Fahrberichte: Renault

Test: Renault Espace dCi 160 EDC

Wie fährt sich der Renault Espace 1.6 dCi 160 EDC der fünften Generation? Vans wie der Espace waren bis kurz nach der Jahrtausendwende total in. Inzwischen sind SUV die Favoriten der Autokäufer. Nur wenige Hersteller bieten weiter Vans an. Renault, wo 1984 der Espace zu den ersten Vans überhaupt gehörte, hält am Van fest, auch wenn der aktuelle Espace in Teilen Züge eines SUV hat.

Im Vergleich mit seinen Vorgängern bricht der aktuelle Renault Espace fast schon mit traditionellen Werten. Denn noch nie hatte ein Espace eine so flache Fensterlinie. Auf mich wirkt diese Gestaltung wie ein Zugeständnis an den Zeitgeist. Denn die Mehrzahl der Kunden hat die Lust an der Großraumlimousine verloren. Heute sind SUV der letzte Schrei der Fahrzeugmode. Mit seiner flachen Fensterlinie nähert sich der Renault bei der Gestaltung etwas einem SUV an.

Um allen Zweifeln vorzubeugen, auch die fünfte Generation des Espace ist ein Van. Renault ist sich treugeblieben. Der Espace hat mit dem Modellwechsel nicht die Fahrzeuggattung gewechselt, wie es Peugeot kürzlich beim 3008 praktizierte. Auch der aktuelle Espace folgt ganz traditionell dem für Vans und den Espace typischen One-Box-Design. Wie seine Vorgänger verfügt auch der aktuelle Espace über einen fast ansatzlosen Übergang von der Motorhaube zur Frontschreibe.

Damit erinnert der Espace an den TGV. Eine Nähe, die den ursprünglich bei Matra ersonnenen Van praktisch automatisch zum Mitglied einer automobilen Avantgarde erhebt. Was jedoch nicht zwangsläufig einen Irrweg ausschließt. Denn wie die Designer beim aktuellen Espace die C-Säule und das letzte Seitenfenster gestalten, ist hoffentlich nur eine vorübergehende Erscheinung. Ich mag das nicht, denn mich erinnert die Formgebung an den unglücklichen Avantime.

Was treibt den Renault Espace 1.6 dCi 160 EDC an?

Der Renault Espace ist ein großes Auto. Mit einer Länge von 4,86 Metern überragt der Franzose beispielsweise einen VW Passat um gut zehn Zentimeter. Trotzdem steckt unter der Motorhaube des Testwagens „nur“ ein 1,6 Liter großer Diesel. Der Bi-Turbo liefert eine Leistung von 160 PS und ein maximales Drehmoment von 380 Newtonmetern. Das klingt ausreichend. Doch der Espace ist leer gut 1,7 Tonnen schwer. Die gute Ausstattung des Testwagens fordert ihren Preis.

Mit mir am Steuer sind es schon 1,8 Tonnen. Diese Masse zu bewegen kostet seinen Preis. 4,7 Liter pro 100 Kilometer verbraucht der Renault Espace 1.6 dCi 160 EDC im Laborversuch des NEFZ. In der Realität liege ich deutlich darüber. Am Ende komme ich auf einen Testverbrauch von rund 7,2 Litern. Damit bin ich noch sparsam unterwegs. Denn bei den Kollegen von motortalk.de pendelte sich der Testverbrauch sogar auf 7,7 Liter ein.

Für den Sprint aus dem Stand auf ein Tempo von 100 Kilometern pro Stunde benötigt der Espace 9,9 Sekunden. Das für ein komfortorientiertes Reisen in Ordnung. Denn ein Van ist eher ein Auto für Genießer als für Sportfahrer. Auf der Autobahn erweist sich ein Tempo von 130 Kilometern pro Stunde als optimales Reisetempo. Auch wenn der Franzose bei Bedarf sogar 202 Kilometer pro Stunde schnell ist . Doch dieser Geschwindigkeitsrausch erfordert viel Geduld. Denn jenseits des Tempos 160 Kilometern pro Stunde nimmt der Vortrieb spürbar ab.

Beim Gipfelsturm auf die letzten zehn Prozent der Geschwindigkeitsskala wird es ausgesprochen zäh. Dazu kommt, dass der Renault bei diesem Tempo etwas unruhig an der Hinterachse wird. Dafür ist die weiche Federung verantwortlich. Als ich mit Christian und Denny unterwegs bin, sorgt meine grundsätzlich sportliche Fahrweise schnell für Reaktionen. Immer wieder muss ich mich von der Rückbank fragen lassen, wie ich denn heute unterwegs sei.

Die – in allen Dämpferstufen – weiche Federung des Van sorgt für ein starkes Nachschwingen des Hecks. Wir suchen uns daher einen großen Parkplatz, um Ausweichtests zu fahren. Dabei testen wir die unterschiedlichen Dämpfereinstellungen. Mit Tempo 70 setzen wir zum Spurwechsel an. Egal, was wir auch anstellen, der Renault folgt treu der Spur. Trotzdem fühlt sich das Heck schwammig an und schwingt auch hier deutlich mit.

