann. Denn auch die TWR-Porsche gehörten dem Werk. Das hielt den GT1 für schneller. So durfte Joest die Prototypen mieten und schlug das Werk. Es waren spannende Jahre an der Sarthe. Die 24 Stunden von Le Mans bewiesen damals ihren wahren Geist, der ein Mix aus Innovation, Wagemut, Leidenschaft und Glück ist. Alles zusammen sorgte für beste Unterhaltung. Die Fans strömten wieder in Scharen an die Strecke. Le Mans zeigte sich – wie schon mehrmals zuvor – nur wenige Jahre nach einem Tiefpunkt runderneuert.

Die Runderneuerung lockte neue Hersteller nach Le Mans!

Schon 1986 trat Nissan erstmals in Le Mans an. Parallel dazu engagierte sich Japans damalige Nummer drei in der IMSA GTP-Meisterschaft. Ab 1988 dominierte Nissan in den USA die Sportwagen-Szene. Doch in Europa war 1990 die Pole Position in Le Mans das höchste der Gefühle. Das war angesichts des Aufwands, den Nissan trieb, zu wenig. In der kurzen GT1-Ära setzte Nissan in Le Mans auf einen von Tom Walkinshaw Racing (TWR) gebauten Rennwagen. Doch auch der Nissan R390 scheiterte. 1999 setzte Nissan das Projekt Le Mans mit einem von G-Force stammenden offenen Nissan R391 fort. Schon 1998 kehrte auch BMW offiziell nach Le Mans zurück. Mit Hilfe von Williams entstand dafür ebenfalls ein offener Sport-Prototyp. Das Formel 1 Team übernahm den Entwurf und die Konstruktion. Das Design von BMW achtete darauf, dass die Rennwagen markentypische Designmerkmale wie die BMW-Niere und die nebeneinander angeordneten Doppelscheinwerfer trugen.

Der BMW V12 LM war 1998 der erste LMP von BMW.
Der BMW V12 LM war 1998 der erste LMP von BMW. Schon dieser Rennwagen entstand in Zusammenarbeit mit Williams. Doch Probleme mit der Kühlung, der Aerodynamik sowie mit Vibrationen zwangen BMW in Le Mans schon nach wenigen Stunden zur Aufgabe. (Foto: Martin Lee)

Mit ihrem BMW V12 LM knüpften die Bayern an ihre eigene Langstrecken-Tradition an. Denn schon 1939 galt der BMW 328 vor den Rennen als möglicher Le Mans-Sieger. Doch mehr als Platz fünf sprang für das wunderschöne BMW 328 Touring Coupe nicht heraus. Im Frühjahr 1940 gewann dieser Sportwagen dafür die Mille Miglia. Ab 1976 sorgten die Art Cars von BMW in Le Mans für Aufsehen. Doch um den Gesamtsieg konnte weder der BMW 3.5 CSL noch der BMW 320i oder der BMW M1 kämpfen. Daneben nutzen auch zahlreiche Sportprototypen in Le Mans BMW-Motoren. Doch sowohl dem Vierzylinder, den Paul Rosche für die Formel 2 baute, als auch dem Reihensechszylinder (M88) gelangen nur Achtungserfolge. 1983 fuhr ein Sauber C7 mit BMW-Motor auf den 9. Platz. In den Top 10 gab es sonst nur Porsche 956 – was Porsche mit seiner legendären „Nobody is perfect“-Anzeige feierte.

BMW kam mit dem McLaren F1 GTR auf den Geschmack!

Erst der McLaren F1 GTR mit dem V12 aus München machte BMW zum Le Mans-Sieger. Doch beim Blick auf den Erfolg des ersten modernen Straßensportwagens von McLaren steht der Motorenpartner bis heute im Abseits. Das registrierten unmittelbar nach dem Erfolg auch die Verantwortlichen in München. Gleichzeitig erkannte der ACO, dass die Zukunft der GT1, die die zweite Hälfte der 1990er-Jahre prägte, inzwischen vom Wohlwollen der Hersteller abhing. Was als Rennsport mit Straßensportwagen begann, lag nun in den Händen der Werke. Sie bauten zunächst den Rennwagen und leiteten dann davon die notwendige Straßenversion ab. Das entsprach nicht mehr der ursprünglichen Idee der GT1-Kategorie. Zudem war das Spiel inzwischen sündhaft teuer.

BMW 328 Touring Coupe von 1939
1939 trat BMW mit dem BMW 328 Touring Coupe in Le Mans an. Damals bestückte BMW den Sportwagen mit einem dritten Scheinwerfer. Sechzig Jahre später nahmen die Designer dieses Detail beim BMW V12 LMR wieder auf. Auf der Techno Classica 2014 zeigte BMW beide Rennwagen gemeinsam (Foto: Karla Schwede).

