24. Juni 1910 – Gründung von Alfa Romeo

Heute vor exakt 99 Jahren gründeten Geschäftsleute in der Lombardei die „Anonima Lombarda Fabbrica Automobili“ – kurz: A.L.F.A. Von Beginn an zeichnen sich die Produkte der jungen Firma durch ihre Sportlichkeit aus. Keine andere Marke gewinnt häufiger die sagenumwobene Mille Miglia. Zum 99. Geburtstag blickt AutoNatives.de auf die Geschichte der heute als Alfa Romeo bekannten Firma zurück.

Ugo Sivocci auf dem Weg zum Sieg bei der Targa Florio 1923
Der Alfa Romeo RL war der erste Sechszylinder von Alfa Romeo. Mit ihm gewann Ugo Sivocci die Targa Florio 1923 – Foto: Alfa Romeo | Stellantis

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Henry Ford sagte einmal, er ziehe den Hut, wann immer er einen Alfa Romeo sehe. Der Gründer des Autobauers Ford drückte damit seine Bewunderung für die oftmals wegweisende Technik der in Mailand beheimateten Marke aus. Genau diese Technik war immer wieder auch die Grundlage für aufsehenerregende Rennerfolge. Schon der erste A.L.F.A., der für seine Robustheit gerühmte 24 HP, erreichte dank eines 42 PS starken Vierliter-Vierzylinder-Motors die für seine Zeit fantastische Höchstgeschwindigkeit von 100 Kilometern pro Stunde.

1911 führten Franchini / Ronzoni mit dem A.L.F.A. die Targa Florio an, um das Rennen in der letzten Runden nach einem Radschadens aufgeben zu müssen. Zwei Jahre später debütierte im A.L.F.A. 40-60 HP ein 6,0-Liter-Vierzylinder mit obenliegenden Ventilen. Für die Rennversion entwarf Konstrukteur Giuseppe Merosi sogar einen 4,5-Liter-Motor mit zwei obenliegenden Nockenwellen und Vierventiltechnik. Mit der „Aerodinamica“ genannten Karosserie in luftwiderstandsoptimierter Tropfenform erreichte der 40-60 HP so eine Spitzengeschwindigkeit von fast 140 km/h.

1915 wird aus A.L.F.A. Alfa Romeo

Trotzdem ist A.L.F.A. wirtschaftlich nicht erfolgreich. 1915 übernimmt der Industrielle Nicola Romeo die Firma. Als A.L.F.A. wird damit Alfa Romeo. 1922 präsentiert der Autobauer aus Mailand im RL seinen ersten Sechszylinder. Der schöpft aus drei Litern Hubraum 56 PS Leistung. Und ist die Grundlage für den kleineren RM mit vier Zylindern. Beide Fahrzeuge fahren umgehend bei den damals beliebten Straßenrennen wichtige Erfolge ein. 1923 fahren die ersten Drei der Targa Florio einen RL.

Alfa Romeo P3 bei den Silverstone Classic 2010
Alfa Romeo P3 – Grand Prix-Renwagen aus der ersten erfolgreichen Epoche bei Alfa Romeo (Foto: Tom Schwede | AutoNatives.de)

In den Folgejahren setzt sich der Autobauer auf fast allen Rennstrecken der Welt erfolgreich in Szene. Der kompressorgetriebene P2 gewinnt 1925 erstmals die Grand-Prix-Weltmeisterschaft. Ein Erfolg, den die Mailänder stolz zur Schau tragen. Denn sie erweitern ihr Markenzeichen um einem Lorbeerkranz. Unter Rennleiter Enzo Ferrari fahren Tazio Nuvolari, Louis Chiron und Rudolf Caracciola mit dem P3 von Sieg zu Sieg. Damit steigt Alfa Romeo zur wohl faszinierendsten Automobilmarke ihrer Zeit auf.

Die Sporterfolge beflügeln die Serienmodelle! Die Folge ist der Wandel von der Manufaktur zum Serienhersteller!