In Verbindung mit der vergleichsweise hohen Sitzposition sorgt das besonders in der zweiten Reihe für Unbehagen. Natürlich ist klar, dass ein Van konzeptionell kein Sportwagen ist. Trotzdem würde etwas Straffheit dem Van guttun. Insgesamt erzielt der Renault Espace in der Kategorie „Fahrspass und Dynamik“ mäßige 78 Punkte. Damit liegt der Van auf dem Niveau von SUV wie dem Mazda CX-5 G-194 AWD (77) und dem Honda HR-V 1.6 i-DTEC (76).

Was bietet der Espace Initiale Paris sonst noch?

Die Fahrleistungen sind zu verschmerzen, denn die wahre Stärke des Renault Espace liegt woanders. Wer sich 2017 einen Van kauft, der will geräumig und komfortabel von A nach B reisen. Diese Aufgabe meistert der Renault Espace mit Bravour. Er ist groß und bietet viel Platz. Hier machen sich der lange Radstand (2,87 Meter) und die Breite (1,89 Meter) des Renault positiv bemerkbar. Ich finde auch für meinen mehr als zwei Meter langen Körper eine gute Sitzposition.

Selbst wenn ich mir den Vordersitz einstelle, bleibt mir auch in der zweiten Reihe genügend Platz zum Sitzen. Ich stoße weder mit dem Kopf an, noch muss ich meine langen Beine verknoten, um hinten zu sitzen. Leichte Abzüge gibt es allenfalls dafür, dass die drei einzeln verstellbaren Sitze der „Rückbank“ für mich etwas zu schmal sind. Zudem sitzen die Gäste in der zweiten Reihe gefühlt sehr hoch.

Die Ausstattung des Testwagens lässt kaum einen Wunsch offen!

Die Voll-LED-Scheinwerfer, die in allen aktuellen Espace serienmäßig an Bord sind, leuchten bei Dämmerung und Dunkelheit hervorragend den Weg aus. Dazu kontrolliert ein Sicherheitsabstands-Warner, wie dicht der Renault Vorausfahrenden folgt. Sie arbeitet mit Sekundenangaben. Das verwirrt mich. Denn ich muss nicht wissen, ob der Vordermann 1,2 Sekunden vor mir fährt. Ein deutliches Signal, wenn ich den Mindestabstand unterschreite, reicht mir.

Als Ergänzung zum Abstandswarner verfügt der Espace auch über einen Bremsassistenten, der bei Bedarf sogar eine Notbremsung auslösen kann. Hilfreich ist auch der Toter-Winkel-Warner. Er erkennt zuverlässig, wenn sich andere Autos im Blickschatten des Renault nähern. Weniger zufrieden bin ich mit dem Spurhalte-Warner. Dieses System kommt auf den schlechten Autobahnen des Ruhrgebiets regelmäßig durcheinander. Immer wieder warnt dieser Assistent vor dem Verlassen der Spur. Dabei gibt es auf der Straße gerade nur einen langen in Fahrtrichtung verlaufenden Flicken. Das bekommen Wettbewerber besser hin!


Mehr zum Renault Espace in anderen Auto-Blogs

  • Alexandra Lind beschäftigt sich im CARWALK ebenfalls mit dem Espace.
  • Oli Walter beschreibt bei der-auto-blogger.de die Familientauglichkeit des Renault.
  • Automobil-Blog.de verweist auf ein Video zum Van aus Frankreich.
  • Und wie fährt sich der Ur-Espace? Die Antwort auf diese Frage gibt es bei Youngtimer-Blog.de.

Grundsätzlich gut funktioniert die Verkehrszeichenerkennung. Nur im Autobahnkreuz Breitscheid kommt sie aus dem Tritt und behauptet, dass auf der A52 Tempo 60 gilt. Dabei gilt das nur auf den Nebenspuren, die dort zur A3 oder der A524 führen. Auch das sollte sich mit einem Software-Update beheben lassen. Und es ist nebenbei ein Verweis darauf, dass Fahrer sich nie Blindlinks auf die Ergebnisse der Technik verlassen sollten.

Einparkhilfe und Allradlenkung bewähren sich im Stadtverkehr

Schon die 360-Grad-Einpark-Hilfe des Renault Espace erweist sich als praktisch. Dazu bewähren sich im Dschungel der Großstadt auch das optionale Citypaket (750 Euro) mit der Rückfahrkamera sowie die dynamische Allradlenkung. 4CONTROL nennt Renault dieses System, das zusammen mit 19-Zoll-Leichtmetallfelgen und dem adaptiven Fahrwerk ein Paket bildet. Mit 1.700 Euro steht das Multi-Sense 4Control-Paket in der Preisliste des Renault-Händlers.

