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Hercules W 2000 – Staubsauger aus Nürnberg

Als die Nürnberger Hercules Werke das erste Wankel-Motorrad der Welt anboten.

Am vergangenen Wochenende fand die Bremen Classic Motorshow statt. Nach ihrer durch Corona verursachten Pause übernahm Bremen wieder die Rolle als Jahresauftakt der großen deutschen Oldtimer-Messen. Wie immer glänzte die Bremen Classic Motorshow mit vielen ungewöhnlichen Ausstellungsstücken. Zu ihnen gehörte beispielsweise ein ungewöhnliches Motorrad. Denn die Hercules W 2000 war das erste Motorrad, das es serienmäßig mit einem Wankelmotor gab.

Hercules W 2000 auf der Bremen Classic Motorshow
Hercules W 2000 auf der Bremen Classic Motorshow (Foto: Fabian P. Wiedl9

Nachdem NSU dem von Felix Wankel erdachten Rotationskolbenmotor in den 1960er-Jahren das Laufen beibrachte, galt der Wankelmotor als der „heiße Scheiß“ des Motorbaus. Denn praktisch alle wichtigen Auto-Hersteller erwarben eine Lizenz, um sich mit dem Wankel zu beschäftigen. Schließlich versprach der vibrationsarme Lauf einen Komfortgewinn. Zudem kommt der Wankelmotor mit weniger Teilen als ein herkömmlicher Verbrenner aus. Daher sahen die Hersteller auch Gewichts- und Kostenvorteile. Insofern überrascht nicht, dass auch Hersteller von Motorädern und Kleinmotoren Wankel-Lizenzen erwarben.

Hercules und der Weg zum Wankel-Motorrad

Zumindest Suzuki, MZ, Norton Motorcycles, Van Veen und Hercules beschäftigten sich im Laufe der Jahre mit dem Wankelmotor. Wobei Norton Motorcycles ein Spätstarter war. Die Briten beschäftigten sich erst in den späten 1980er-Jahren mit dem Wankel. Der niederländische Kleinserienhersteller Van Veen erwarb schon gut eineinhalb Jahrzehnte eher bei Comotor Wankelmotoren für seine Zweiräder. Bei MZ kam die Entwicklung eines Wankel-Motorrads nie über den Prototypen-Status hinaus. So war es die Fichtel & Sachs-Tochter Hercules, die schließlich das erste Wankel-Motorrad anbot.

Der Wankel der Hercules W 2000
Der Läufer im Wankelmotor der Hercules W 2000 war kompakt. Doch die Luftkühlung erforderte viel Platz. Daher wirkte schließlich das ganze Motorrad klobig. (Foto: Fabian P. Wiedl)

Bereits 1970 präsentierten die Nürnberger in Köln auf der Internationalen Fahrrad- und Motorradausstellung (IFMA) eine Wankel-Studie. Dabei verbanden die Techniker einen Snowmobil-Motor von Sachs mit dem Kardanantrieb der BMW R 27. Doch für die Serie war diese Konfiguration viel zu teuer. So entstand bei Hercules ein konventioneller Antrieb. Nun übertrug eine Kette die Kraft des Wankelmotors auf das Hinterrad. 1973 gingen 50 Vorserien-Exemplare der Hercules W 2000 an ausgewählte Händler. Mit diesem Schritt wollten Sachs und Hercules die Maschinen im Alltag testen.

Ein Jahr später startete die Serienfertigung der 176 Kilogramm schweren Maschine. Zunächst verfügte der Einzelkammer-Motor über eine Leistung von 25 PS. Nach einer Modellpflege stieg die Leistung später auf 27 PS. Das war auch in den frühen 1970er-Jahren eine eher moderate Leistung. Doch mit einem Preis von 4.550 DM war die deutlich teurer als vergleichbare Maschinen. Dafür bekamen die Kunden bei der Konkurrenz kräftigere Motorräder. Zudem wirkte der von einem Gebläse gekühlte Wankelmotor der Hercules W 2000 sehr klobig. Damit sah die Hercules W 2000 nicht besonders attraktiv aus.

Das Interesse der Kunden an der Herkules W 2000 hielt sich in Grenzen!

