Fahrberichte: Audi

Test Audi A4 (2016) – oberklassiges Angebot in der Mittelklasse

Der Audi A4 ist der Mittelpunkt der Marke Audi. Auf der IAA in Frankfurt präsentierten die Ingolstädter die neue Generation ihres Verkaufsschlager. Nach dem Debüt als Audi 80 im Jahr 1972 rollt jetzt Generation neun der Audi-Mittelklasse an den Start. Ich war mit der Limousine des neuen Audi A4 (B9) auf Probefahrt.

Was ist neu beim Audi A4?

Bei der Konstruktion des neuen Audi A4 durften die Techniker und Entwickler ein vollständig neues Auto auf die Räder stellen. Grundlage des neuen A4 ist der modulare Längsbaukasten (MLB) des Hauses. Nach dem Audi Q7 ist der neue Audi A4 bereits das zweite Modell, das auf der Evolutionsversion des MLB aufbaut. Als dritter Nutzer des MLB Evo folgt voraussichtlich Anfang März in Genf die zweite Q5-Generation.

Besonders stark profitiert der neue Audi A4 im Bereich der Fahrerassistenzsysteme von der neuen MLB-Generation. Praktisch alles, was es im Oberklasse-SUV Q7 gibt, ist – zumindest als Extra – auch im A4 der Mittelklasse an Bord. Ob prädiktiver Effizienzassistent, der vorausschauend „fährt“, ob Geschwindigkeitsregelanlage mit Umfeldbeobachtung (adaptive cruise control) und Stauassistent oder der vorausschauende Fußgängerschutz – alles ist auch im neuen Audi A4 verfügbar. Damit fährt der Neue in seiner Klasse an die Spitze des Assistenzangebots.

Abgespeckt und aufgewertet

Ein wichtiger Punkt im Lastenheft der Entwickler galt dem Gewicht. Je nach Motorisierung wiegt Generation neun bis zu 120 Kilogramm weniger als sein Vorgänger. Ein großer Teil davon geht auf das Konto der Fahrwerkskomponenten. Alle wesentlichen Aufhängungsteile des Neuen fertigt Audi aus Aluminium. Das spart insgesamt elf Kilogramm. Weitere 3,5 Kilogramm bringt die neue elektromechanische Servolenkung. Für die Räder gibt es jetzt eine Obergrenze von 12,5 Kilogramm pro Rad. Beim Vorgänger gab es diese Vorgabe nicht.

Im Innenraum wertete Audi den Neuen deutlich auf. Audi spricht davon, dass eine ruhige, moderne Eleganz die Atmosphäre in der neuen A4-Familie prägt. Und verspricht damit nicht zu viel. Bei den Dekoreinlagen setzt Audi jetzt auf Wunsch auf edles Holz. Besonders für Begeisterung sorgte – zumindest bei der Pressevorstellung – das angebotene offenporige Eichenholz. Audi folgt damit einem Trend, der auf großen Möbelmessen bereits zu beobachten war.

Wie wirkt der Audi A4 (2015) auf mich?

Von außen ist die Form des B9 „nur“ eine Evolution des Vorgängers. Natürlich gibt es Änderungen. Der Neue ist als Limousine drei Zentimeter länger als der Alte. Gewann auch in der Höhe etwas zu. Verlor im Gegenzug zwei Zentimeter in der Breite. Dazu zogen die Designer den Kühlergrill etwas weiter nach unten. Zudem veränderte Audi die Position der Spiegel. Beim Vorgänger noch am Fenster angebracht, sind sie beim A4 der neunten Generation jetzt auf der Tür montiert.

Bilder vom neuen Audi A4 (B9)

Trotzdem ist auch der B9 natürlich sofort als A4 zu erkennen. Diese optisch moderate Weiterentwicklung ist wohl kalkuliert. Mittelklasse-Kunden gelten als überwiegend konservativ. Das wissen Autohersteller und bedienen es entsprechend. Daher ist es kein Zufall, dass Jaguar beim XF ähnlich wie Audi verfährt.

