Wenn es um den Antrieb eines Fahrzeugs in der Mittelklasse geht, klingen drei Zylinder und ein Liter Hubraum ungewöhnlich. Ford wagt es trotzdem. Denn mit ihrem 1,0-Liter-Dreizylinder verfügen die Kölner über ein mehrfach ausgezeichnetes Aggregat. Passt das auch in die Mittelklasse? Zur Beantwortung dieser Frage war ich mit dem 125 PS starken Ford Mondeo Turnier 1.0 EcoBoost auf Probefahrt.
Ford glaubt an das Weltauto. Alle neuen Modelle folgen deshalb der „One Ford-Strategie“. Diese Strategie umschreibt den Plan, ein Modell auf allen Märkten anzubieten. Der neue Ford Mondeo ist daher der Zwillingsbruder des in den USA angebotenen Ford Fusion.
Das klingt nach einer guten Idee, schließlich ist der Fusion in den Staaten schon länger ein Erfolgsmodell. Doch in den USA kam der Fusion bereits im Herbst 2012 in den Handel. In Europa verzögerte sich die Einführung, weil die Konzernzentrale in Detroit mit dem Modellwechsel die Produktion vom belgischen Genk ins spanische Valencia verlagerte.
Wie wirkt der Ford Mondeo Turnier?
Für meine Testfahrt habe ich mir den Kombinationskraftwagen Ford Mondeo Turnier ausgesucht. Von außen ist der Mondeo ein gefälliges Auto. Weiche Linien dominieren die Gestaltung. Auffällig ist die Front, deren relativ großer Kühlergrill an das Maul eines Hais erinnert. Als Freund historischer Rennwagen muss ich bei so einem dominanten Kühler zwangsläufig an den Ferrari 156 denken.
Die Tatsache, dass ich den Mondeo im Rhein-Erft-Kreis ausführe, sorgt für eine weitere Assoziation zu diesem Grand-Prix-Sportler der frühen 1960er-Jahre. Schließlich war Wolfgang von Trips in dieser Gegend zu Hause. Und mit „nur“ 1,5 Liter Hubraum setzte die Formel 1 in der Ära des Reichsgrafen auf Downsizing – lange bevor dieser Begriff von den Autoherstellern besetzt wurde.
Zurück in die Gegenwart
Beim Heck des Mondeo Kombi verzichten die Designer darauf, ein so klares Alleinstellungsmerkmal wie an der Front zu setzen. Stattdessen entschieden sie sich beim rund um den Kofferraum für eine eher klassische Formgebung. Vermutlich ist das Kalkül. Denn Käufer in der Mittelklasse gelten als konservativ. Da würde eine zu große Abweichung vom Mainstream den Erfolg gefährden. Zumal Ford mit dem Mondeo traditionell im Flottengeschäft erfolgreich ist. Und gerade in Fuhrparks von großen Unternehmen ist Extravaganz nicht gern gesehen.
Was bietet der neue Ford Mondeo?
Ford bedient den Markt der Firmenkunden daher sogar mit dem Ausstattungspaket „Business Edition“. Es verfügt unter anderem über ein Navigationssystem, eine Geschwindigkeitsregelanlage mit Geschwindigkeitsbegrenzer und einen Park-Piloten. Dazu kommen noch beheizbare Außenspiegel, eine Heizfunktion für die Frontscheibe und 16-Zoll-Leichtmetallräder im 10-Speichen-Design. Bei Einzelbestellung kosten die Bestandteile der „Business Edition“ mehr als 2.500 Euro. Bei Bestellung im Paket bietet Ford einen Preisvorteil von rund 2.100 Euro. Das macht das Paket nicht nur für Firmenkunden interessant.
Denn besonders die heizbare Frontschreibe des Mondeo hat Charme. Ich übernehme den Testwagen an einem nasskalten Wintertag. Auf der Frontschreibe liegt ein dünner Eisfilm. Dank der Heizdrähte in der Scheibe ist dieser Belag schnell verflogen. Offensichtlich bin ich der Erste an diesem Morgen, der sich für diesen Mondeo entscheidet. Die Mehrzahl der Blogger und Journalisten stürzt sich bei dieser Fahrveranstaltung lieber auf den Ford Mustang – ich spare mir das für später auf.
Nach dem Einsteigen in den Ford Mondeo bestätigt sich der außen gewonnene positive Eindruck. Die Sitze passen selbst zu mir und meinem überdurchschnittlich langem Körper. Ford hat sich – passend zu meinen großen Händen – zudem für einen sehr kräftigen Lenkradkranz entschieden. Das gefällt mir, obwohl das Lenkrad mit seinen zahlreichen Tasten etwas überladen wirkt. Aber das ist kein Argument gegen den Ford. Denn das „Problem“ gibt es auch bei den Wettbewerbern Audi A4, VW Passat oder Renault Talisman.
