Das Elektroauto liegt im Trend – mal wieder. Doch bisher rollen nur sehr wenige Elektroautos tatsächlich über unsere Straßen. Trotzdem verzichtet im Moment kaum ein Hersteller auf das Elektroauto. Es wird sich zeigen, ob dies mehr als Marketing-Botschaften sind. Denn Elektroautos sind inzwischen seit rund 130 Jahren Gegenstand der Forschung.
Doch diesmal ist vieles anders. Offenbar geht die Automobilbranche davon aus, dass die Käufer bald bereit sein werden, andere Antriebs- und Mobilitätskonzepte als bisher zu nutzen. Die Jugend verliert zunehmend die Lust am (aktuellen) Auto. Bei den aktuellen Spritpreisen denken immer mehr Autofahrer über Alternativen zum Verbrennen fossiler Brennstoffe nach. Das Elektroauto gibt dabei den Hoffnungsträger.
Doch es gibt Zweifel, dass Elektrofahrzeuge die Ansprüche des Individualverkehrs befriedigen können. Es ist unstrittig, dass Elektromotoren auch Autos antreiben können. Mit einem Wirkungsgrad von bis zu 85% setzen Elektromotoren die zugeführte Energie wesentlich effizienter in Vortrieb um als Verbrennungsmotoren. Doch die Frage ist, wie die Energie zum Motor kommt. Tanken ist praktischer als Laden.
Eisen- oder Straßenbahnen führen Oberleitungen die zum Fahren notwendige Energie zu. Selbst in Ballungsräumen ist es wohl vorstellbar, alle Straßen mit Oberleitungen oder Induktionsschleifen auszurüsten. Daher liegt der Schlüssel für eine erfolgreiche elektrische Zukunft des Autos darin, das Problem der Energiespeicherung zu lösen. Klar, es gibt Überlegungen, Batterien an „Tankstellen“ auszutauschen. Doch der Stand der Technik ist ein anderer.
Vor dem Fahren steht das Laden
Das Kern-Problem des E-Autos ist so alt wie das Elektroauto selbst. Denn es feierte seine Premiere bereits 1881 auf der „exposition de l’électricité“ (Elektrizitätsausstellung) in Paris. Dort stellte Gustave Trouvé (* 1839 bis † 1902) das erste E-Auto der Öffentlichkeit vor. Der gelernte Uhrmacher gründete 1865 eine Firma zur Entwicklung von elektrischen Geräten. 1880 patentierte Trouvé das Elektroboot. Ein Jahr später bestückte Trouvé ein dreirädriges Fahrrad mit einem Elektromotor. Das „Trouvé Tricycle“ erreichte eine Geschwindigkeit von rund 12 km/h.
Als Energiequelle dienten wiederaufladbare Blei-Akkumulatoren. Mit ihnen war eine Fahrzeit von rund 1 1/2 Stunden möglich. Dann mussten die Akkus für einige Stunden an die Strippe. Trotzdem begann mit dem „Trouvé Tricycle“ eine Epoche, in der Optimisten glaubten, dass das Elektroauto die Welt erobern würde. Bereits in den 1890er-Jahren erreichten die ersten E-Autos eine Reichweite von 100 Kilometern.Doch dann mussten ihre Fahrer die Batterien wieder aufgeladen. 1899 fuhr Camille Jenatzy mit dem Elektroauto „La Jamais Contente“ mit 105,88 km/h zum Geschwindigkeitsweltrekord.
Ferdinand Porsche stellte das Hybridfahrzeug vor
Dieser Meilenstein sorgte für Aufmerksamkeit und bescherte den frühen E-Autos durchaus einen kommerziellen Erfolg. Im Jahr 1900 trieb nur rund 20% der in den USA verkauften Fahrzeuge ein Verbrennungsmotor an. Gemeinsam mit Dampfwagen dominierten Elektroautos damals den Markt. Im gleichen Jahr stellte Ferdinand Porsche auf der Weltausstellung in Paris ein Hybridfahrzeug vor. Im „Lohner-Porsche“ erzeugte ein Benzinmotor, der über einen Generator die Akkumulatoren des Fahrzeugs auflud, den Strom für die von Porsche entwickelten Radnabenmotoren. Heute heißt dieses Prinzip „Range Extender“.
