Rennsport-Geschichten

Unipower GT – Ernie Unger, der Mini-Motor und zwei Hersteller

Es gibt einige Sportwagen, die die Technik des Mini nutzen. Die Mehrzahl der Fans denkt dabei sicher sofort an den Mini Marcos. Der durchaus ähnliche Unipower GT ist im Vergleich dazu fast schon ein Fall für Experten. Doch dessen Geschichte ist spannend. Auch wenn bei zwei Herstellern leider nur 73 Exemplare des kleinen Coupés entstanden. Dafür war der Unipower GT bei der Targa Florio, auf dem Nürburgring sowie in Le Mans unterwegs.

Unipower GT auf der InterClassics Maastricht
Auf der InterClassics Maastricht stand ein Unipower GT. Den kleinen Sportwagen kannte ich bisher nicht. Doch die Recherche zeigte, dass sich hinter dem Mittelmotor-Sportler eine spannende Geschichte verbirgt.

Seit gut 20 Jahren gehört zu unserem Fuhrpark auch ein Mini. Wer den Kleinwagen einmal in seiner Garage parkte, der verfällt diesem in der Regel für immer. Und wird, das lässt sich fast nicht vermeiden, Teil eines automobilen Paralleluniversums. Schnell entdeckt der Mini-Freund oder die Mini-Freundin, dass es zahlreiche andere Fahrzeuge gibt, die die Gene des Minis nutzen. Denn den Motor und die Hilfsrahmen des britischen Kleinwagens nutzen gleich mehrere Konstrukteure für ihre Autos.

Unipower GT und der Geist von Carlo Abarth

Zu den bekanntesten Ablegern des Mini gehört der Mini Marcos. Das kleine Coupé entstand bereits ab 1966 beim Sportwagen-Hersteller Marcos. Etwa zeitgleich zum Marcos entstand der Unipower GT, den wohl nur Experten kennen. Der Unipower GT ging auf Ernie Unger zurück. Unger arbeitete in den 1950er-Jahren kurz als Mechaniker bei Lotus. Ab 1956 absolvierte Unger ein Traineeprogramm bei der Rootes Gruppe. Heute nennen wir so etwas Duales Studium. Denn am Ende des Programms war Unger Ingenieur.

Im Anschluss bot der schottische Autobauer Unger eine Stelle im Entwicklungsteam des Kleinwagens Hillman Imp an. Unger sagte zu und begann zudem in seiner Freizeit ein Coupé zu skizzieren. Denn der Brite war fasziniert von den Sportwagen, die bei Carlo Abarth mit Großserientechnik von Fiat entstanden. Doch bei Hillman war eine Umsetzung solcher Pläne nicht zu denken. Noch vor der Vorstellung des Imp zog Unger zu Ford weiter. Dort war Unger an der Entwicklung des Ford Cortina beteiligt.

Ernie Unger fand Mitstreiter, um den Traum vom eigenen Sportwagen zu realisieren!

In seiner Freizeit jobbte Ernie Unger als Teammanager von Elva. Bei einem Rennen in Goodwood lernte Unger den freischaffenden Automobildesigner Valerian Dare-Bryan kennen. Beide teilten eine Vergangenheit bei Lotus und die Begeisterung für die Sportwagen von Carlo Abarth. Sie beschlossen, gemeinsam einen kleinen Sportwagen zu bauen. Kurze Zeit später stieß Ron Bradshaw, der im Hauptjob gerade am Ford GT40 arbeitete, zum Projekt.

Unipower GT auf der Nordschleife des Nürburgrings
Der Unipower GT verfügt über eine umfangreiche Motorsport-Geschichte. 1969 nahm der Unipower GT am 500 Kilometer-Rennen auf dem Nürburgring teil. (Foto: Klaus Tweddell)

Das Trio entschied sich für den Motor aus dem Mini. Anders als einige vergleichbare Konstrukteure dieser Zeit nutzten sie jedoch nicht die Hilfsrahmen des Minis. Stattdessen konstruieren sie einen Gitterrohrrahmen. Den Motor des Minis verstauten sie dabei quer hinter den zwei Sitzen. Die Werkstatt des Rennteams von Roy Pierpoint – für das Dare-Bryan damals tätig war – realisierte den tragenden Rahmen. Anschließend ging dieser als Rolling Chassis zum Karosseriebauer Robert Peel and Company.

