Fahrberichte: Cadillac

Willkommen zurück – erster Test des Cadillac XT4

Seit diesem Wochenende steht der neue Cadillac XT4 bei den deutschen Cadillac-Händlern. Der XT4 ist der bislang kleinste SUV der amerikanischen Edelmarke, die zu General Motors gehört. Ich hatte vor ein paar Tagen schon Gelegenheit für eine ausführliche Probefahrt mit dem neuen Cadillac XT4.

Mit dem SUV leitet GM das Comeback von Cadillac in Europa ein. Das freut auch die deutschen Cadillac-Händler. Denn der neue SUV füllt die Leere in den Verkaufsräumen der elf Vertragshändler. Schließlich verzichtete GM Ende 2019 darauf, die V6 und V8-Motoren der bisherigen Cadillac-Modelle an die aktuellen EU-Abgasvorschriften anzupassen. Im kommenden Jahr stellt GM dem XT4 dann auch in Deutschland die neue Corvette zur Seite, um die Story des Konzerns in Deutschland fortzusetzen.

In meinem Kopf wird es bei Autos von Cadillac immer musikalisch. Denn kaum eine andere Automarke kommt in so vielen Liedern vor, wie die GM-Tochter. Alleine das ursprünglich 1959 von den „The Renegardes“ erstmals veröffentliche Lied „Brand New Cadillac“ erschien bis heute in zahlreichen Cover-Versionen. Doch auch in vielen anderen Liedern dient der Name Cadillac als Synonym für Luxusautos. Insofern klingt es fast schon nach einem Tabubruch, wenn die Amerikaner jetzt einen 4,60 Meter langen SUV anbieten.

GM positioniert die Marke Cadillac bei jüngeren Kunden als bisher!

Der Cadillac XT4 tritt gegen Fahrzeuge wie den Land Rover Discovery Sport (4,59 Meter) oder Mercedes-Benz GLB (4,63 Meter) an. Auch Käufer von Modellen wie dem Audi Q3, dem BMW X3 oder dem Volvo XC40 gehören zur XT4-Zielgruppe. Die Namen zeigen, wie hoch die Trauben in dieser Fahrzeugklasse hängen. Doch für das Segment spricht, dass die Klasse der kompakten SUV weltweit stärker wächst als alle anderen Fahrzeugsegmente. Deshalb ist die Fahrzeugklasse auch für die Luxusmarke Cadillac interessant.

Tom Schwede unterwegs im Cadillac XT4
Tom unterwegs im Cadillac XT4 350D AWD Sport (Foto: Lena Willgalis / Cadillac)

Cadillac versteht sich traditionell als Technologie-Marke. 1912 bot Cadillac als Erster einen elektrischen Anlasser an. Ein Umstand, der wesentlich dabei half, dass Benziner den Wettkampf der Antriebskonzepte für sich entschieden. 1927 definierte Cadillac mit dem LaSalle die Maßstäbe des Karosseriedesigns neu. Drei Jahre später debütierte in einem Cadillac der erste automobile V16-Motor. Nach dem Zweiten Weltkrieg prägte Cadillac mit Heckflossen und Panorama-Windschutzscheiben weltweit das Automobil-Design.

Innovation hat Tradition bei Cadillac!

Es waren Autos von Cadillac, die als Erste über automatisch abblendende Scheinwerfer oder elektrisch verstellbare Sitze verfügten. Auch die automatische Klimaanlage sowie ein axial und in der Höhe einstellbares Lenkrad gab es erstmals bei Cadillac. 1974 leitete GM bei Cadillac mit dem Airbag eine Sicherheitsrevolution ein. Anschließend lebte die Marke allerdings mehr als zwei Jahrzehnte hauptsächlich von ihrem Ruf. Trotzdem blieb Cadillac bis 1998 in den USA die führende Premium-Marke.

Erst in jüngerer Vergangenheit stärkte GM wieder die technologische Kompetenz der Marke. Schon vor 20 Jahren setzte Cadillac deshalb auf LED-Rückleuchten. Früh erkannten die Verantwortlichen auch das Interesse der Kunden, im Auto das Internet zu nutzen. Als erster Autobauer bot Cadillac deshalb in seinen Fahrzeugen ein WLAN-Netzwerk an. Vor vier Jahren folgte dann der erste Kamera-Rückspiegel. Den gibt es übrigens auch im neuen XT4. Das zeigt, wie sich Ausstattungsdetails im Laufe der Zeit von oben nach unten durchsetzen.