Doch der „Lohner-Porsche“ litt unter seinem hohen Gewicht. Denn um die Reichweite des meist als Taxi eingesetzten Fahrzeugs zu erhöhen, packte Porsche so viele Batterien in das Fahrzeug, das es mehr als zwei Tonnen auf die Waage brachte. Bis 1912 stieg die Produktion von Elektrofahrzeugen weltweit an. Erst mit der Erfindung des elektrischen Anlassers, der das genauso mühsame wie gefährliche Ankurbeln überflüssig machte, stiegen Autos mit Verbrennungsmotoren zur dominierenden Fahrzeuggattung auf. Die Folge war, dass die Verkäufe des Elektroautos dramatisch einbrach.
Der Verbrenner ersetzte den Elektromotor
Noch 1919 stellte der Berliner Elektroauto-Hersteller „Slaby-Beringer“ einen elektrisch angetriebenen Kleinwagen mit selbsttragender Kunststoff-Karosserie vor. Rund 1.800 Elektroautos setzte „Slaby-Beringer“ in fünf Jahren ab. Mehr als 10% der Produktion verkaufte „Slaby-Beringer“ nach Japan. Doch nach dem verheerenden Erdbeben in Land der aufgehenden Sonne fiel dieser Markt weg. Zudem zerstörte das Erdbeben auch den Lagerbestand der Firma in Japan.
„Slaby-Beringer“ geriet in eine finanzielle Schieflage. 1924 war die SB-Automobil-Gesellschaft m.b.H insolvent. DKW-Gründer Jörgen Skafte Rasmussen, bereits zuvor geschäftlich mit „Slaby-Beringer“ verbunden, erwarb die Konkursmasse des Berliner Elektroauto-Produzenten. Rudolf Slaby wurde Chef-Konstrukteur des Autohaus bei „DKW“ und verzichtete dort auf den Einsatz der Elektromotoren. Im ersten „DKW“ von Rudolf Slaby steckte statt eines 3 PS starken Elektromotors ein wassergekühlter DKW-Zweitakt-Verbrennungsmotor mit 15 PS Leistung.
Nur in der Nische überlebt das Elektroauto
Diese Geschichte von „Slaby-Beringer“ und „DKW“ ist exemplarisch für das, was in den 1920er-Jahren passierte: Der Verbrenner drängte das Elektroauto immer weiter zurück. Das Elektroauto überlebte in den kommenden Jahrzehnten nur in Nischen. Als typische Elektrofahrzeuge galten Gabelstapler oder Lieferfahrzeuge wie die britischen „Milk floats“. Das über Jahrzehnte billige Benzin sorgte dafür, dass das Auto und der Verbrennungsmotor als Einheit angesehen wurden.
Ab 1930 wagten sich nur sehr selten Firmen an Elektroauto-Projekte. In den USA baute eine Karosseriebaufirma den Renault Dauphine von 1959 bis 1961 zum Elektrofahrzeug um. An die Stelle des Benzinmotors pflanzte sie einen 36 Volt-Elektromotor. Vollmundig kündigten die Verantwortlichen das Projekt des „Henney Kilowatt“ als die erste moderne Massenproduktion eines Elektroautos an. Doch in zwei Jahren entstanden gerade einmal 47 Fahrzeuge. Offenbar war die Zeit noch nicht reif.
Alle wichtigen Hersteller nahmen sich jetzt des Elektroautos an
Erst mit der Ölkrise 1973 rückte das Elektroauto wieder zurück in den Fokus der Automobilindustrie. Doch die mangelhaften Kapazitäten der 1865 entwickelten Blei-Säure-Batterien und der Rückgang der Benzinpreise in den 1980er-Jahren brachten die Versuche bald wieder zum Stocken. Heute werden – vielleicht auch dem aktuellen Hype um das Elektroauto folgend – die damaligen Versuchsfahrzeuge gern auf Oldtimer-Messen ausgestellt. Doch wenn auf der Classic Motorshow in Bremen ein elektrischer Audi 100 LS von 1976 steht, dann erinnert das an ein Kuriositätenkabinett.