Das ist eine lohende Investition. Denn mit 4CONTROL ist der große Renault auch in der Stadt wendig. Dank der Allradlenkung kommt der große Van mit einem Wendekreis von 11,1 Metern aus. Um das zu erreichen, schlägt der Espace bis zum Tempo von 50 Kilometern pro Stunde die Hinterräder mit maximal 3,5 Grad in entgegengesetzter Richtung zur Vorderachse ein. Das nimmt engen Straßen, wie es sie in unserem Viertel reichlich gibt, jeden Schrecken.

Trotz der guten Ausstattung reicht es aber auch in der Preis-Leistungswertung am Ende nur zu 79 Punkten. Denn Renault verlangt für den Espace mit dem 160 PS starken Dieselmotor mindestens 41.300 Euro. Die Ausstattungslinie Initiale Paris startet sogar erst bei mindestens 48.200 Euro. Das ist – auch angesichts der Fahrleistungen – viel Geld und schlägt sich in der Bewertung von Preis und Leistung nieder. Daran ändert auch das komfortable 6-Gang-Doppelkupplungsgetriebe nichts, das bei Wettbewerbern oft einen Aufpreis kostet.

Fazit zum Renault Espace dCi 160 Initiale Paris EDC

Am Ende ist der Renault Espace ein typisches Auto aus Frankreich. Vieles im Van löst Renault anders als die Wettbewerber. Nicht immer sind die Lösungen von Renault zwingend besser. Ein typisches Beispiel dafür ist die Schaltkulisse des 6-Gang-Doppelkupplungsgetriebes. Denn die Bedienung liegt nicht in einer Ebene. Wer den Espace in Bewegung setzen will, der muss zunächst den Schalthebel genau nach links bewegen.

Anschließend ist Umdenken erforderlich. Denn vorwärts heißt bei Renault, den Schalthebel nach hinten zu ziehen. Der Rückwärtsgang liegt dafür vorne. Das wirkt wie eine Mischung aus konventioneller H-Schaltung (Rückwärtsgang links oben) und Automatik. Zum Anfahren den Schalthebel nach unten links zu ziehen, das erinnert mich an Sportgeräte wie den BMW M3. Doch das ist ein Auto, das vom Renault Espace ziemlich weit weg ist und als Vergleich natürlich gar nicht taugt.

Die Schaltung ist nicht die einzige Besonderheit des Vans. So ist es unverständlich warum Renault den Standard DAB-Radio in seinem Radio-Navigationssystem beharrlich „DR“ nennt. Zudem finde ich in den Tiefen der Menüs des Systems oft keinen direkten Rücksprung ins Hauptmenü. Warum sind die Ausströmer der Klimaanlage, die die Passagiere auf der Rückbank steuern, im Kofferraum? Wie funktioniert das wohl bei mit vollbeladenen Kofferraum?

Angenehm ist die weiche Schaltung des 6-Gang-Doppelkupplungsgetriebes. Zudem sind die Gänge gut gewählt. Fahren im Renault Espace erinnert oft an ein zugkraftunterbrechungsfreies Gleiten. Das ist Renault ausgesprochen gut gelungen. Durch die Beschränkung auf sechs Gänge verzichtet Renault auf einen ultra-langen Sechsten. In Verbindung mit dem maximalen Drehmoment von 380 Newtonmetern sorgt das für ein schaltfaules Fahren.


Technische Daten zum Testwagen:

  • Typ: Renault Espace dCi 160 Initiale Paris EDC
  • Grundpreis: 41.300 Euro mit dem 160 PS Diesel; als Initiale Paris ab 48.200 Euro (12/2017)
  • Motor: Reihen-Vierzylinder-Diesel mit Direkteinspritzung und Abgasturbolader
  • Emissionsklasse: EU6b
  • Getriebe: 6-Gang-Doppelkupplungsgetriebe
  • Hubraum: 1.598 ccm
  • max. Leistung: 160 PS bei 4.000 1/min
  • max. Drehmoment: 380 Nm bei 1.750 1/min
  • Höchstgeschwindigkeit: 202 km/h
  • Kraftstoffverbrauch auf 100 km (kombiniert): 4,7 l Diesel – im Test 7,2 Liter
  • CO2-Emission (kombiniert): 123 g/km


Wenn Ihr Euch wundert, warum wir diesmal so wenige Fotos haben, dann geht der Dank an ein CF-Medium, das nach dem Foto-Termin mit dem Espace plötzlich defekt war. Die Bilder, die wir für diesen Artikel nutzen, waren die einzigen Bilder, die wir retten konnten.

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Zusammengefasst: Fürs komfortable Reisen ist der Renault Espace eine gute Wahl. Doch bei sportlicher Fahrweise stößt der 1,6 Liter große Turbo-Diesel schnell an seine Grenzen. Als Sportfahrer muss ich nach diesem Test unwillkürlich an den Spruch vom Hubraum, der durch nichts zu ersetzen ist, denken.






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Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!