Wie ist der Cadillac XT4 motorisiert?

Wobei das mit „unten“ im Fall des Cadillac XT4 so eine Sache ist. Denn im Innenraum erweist sich der XT4 als überraschend geräumig. Der „kleine“ SUV bietet ähnlich viel Platz, wie der 20 Zentimeter längere Cadillac XT5. Doch während es der größere SUV auch mit einem 314 PS kräftigen V6 verfügbar ist, gibt es den XT4 ausschließlich mit Vierzylindern. Cadillac stellt zusammen mit dem XT4 einen neuen Benziner sowie einen neuen Diesel vor. Beide Aggregate schöpfen ihre Kraft aus vier Zylinder und einem Hubraum von zwei Litern.

Virtueller Rückspiegel im Cadillac XT4
Auch im XT4 bietet Cadillac auf Wunsch den virtuellen Rückspiegel an. Das Urteil fällt widersprüchlich aus. Denn Brillenträger benötigen bei solchen Systemen eine Gleitsichtbrille, die mir fehlt.

Wobei GM zum Start in Deutschland zunächst nur den Diesel anbietet. Der Benziner folgt Anfang des kommenden Jahres. Der Diesel leistet 174 PS und verfügt über 381 Newtonmeter maximales Drehmoment. Die Entwicklung des Motors lag beim inzwischen an den Zulieferer Punch Group verkaufte „GM Powertrain Torino“. Das europäische Motoren-Kompetenzzentrum verfügt über viel Erfahrung bei der Konstruktion von Dieselmotoren. Denn in Turin entstanden beispielsweise einige der bekannten Opel-Ecotec-Motoren.

Der neue Diesel im XT4 gehört zu den modernsten Dieselmotoren der Welt. Das Aggregat wiegt gerade einmal 145 Kilogramm. Um Gewicht zu sparen, integrierten die Entwickler den Krümmer in den Zylinderkopf. Das erinnert an die jüngsten GM-Diesel bei Opel. Mit einem aktiven Temperatur-Management sowie einem 2.000 bar Common Rail Einspritzsystem reduzieren die Entwickler Schadstoffe und Verbrauch. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Im kombinierten WLTP-Verbrauchstest erreicht der XT4 mit Allradantrieb, wie er mir zum Test zur Verfügung stand, 6,9 Liter pro 100 Kilometer.

Wie fährt sich der Cadillac XT4?

Beim ersten Kennenlernen konnte ich den realen Verbrauch auf der Straße noch nicht genau ermitteln. Nach einer knapp zweieinhalb stündigen Tour zeigte der Bordcomputer einen Verbrauch von 7,8 Litern an. Doch dies ist nicht mehr als eine grobe Standortbestimmung, die allerdings im erwarteten Rahmen liegt. Schließlich wiegt der sehr komplett ausgestattete XT4 knapp 1,8 Tonnen. Doch der Reihe nach – beim Einsteigen fällt mir auf, dass das Cockpit sehr übersichtlich ist.

Mit dem Cadillac XT4 auf Schloss Dyck
Wenn ich schon am linken Niederrhein unterwegs bin, dann darf der Ausflug in den Park von Schloss Dyck natürlich nicht fehlen. (Foto: Tom Schwede)

Zudem finde ich trotz der überdurchschnittlichen Länge meines Körpers schnell eine angenehme Sitzposition. Die Sitzposition erinnert an das Sitzen auf einem Stuhl. Ein kleiner Wermutstropfen ist die Position des Lenkrads. Eigentlich möchte ich das Lenkrad noch etwas weiter herausziehen. Denn dann wäre die Sitzposition perfekt. Ich stelle die Spiegel ein und starte ich den Motor mit dem Startknopf. Ich bin der Erste, der diesen Testwagen an diesem Morgen testet. Der Kaltstart offenbart, hier ist ein Selbstzünder am Werk.

Ich bringe den Wahlhebel der Neun-Stufen-Automatik in die D-Stellung und starte. Schon bei einer Drehzahl von 1.500 Umdrehungen pro Minute steht das maximale Drehmoment zur Verfügung. Die Automatik ist allerdings eine Wandler-Automatik. Cadillac setzt anders als die Wettbewerber nicht auf ein automatisiertes Schaltgetriebe. Das sorgt beim Anfahren und Schalten für sanften Komfort. Doch es raubt dem Antrieb auch etwas Dynamik. Zu Beginn meiner Testfahrt entscheide ich mich für einen Test auf der Autobahn.

Der Cadillac XT4 ist kein Autobahn-Jäger!