Der Mittelmotorsportler begeisterte Sir Alec Issigonis!

Bei Robert Peel, in Kingston upon Thames entstand für den Prototypen eine hübsche Aluminium-Karosserie. Das fertige Fahrzeug präsentierten Ernie Unger und Valerian Dare-Bryan dem Mini-Schöpfer Sir Alec Issigonis. Issigonis, der in den 1930-Jahren selbst einen Sportwagen auf Basis des Austin A30 konstruierte, zeigte sich angetan. Der Chef-Entwickler der BMC setzte sich für den noch namenlosen Sportwagen ein. Unger und Dare-Bryan erhielten die Zusage, günstig Teile für weitere Fahrzeuge zu beziehen.

Mini Motor im Unipower GT
Den Antrieb des Unipower GT übernimmt der bekannte Mini-Motor. Anders als bei ähnlichen Fahrzeugen verfügt der Unipower GT jedoch über einen eignen Rahmen. Bei den Serienfahrzeugen schweißte der Spezialist Arch Motors diesen aus quadratischen und rechteckigen Stahlrohren zusammen.

Trotzdem hatten die Entwickler Schwierigkeiten, die angestrebte Serienproduktion auf die Beine zu stellen. An dieser Stelle kam Tim Powell ins Spiel. Der Junior-Chef des Lkw-Herstellers Universal Power Drives (UPD) in Perivale, Middlesex erwarb die Rechte an der Konstruktion. Universal Power Drives baute Spezial-Lkw für Militär und Forstwirtschaft. Powell, der 2017 starb, kannte Unger vom Motorsport und hatte die Mittel, um den Sportwagen in Serie herzustellen. Wobei die Specialized Mouldings Limited aus Huntingdon die Karosserien zulieferte. Die Rahmen kaufte Powell bei Arch Motors.

Im Januar 1966 debütierte der Unipower GT auf der London Racing Car Show!

Denn anders als beim Prototypen verfügen die ab 1966 angebotenen Serienmodelle über eine Kunststoff-Karosserie. Specialized Mouldings war damals eine bekannte Größe. Denn dort ließ auch Lola Cars die Kunststoff-Karosserien für viele seiner Rennwagen anfertigen. Die Experten aus Huntingdon nahmen von der Alukarosserie des Prototypen eine Form ab. Mit dieser fertigten sie die Kunststoffteile, die anschießend nach Perival zu Universal Power Drives gingen.

Hecksansicht des Unipower GT
Der Prototyp des Unipower GT verfügte über eine Alukarosserie. Die weiteren Exemplare trugen ein Kunststoff-Kleid.

Dort feierten die Karosserien „Hochzeit“ mit den von Arch Motors zugelieferten Chassis und den Motoren aus dem Mini. Im Januar 1966 feierte der kleine Sportwaren sein Debüt auf der London Racing Car Show. Ursprünglich plante Tim Powell den Sportwagen „Hustler GT“ zu nennen. Doch schließlich stand der Mittelmotor-Sportwagen als Unipower GT auf der Messe in London. £950 kostete die Variante mit dem 998 ccm großen Motor aus dem Mini Cooper. Mit dem Cooper S Motor lag der Preis bei £1.150.

1968 übernahm Unipower Cars – U.W.F. Automative Engineering den Sportwagen!