Dem ACO war klar, nur einer kann gewinnen. Und schon ein zweiter Platz rechtfertigt die hohen Kosten praktisch nicht mehr. Daher war der Rückzug der Verlierer absehbar. Zudem ging im Schatten der GT1-Boliden das Engagement der Prototypen fast unter. Das missfiel der Mehrzahl der Fans. Denn in ihren Augen muss ein Prototyp über 24 Stunden schneller als ein „seriennaher“ GT-Sportler sein. Doch das war in der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre nicht mehr der Fall. Die GT1 war die Klasse der Werke und damit der Favoriten. Die Siege des TWR-Porsche verfälschten das Bild. Denn sie waren vor allem Erfolge der Zuverlässigkeit über die Geschwindigkeit. Daher kündigte der ACO an, sein Rennen in Zukunft stärker auf Prototypen auszurichten und die Kosten zu senken. BMW trat selbst 1997 in der GT1 mit dem McLaren F1 GTR als offizielles Werksteam an, gab viel Geld aus und scheiterte. Die Aussicht auf eine Kostensenkung hielt die Bayern an Bord und ließ die Entscheidung reifen, schon 1998 mit einem Prototypen anzutreten.

Beim Debüt 1998 fielen beide BMW V12 LM aus!

BMW entschied, dass auch der neue Rennwagen den im McLaren F1 gereiften V12 von BMW Motorsport nutzt. So wollte BMW die Kosten minimieren. Schon 1997 begann das Team von Frank Williams mit der Konstruktion. John Russell übernahm die Aufgabe des Chefdesigners. Die Aerodynamik lag in den Händen von Jason Somerville. BMW beauftragte Gabriele Rafanelli und sein Team Bigazzi mit dem Einsatz der Rennwagen. Wobei die Nennung unter dem offiziellen Namen TEAM BMW Motorsport lief. Bei den 24 Stunden von Le Mans 1998 stellte sich der BMW V12 LM erstmals der Konkurrenz. In der Qualifikation sprang ein passabler sechster Startplatz heraus. Doch im Rennen klagten die Piloten über Vibrationen. Zudem verloren die Radlager ihr Schmierfett. Da das Problem an beiden Autos auftrat, blieben nach vier Rennstunden beide BMW an der Box. Bei der Analyse nach dem Rennen zeigte sich zudem, dass die Aerodynamik und die Kühlung des V12 LM nicht dem Standard der Klasse entsprachen.

McLaren F1 GTR, Le Mans 1995
1995 gewann – etwas überraschend – der McLaren F1 GTR die 24 Stunden von Le Mans. Schon den britischen Sportwagen trieb der V12 von BMW an. Doch das ging angesichts der Begeisterung für den McLaren F1 immer etwas unter. Sponsor des McLaren in Le Mans war eine japanische Schönheitsklinik. Ihr Hauptgeschäft bestand aus der Vergrößerung des Mannes besten Stücks. (Foto: BMW)

Beides funktionierte in der ursprünglichen Konfiguration des BMW V12 LM nur dann perfekt, wenn sich die Außentemperaturen in einem bestimmten Bereich bewegen. War es wärmer oder kälter, dann gab es Probleme. Diese waren so ausgeprägt, dass BMW nach den 24 Stunden von Le Mans auf weitere Renneinsätze mit dem V12 LM verzichtete. Stattdessen entwarfen die Bayern mit ihrem Partner Williams einen neuen Rennwagen. Erst anschließend nahm sich BMW nochmal des „alten“ Rennwagens an. Zusätzliche Spoilerleisten korrigierten die Aerodynamik. So konnte BMW die Rennwagen verkaufen. Ein BMW V12 LM kehrte im Besitz des deutschen Privatfahrers Thomas Bscher noch zweimal nach Le Mans zurück. Den zweiten Rennwagen erwarb das Team GOH aus Japan und trat ebenfalls noch einmal in Le Mans an. Für 2000 sollte DOME den BMW überarbeiten. Doch schließlich kaufte GOH lieber einen Panoz. So kehrte der zweite V12 LM nicht mehr nach Le Mans zurück.

Aus dem BMW V12 LM wurde der BMW V12 LMR!

