Blindverkostung des neuen Audi A8

Ich blogge seit mehr als zehn Jahren über Autos. In dieser Zeit habe ich viele Autos gesehen. Doch eine Frage habe ich mir nie gestellt. Was bleibt eigentlich von einem Auto übrig, wenn ich ihm mit verbundenen Augen begegne? Seit heute kenne ich die Antwort auf diese Frage. Denn in einer Blindverkostung lernte ich heute den neuen Audi A8 kennen.

Ich blogge seit mehr als zehn Jahren über Autos. In dieser Zeit habe ich viele Autos gesehen. Doch eine Frage habe ich mir nie gestellt. Was bleibt eigentlich von einem Auto übrig, wenn ich ihm mit verbundenen Augen begegne? Seit heute kenne ich die Antwort auf diese Frage. Denn in einer Blindverkostung lernte ich am Mittag den neuen Audi A8 kennen. Weil Audi sein neues Flagschiff erst in einer Woche tatsächlich enthüllt, trug ich bei dieser Begegnung eine Augenbinde.

Autodesign ist immer ein Spiegel der Zeit. Puristen sagen, früher war die Gestaltung von Autos abwechselungsreicher. Spötter behaupten immer wieder, dass der normale Autokäufer die meisten Autos kaum auseinanderhalten können. Als ich heute in einer unscheinbaren Halle am Stadtrand von Ingolstadt eine Augenbinde aufziehe, denke ich an diese Sprüche. Denn gleich werde ich sehen, wie unverwechselbar Design sein kann, wenn man es gar nicht sieht.

Ich stehe in einem geheimen Fotostudio. Vor mir steht von einem großen Tuch verdeckt der neue Audi A8. Audi wird die neue Generation seines Topmodells in genau einer Woche offiziell vorstellen. Deshalb herrscht in und um die Halle herum die höchste Geheimhaltungsstufe. Vor dem Betreten legen mir die Verantwortlichen des Ausbauers sogar eine mehrseitige Geheimhaltungsvereinbarung vor. Ich bin jetzt ein Geheimnisträger – GT wird das in der Vereinbarung abgekürzt.

GT klingt genauso konspirativ, wie das Umfeld wirkt. Außenstehende würden wohl nie vermuten, was für ein Schatz in dieser Halle steht. Sie wundern sich allenfalls, warum hier heute regelmäßig große dunkle Limousinen vorfahren. Die Limousinen bringen im Stundentakt ausgewählte Gäste, die heute schon den neuen Audi A8 treffen dürfen. Neben Sandra Schink von smart-heart.de gehöre ich zu den wenigen deutschen Bloggern und Journalisten, denen das Vergnügen zu teil wird.


Meine Kamera und mein Handy muss ich im Vorraum abgegeben

Denn bis zur offiziellen Premiere dosiert Audi die Bilder seiner neuen Luxuslimousine ganz genau. Vor der Blindverkostung durfte ich immerhin schon einen Blick unter das Tuch werfen, mit dem der neue Audi A8 bedeckt vor mir steht. Ich weiß daher, dass das Testexemplar dunkelgrün lackiert ist. Doch viel mehr als ein Stück vom Kotflügel habe ich noch nicht sehen dürfen. Erst als ich meine Augen bedeckt habe, fällt die Hülle vollständig.

Ich lasse mich vor das Auto führen, gehe in die Hocke und strecke die Hände aus. Wohlwissend, dass um mich herum Kameras klicken, frage ich mich, wie das wohl aussieht. Ein gut zwei Meter langer Autoblogger hockt mit verbundenen Augen vor einem Auto und ertastet die Karosserie. Dank der vier großen Ringe, die meine Hände schnell finden, verfliegt jeder Zweifel, welches Auto vor mir steht.

Auch der breite Grill ist markentypisch markant. Trotzdem überrascht mich, wie flach der Grill des neuen Audi A8 in der Mitte ist. Ich versuche, mit den Händen die Abmessungen zu ermitteln. Ich komme zu dem Ergebnis, dass meine Hand länger ist, als der Grill hoch ist. Später, als ich die Fotos von diesem Kennenlernen sehe, verstehe ich, dass ich mit den Händen nicht „verstanden habe, dass der Nummerschildhalter den Grill teilt.

Auf der Motorhaube finde ich zwei Sicken. Sie laufen v-förmig nach außen. Unter meinen Fingern fühlen sie sich erstaunlich groß an. Ich nehme mir in diesem Moment fest vor, nächste Woche bei der offiziellen Vorstellung unbedingt auf diese Linien zu achten. Wirken sie auch für den sehenden Betrachter so markant, wie meine Hände es mir vermitteln wollen? Ich stehe auf und gehe um den Audi A8 herum. Dabei lasse ich die Hand auf der Schulterlinie, um den Weg zu finden.

Die Schulterlinie des großen Audi fühlt sich mit den Händen wie ein Hochplateau an. Oberhalb dieses Plateaus sitzt das Greenhouse. So nennen Autodesigner die auf den Fahrzeugkörper sitzende Passagierkanzel mit den Säulen, den Scheiben und dem Dach. Das Greenhouse des neuen A8 ist offensichtlich – oder muss es heute „offenhandlich“ heißen – etwas schmaler als der Fahrzeugkörper.

In Pressemitteilungen steht an dieser Stelle immer etwas von verjüngt und dynamisch. Normalerweise nehme ich diese Textpassagen zur Kenntnis. Hier und heute beschäftige ich mich einige Minuten ausführlich mit der Schulter des Fahrzeugs. Ausgiebig erkunde ich die Übergänge zwischen den Fahrzeugteilen. Ich versuche zu verstehen, wo die Designer Glas, Metall oder Kunststoff einsetzen.