Mit dem Golfkrieg Anfang der 1990er-Jahre nahm die Entwicklung des Elektroauto erneut an Fahrt auf. Motivation fanden die Hersteller in Gesetzen, wie dem 1990 in Kalifornien verfügten „Clean Air Act“. Er sah vor, dass innerhalb von 20 Jahren der Anteil der emissionsfreien Autos in Kalifornien auf 10 Prozent steigen sollte. Dafür rüsteten die meisten Hersteller zunächst „normale“ Serienfahrzeuge um. Es entstanden relativ schwere Fahrzeuge, die sich – schon durch das Aussehen – mit ihren konventionellen Brüdern messen lassen mussten.
BMW und General Motors gingen anders vor.
Die Unterbringung der Batterien erforderte Kompromisse und reduzierte die Nutzlast. Zu den typischen Elektrofahrzeugen dieser Zeit gehört der „Golf CitySTROMer“, den Volkswagen offiziell nur Energieversorgungsunternehmen zum Test zur Verfügung stellte. Entwickler bei BMW und General Motors dachten anders und konzipierten die ersten modernen Elektroautos. Doch während es der „BMW E1“ nicht bis zur Serienreife brachte, offenbarte der „General Motors EV1“ das ganze Drama der Elektroauto-Entwicklung. Denn von 1996 bis 1999 bauten die Amerikaner mehr als 1.100 ihres E-Autos.
Rund 800 Exemplare stellte der US-Autobauer mit viel „Tamtam“ ausgewählten „Kunden“ zur Verfügung. Die Liste der EV1-Nutzer liest sich mit Namen wie Tom Hanks, Peter Horton oder Ralph Nader wie ein „Who is Who“ des liberalen, aufgeklärten und politisch-korrekten Amerikas. Doch nach wenigen Jahren nahm General Motors alle EV1 zurück und verschrottete die Fahrzeuge. General Motors begründete diesen Schritt mit der teuren Verpflichtung zur Ersatzteilversorgung, die zu erfüllen sei, wenn die Fahrzeuge in Kundenhänden bleiben würden.
Who killed the electric car?
Der Dokumentarfilm „Who killed the electric car?“ formuliert die Vermutung, dass General Motors – wie der Rest der Autoindustrie – das Interesse am Elektroauto verlor, als es der Auto- und Ölindustrie gelang, den „Clean Air Act“ und das „Zero Emission Mandate“ zu kippen. Trotzdem wurde gerade in den 1990er-Jahren das Elektroauto tatsächlich wesentlich weiterentwickelt. Leichtbau wurde Standard. Die Entwickler verabschiedeten sich von Blei-Säure-Batterien. Mit Natrium-Schwefel-Batterien wie im BMW E1 oder Nickel-Metallhydrid-Akkumulatoren wie im EV1 stieg die Reichweite der Fahrzeuge auf deutlich mehr als 200 Kilometer an.
Der Tesla Roadster legt mit einer Ladung seiner Lithium-Ionen-Akkus inzwischen sogar rund 350 Kilometer zurück. Trotzdem blieben die Stückzahlen bisher überschaubar. Wobei in den vergangenen zehn Jahren die Anzahl der angebotenen Elektroautos spürbar zunahm. Größere Elektroauto-Stückzahlen verkaufen sich bisher jedoch nur als Hybridfahrzeug. Toyota stellte dazu 1997 mit dem „Prius“ das erste hybride Modell der Großserie vor. In den USA und in Japan verkaufte Toyota inzwischen mehr als 1.000.000 „Prius“. In Europa, wo der „Prius“ seit 2000 zu haben ist, entschieden sich bisher gut 300.000 Käufer für das hybride Fahren.
