Das „Hero Car“ ist wieder da – der Original Ford Mustang GT Fastback aus Bullitt kehrt ins Rampenlicht zurück!

1968 glänzte Steve McQueen im Spielfilm „Bullitt“ in der Rolle eines coolen Großstadtpolizisten. Dessen Ford Mustang GT Fastback rollte jetzt bei der North American International Auto Show (NAIAS) in Detroit auf die Bühne zurück.

Der Spielfilm „Bullitt“ ist ein Film-Klassiker. Übrigens nicht nur unter Auto-Freunden. Denn es gibt ernsthafte Kulturjournalisten, die dem Spielfilm dafür verantwortlich halten, dass modebewusste Männer vor fünf Jahrzehnten plötzlich Rollkragenpulli trugen. Auto-Freunde begeistert die legendäre Verfolgungsjagd in der Mitte des Films. Diese fast elf Minuten Filmgeschichte machten nicht nur den Film, sondern auch den Ford Mustang GT Fastback, den Steve McQueen in dem Film bewegt, zum Klassiker.

Das erstaunt durchaus. Denn die Szene ist gespickt mit einigen – nennen wir es mal vorsichtig – „Auffälligkeiten“. Der Dodge Charger R/T, den McQueen mit seinem Mustang jagt, verliert mehr Radkappen, als das Auto Räder hat. Zudem überholen die Protagonisten einen VW-Käfer viermal an der gleichen Stelle. Kaum zu glauben, dass Regisseur Peter Yates hier einfach nur ein paar Film-Fehler passiert sind.

Denn Hauptdarsteller Steve McQueen galt bei Fahrszenen als Perfektionist. Kaum zu glauben, dass der Hobby-Rennfahrer akzeptiert hätte, auf der Verfolgungsjagd zwar 16-mal herauf, aber nie herunterzuschalten. Insofern nahm sich der Film hier wohl selbst auf die Schippe. Eine Einschätzung, die auch die Schlussszene, in der Staatsanwalt Chalmers in ein Auto mit dem Aufkleber „Support your local police“ steigt, unterstreicht.

Beim Dreh zu Bullitt gab es zwei Ford Mustang!

Bei den Dreharbeiten zu Bullitt kamen zwei unterschiedliche Ford Mustang zum Einsatz. Ein Exemplar nutzte die Crew rund um Regisseur Peter Yates bei den Stunts. Wegen der spektakulären Sprungszenen in den Straßen von San Francisco taufte die Crew dieses Auto auf den Namen „Jumper Car“. Die Filmcrew modifizierte diesen Mustang für die Stuntszenen umfangreich.

Das andere Auto taufte die Crew auf den Namen „Hero-Car“, weil es bei den Fahrszenen mit Steve McQueen zum Einsatz kam. Spannend, dass die Fahrgestellnummern der beiden 1968er-Mustangs direkt aufeinanderfolgen. Im „Jumper-Car“ ist 8R02S125558 als Fahrgestellnummer eingeschlagen. Das „Hero-Car“ verlies als 8R02S125559 das Werk der Ford Motor Company im kalifornischen San Diego.

Umbau durch Max Balchowsky

Für die Dreharbeiten modifizierte Hollywoods Spitzentuner Max Balchowsky beide Fahrzeuge umfangreich. Balchowsky steigerte die Leistung des 6,4 Liter großen V8 mit gefrästen Zylinderköpfen, neuen Vergasern und einem geänderten Verteiler. Um die Kraft des getunten Motors zu bändigen, ersetzte Balchowsky das Seriengetriebe durch ein Tuner Borg-Warner T-10 Viergang-Schaltgetriebe mit extrastarker Borg-Warner Kupplung.

Zudem kürzte der begnadete Autoschrauber die Hinterachsübersetzung und überarbeitete auch das Fahrwerk des Sportwagens. Neben verstärkten Stossdämpferdomen, Domstreben und Stabis zogen Koni-Stossdämpfer und härtere Federn in den Mustang ein. Balchowsky fuhr „seine“ Autos übrigens gern auch vor der Kamera. Im Meisterwerk „Grand Prix“ von John Frankenheimer wirkte der Amerikaner als Stuntfahrer mit.