Noch mehr als das Aussehen schreckten das Gewicht sowie der hohe Verbrauch die Kunden ab. Im Test einer Motorrad-Zeitschrift konsumierte die Hercules W 2000 auf 100 Kilometern satte 7,2 Liter Benzin. Wobei die Kunden ein Gemisch fahren mussten. Denn der Wankel von Sachs verfügte über eine Innenschmierung. Fahrer der teuren Maschine mussten an der Mofa-Säule tanken. Das war eher uncool. Alles zusammen sorgte dafür, dass der Absatz deutlich unter den Erwartungen blieb. Auch die 1976 auf der IFMA vorgestellte „Hercules Wankel 2000 Injection“ mit Getrenntschmierung beflügelte den Absatz nicht mehr.

Der Motor der Hercules W 2000
Wegen des großen Lüfters vor dem Motor erhielt die Hercules W 2000 den Spitznamen Staubsauger. (Foto: Fabian P. Wiedl)

Um für die Hercules W 2000 zu werben, trat Hercules bei der Six-Days-Trophy auf der Isle of Man mit einem Wankel-Team an. Drei Piloten gingen mit einer modifizierten Hercules GS 250 an den Start. Statt des luftgekühlten Zweitaktmotors trieb jetzt ein Wankel die Enduro-Maschine an. Daneben gab es Langstreckeneinsätze mit einer wassergekühlten Version des Wankelmotors. Doch diese Idee weiterzuentwickeln hätte den Preis des Motorrads noch weiter nach oben getrieben. Daher stellte Fichtel & Sachs die Entwicklung bald ein. Und auch die Sporteinsätze blieben eine kurze Episode.

Der Zweiradbau bei Hercules war ein Kind einer Zeit, die sich langsam den Ende näherte. Wie bei vielen Wettbewerbern lag auch bei Hercules der Ursprung des Unternehmens im Bau von Fahrrädern. Um diese zu motorisieren, kaufte Hercules Motoren zu. Seit etwa 1930 bezog das Unternehmen diese von Fichtel & Sachs. Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm die Dresdner Bank die Nürnberger Hercules Werke. Hercules etablierte sich als Hersteller von Mofas, Mopeds sowie leichten Motorrädern. Berühmt war das Baukastenprinzip der Nürnberger, das „Garagentunern“ das illegale Aufrüsten ihrer Maschinen ermöglichte.

Hercules W 2000 war der vergebliche Versuch dem eigenen Markt zu entkommen!

Schon 1956 reichte die Bank die Aktiengesellschaft an Max Grundig weiter. Doch der Unternehmer blieb nur kurz auch Besitzer einer Zweiradfabrik. Schon nach zwei Jahren verkaufte Grundig über Strohmänner die Firma an die Fichtel & Sachs AG weiter. Die Übernahme blieb übrigens bis 1962 geheim. Denn die neuen Inhaber fürchteten, dass die Konkurrenten von Hercules sonst keine Motoren bei Sachs mehr kaufen würden. Einige Jahre verdiente Hercules gutes Geld. Doch der Mofa-Boom lief langsam aus und endete Anfang der 1980er-Jahre ganz.

Wankel 2000 - Das Ende kam schon 1979
Mit der Wankel 2000 strebte Hercules nach Höherem. Doch das Ende kam schon 1979. (Foto: Fabian P. Wiedl)

Die Hercules W 2000 war wohl der Versuch, die Marke Hercules höher zu platzieren. Das gelang nicht. 1979 strichen die Manager die Hercules W 2000 aus dem Programm. Die Produktion des ersten Wankel-Motorrads endete nach dem Bau von nur 1.780 Exemplaren. Damit floppte nach der 1975 gestarteten Suzuki RE 5 sowie der Van Veen OCR 1000, die beide schon 1978 ausliefen, erneut ein Motorrad mit Wankelmotor. Erst fast zehn Jahre später sollte der Wankel beim Restart der Marke Norton ins Zweirad zurückkehren. Doch letztlich blieb auch bei Norton der Wankel nur eine kurze Episode.

Um so erfreulicher, dass sich die bereits 1987 gegründete Interessengemeinschaft Hercules Wankel 2000 bis heute darum kümmert, dass das erste Motorrad mit Wankelmotor der Geschichte nicht in Vergessenheit gerät.


Infos zum Titelbild dieses Beitrags:
Hercules W 2000 auf der Bremen Classic Motorshow

Foto: Fabian P. Wiedl

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Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!

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