Die deutschen Hersteller tun sich bisher recht schwer
Auch der Weg zum Hybrid-Fahrzeug war lang. Audi stellte 1990 auf dem Automobilsalon in Genf mit dem „Audi 100 Avant Duo“ sein erstes Hybridfahrzeug vor. Ein 136 PS starker Fünfzylinder-Benziner trieb bei diesem Prototypen die Vorderräder an, ein zuschaltbarer Elektromotor mit 12 PS die Hinterräder. Doch der dann ab 1994 im Handel verfügbare „Audi 80 Duo“ erwies sich ebenso wie der ab 1997 angebotene „Audi A4 Duo“ als weitestgehend unverkäuflich.
BMW stellte die Entwicklung des Elektrofahrzeugs „BMW E1“ nach einem Brand des Versuchsträgers ein. Zurzeit arbeiten die Bayern daran, die wichtigsten Baureihen des Konzerns mit hybriden Varianten zu ergänzen. Mit der Konzernmarke Mini beteiligt sich BMW bereits regelmäßig an Feldtests. Mercedes-Benz bietet in der aktuellen „S-Klasse“ seit dem Sommer 2009 eine Hybridversion an. Porsche kündigte mit dem „918 Spyder“ einen Mittelmotor-Sportwagen mit Hybridantrieb an. Der Sportwagen soll mit 220 PS starken Elektromotoren rund 25 Kilometer weit fahren können – ohne Hilfe seines 500 PS starken Ottomotors.
A better place?
Während die großen Hersteller die Marktreife ihrer Elektrofahrzeuge hauptsächlich mit Hybridfahrzeugen anstreben, versuchen sich kleinere Hersteller weiter am reinen Elektroauto. Auf der IAA im vergangenen September schien es fast so, als ob tatsächlich eine Zeitenwende begonnen habe. In der Halle der Elektromobilität erinnerte vieles an die Gründertage des Automobils. Damals wurden in Industrieregionen wie den britischen West Midlands an jeder zweiten Ecke Autohersteller gegründet. Vielleicht wird in der neuen kleinen Firmen gerade die Grundlage für den Durchbruch des Elektroautos geschaffen.
Dazu könnte die Firma „better place“ gehören. Denn „better place“ will ein Wechselakkusystem etablieren. Elektroautofahrer sollen in sogenannten „Quickdrop-Stationen“ die leeren Akkus ihres Fahrzeugs gegen frische Akkus tauschen können. Den Tausch sollen vollautomatische Roboter übernehmen. Er soll kaum länger als ein herkömmlicher Tankstopp dauern. Das klingt nach einer ganzen Menge Zukunftsmusik. Und es wird zunächst nur mit ausgewählten Elektroautos von Renault funktionieren.
Für den Rest der Autowelt wird es wohl heißen: Solange Tanken praktischer als Laden ist, fahren wir kein Elektroauto.
NB
6. April 2012Leider habt Ihr spannende aktuelle Entwicklungen wie Tesla vergessen. Wer einmal das Vergnügen hatte die Beschleuniung
Tom
9. April 2012Stimmt, den Tesla haben wir nur als Meilenstein der Reichweite am Rande erwähnt.
Gunnar
19. April 2012Die Lösung ist die Brennstoffzelle: Getankt wird da Wasserstoff, das ist funktioniert dann wie beim Autogas.
Schmidt
19. April 2012Also die Fragestellung suggeriert ja ein entweder oder….ihr habt die Entwicklung wudnerbar nachgezeichnet und ich denke mal da steht uns noch großes bevor. Was mich jedoch viel mehr interessiert – die Entwicklungen wie Tesla. Wo finde ich da mal was gutes zu…Hör jetzt zum ersten Mal davon. Lieben Gruß SChmidt
Tom
19. April 2012@SChmidt: Nunja, wir sind und bleiben ja erstmal ein Magazin für Oldtimer, Youngtimer und historischen Motorsport. Insofern endet bei uns das Elektroauto mit Fahrzeugen wie dem Sinclair C5 oder dem CityEL.Der Tesla ist da viel zu modern, schließlich kann man den in München sogar neu kaufen. 😉
Delcie
28. September 2012I was reading thru and find that the sites content is good and well written.