BMW analysierte die Probleme aus dem Debütjahr genau. Denn allen Beteiligten war klar, der nächste Schuss muss sitzen. Früh stand fest, dass der Motor über jeden Zweifel erhaben war. Das sechs Liter große Aggregat verfügte über rund 600 PS Leistung. Dazu kam ein maximales Drehmoment von 670 Newtonmetern. Es lag schon bei – für einen Rennwagen – moderaten 5.000 Umdrehungen pro Minute an. Das sorgte für eine gute Fahrbarkeit. Die Charakteristik des Motors war schon beim Sieg des McLaren F1 ein wichtiger Baustein. Denn 1995 gilt bis heute als eines der feuchtesten 24 Stunden-Rennen der Le Mans-Geschichte. Ansonsten dachten BMW und Williams über jede Schraube ihres Sportwagen nach.

Jörg Müller im BMW V12 LMR
Drei BMW V12 LMR brachte BMW 1999 nach Le Mans. Doch eins davon war ein Art Car, das nicht am Rennen teilnahm. Die #17 von Tom Kristensen, JJ Lehto und Jörg Müller (im Bild) führte das Rennen zeitweilig an. Doch nach einem Unfall von JJ Lehto fiel der Rennwagen in Führung liegend aus. (Foto: BMW)

Beim V12 LM deckte ein Überrollbügel beide vom Reglement verlangten Sitzplätze ab. Der V12 LMR verfügte nur noch über einen Überrollbügel für den Fahrer. Das reduzierte den Luftwiderstand und verbesserte – was viel stärker ins Gewicht fiel – die Anströmung des Heckflügels. Dazu platzierte BMW die Kühler neu. Dies verbesserte die Thermik des Rennwagens im Vergleich zum Vorgänger deutlich. Beim Debüt des neuen BMW V12 LMR war der Aufschrei groß. Viele Beobachter hielten den Überrollbügel des Neuen für illegal. Denn das generelle Sportwagen-Reglement der FIA sah bei offenen Prototypen einen symmetrisch zur Längsachse des Fahrzeugs verlaufenden Überrollbügel vor. Die Kritiker übersahen jedoch eine Lücke im Reglement des ACO, die BMW völlig legal nutzte.

BMW nahm sich die Prototypen von Gérard Welter zum Vorbild!

Diese entstand schon in der ersten Hälfte der 1990er-Jahre, als der ACO verzweifelt um jeden Starter kämpfte. Gérard Welter, ein enger Freund der Veranstalter, trat schon seit den 1970er-Jahren mit selbstkonstruierten Sportwagen in Le Mans an. 1993 ließ der Le Mans-Veranstalter mit seinem WP LMP93 einen Einsitzer zu. Den WP LMP93 sowie dessen Nachfolger WP LMP94 und WP LMP96 leitete der Peugeot-Designer vom Peugeot 905 Spider ab. Um das zu ermöglichen, entstand im Reglement ein Anschnitt, der den Überrollbügel ausschließlich in Bezug zum Fahrer setzte. Diese Option überstand das Verbot der Einsitzer. Schon 1997 schlüpfte der WR LM97 von Welter Racing durch diese Lücke. Doch das blieb unbeachtet. Denn Gerald Welter verzichtete nach dem tödlichen Unfall von Sébastien Enjolras beim Le Mans-Vortest aufs Rennen.

WR LM94
Welter Racing brachte ab 1993 Prototypen mit nur einem Sitzplatz Prototypen nach Le Mans. Als das Team 1997 einen Zweisitzer vorstellte, schützte erstmals der Überrollbügel nur den Fahrer. 1999 kopierte BMW den Trick und setzte damit einen Trend. Denn Anfang der 2000er-Jahre nutzen auch Lister, Lola und wieder Welter diese Konfiguration. (Foto: Martin Lee)

Vier Chassis des BMW V12 LMR entstanden. Die Produktion übernahm G-Force in Großbritannien. Das war auch deshalb interessant, da dort zeitgleich der Nissan R391 entstand. Weshalb G-Force die Produktion der BMW-Chassis zu einem Lieferanten auslagerte, um den Verdacht des Know how-Transfers im Ansatz zu ersticken. BMW beauftragte im Unterschied zum Vorjahr Schnitzer mit dem Einsatz der Rennwagen. Gabriele Rafanelli übernahm stattdessen den Auftrag, in der nordamerikanischen ALMS einen 4,0 Liter großen V8 von BMW im Rennbetrieb zu erproben. Eine Ehe, die nicht lange hielt. Denn in den Prototypen des Teams von Riley & Scott (1999) und Lola (2000) steckte bald ein V8 von Judd.