Die Siege auf der Rennstrecke färben bald auf die Serienfahrzeuge ab. In einer goldenen Ära entstehen Klassiker wie der sechszylindrige 6C 1750 (ab 1927) und der 8C mit acht Zylindern (ab 1931). Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 205 km/h galt der Alfa Romeo 8C in den 1930er Jahren als das schnellste Serienauto der Welt. Nach dem zweiten Weltkrieg vollzieht der Autobauer den Sprung von der Manufaktur zum Serienhersteller und bewahrt die typische Dynamik der Modelle.

Alfa Romeo 8C 2900 B Touring Coupé (1937-1939)
Der Alfa Romeo 8C, hier als 8C 2900 B Touring Coupé (1937-1939) war der Supersportwagen seiner Zeit. (Foto: Alfa Romeo | Stellantis)

Ab 1950 sorgt die noble Limousine 1900 sorgt für Aufbruchstimmung. Anmutige Coupé- und Cabriolet-Versionen verstärken den Trend. Und erneut befeuern Sporterfolge den Verkauf. Mit vier Alfa Romeo auf den ersten vier Startplätzen beginnt 1950 in Silverstone das erste Formel-1-Rennen der Geschichte. Giuseppe „Nino“ Farina gewinnt mit dem Tipo 159 das Rennen. Im gleichen Jahr sichert Farina seinem Arbeitgeber auch die erste Formel-1-Weltmeisterschaft. Ein Jahr später holt sein argentinischer Markenkollege Juan Manuel Fangio einen weiteren Formel-1-Titel nch Mailand.


Die Autos werden günstiger und bleiben trotzdem sportlich!

Mit der Giulietta erobern die Italiener 1954 das 1,3-Liter-Segment. Damit laufen sich die Mailänder warm für die ab 1962 angebotene Giulia. Sie definiert – im Rückblick – das Urmaß der modernen Sportlimousine. Praktisch für die Familie und trotzdem dynamisch auf der Straße. Ihr stellen die Verantwortlichen bald die Giulia Sprint GT, den wunderbaren Junior Zagato und die epochale Giulia Sprint GTA mit Aluminium-Karosserie zur Seite. Die GTA knüpft erfolgreich an die Sporttradition der Marke an und sichert Alfa Romeo sieben Titel in der Tourenwagen-Europameisterschaft.

Alfa Romeo Giulia Coupé 1300 GTA Junior Corsa (1968-1972)
Alfa Romeo Giulia Coupé 1300 GTA Junior Corsa (1968-1972) – Foto: Alfa Romeo / Stellantis

1966 feiert der Alfa Romeo Spider Premiere. Dustin Hoffman entflieht mit ihm im Film „Die Reifeprüfung“ den Reizen von Mrs. Robinson, die einschlägige Internetseiten heute als MILF bezeichnen. Losgelöst davon symbolisiert der Alfa Spider, wie die Fans den Roadster nennen, bis 1993 die Sehnsucht nach Freiheit und „Dolce vita“ praktisch im Alleingang. Denn nach der Veröffentlichung des Buchs „Unsafe at any speed“ des US-Anwalts und Verbraucherschützers Ralph Nader bricht der Markt für kleine offene Sportwagen fast vollständig zusammen. Das Buch gilt als einer der Sargnägel der britischen Autoindustrie, die stark vom Export ihrer Roadster nach Nordamerika lebte.

Trotzdem geriet Alfa Romeo in Schwierigkeiten

Von 1970 bis 1977 baut Alfa Romeo den eleganten Montreal. Der Sportwagen basierte auf einer Designstudie, die 1967 auf der Weltausstellung in Montréal stand und das Publikum faszinierte. So folgt drei Jahre später ein Serienmodell mit dem V8-Motor, der sonst den in Le Mans oder bei der Targa Florio bewährten Tipo 33 antreibt und die Marken- sowie die Sportwagen-Weltmeisterschaft gewinnt. Damit unterstreicht Alfa Romeo eindrucksvoll die eigenen Ansprüche. So setzt die Giulia mit Scheibenbremsen an allen vier Rädern, einem Fünfgang-Getriebe und vor allem ihrem Motor mit zwei obenliegenden Nockenwellen und einer Mehrfach-Vergaseranlage Maßstäbe.

