Auto-Erinnerungen

BMW Just 4/2 – Konzeptstudie von 1995

1995 stellte BMW auf der Tokyo Motor Show den BMW Just 4/2 vor. Der radikale Sportwagen blieb eine Studie und ist heute fast vergessen.

Seitenansicht des BMW Just 4/2
Der BMW Just 4/2 war ein radikales Konzept. Unser Titelbild zeigt die Konzeptstudie mit einer geöffneten Tür. Im Rückblick wirkt die Kleidung der Models auf dem Foto altbacken. Waren so die 1990er? Ich muss das verdrängt haben. (Foto: BMW)

Die Frage, wie unsere Autos morgen aussehen, beschäftigt die kreativen Köpfe der Autobauer fast schon seit den Anfangstagen des Autobaus. Spannend ist es immer, mit etwas Abstand auf einen dieser Entwürfe zurückzublicken. Was wurde Realität? Und was nicht? Die Konzeptstudie BMW Just 4/2 ist ein gutes Beispiel dafür. Mir sagte diese Konzeptstudie übrigens zunächst gar nichts, als ich kürzlich bei ebay über Fotos des BMW Just 4/2 stolperte. Ich suchte dort nach alten Pressefotos und Pressemappen. Denn solche nutze ich hier im Blog gerne, um über Automobil-Historie zu schreiben. Ich begann sofort, weitere Infos zur Geschichte der Konzeptstudie zusammenzutragen.

Frontansicht des BMW Just 4/2
Dieses Bild des BMW Just 4/2 zeigt die geschlossene Tür. So bleibt die Kleidung beim Fahren sauber und trocken. (Foto: BMW)

Damit betrat ich erstaunliches „Neuland“. Denn ich habe vermutlich noch nie Infos über ein Auto gesucht, das sowohl im Internet und als auch in der Literatur so ignoriert wird. Selbst bei BMW gab es nur ein paar Pressefotos. Einen Artikel über den BMW Just 4/2 suchte ich in den Pressebereichen des bayrischen Autobauers vergeblich. Spätestens damit war mir klar, dass der BMW Just 4/2 hier ins Blog muss. Denn AutoNatives.de ist traditionell die virtuelle Heimat für Autos, die es nicht an jeder Ecke gibt. Damit schreit der BMW Just 4/2 geradezu danach, dass seine Geschichte in unserem Blog Berücksichtigung findet.

Blicken wir also einmal zurück ins Jahr 1995!

Im Sommer 1995 präsentierte BMW – mit einer Video-Pressemitteilung – den Roadster BMW Z4 vor. Damals gab es noch kein Internet, wie wir es heute kennen. Stellt Euch also einmal vor, wie in zahlreichen Redaktionen von Autozeitschriften in aller Welt eine VHS-Kassette einging. Mir klingt sofort ein „Frau Neumann, machen Sie bitte den Videorekorder im Konferenzraum klar. Wir müssen uns dieses Video von BMW ansehen.“ durch den Kopf. Anschließend saß die Redaktion dort und sah Szenen aus dem Film „James Bond 007 – GoldenEye“. Denn dort „spielte“ der neue Roadster von BMW mit. Mit dem BMW Z3 wagten auch die Bayern nach Mazda 1989 mit dem MX-5 und Fiat seit Februar 1995 mit dem Barchetta ein Roadster-Comeback in der Großserie.

Die Konzeptstudie BMW Just 4/2 im Windkanal.
Die Konzeptstudie BMW Just 4/2 im Windkanal. Offenbar war die Front so gestaltet, dass die Luft über die Insassen strömte. (Foto: BMW)

Denn die Gattung der kleinen offenen Sportwagen geriet ab 1965 nach der Publikation des Buchs „Unsafe at Any Speed“ von Ralph Nader zeitweise ins Abseits. Der US-Anwalt kritisierte mit dem Buch die Autoindustrie hart. Nader vertrat die These, dass die Autobauer unsichere Autos in Kauf nehmen, um ihre Profite zu maximieren. Das Buch verändert in Nordamerika die Sicherheitsansprüche. Aus Angst vor Schadenersatzklagen lässt die Mehrzahl der Hersteller ihre Roadster auslaufen. Offene Fahrzeuge sind, von Ausnahmen wie dem Mercedes-Benz SL der Baureihe R107, in den kommenden Jahren Sicherheitscabriolets mit feststehendem Überrollbügel. Der Porsche Targa (1965) und das Erdbeerkörbchen von VW (1979) sind typische Vertreter dieser Zeit.