In Nordamerika trafen die nun als Team Rafanelli antretenden Italiener übrigens auf ihren (ehemaligen) Geschäftspartner. Denn BMW entschied, dass der V12 LMR anders als sein Vorgänger nicht nur in Le Mans anzutreten darf. Auch BMW trat offiziell in der ALMS an. In deren „Vorläufer“ IMSA-GTP starteten die Bayern zuletzt 1986 mit ihrem BMW GTP in der Top-Kategorie. Doch dem BMW GTP gelangen nur Achtungserfolge. Der neue BMW V12 LMR sollte nach den Vorstellungen der Verantwortlichen diesmal um die Meisterschaft kämpfen. Sein Debüt feierte der V12 LMR auf der Rüttelpiste der 12 Stunden von Sebring. Etwas überraschend sicherte sich der BMW dort auf Anhieb den Gesamtsieg.

Offen oder geschlossen, das war 1999 die Frage!

Trotzdem galt in Le Mans Toyota als Favorit. Denn der Toyota GT-One trat schon im Vorjahr in Le Mans an. Da startete der Japaner aus Köln noch in der Klasse GT1 und führte das Rennen lange an. Erst eine Stunde vor Schluss stoppte 1998 ein Getriebeschaden die Fahrt. 1999 trat der weiterentwickelte Toyota als LM GTP an. Damit entfielen einige Fesseln des GT1-Reglements. Im Training sicherte sich der GT-One prompt den besten Startplatz. Auch der zweite Startplatz ging an einen Toyota. Die BMW nahmen das Rennen von den Startplätzen drei und sechs auf. Den vierten Platz sicherte sich ein geschlossener Mercedes-Benz CLR. Auf Platz fünf fuhr der offene Panoz Spyder. Das Ergebnis lies die Frage, ob ein offener oder ein geschlossener Prototyp 1999 die bessere Wahl sei, noch unbeantwortet.

Toyota GT-One
Der Toyota GT-One galt 1999 vor den 24 Stunden von Le Mans als Favorit. Diese Einschätzung unterstrich der Kölner Japaner mit dem besten Startplatz. Doch am Ende fuhr Toyota auf den zweiten Platz. Heute steht der Rennwagen in der Sammlung von Toyota in Köln. (Foto: Tom Schwede)

Denn auf eine Runde galten die geschlossenen LM GTP als schneller – was das Training bestätigte. Die die BMW blieben in Schlagdistanz. Das bestätigte die gute Arbeit des ACO beim Ausbalancieren offener „Le Mans Prototypen“ (LMP) und geschlossener „Le Mans GT Prototypen“ (LM GTP). Auf offene LMP setzten BMW, Nissan, Panoz und Neuling Audi. Mit geschlossen LM GTP fuhren Toyota, Mercedes-Benz sowie ebenfalls Audi. Die VW-Tochter war sich offenbar nicht sicher, was der beste Ansatz war. Deshalb probierte sie beide Konzepte aus. Der offene R8R entstand in Zusammenarbeit mit Dallara. Racing Technology Norfolk (RTN) im britischen Norfolk baute mit dem R8C zusätzlich einen geschlossenen Prototypen. Doch trotz oder wegen des Aufwands sollte Audi bei den 24 Stunden von Le Mans 1999 noch keine große Rolle spielen.

Zunächst machten Toyota und Mercedes die Pace – doch dahinter lauerte schon BMW!

Im Rennen machten zunächst Toyota und Mercedes-Benz die Pace. Doch auch jetzt blieben die BMW in Schlagdistanz. Wobei den Bayern half, dass ihre BMW V12 LMR bis zu zwei Runden pro Tankfüllung länger als die Konkurrenz fahren konnten. Am Abend hob der Mercedes-Benz CLR von Peter Dumbreck spektakulär ab. Der CLR bekam Unterluft und stieg wie ein Flugzeug in die Höhe. In der Luft überschlug sich der Rennwagen, drehte sich dabei um die eigene Achse und landete hinter der Leitplanke. Dumbreck überstand den Unfall mit leichten Prellungen. Nach einem ähnlichen Unfall im Training flog im Rennen also erneut ein CLR ab. Deshalb zogen die Stuttgarter nach dem Dumbreck-Unfall den verbliebenen CLR vom Rennen sofort zurück.

Yannick Dalmas, Pierluigi Martini und Joachim Winkelhock gewannen 1999 mit dem BMW V12 LMR die 24 Stunden von Le Mans.
Yannick Dalmas (links), Pierluigi Martini (im Wagen) und Joachim Winkelhock (rechts) gewannen 1999 mit dem BMW V12 LMR die 24 Stunden von Le Mans. BMW feierte diesen Erfolg mit diesem Pressefoto. Für den Franzosen Dalmas war der Sieg mit dem BMW schon sein vierter Le Mans-Sieg. Für seine Teamkollegen war der Sieg 1999 ihr einziger Gesamtsieg an der Sarthe. Anders als Dalmas gingen beide später nie wieder in Le Mans an den Start (Foto: BMW).