Mit warmen Motor bin ich wie ein dynamischer Vielfahrer unterwegs. Bis in den Bereich der Autobahn-Richtgeschwindigkeit stellt das den XT4 nicht allzu große Probleme. Der Amerikaner schwimmt lässig im Verkehr mit. Mit der Zeit wird Autobahn leerer. Mein Bedürfnis, Vollgas zu geben, steigt. Theoretisch ist der XT4 mit Dieselmotor bis zu 200 Kilometer pro Stunde schnell. Doch je mehr das Tempo der Fahrt die Autobahn-Richtgeschwindigkeit übersteigt, umso zäher wird es.

Ich verlasse die Autobahn, um den Rückweg anzutreten. Auf dem Weg zurück zum Ausgangspunkt nutze ich ausschließlich Landstraßen. Hier schlägt sich der Cadillac deutlich besser. Auf den kurvigen Straßen, die ich am linken Niederrhein vorfinde, bewährt sich der XT4 hervorragend. Mich überrascht, wie straff das Fahrwerk ist. Der Cadillac setzt alle Lenkbefehle direkt in Richtungswechsel um. Das macht Spaß und lässt den amerikanischen SUV nach dem Rückstand auf der Autobahn wieder zu seinen Wettbewerbern aufschließen.

Tom Schwede und der Cadillac XT4
Mein Fazit zum Cadillac XT4 fällt positiv aus. Denn der neue SUV hat definitiv das Zeug zum Überraschungserfolg. (Foto: Lena Willgalis / Cadillac)

Mit seiner reichhaltigen Ausstattung stellt der Cadillac die Mehrzahl seiner Wettbewerber in den Schatten. Denn vieles, was besonders bei den Europäern immer noch ein Extra darstellt, ist im Cadillac serienmäßig an Bord. Weshalb der amerikanische Autobauer seine Grundmodelle in Zukunft selbstbewusst „Luxury“ nennt. Im Fall des XT4 heißt das, auch im Grundmodell sind:

  • Geschwindigkeitsregelanlage,
  • HD-Rückfahrkamera, 
  • City-Notbrems-Assistent,
  • Spurhalteassistent mit Spurhalteunterstützung,
  • 8-fach elektrisch verstellbarer Fahrersitz,
  • Zwei-Zonen-Klimaautomatik mit individuellen Einstellungen für Fahrer und Beifahrer sowie 
  • ein Informations- und Mediensystem mit 8-Zoll-Multitouch-Farbdisplay

serienmäßig an Bord.

Fazit zum Cadillac XT4

Mit dem Cadillac XT4 bekommt der Kunde extrem viel Autos fürs Geld. Das Design ist erfrischend. Es hebt sich wohltuend vom Einheitsbrei der kompakten SUV ab. Die Serienausstattung ist umfangreich und lässt wenig Wünsche offen. Der Antrieb passt perfekt um Fahrzeug. Zumindest solange der SUV souverän über die Autobahn gleitet oder die Tour über die Landstraße führt. Kurzum, der neue SUV von Cadillac hat alle Anlagen, um zu überraschen.


Technische Daten zum getesteten Fahrzeug:

  • Typ: Cadillac XT4 350D AWD Sport
  • Grundpreis: 44.800 Euro (10/2020)
  • Motor: Turbodiesel mit 1.995 ccm Hubraum, 174 PS (128kW) Leistung bei 3.500 Umdrehungen pro Minute, maximales Drehmoment 381 Newtonmeter bei 1.500 bis 2.750 Umdrehungen pro Minute
  • Getriebe: Neun-Gang-Wandler-Automatik
  • 0-100 km/h: 10,6 Sekunden
  • Höchstgeschwindigkeit: 200 km/h
  • Abgasnorm: Euro 6d
  • Verbrauch: 6,9 l/100 km – Herstellerangabe basierend auf dem WLTP
  • Leergewicht: 1.768 bis 1.865 Kilogramm
  • Zulässiges Gesamtgewicht: 2.445 Kilogramm

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Themen in diesem Artikel:

Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!

1 Comment

  1. Was für eine hammer Farbe! Ich hatte vor einigen Jahren bereits einen Cadi und hab mir überlegt, wieder einen zu kaufne. Da kommt dein toller Testartikel genau richtig! Danke dafür 🙂
    Auch wenn ich die übersichtliche Einrichtugn und auch allgemein die Optik sehr nice finde, auf der Autbahn heiz ich doch ganz gerne wenn sie leer ist…Schuldig!

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