Unter der Hitze der Scheinwerfer, die die Szenerie ausleuchten, ist die Bestimmung des richtigen Materials gar nicht so einfach. Später erfahre ich, dass das komplette Dach des Audi A8, der vor mir steht und den ich nicht sehen kann, aus Glas ist. Nebenbei lerne ich, während ich mich am Auto entlanghangle, welche Details Autodesigner im Blick haben. Denn die Schulterlinie wiederholt sich verkleinert an den Chrome-Einfassungen der Seitenscheiben.

Ich bin blind und fühle mich hilflos. Doch diese Wiederholung hätte ich auch sehend nicht erkannt. Nur weil mich die Verantwortlichen gezielt auf die Form der Chrome-Einfassungen hinweisen, kann ich sie im Wortsinne begreifen. Auch dieses Detail werde ich in der kommenden Woche bei der Premiere tatsächlich in Augenschein nehmen. Langsam begreife ich, es schärft den Blick, etwas nicht zu sehen.

Ich wechsle in den Innenraum des neuen Audi A8

Zunächst nehme ich auf der Rückbank Platz. Das passt, denn der Audi A8 ist eine Chauffeurs-Limousine. Ich muss an eine Werbeanzeige denken, die Rover vor 40 Jahren für den Rover SD1 schaltete. „Chauffeur Driven“ stand darunter. Wir hatten dieses Anzeigenmotiv kürzlich erst bei uns im Blog. Im Hier und Jetzt erobern zunächst meine Hände den Innenraum des neuen Audi A8, meine erste Begegnung gilt dem Leder. Es ist unfassbar weich und ein Handschmeichler.

Nach dem Einsteigen setzen meine Hände die Erkundungstour fort. Ich erkenne Holz mit einer deutlich fühlbaren Maserung. Ich fühle gebürstetes Aluminium, das keine Kälte versprüht. Auf der Mittelkonsole finde ich die Schalter zum Verstellen des Sitzes. Wer will, der kann sich im neuen Audi A8 auch richtig ausstrecken. Das erinnert dann an die Sitze in einem Langstreckenflugzeug. Die Füsse liegen dann auf dem nach vorne geneigten Vordersitz.

In der zweiten Reihe sitzend wird klar, dass der A8 ein Auto für Manager und Spitzenpolitiker ist. Ich muss an den kürzlich verstorbenen Altbundeskanzler Helmut Kohl denken, auch wenn erst dessen Nachfolger mit einem Audi unterwegs war. Kohls langjähriger Fahrer Eckhard Seeber erzählte kürzlich in einem Interview mit der Wochenzeitung Die Zeit, dass der Altkanzler für lange Fahrten immer Kassetten mit Musik von Glenn Miller mitbrachte. Vermutlich denke ich daran, weil in diesem Moment auch im Audi A8 Musik einsetzt.

Ich höre „Hotel California“ und vergesse, dass ich in einem Auto sitze! Der 3D-Klang des Sound-Systems von Bang & Olufsen macht den Audi zu einem Konzertsaal. Ein Auto ist, selbst in der Oberklasse ein begrenzter Raum. Mit verbundenen Augen und der Musik der Eagles in den Ohren spüre ich davon nichts. Zumal die Massagefunktion der Sitze mir sanft den Rücken massiert. So zu reisen, ist echter automobiler Luxus.

Im Herzen bleibe ich Selbstfahrer!

Ich steige aus, gehe um das Auto herum und gleite auf dem Fahrerplatz. Die Schalter, um mir den Sitz passend einzustellen, finde ich blind. Da ist sich Audi offensichtlich treugeblieben. Auch den Schalter für die elektrische Verstellung der Lenksäule finde ich ohne Probleme. Alles fühlt sich an, als ob der neue Audi A8 auch dem Fahrer jede Menge Luxus bietet. Ich ertaste einen großen Bildschirm, der sich offenbar über weite Teile des Armaturenbretts erstreckt.

Das sieht bestimmt beeindruckend aus. Details dazu gibt es in einer Woche. Gespannt bin ich auch auf die Gestaltung des Übergangs von der Mittelkonsole in den Instrumententräger. Hier hat Audi im neuen Audi A8 offenbar ein weiteres großes Touchdisplay integriert. Es nimmt die ganze Breite der Mittelkonsole ein. Scheinbar stellt es Tasten dar. Wenn ich eine dieser Tasten drücke, dann gibt es leicht nach. Dazu bestätigt ein leises Klicken die Eingabe.

Doch das Display kann noch mehr. Denn es ersetzt wohl auch die bisher bei Audi bekannte Fläche, um Adressen mit dem Finger in Schreibschrift einzugeben. Neu ist, dass ich dort eine Adresse in Gänze eingeben kann. Ich muss nicht warten, bis ein Buchstabe erkannt ist, um den nächsten Buchstaben zu schreiben. Das System erkennt auch meinen Heimatort Molfsee ohne Probleme, als ich diesen eingebe.

Gut eine Stunde erkunde ich den neuen A8, ohne ihn zu sehen. Als die Luxuslimousine wieder verhüllt ist, darf ich die Augenbinde abnehmen. Am Ende ist das Fazit der Blindverkostung einfach. Ich hatte noch nie eine so sinnliche Begegnung mit einem Auto. Kein Wunder, dass ich es kaum noch erwarten kann, den neuen Audi A8 auch zu fahren.

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Ein Beitrag von:

Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!

2 Kommentare

  1. King
    19. Juli 2017

    Irgendwann, wenn ich genug Kleingeld an der Seite habe, werde ich mir auch so einen zulegen 😀 unfassbar schöne Details und Konturen 🙂 Vielen Dank für einen guten Beitrag, wie immer

    • Tom Schwede
      22. Juli 2017

      Danke für die Blumen! Ich spare auch 🙂

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