Was treibt den Testwagen an?
125 PS Leistung und ein maximales Drehmoment von 170 Newtonmetern klingen – besonders in der Mittelklasse – nicht zunächst besonders spektakulär. Dabei ist das Angebot eines Dreizylindermotors in dieser Fahrzeugklasse ein mutiger Schritt. Natürlich steht nirgendwo geschrieben, dass ein Motor vier Zylinder haben muss. DKW setzte früher auch in der Mittelklasse auf Motoren mit drei Zylindern.
Wobei DKW Zweitaktmotoren verwendete und damit auf ein Motorprinzip ohne Leertakte vertraute. So sorgte jeweils nach einer 1/3 Umdrehung der Kurbelwelle ein gezündeter Zylinder dafür, dass sich die Kurbelwelle weiterdrehte. Das bewirkte einen so ruhigen Lauf, dass der Audi-Vorgänger seinen Großen DKW auch 3=6 nannte. In Ingolstadt war man sich sicher, dass die Laufruhe des Dreizylinders einem Viertakt-Sechszylinder entsprach.
Trotzdem fuhren Dreizylinder und Zweitaktmotoren Ende der 1960er-Jahre direkt in die Geschichtsbücher des Autobaus. Viertakter trennen bauartbedingt über einen weiten Drehzahlbereich Frischgas und Abgas. Damit haben sie Vorteile beim Verbrauch und dem Abgasausstoß. Ihr geringer Schmierölverlust sorgt – Ölwechsel vorausgesetzt – für eine höhere Haltbarkeit.
So verdrängten die Viertakter die Zweitakter. Und Dreizylinder galten, wenn sie im Viertakt-Prinzip arbeiten, bisher als Rüttler. Schließlich haben Dreizylinder-Viertakter einen unglücklichen Massenausgleich. Denn bei der üblichen Zündfolge 1-2-3 einer 120-Grad-Kurbelwelle gleitet der ersten Kolben gerade nach unten, wenn der dritte im Bunde nach oben fährt. In diesem Moment wirken an den Enden der Kurbelwelle entgegengesetzte Kräfte. Ein Massenmoment erster Ordnung, wie die Techniker das nennen, ist vorhanden und sorgt für Unruhe.
Der Motorradhersteller Laverda versuchte es bei seinem Dreizylinder daher einmal mit einer 180-Grad-Kurbelwelle. Womit sich der erste und der dritte Kolben stets synchron und damit gegenläufig zum mittleren Zylinder bewegen. Dieses 2 gegen 1 Prinzip sorgte jedoch auch nicht für die gewünschte Laufruhe. Folglich schaffte es auch Laverda nicht, die Vorurteile gegen Dreizylinder auszuräumen und verzichtete schnell wieder auf diesen Sonderweg.
Ford macht es jetzt besser!
Denn den Kölnern ist mit ihrem 1,0-Liter-EcoBoost-Motor jetzt tatsächlich so etwas wie die Quadratur des Kreises gelungen sein. Der nur 97 Kilogramm leichte Motor verfügt über eine Laufruhe, die sich hinter Aggregaten mit vier Zylindern nicht verstecken muss. Neben der bei Dreizylindern obligatorischen Ausgleichswelle trägt zusätzlich noch ein spezielles Design der Schwungscheibe dazu bei, die ungewollten Massenkräfte im Griff zu halten.
Daten zum Testwagen:
- Typ: Ford Mondeo Turnier 1.0 EcoBoost
- Grundpreis: 26.400 Euro (01/2016)
- Motor: 3-Zylinder-Turbo-Ottomotor
- Emissionsklasse: Euro 6
- Getriebe: 6-Gang-Schaltgetriebe
- Hubraum: 998 ccm
- max. Leistung: 125 PS bei 6.000 1/min
- max. Drehmoment: 170 Nm / 1.400 bis 4.000 1/min
- Höchstgeschwindigkeit: 200 km/h
- Hersteller-Nummer / Typ: 8566 / BIS
- Versicherungstypklassen: 17, 22, 24 (Haftpflicht, Voll-, Teilkasko)
Mit Benzindirekteinspritzung, einem schnell ansprechenden Turbolader sowie einer variablen Nockenwellenverstellung ausgerüstet leistet der Motor 125 PS. Der Turnier lässt dabei mit einem Normverbrauch von 5,2 Litern im kombinierten Zyklus aufhorchen. Womit das 998 ccm große Aggregat zu den sparsamsten Benzinern seiner Klasse gehört.
