Der Volksmund kennt den Spruch von den zwei Kranken, die in einem Bett keinen Gesunden ergeben. Die Autobauer Reliant aus Großbritannien und Otosan aus der Türkei streben in den 1970er-Jahren beide nach Größe. Sie starten des Gemeinschaftsprojekt Reliant FW-11 und Otosan Anadol. Doch die ambitionierte Zusammenarbeit führt schließlich nicht zum angestrebten Serienfahrzeug. Das Projekt bleibt auf beiden Seiten unvollendet.
Reliant galt als Spezialist für Fahrzeuge mit Kunststoff-Karosserien. Zunächst fertigte der britische Autobauer Dreiradfahrzeuge. Die kamen nach dem Zweiten Weltkrieg jedoch langsam aus der Mode. Zusammen mit dem israelischen Automobilhersteller Autocars Company entstand 1961 der Sportwagen Sabre – wobei das mit dem Entstehen so eine Sache ist. Denn tatsächlich erwarb Reliant die Rechte des Ashley 1172. Reliant nutzte „nur“ anders als Lizenzgeber Ashley Laminates Motoren von Ford statt von Austin.
Der Erfolg des Austin Mini und des Hilman Imp motiviert Reliant. 1964 kommt nach ihrem Vorbild der Reliant Regel auf den Markt. Doch der Regel ist ein Flop. Innerhalb von neun Jahren entstehen nur rund 2.600 Fahrzeuge. Auch der 1965 präsentierte Scimitar GT kommt nicht auf größere Stückzahlen.
Trotzdem entwickelt Reliant für den türkischen Autobauer Otosan Otomobil Sanayii nur ein Jahr später den Anadol. Unter der von Ogle Design gestalteten Karosserie steckt – wie bei Otosan üblich – Ford-Technik. Otosan-Gründer Vehbi Koç hat große Pläne. Der Unternehmer will einen türkischen Autobauer mit Weltruf schaffen.
Das Projekt Reliant FW-11 und Otosan Anadol entsteht!
Die Partner Reliant und Otosan vereinbaren eine weitreichende Zusammenarbeit. Reliant übernimmt die Entwicklung des neuen Fahrzeugs. Das Design lagern die Briten an das Designstudio Bertone aus. Das Pflichtenheft sieht vor, dass das Fahrzeug sich einfach montieren lässt. Deshalb entsteht eine glatte, geradlinige Karosserie. Bertone liefert zuverlässig, orientiert sich an der Keilform. 1977 entstehen insgesamt vier Prototypen, die es als Reliant FW-11 damals auch in zahlreiche Fachzeitschriften schaffen.
Die Kooperationspartner vereinbaren, dass das Fahrzeug zunächst als Otosan Anadol auf den Markt kommen soll. Anschließend will Reliant das Auto als Reliant FW-11 in Großbritannien anbieten. Beides lässt sich nicht in die Tat umsetzen. Reliant und Otosan planen, in neuen Fahrzeug Motoren von Ford anzubieten. Doch der US-Autoriese will keinen potenziellen Konkurrenten seines Taunus mit Motoren beliefern. Und ein eigener Motor ist für die britisch-türkische Allianz nicht zu finanzieren.
Otosan-Inhaber Koç beendet daher das Gemeinschaftsprojekt. Ford bietet ihm die Möglichkeit, den Transit und auslaufende europäische Pkw-Modelle als Lizenznehmer zu fertigen. Das erscheint dem Unternehmer lukrativer als das Gemeinschaftsprojekt Reliant FW-11 und Otosan Anadol. Vom gemeinsamen Projekt mit Reliant bleiben nur vier Prototypen, die die Ex-Partner aufteilen. Einer dieser Prototypen gehört heute zur Ausstellung des Rahmi M. Koç Museums in Istanbul.
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