Mehr sichtbare Veränderungen gibt es im Innenraum. Trotz der reduzierten Breite ist das Raumgefühl – mit einer Ausnahme, die ich später beschreibe – gut. Wie eigentlich immer bei Fahrzeugen aus dem VW-Konzern ist auch im neuen Audi A4 alles am rechten Fleck. Dazu glänzt der Innenraum mit einer guten Verarbeitung. Besonders mit dem Echtholz-Furnier steigt die Wertigkeit auf ein Niveau, das die Maßstäbe der Mittelklasse sprengt.

Welche Motoren stehen zur Verfügung?

Drei Benzin-Motoren und drei Diesel Aggregate gibt es zum Start des B9. Wobei die stärkeren Varianten auch mit Allradantrieb verfügbar sind. Beim 190PS starken Diesel und dem 252 PS kräftigen Benziner als Option, beim 272 PS leistenden 3.0 TDI mit V6-Motor als Serienausstattung. Ansonsten treibt auch der neue Audi A4 – trotz des längs eingebauten Motors – wie seine acht Vorgänger die Vorderräder an.

Einstiegsmodell ist der 1.4 TSFI Benziner mit 150 PS. Er glänzt – bei Wahl der S tronic – mit einem Verbrauch von 4,9 Liter für 100 Kilometer im kombinierten Fahrzyklus (NEFZ). Das liegt um 21 Prozent unter dem Wert des Vorgängers. Damit folgt auch Audi beim A4 dem Trend zum Downsizing. Beim Vorgänger verfügte das Einstiegsmodell noch über 1,8 Liter Hubraum.

Miller-Zyklus als Vorbild

Interessant, dass die Ingolstädter bei den beiden anderen angebotenen Benzinmotoren weiter auf einen Hubraum von zwei Litern setzen. Denn diese völlig neu entwickelten Aggregate folgen dem Grundgedanken des Miller-Zyklus. Im Vergleich zu „normalen“ Ottomotoren verfügen sie über eine reduzierte Kompressions-, eine verlängerte Expansionsphase und eine erhöhte Verdichtung. Audi kombiniert dies zusätzlich mit Turboaufladung und einem variablen Ventilhub. Der „Trick“ beim Miller-Zyklus ist, dass durch das frühe Schließen des Einlassventils weniger Gasgemisch als üblich in den Brennraum fließt. Im Gegenzug verdichtet der Motor dieses Gemisch mit einem Verdichtungsverhältnis von 11,7:1 höher als üblich.

Die längere Expansionsphase sorgt für eine stärkere Entspannung des Gases und steigert damit den Wirkungsgrad. Damit das funktioniert, benötigt der Motor – im Vergleich zu seiner Füllung – einen größeren Hubraum. Bei moderater Fahrweise glänzen die „Miller-Motoren“ mit attraktiven Verbrauchswerten. Trotzdem können Sportfahrer von der Dynamik eines großen Motors profitieren. Deshalb spricht Audi statt vom Downsizing hier vom Rightsizing.

Im kombinierten Fahrzyklus verbraucht die 190 PS starke Variante des neuen Motors – ebenfalls mit S tronic ausgerüstet – 4,8 Liter für 100 Kilometer. Das entspricht einer CO2-Emission von 109 Gramm pro Kilometer. Damit liegt der Zweiliter-Motor um 21 Prozent unter den Werten des Vorgängers. Bei der 252 PS starken Spitzenversion liegt dieser Wert als Fronttriebler bei 5,7 Litern. Das Allradmodell quattro konsumiert im Fahrzyklus 5,9 Liter.

Alternative Erdgas

Ab 2016 erweitert Audi die Motorenpalette mit den Audi A4 g-tron um ein Fahrzeug, das Erdgas verbrennt. Grundlage dieser Version, die es (zunächst) nur im Kombimodell Avant geben wird, ist ebenfalls der „Miller-Motor“. In der Erdgasvariante verfügt das Aggregat über 170 PS. Im NEFZ-Zyklus verbraucht der A4 g-tron pro 100 Kilometer weniger als vier Kilogramm Erdgas. Das entspricht einer CO2-Emission von weniger als 100 Gramm pro Kilometer. Mit einem Tankvolumen von 19 Kilogramm Erdgas ist eine Reichweite von 500 Kilometern möglich.