Zur Konzeptstudie BMW Just 4/2 entwarfen die Designer auch die passende Kleidung.
Zur Konzeptstudie BMW Just 4/2 entwarfen die Designer auch die passende Kleidung. Offenbar trauten die Techniker der im Windkanal ausgetüftelten Luftführung nicht. Deshalb entstand ein spezieller Helm, der mich an Science Fiction-Filme wie Robocop erinnert.. (Foto: BMW)

Erst 1985 präsentierte BMW auf der IAA in Frankfurt mit der Konzeptstudie BMW Z1 ein „richtig“ offenes Auto. Damit läutet BMW eine Zeitenwende ein und sorgt für die Rückkehr des Roadsters. Der Z1 war die erste Konzeptstudie, die bei der damals gerade gegründeten BMW-Tochter BMW Technik GmbH entstand. Das Publikum reagierte auf den Z1 euphorisch. Zwei Jahre später stand der Serien Z1 ebenfalls in Frankfurt auf der IAA. Die Produktion begann schließlich im März 1989. Bis 1991 entstanden 8.000 Exemplare des in Handarbeit gefertigten Sportwagens. Und die BMW Technik GmbH wandte sich mit dem BMW E1 einem Elektroauto zu, das noch im gleichen Jahr auf der IAA in Frankfurt stand.

1995 baute die BMW Technik GmbH den BMW Just 4/2!

Das Thema Elektroauto beschäftigte die BMW Technik GmbH auch auf der IAA 1993 noch. Die Aufgabe der BMW-Tochter war es, frei von den Zwängen eines konkreten Serienanlauftermins neuartige, in die Zukunft gerichtete und originelle Fahrzeug-Gesamtkonzepte zu entwickeln – wie es der Autobauer in einem Vorstandsprotokoll formulierte. Neuhochdeutsch heißt so etwas Think Tank. Offenbar sahen die Verantwortlichen bei BMW schon vor gut drei Jahrzehnten im Elektroauto ein Zukunftsmodell. Nach dem E-Auto standen offenbar die Themen Spaß und Leichtbau im Lastenheft der Entwickler der BMW Technik GmbH. Denn anders lässt sich der auf der Tokyo Motor Show 1995 vorgestellte BMW Just 4/2 nicht erklären.

Heckansicht des BMW Just 4/2
Heckansicht des BMW Just 4/2. Der Motor der BMW K 1100 saß direkt an der Hinterachse. (Foto: BMW)

Die Entwickler stellten mit dem BMW Just 4/2 einen radikalen Zweisitzer auf die Räder. Fast wie ein Formel-Rennwagen trug die Konzeptstudie ihre Technik fast völlig offen zu Schau. Beim Antrieb vertraute die BMW Technik GmbH auf den Motorrad-Motor aus der BMW K 1100. Der 100 PS (74 kw) kräftige Vierzylinder hatte mit dem gerade einmal 550 Kilogramm schweren Sportwagen leichtes Spiel. Es war übrigens nicht der erste Automobil-Einsatz des Motorrad-Motors von BMW. Denn auch in den Rennwagen der 1991 vorgestellten BMW ADAC Formel Junior kam der Vierzylinder zum Einsatz. Insofern verband der BMW Just 4/2 an dieser Stelle den Motorsport mit dem Konzept für ein Straßenfahrzeug.

Spannend, wie es zum BMW Just 4/2 kam!

Denn der Konzeptstudie voraus ging ein BMW interner Designwettbewerb. Zu den Teilnehmern an diesem Wettbewerb gehörte auch Designer Robert Powell, der heute ein eigenes Design-Studio betreibt. Der Absolvent des Royal College of Art gewann den Wettbewerb. Lohn der Mühe war, dass Powell anschließend seinen Entwurf mit Hilfe der Ingenieure der BMW Technik GmbH zum Konzeptfahrzeug BMW Just 4/2 weiterentwickelte. Dabei entstand der fahrbereite Prototyp, den BMW in Tokyo präsentierte. Doch trotz ebenfalls positiven Reaktionen des Publikums kam es diesmal nicht zum Serienanlauf.


Infos zum Titelbild dieses Beitrags:
Der BMW Just 4/2 war ein radikales Konzept. Im Rückblick wirkt die Kleidung der Models auf dem Foto altbacken. Waren so die 1990er? Ich muss das verdrängt haben.

Foto: BMW

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Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!

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