Buchtipp: 70s CONCEPT CARS – YESTERDAY’S DREAMS OF THE FUTURE

Dieses Concept Car, der Abarth 2000 Pininfarina Scorpio von 1970, ist eines der 20 Fahrzeuge, die Rainer W. Schlegelmilch uns in seinem neuen Buch vorstellt.  (Foto: Rainer W. Schlegelmilch, teNeues) – Foto: Rainer W. Schlegelmilch, teNeues

Rainer W. Schlegelmilch gilt für viele Autofreunde als das Auge der Formel 1. Seit 1962 begleitet Schlegelmilch die Königsklasse mit seinen Kameras. Fast alle Motorsport-Fans sahen bereits von Schlegelmilch fotografierte Bilder. Doch das fotografische Werk des Frankfurters ist wesentlich größer. Denn Schlegelmilch fotografierte nicht nur an Rennstrecken. Der Verlag teNeues dokumentiert dies jetzt mit dem Buch „70s CONCEPT CARS – YESTERDAY’S DREAMS OF THE FUTURE“.

Presse zu „70s CONCEPT CARS - YESTERDAY'S DREAMS OF THE FUTURE“
Dieses Concept Car, der Abarth 2000 Pininfarina Scorpio von 1970, ist eines der 20 Fahrzeuge, die Rainer W. Schlegelmilch uns in seinem neuen Buch vorstellt.  (Foto: Rainer W. Schlegelmilch, teNeues)

Ende der 1960er-Jahre erlebte das Design des Automobils eine Revolution. Und Rainer W. Schlegelmilch war auch hier mit seiner Kamera ein unermüdlicher Chronist. Für den Bildband „70s CONCEPT CARS – YESTERDAY’S DREAMS OF THE FUTURE“ trug der Fotograf jetzt 180 seiner Fotos von Konzeptfahrzeugen und Studien der 1970er-Jahre zusammen. Dreisprachig, in Englisch, Deutsch und Französisch, gibt es dabei zu allen gezeigten Fahrzeugen Hintergrundinformationen dazu, wie sie entstanden sind und was aus ihnen wurde.

Autodesign ist das Ergebnis einer langen Entwicklung

Gemeinsam mit Heinrich Lingner, der für die Texte verantwortlich zeichnet, schuf Schlegelmilch mit diesem Buch ein beeindruckendes Dokument zu einer interessanten Epoche des Automobildesigns. Das Design der Autos veränderte sich vom Patentmotorwagen von Karl Benz im Jahr 1886 bis zu den aktuellen Modellen stark. Die frühen Autos waren zunächst nicht mehr als motorisierte Kutschen. Wichtig war nicht ihre Form, sondern ihre Funktion. Erst Anfang der 1920er-Jahre wurde das Erscheinungsbild der Fahrzeuge wichtig.

Statt nach einem Nutzfahrzeug gierten die Käufer nun nach einem Schmuckstück, das nach Möglichkeit mit einer individuellen Note glänzen sollte. Eine Mode, die auch durch die Medien begleitet wurde. 1924 erschien in Berlin die Zeitschrift „Der Herrenfahrer, Das Blatt vom Auto und anderen Annehmlichkeiten des Lebens“. In der Erstausgabe des Blattes beschrieb Autojournalist Hanns Steiner diesen Stimmungswechsel: „ … Der alte, langweilige, serienhafte Aufbau, den jede Chassisfabrik noch 1918 benutzte, war nicht mehr verkäuflich. Leben, Farbe, Bewegung kam in die Karosserien. Formen mussten wechseln. … “.

Viele Impulse für das Auto-Design kamen dabei aus Amerika. Paolo Tumminelli beschrieb, ebenfalls im Verlag teNeues, diese Einflüsse in seinem Buch „Car Design America – Myths, Brands, People“ ausführlich. Doch auch auf dem alten Kontinent entstanden Betriebe, die Karosserien individuell nach Händler- und Kundenwunsch anfertigten und dabei maßgeblichen Einfluss auf die Gestaltung des Autos nahmen. Der Hotspot dieser Entwicklung etablierte sich in Italien

Italien ist das gelobete Land der Concept Cars – bis heute!

Bereits 1906 wurde in Bologna die „Carrozzeria Fantuzzi“ gegründet. Sechs Jahre später folgte in Turin die „Carrozzeria Bertone“. 1915 machte sich der ehemalige Testfahrer Giacinto Ghia selbstständig. Einige Jahre später wuchs sein Unternehmen zur „Carrozzeria Ghia“. Die „Carrozzeria Zagato“ folgte 1919. 1930 gründete Battista „Pinin“ Farina seine „Carrozzeria Pinin Farina“. Mit Firmen wie Allemano (gegründet 1935), Vignale (1946) oder Michelotti (1959) läst sich die Liste der italienischen Karosseriestudios und Automobildesigner fast beliebig fortsetzen.