Drei Diesel sind verfügbar

Dazu bietet Audi drei Diesel-Aggregate an. EA288, den aktuellen Standard-Diesel des Konzerns gibt es im A4 wahlweise mit 150 PS und 190 PS. Im zweiten Fall optional auch mit Allradantrieb. Mit diesen Motoren bewegt sich der neue Audi A4 im üblichen Rahmen der Klasse, in der oft die Vielfahrer zu Hause sind. Mutig – in Zeiten des Downsizing – ist das V6-Diesel-Aggregat mit 272 PS. Auch an dieser Stelle widersetzt sich Audi dem Trend und bietet in seiner Mittelklasse noch drei Liter Hubraum an.

Vermutlich ist dieser Diesel im A4 (B9) das wahre Angebot für Sportfahrer. 600 Newtonmetern Drehmoment, die zwischen 1.500 und 3.000 Umdrehungen pro Minute anliegen, klingen nach einem großen Vergnügen. Kein Wunder, dass Audi diesen Motor ausschließlich mit vier angetriebenen Rädern anbietet. Leider hatte ich noch keine Gelegenheit, diesen Motor auszuprobieren. Aber ich kenne eine Variante des Aggregats aus dem Audi A6 und denke gern an diese Testfahrt zurück.

Alle Motoren erfüllen – natürlich – die Euro-6-Norm. Die Diesel benötigen, um die Vorgaben der Norm zu erreichen, das Additiv AdBlue. Standard-Tank ist ein zwölf Liter großer Tank für dieses zusätzliche Betriebsmittel. Optional bietet Audi im neuen Audi A4 auch einen Adblue-Tank mit 24 Liter Inhalt an.

Mit welchen Audi A4 war ich auf Probefahrt?

Bei den Pressetestfahrten entscheide ich mich zunächst für den 252 PS starken Audi A4 2.0 TFSI quattro S tronic mit Allradantrieb. Die Ausstattungslinie „design selection“ haben die Verantwortlichen bei Audi zusätzlich mit dem „S line Exterieurpaket“ ergänzt. Dazu verfügt mein Testwagen auch über das virtuelle Cockpit, das hochwerte Navigationssystem MMI mit dem optionalen Touch-Display sowie ein Bang & Olufsen Soundsystem mit 3D-Klang. Insgesamt kostet dieser Testwagen rund 53.000 Euro.

Auf der Straße zahlt der A4 2.0 TFSI quattro seine Rendite in Form von Fahrspaß zurück. Den Sprint aus dem Stand auf 100 Kilometer pro Stunde bewältigt der A4 in 5,8 Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit regelt Kollege Computer bei 250 Kilometern pro Stunde ab. Kurven durcheilt der Audi mit einer sehr neutralen Straßenlage. Willig folgt der quattro dem Einlenkbefehl des Fahrers und hält auch in Grenzsituationen souverän die Spur. Es ist das erste Mal, dass mir eine elektromechanische Lenkung nicht negativ auffällt. Das ist alles ziemlich überzeugend und macht eine Menge Spaß.

Zum Vergleich wechsele ich in den Audi A4 2.0 TFSI ultra S tronic. Nun stehen „nur“ noch 190 PS zur Verfügung. Zudem treibt dieser Audi „nur“ seine Vorderräder an. Dem Testwagen „fehlt“ außerdem das „S line Exterieurpaket“. Dafür glänzt er mit dem Assistenzpaket Tour und verfügt über eine Innenausstattung aus Leder. Dieser Audi A4 belastet das Haushaltsbudget mit gut 44.000 Euro. Das ist zwar nicht billig, aber angemessen.

Wie alle seine Brüder verfügt auch dieser A4 serienmäßig über ein Start-Stopp-System. Es deaktiviert den Motor bereits im Rollen. Sobald sich das Fahrzeug nur noch mit sieben Kilometern pro Stunde bewegt, schaltet das System den Motor ab. Auch das trägt zum Spritsparen bei. Und ist im Alltag keine Einschränkung. Denn beim Wunsch nach Beschleunigung springt der Motor sofort an.