Nach sechs Stunden verlor Toyota das erste Auto mit einem Reifenschaden. Etwa zur Halbzeit des Rennens verunglückte Thierry Boutsen mit einem weiteren Toyota schwer. Der Belgier brach sich beim Crash in Tertre Rouge einen Rückenwirbel an. Am frühen Sonntagmorgen lagen daher beide BMW V12 LMR an der Spitze. Zeitweise schien ein Doppelsieg der Bayern möglich. Doch dann riss ein Unfall den führenden BMW V12 LMR aus dem Rennen. Der verbleibende BMW übernahm die Spitze, lag allerdings zeitweise nur 40 Sekunden vor dem letzten Toyota. Das Rennen entschied sich als Ukyō Katayama im Toyota bei Vollgas ein Reifen platzte. Der japanische Grand Prix-Pilot fing zwar den schlingernden zum Glück Toyota ab, verlor jedoch die Chance auf den Gesamtsieg.

Am Ende gewann der BMW V12 LMR die 24 Stunden von Le Mans 1999!

Favorit Toyota blieb daher nur der zweite Platz. Denn nach 24 Stunden fuhren Joachim Winkelhock, Pierluigi Martini und Yannick Dalmas mit dem BMW V12 LMR zum Sieg. Nach der Zieldurchfahrt biegen die Rennwagen in Le Mans üblicherweise über die Boxenausfahrt in die Boxengasse ein. Anschließend fahren sie gegen die Fahrtrichtung in den Parc ferme oder – im Fall eines Sieges – zum Siegerpodest. BMW-Schlussfahrer Pierluigi Martini brach mit dieser Tradition, um sich auf einer zusätzlichen Ehrenrunde von Zuschauern und Streckenposten feiern zu lassen. Platz drei sicherte sich der beste Audi. Das war – wie wir heute wissen – ein Fingerzeig. Denn schon ein Jahr später gewann auch Audi im erst zweiten Anlauf in Le Mans. Heute, 25 Jahre später stehen die Ingolstädter bei 13 Siegen an der Sarthe.

1999 und 2000 traten die BMW V12 LMR auch in der ALMS an. BMW gewann 1999 gleich vier Läufe. 2000 gab es weitere zwei Siege. Trotzdem langte es zweimal nur zum zweiten Platz der Herstellerwertung. 1999 ging diese an Panoz. Ein Jahr später zog Audi an BMW vorbei. Foto: Jack Webster (Archiv Wiedl)

Der Erfolg des BMW V12 LMR blieb dagegen BMWs einziger Le Mans-Sieg. Denn der BMW V12 LMR kehrte nie wieder zu den 24 Stunden von Le Mans zurück. In Europa konzentrierte sich BMW fortan auf die Formel 1, wo die Bayern Anfang 2000 ebenfalls mit Williams zusammenspannten. Zuvor fuhr BMW jedoch noch die Saison 1999 in der ALMS zu Ende. Mit drei weiteren Siegen sprang dort für den BMW V12 LMR der zweite Gesamtrang heraus. Den Titel holte Panoz – obwohl BMW ein Rennen mehr gewann. Ein Jahr später trat auch Audi in der ALMS an. Damit lag die Messlatte für BMW zu hoch. Denn Audi verwies BMW bei zwölf Rennen neunmal auf die Plätze. Damit sicherte sich Audi 2000 überlegen die ALMS. Dem BMW V12 LMR blieb erneut nur der zweite Platz. Am Ende des Jahres schickte BMW seinen Prototypen in Rente.


Infos zum Titelbild dieses Beitrags:
Nach 24 Stunden und 365 Runden durfte Pierluigi Martini den BMW V12 LMR ins Ziel fahren. Es war der größte Erfolg des langjährigen Grand Prix-Piloten. Denn in der Formel kam der Italiener in 119 Starts nicht über zwei vierte Plätze hinaus.

Foto: BMW

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Fabian P. Wiedl interessiert sich seit Kindestagen für Motorsport und Automobile. Als Mitverfasser mehrerer Bücher, wovon insbesondere „Audi Typenkunde: Renn- und Rallyewagen von 1968 bis 2013“ zu erwähnen ist, greift Wiedl gern auf sein umfassendes Motorsport-Archiv zurück. Tom Schwede wuchs in einem ausgesprochen automobilen Umfeld auf. Dies war ein optimaler Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Seit 2010 moderiert Tom bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland sowie dem angrenzenden Ausland.

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