Details wie die aus Aluminium gefertigte Einheit von Abgaskrümmer und Zylinderkopf sowie die getrennten Kühlkreisläufe für Zylinderkopf und Motorblock dokumentieren den hohen Optimierungsgrad des Motors. Wobei die Entwickler neben dem Benzinverbrauch offensichtlich auch die Geräuschentwicklung des Aggregats im Blick hatten. Denn der Antriebsriemen der Nockenwelle läuft zur Geräuschdämpfung in einem Ölbad.
Wie fährt sich der Ford Mondeo Turnier 1.0 EcoBoost?
Natürlich achte ich bei meiner Testfahrt zunächst auf den Dreizylinder. Theoretisch müsste das kleine Aggregat dumpfer als ein vergleichbarer Vierzylinder klingen. Die geringere Frequenz der Zündungen sollte eigentlich für den speziellen Klang des Dreizylinders sorgen. Sollte! Denn beim Fahren ist das nicht zu hören. So sehr ich mich auch bemühe, ich kann keinen großen Unterschied zum bekannten Vierzylindersound feststellen. Zumal sich der Motor im Mondeo insgesamt als sehr ruhiger Gefährte präsentiert.
Wozu sicherlich auch beiträgt, dass Ford den neuen Mondeo insgesamt einer Geräuschkur unterzogen hat. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Denn der neue Mondeo ist – am Fahrerplatz gemessen – zwei Dezibel leiser als sein Vorgänger. Auf der Rückbank sind es sogar drei Dezibel. Das ist mehr, als man denkt. Denn die Dezibelskala ist eine logarithmische Skala. Auch wenn am Ende die Lautstärke immer eine subjektive Schall-Empfindung ist, entspricht eine Pegeländerung von drei Dezibel einer Reduzierung der Schallintensität von fast 50 Prozent.
In der Ruhe liegt die Kraft
Um das zu erreichen, treibt Ford einigen Aufwand. Es gibt schalldämpfende Materialien am Unterboden, in den Radläufen und den Türverkleidungen. Alles zusammen schirmt störende Reifenabroll- und Fahrwerksgeräusche wirksam von den Fahrgästen ab. Zur Ruhe trägt auch die neue Integrallenker-Hinterachse des Mondeo bei. Sie ist steifer ausgelegt als beim Vorgänger. Davon profitiert der Mondeo mit deutlichen Fortschritten beim Handling und dem Einlenkverhalten.
Ich kenne aus dem Fuhrpark meines Arbeitgebers das Vorgängermodell und war vom Fortschritt, der den Entwicklern beim Fahrwerk gelungen ist, positiv überrascht. Der neue Mondeo folgt den Einlenkbefehlen des Fahrers willig und liegt dabei jederzeit ruhig und komfortabel auf der Strasse. Insgesamt haben die Entwickler bei der Abstimmung einen sinnvollen Kompromiss zwischen Komfort und Fahrdynamik gefunden. Das macht den neuen Mondeo zu einem komfortablen Fahrerauto. Und das funktioniert sogar mit 125 PS und drei Zylindern!
Angenehme Überraschung Antrieb
Ford kombiniert den Dreizylinder mit einem manuellen Schaltgetriebe mit sechs Gängen. Das Getriebe verfügt über eine sehr präzise Führung. Daher fällt es leicht, den kleinen Motor auf Drehzahl zu halten und damit den Fahrspaß-Faktor des Mondeo zu verstärken. Das maximale Drehmoment von 170 Newtonmetern liegt konstant zwischen 1.400 und 4.000 Touren an. Wer sich in diesem Bereich bewegt, kommt durchaus angenehm vorwärts.
Natürlich wünscht sich der Sportfahrer in mir beim Beschleunigen mehr Nachdruck. Den Sprint auf das Landstrassentempo bewältigt der Ford Mondeo Turnier 1.0 EcoBoost in 12,1 Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 200 Kilometern pro Stunde. Doch ich bin auch Realist und Sparfuchs. Trotz meiner sportlichen Fahrweise schaffe ich einen Durchschnittsverbrauch von knapp sieben Litern. Das ist ein sehr respektables Ergebnis.
Fazit zum Ford Mondeo Turnier 1.0 EcoBoost
Am Ende fällt das Fazit zum Ford Mondeo Turnier 1.0 EcoBoost positiv aus. Beim Fahrwerk ist Ford ein echter Fortschritt gelungen. Dazu kommt der hervorragende Motor, der zuletzt bereits zum vierten Mal als Motor des Jahres ausgezeichnet wurde. Der Floh unter den Triebwerken ist auch den Aufgaben in der Mittelklasse voll gewachsen. Zusammen macht das den neuen Ford Mondeo auch mit 998 Kubikzentimetern Hubraum zu einem echten „Fordschritt“.
Der Ford Mondeo Turnier 1.0 EcoBoost kostet mindestes 26.400 Euro.