Die ersten Fahrzeuge lagen unruhig auf der Straße. Bei höheren Geschwindigkeiten erzeugte die ursprüngliche Karosserie des Unipower GT Auftrieb. Der Automobil-Dienstleister MIRA (Motor Industry Research Association) überarbeitete die Karosserie in seinem Windkanal. Dabei bekam der Unipower GT einen markanten Frontspoiler. Trotzdem verlor Tim Powell bald die Lust an dem kleinen Sportwagen. Denn UPD gelang es in knapp zwei Jahren nur 42 Fahrzeuge zu verkaufen. Ernie Unger fand im 22 Jahre alten Piers Edric Weld-Forester einen neuen Geschäftspartner.

Piers Weld-Forester war Mitglied des britischen Hochadels und nutzte das Vermögen seiner Familie, um U.W.F. Automative Engineering zu gründen. Die Abkürzung U.W.F. stand für „Unger Weld Forester“. Das neue Unternehmen erwarb die Rechte am Unipower GT und nahm in Park Royal, West London die Produktion auf. Parallel dazu modifizierte Ernie Unger den Unipower GT etwas. Daher gilt der Unipower GT von U.W.F. heute als Unipower GT Mk II. Doch auch bei U.W.F. blieb der Absatz hinter den Erwartungen zurück. Ende 1969 war nach 31 weiteren Exemplaren Schluss.

Unipower GT im Motorsport!

Schon bei UPD entstanden Chassis, die ausschließlich für den Einsatz im Motorsport vorgesehen waren. Im Innenraum dieser Autos gab es weder Verkleidungen noch Teppiche. Dazu hatten die Rennwagen an allen vier Rädern Scheibenbremsen. In der Literatur heißt es, dass bereits im Oktober 1966 ein Unipower GT am 1.000 Kilometer-Rennen von Paris teilnahm. Das lies sich bei unseren Recherchen nicht bestätigen. Doch ab 1967 finden sich Starts in Großbritannien. Daneben rannte mindestens ein Unipower GT auch in Nordamerika. Zu den Piloten, die 1967 den Unipower GT bewegten, gehörte auch Jan O’dor (Janspeed). O’dor war der Vater des später auf der Avus bei einem STW-Rennen tödlich verunglückten Nissan-Fahrer Kieth O’dor.

Der Unipower GT im Fahrerlager des Nürburgrings.
In den späten 1960er-Jahren war es im alten Fahrerlagen des Nürburgrings noch möglich, die Rennwagen genau zu betrachten. Klaus nutzte diese Möglichkeit und gibt uns damit die Gelegenheit, den Unipower GT zu betrachten. Interessant ist die Führung des Auspuffs. (Foto: Klaus Tweddell)

Zu den Piloten, die im Unipower GT Rennen für UPD fuhren, gehörte auch Piers Weld-Forester. Als Tim Powell den Rückzug antrat, sprang der Adelige in die Bresche und finanzierte die U.W.F. Gründung. Den als Playboy geltenden Weld-Forester faszinierte, mit einem eigenen Auto im Rennsport anzutreten. Kein Wunder, dass der Motorsport auch nach dem Hersteller-Wechsel weiter eine große Rolle spielte. Schon 1968 trat Weld-Forester mit dem Unipower GT beim 500-Kilometer-Rennen auf dem Nürburgring an.

In Le Mans scheiterte der Unipower GT an der Qualifikation!

1969 entstand bei U.W.F. ein Lightweight Unipower GT, den Weld-Forester im März beim traditionellen Le Mans-Vortest ausführte. Doch schon dort deutete sich an, dass die Trauben in der Sportwagen-WM für den Unipower GT zu hoch hingen. Denn mit einer Rundenzeit von 5:16 Minuten war der kleine Brite mit Abstand das langsamste Auto. Die schnellsten Autos benötigten bei diesem Test 3:30 Minuten für eine Runde. Beim Rennen im Juni sollten Rolf Stommelen und Kurt Ahrens mit 3:22 Minuten zur Pole fahren.

