Auto-Erinnerungen

18. August 1959 – ADO 15 kommt als Mini auf den Markt

Zugegeben, ADO 15 klingt mehr nach R2D2 und C3PO als nach einem Auto. Aber keine Angst, dieses Auto-Blog wechselt nicht ins Fach der Science-Fiction. Denn dem Entwicklungscode ADO 15 – für „Amalgamated Drawing Office Project 15“ – verbirgt sich mit dem Mini eines der wichtigsten Autos der Geschichte.

Als Ägyptens Staatspräsident Gamal Abdel Nasser den Suezkanal verstaatlicht, ist das für die Erdölversorgung der britischen Insel ein Problem. Zeitweise wird in Großbritanniens das Benzin rationiert. Leonard Lord, seit Ende 1952 Vorstandschef der British Motor Corporation, gibt seinen Technikern den Auftrag zur Entwicklung eines neuen Kleinwagens.

Das Lastenheft zu ADO 15 ist knackig

Der Kleinwagen soll in eine Box vom Format 10 × 4 × 4 Fuß (3,0 × 1,2 × 1,2 Meter) passen und vier Passagiere transportieren. Als Motor muss ein vorhandenes Aggregat zum Einsatz kommen. Das Ziel des Firmenchefs ist ein Kraftstoffverbrauch von fünf Litern für 100 Kilometer. Daher gilt „drei x vier x fünf = Mini“ (Länge x Plätze x Verbrauch) heute als die „magische“ Mini-Formel.

Alec Issigonis auf einem Bildschirm im British Motor Museum
Alec Issigonis auf einem Bildschirm im British Motor Museum

Alec Issigonis übernimmt die Leitung des Projekts ADO15. Der Ingenieur war zuvor bei Morris für die Entwicklung des heute ebenfalls legendären Morris Minor verantwortlich. Nach einem Abstecher zu Alvis kehrt Issigonis zur BMC zurück und nimmt die Herausforderung an. Erste Skizzen zur Umsetzung der engen Vorgaben entstehen – der Legende nach – bei einem Abendessen auf einer Papierserviette.

Der Entwurf ist genial

Der Geniestreich des Technikers ist, ein Auto mit einem querliegenden Frontmotor zu entwerfen. Heute ist das der Standard, in den 1950er-Jahren ist diese Konstruktion eine Sensation. Um Platz zu sparen, flanscht Alec Issigonis das Getriebe von unten an den aus dem Austin A30 stammenden Motor an. Motor und Getriebe des Kleinwagens teilen sich deshalb den Schmierstoff.

Motorrestauration - Mission „reBorn“
Motor und Getriebe im Hilfsrahmen eines frühen Minis – Foto BMW

Im Oktober 1957 hat das kleine Team den ersten Prototyp fertig. Wegen der orangen Lackierung geht der Prototyp als „The Orange Box“ in die Mini-Geschichte ein. Leonard Lord erteilt die Produktionsfreigabe. Im April 1959 präsentiert BMC den Mini ausgewählten Händlern. Offizieller Marktstart ist am 18. August 1959.

41 Jahre läuft der Mini schließlich vom Band

Gedacht hätte das 1959 wohl niemand. London setzt in den 1960er-Jahren Trends in Mode und Popkultur. Der Mini wird, mehr als jedes andere Auto, zum Symbol der Swinging Sixties. Stars wie die Beatles und Sternchen wie Twiggy zeigen sich regelmäßig mit dem kleinen Briten. Das macht den Kleinwagen weltweit begehrenswert und sorgt für Kunden.

BMC 9X im
Alec Issigonis entwirft den BMC 9X – Geld für den Bau fehlt

Über den Erfolg verzichten die Verantwortlichen lange darauf, sich ernsthaft um einen Nachfolger zu kümmern. Pläne und Prototypen (BMC 9X, ADO74, ADO88) gibt es, doch der britischen Autoindustrie geht es nicht gut. Geld für einen Nachfolger gibt es daher erst sehr spät. Zur Sicherheit bleibt der Mini im Programm, als 1980 der Nachfolger Austin Metro auf den Markt kommt. Auf die Beatles folgt Oasis. In den 1990er-Jahren ist Cool Britannia angesagt.

Und der Mini ist immer noch da!

Die Zeiten haben sich geändert, nicht das Auto. Spötter sagen, dass die Verantwortlichen öfter den Namen als die Technik ändern. 1967 gibt es ein größeres Heckfenster und einen neuen Kühlergrill. Zwei Jahre später wandern die Türscharniere, die bei alten Mini von außen aufgesetzt sind, ins Innere. Zudem überarbeiten die Techniker die Aufhängung.

1970 folgt der Clubman mit einer anderen Frontschnauze. In den 1990ern gibt es im Mini auch Einspritzermotoren. Viel hat sich eigentlich nicht geändert. Die Geschichte des Namens ist da unübersichtlicher. Denn zunächst bietet die BMC den Kleinwagen als Austin Seven und als Morris Mini-Minor an. Nach drei Jahren nennt auch Austin seinen Seven dann Mini.

Als die BMC 1969 die Herstellernamen Austin und Morris entfallen lässt, heißt der Mini nur noch Mini. 1980 erfolgt die Umbenennung zurück in Austin Mini. Ab 1988 heißt der Kleine dann Rover Mini – bis zum Produktionsende im Oktober 2000. Damit überlebt der Mini seinen „Nachfolger“ Metro um drei Jahre. Auch das ist sicher ein Teil des Mythos, der den Mini aka ADO 15 ausmacht.

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Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!