Ansonsten macht auch das 190 PS starke Aggregat des Audi A4 2.0 TFSI ultra S tronic eine gute Figur. Natürlich fehlt dem Motor der besondere Schuss Sportlichkeit, den der stärkere Bruder auf der Straße in jeder Sekunde der Bewegung versprüht. Aber auch mit 190 PS ist der neue Audi A4 mehr als ausreichend motorisiert. Im Normalbetrieb zwischen zwei Kundenterminen sorgt auch der Frontantrieb für ein bekömmliches Fortkommen.

Wie kann ich im A4 sitzen?

Diese Frage darf, ob meiner zwei Meter Körperlänge, in keinem meiner Fahrberichte fehlen. Auf dem Fahrersitz stört mich meine Länge nicht. Der A4 passt wie ein Maßanzug. Das Lenkrad liegt gut in der Hand. Die Pedale lassen sich auch mit großen Füßen ohne Verrenkungen betätigen. Trotzdem gibt es beim Sitzen eine Einschränkung. Denn auf dem Beifahrersitz sitze ich interessanterweise deutlich schlechter als auf dem Fahrersitz. Als Beifahrer finde ich – ungeachtet der Tatsache, ein schlechter Beifahrer zu sein – keine Sitzposition, die mir behagt.

Ich würde mir wünschen, dass der Beifahrersitz sich noch einige Zentimeter weiter nach hinten fahren lassen würde. Doch das sieht Audi nicht vor. Obwohl zwischen der Rückseite meiner Rückenlehne und der zweiten Sitzreihe noch etwas Platz bleibt. Allerdings nicht so viel, dass dort noch jemand sitzen könnte. Deshalb verstehe ich die eingeschränkte Verstellmöglichkeit nicht.

Was hat mir gefallen?

Das Fahrverhalten des neuen Audi A4 hat mich während der Pressetestfahrten wirklich begeistert. Der B9 ist ein Fahrerauto. Er folgt den Lenkbefehlen leichtfüssig. Das ist Fahrspaß. Dazu überzeugt Audi mit einer Verarbeitung und Ausstattung, die mehr Oberklasse als Mittelklasse ist. Besonders das Angebot der Fahrhilfen und Assistenzsysteme ist überzeugend.

Gut gefallen mir die Matrix LED-Scheinwerfer, die das Fernlicht automatisch regeln. Auch dies ein Fingerzeig in Richtung der Oberklasse. Audi bot diese Scheinwerfer vor zwei Jahren im Audi A8 erstmals an. Im neuen Audi A4 sind die jetzt zu einem Preis 1.900 Euro als Extra lieferbar.

Was hat mir nicht gefallen?

Über die Einschränkungen als Beifahrer habe ich schon geschrieben. Viel mehr habe ich nicht gefunden. Und selbst dieser „Mangel“ scheitert vermutlich an der 5-Prozent-Hürde. Denn natürlich betonten die Verantwortlichen bei den Pressetestfahrten, dass die Kieler Puppe des 95. Percentil Manns prima auf dem Beifahrersitz des neuen A4 passt. Doch für den Kieler, der hier die Zeilen füllt, hat es trotzdem nicht ganz gepasst.

Welcher Audi A4 (2015) ist mein Favorit?

Bei freier Wahl entscheide ich mich für den 252 PS starken Audi A4 2.0 TFSI S tronic mit Allradantrieb. Das Spitzenmodell der Benziner-Familie sorgt für ein Extra an Fahrspaß. Das macht diesen Audi A4 zu meinem Favoriten. Aber auch die etwas zahmeren Brüder haben das Zeug, die Erfolgsgeschichte der Audi-Mittelklasse fortzusetzen. Mit der neunten Generation der Mittelklasse ist Audi ein guter Wurf gelungen. Ab dem 13. November können sich die Kunden davon beim Audi-Händler überzeugen.

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Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!