Unipower GT auf der Nordschleife des Nürburgrings
Klaus stellte uns für diesen Artikel dieses einzigartige Zeitdokument zur Verfügung. Denn es zeigt, wie beim Unipower GT die Karosserie im kleinen Karussell des Nürburgrings am Hinterrad schliff. (Foto: Klaus Tweddell)

Weld-Forester, der in Le Mans gemeinsam mit Stanley Robinson antrat, verpasste die Qualifikation. Da half auch nicht, dass der Sportwagen den Circuit de la Sarthe inzwischen sechs Sekunden schneller als beim Test umrundete. Beim 500 Kilometer-Rennen auf dem Nürburgring sowie den 12 Stunden von Barcelona gelang der Sprung ins Starterfeld. Auch beim Sportwagen-GP auf dem Jyllandsringen trat der Unipower GT an. 1970 nahm der Unipower GT bei den 1.000-Kilometer-Rennen in Spa und auf dem Nürburgring teil. Da existierte der Autobauer U.W.F. bereits nicht mehr.

Denn Weld-Forester, der 1977 bei einem Motorrad-Rennen in Brands Hatch tödlich verunglücken sollte, verlor schnell die Lust an seinem Spielzeug. Statt mit dem Unipower GT trat der junge Adelige nun lieber mit einem Ford GT40 an. 1970 startete Weld-Forester beispielsweise bei den 24 Stunden von Daytona, um später Motorrad-Rennen zu fahren. Ohne seinen Geldgeber konnte Ernie Unger den Geschäftsbetrieb nicht fortsetzen. Trotzdem blieb der Ingenieur auch in den folgenden Jahren dem Motorsport treu. Ab 1977 arbeitete Unger beispielsweise für Gordon Spice Racing.

Ausgewählte Rennteilnahmen des Unipower GT

  • Juli 1967 – Motoring News Special GT Race in Brands Hatch mit Jan O’dor und Geoff Mabbs
  • August 1967 – Castle Combe mit Geoff Mabbs, der seinen Lauf gewann und damit den einzigen Sieg für den Unipower GT einfuhr.
  • Oktober 1967 – Brands Hatch mit John Miles
  • Oktober 1967 – Marlboro (USA) und Mont-Tremblant (Canada) mit Paul Richards
  • Juni und September 1968 – Jarama mit Rafael Barrios
  • Juli 1969 – Mugello mit Piers Weld-Forester
  • August 1969 – Jyllandringen mit Piers Welt-Forester
  • September 1969 – 500 Kilometer-Rennen auf dem Nürburgring mit Stanley Robinson und Roger Hurst
  • Mai 1970 – 1.000 Kilometer Spa-Francorchamps mit Stanley Robinson und John Blanckley
  • Mai 1970 – 1.000 Kilometer Nürburgring mit Stanley Robinson und John Blanckley
  • September 1970 – 500 Kilometer Spa-Francorchamps mit John Blanckley

Infos zum Titelbild dieses Beitrags:
Klaus stellte und für diesen Artikel dieses einzigartige Zeitdokument zur Verfügung. Denn es zeigt, wie beim Unipower GT die Karosserie im kleinen Karussell des Nürburgrings am Hinterrad schliff.

Foto: Klaus Tweddell

AutoNatives.de ist auch bei Facebook. Wir freuen uns über ein Like.







Themen in diesem Artikel:

Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!

2 Comments

  1. Klaus Tweddell Reply

    Danke für diese interessante Reise in die 60er Jahre, in einem Auto, das nur ganz wenige kennen. Bemerkenswert ist , dass der Unipower für seine überragend hochwertige Fertigungsqualität schon damals in der Fachpresse gerühmt wurde. Zudem sollte noch erwähnt werden, dass auch ein Einsatz bei der sizilianischen Targa Florio zur Rennhistorie dieses winzigen Coupes gehört.

    • Der Einsatz bei der Targa Florio war in der Tat eine tragische Geschichte. Denn 1969 gab es im Training einen Unfall, der den Start von Andrew Hedges und Piers Weld-Forester verhinderte. Ein Jahr später gab es zwar eine Meldung aber letztlich keinen Start.

Write A Comment