Alfa Romeo Giulia TI Super
Mit der Alfa Romeo Giulia schuf Alfa Romeo das Urmaß der modernen Sportlimousine! (Foto: Alfa Romeo | Stellantis)

Andere Hersteller wie BMW folgen diesen Trends teilweise erst Jahre später. Doch die Technik hatte ihren Preis. 1972 lag der Preis der Giulia 1600 deutlich über dem Preis eines vergleichbaren BMW 2002. Damit blieb die Giulia außerhalb Italiens einer kleinen überschaubaren Fangemeinde vorbehalten. Ab den 1970ern litt zudem der Ruf der Marke durch die die preiswerten, nicht in Mailand sondern aus politischen Gründen in Süditalien produzierten Alfasud mit Vorderradantrieb und Boxermotor. Sie galten als genauso sportlich wie rostanfällig. Doch auch bei anderen Modellen gibt es immer Probleme mit der Verarbeitung. Das beschädigt den Ruf der Marke weiter.

Die Rettung durch FIAT

1985 debütiert mit dem Alfa Romeo 75 eine neue Mittelklasse-Limousine. Der Name weist auf das 75. Firmenjubiläum hin. Die Vorstellung des 75 ist der letzte Kraftakt des seit 1933 staatlichen Autobauers. Denn als Folge der Weltwirtschaftskrise, die Ende der 1920er-Jahre begann, übernahm die italienische Staatsholding INI die Mehrzahl der Unternehmen aus dem Besitz von Nicola Romeo. Dem Staat ging es dabei primär um den Zugriff auf die Flugzeugfabriken des Unternehmers. Der Autobauer war nur ein Beifang, dessen Verluste fortan über Jahrzehnte im Haushalt der Holding aufgingen.

Mitte der 1980er-Jahre riß den Verantwortlichen langsam der Geduldsfaden. Es war die Zeit, als die Mehrzahl der Länder der Europäischen Gemeinschaft – wie die EU damals noch hieß – ihre Staatsbeteiligungen abbaute. Privatisierung war das Schlagwort der Zeit. 1986 verkaufte die Staatsholding ihren Autobauer an FIAT. Die neuen Inhaber vereinigte Alfa Romeo gemeinsam mit Lancia zur Alfa-Lancia Industriale S.p.A. Aus dem 75, wird für viele Alfisti der letzte echte Alfa Romeo. Denn mit seinem Nachfolger, dem Alfa Romeo 155 vollzieht auch Alfa Romeo die Umstellung auf Frontantrieb.

Der Alfa Romeo 155 aus der DTM von Nicola Larina auf der Techno Classica 2010 in Essen.
Der Alfa Romeo 155 aus der DTM von Nicola Larina auf der Techno Classica in Essen. (Foto: Tom Schwede | AutoNatives.de)

Trotzdem liefert der Alfa Romeo 155 die Basis für einen der erfolgreichsten Renntourenwagen der Neuzeit. Nach Erfolgen im italienischen Championat wechselt die Marke Alfa Romeo in die DTM/ITC, um hier Siege und Titel zu erringen. Mit seinem nach dem freizügigen Klasse-1-Reglement aufgebauten Alfa 155 siegt Nicola Larini 1993 bei seinem ersten Auftritt auf der Nordschleife. An sein Duell mit Mercedes-Pilot Klaus Ludwig blieb vielen Fans bis heute in guter Erinnerung. In Laufe der Jahre wurde es ist es um Alfa Romeo immer stiller. Die Produkte waren Ableger der FIAT-Modelle.

Erst beim Alfa Romeo 8C Competizione darf die FIAT-Tochter auf der IAA 2003 ein AUto zeigen, dass an die Ursprünge der Marke erinnert. Doch mit einem Preis von mehr als 200.000 Euro kommt der Sportwagen nur auf kleine Stückzahlen. Doch Besserung ist (möglicherweise) in Sicht. Denn für den anstehende 100. Geburtstag kündigt Alfa Romeo interessante Neuigkeiten an, die den Mythos der Marke weiterleben lassen sollen. Wir sind gespannt!

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