Wie in der Kunst und der Mode leisteten italienische Automobildesigner wichtige Beiträge zur Weiterentwicklung der Formgebung des Autos. Eine große Rolle spielte dabei die Etablierung der selbsttragenden Karosserie. Denn sie ermöglichte eine Vereinfachung der Fertigung, leichtere Fahrzeuge und völlig neue Formen. Beim ersten Serienfahrzeug mit selbsttragender Karosserie, dem 1922 vorgestellten Lancia Lambda, beschränkte sich der Fortschritt noch auf die Fertigung. Beim Lambda ist die Verwandtschaft mit Kutschen immer noch ersichtlich.


Stahlblech ermöglichte neue Formen

Erst mit dem Einzug des Stahlblechs in den Autobau hatten die Designer alle Komponenten für eine extrem abwechslungsreiche Formgebung zusammen. Trendsetter waren der Citroën 11CV Traction Avant (1934) und der Opel Olympia (1935). Nach dem Zweiten Weltkrieg stieg die Pontonform, die ohne aufgesetzte Kotflügel oder Trittbretter auskam, zur Standardform auf. Ende der 1950er-Jahre löste die Trapezlinie die Pontonform ab. Mit dem Fiat 1800 und dem Peugeot 404, dessen Form bei Pininfarina in Turin entstand, wurde das Design sachlicher.

Gleichzeitig schufen die Designer die Grundlage für den nächsten Schritt der Evolution des Automobildesigns. Denn Ende der 1960er, Anfang der 1970er-Jahre gingen die Autodesigner noch einen Schritt weiter. Besonders in Norditalien entstanden plötzlich Skulpturen in Keilform – überwiegend als Blickfänger auf den großen Automobilausstellungen, aber zum Teil auch in Serienfahrzeugen wie dem Maserati Ghibli, dem Lamborghini Espada oder ab 1972 dem Fiat X1/9.

Die meisten Keile blieben Studien

Heute scheint es, als ob die Designer mit ihren radikalen Ideen das Auto neu erfinden wollten. Auch wenn einige ihrer Ideen schnell auf dem Schrottplatz der Designgeschichte landeten, entfalten die Entwürfe oftmals bis heute ihre Wirkung. Rainer W. Schlegelmilch setzte die Studien zu ihrer Zeit in Szene. Ganz im Stile der Zeit treffen in den oftmals kunstvollen Inszenierungen die kantigen Silhouetten der Autos daher auf die kurvigen Formen hübscher Frauen.

Die Posen der Frauen sind heute allenfalls noch in Herrenmagazinen denkbar. Vor 40 Jahren waren sie ein übliches Mittel der Autofotografie. Vielleicht ist das Buch „70s CONCEPT CARS – YESTERDAY’S DREAMS OF THE FUTURE“ gerade deshalb heute so faszinierend, weil die Bilder des Buchs damit im doppelten Sinne dem Zeitgeist der 1970er-Jahre verdeutlichen. Insgesamt 20 Studien stellt es uns dim Detail vor. Denn jedem vorgestellten Fahrzeug präsentiert Schlegelmilch stets mehrere Fotos aus seinem umfangreichen Bestand.

Die Erklärungen von Heinrich Lingner sorgen für das notwendige Hintergrundwissen. Vom Lamborghini Marzal (1968) bis zum Lancia Sibilo (1978) führt die Zeitreise, die der Fotograf dem in Juli verstorbenen Sergio Pininfarina widmet.

Die Daten zum Buch „70s CONCEPT CARS – YESTERDAY’S DREAMS OF THE FUTURE“ von Rainer W. Schlegelmilch

Cover „70s CONCEPT CARS - YESTERDAY'S DREAMS OF THE FUTURE“
Das Buch „70s CONCEPT CARS – YESTERDAY’S DREAMS OF THE FUTURE“

70s Concept Cars: Yesterday’s Dreams of the Future
216 Seiten, Hardcover
ca. 180 Farbfotografien

Text in Englisch, Deutsch und Französisch
79,90 EUR
ISBN: 978-3-8327-9657-0
Format: 27,5 x 34 cm


Das Buch „70s CONCEPT CARS - YESTERDAY'S DREAMS OF THE FUTURE“ gibt es im Buchhandel und beispielsweise bei Amazon (Werbung).

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Ein Beitrag von:

Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!