Nach den Dreharbeiten zu „Bullitt“ trennten sich die Wege der beiden Filmautos. Dem „Jumper Car“ setzen die Dreharbeiten ziemlich zu. Deshalb verkaufte die Produktionsfirma das beschädigte Fahrzeug an einen Aufbereiter. Anfang des letzten Jahres tauchte das „Jumper Car“ im mexikanischen Baja California wieder auf. Auch das „Hero Car“ verkauften die Verantwortlichen.

Mehr als vier Jahrzehnte gab es regelmäßig neue Gerüchte dazu, wo das „Hero-Car“ sein könnte. Trotzdem blieb der Mustang verschollen. Alle Recherchen endeten in einer Sackgasse. Trotzdem nutzte Ford Anfang der 1990er-Jahre die Popularität des Mustangs, um für den Ford Puma zu werben. Doch mangels Original musste Ford für einen Werbespot auf originales Filmmaterial und Computer-Animationen zurückgreifen.


Jetzt ist das „Hero Car“ zurück!

Vor ein paar Monaten meldete sich Sean Kiernan aus Hendersonville im US-Bundesstaat Tennessee bei Ford. Er habe das Filmauto von seinem Vater Robert geerbt, teilte der Mitdreißiger dem Autobauer mit. Sein Vater habe das Auto im Oktober 1974 in einer Kleinanzeige in der Auto-Zeitschrift „Road & Track“ gefunden und gekauft. Aufgegeben habe diese Anzeige damals ein Privatdetektiv aus New Jersey.

Der erwarb das Auto bereist 1970 von der Produktionsgesellschaft „Solar Productions“, die in einem Brief den Einsatz des Autos als Filmauto bestätigte. Hinter „Solar Productions“ stand übrigens Steve McQueen. „Bullitt“ war 1968 der erste Film, den Solar Productions für die Film- und Fernsehgesellschaft Warner Bros. realisierte. Nach den Dreharbeiten hatte dort niemand Interesse an dem getunten Mustang.

Trotzdem fehlte der Hinweis auf den Filmeinsatz nicht, als der zwischenzeitliche Besitzer das Auto 1974 zum Verkauf anbot:

„1968 Bullitt-Mustang, im Film gefahren von McQueen. Mit Nachweis. Gegen Gebot“

Käufer Robert Kiernan war trotzdem der einzige ernsthafte Interessent und bekam den Zuschlag. Heute ist nicht mehr nachvollziehbar, was der damals 26 Jahre alte Versicherungsangestellte für den Mustang bezahlte. Bekannt ist nur, dass der Preis deutlich über dem lag, was ein normaler 68er-Mustang damals in den USA kostete.

Das Filmauto diente jahrelang als Familienauto!

Familie Kiernan lebte in Madison im US-Bundesstaat New Jersey etwa 40 Kilometer von New York City entfernt. Während Vater Robert mit der Bahn zum Arbeitsplatz in New York pendelte, fuhr Kiernans Ehefrau mit dem Mustang zur Arbeit als Grundschullehrerin. Am Wochenende nutzte die Familie den Mustang für Ausflüge. Daran ändert sich auch nichts, als 1977 Steve McQueen Interesse an dem Ford bekundete.

Robbie Kiernan mit Bullitt
Robbie Kiernan mit Bullitt beim Familienausflug

Robert Kiernan lehnt selbst ab, als der „King of cool“ sich telefonisch nach dem Auto erkundigte. Einen schriftliches Angebot des Hollywood-Stars beantwortete Kiernan nicht. An dieser Haltung änderte sich auch nicht, als Kiernan den Mustang Anfang der 1980er-Jahre stilllegte. Trotzdem zog der Mustang später mit Familie Kiernan nach Tennessee um und wurde dort so etwas wie ein Familiengeheimnis.

In Tennessee arbeitete Robert Kiernan stattdessen mit anderen Vollblütern. Denn aus dem ehemaligen Versicherungsangestellten wurde im Südstaaten-Staat ein erfolgreicher Pferde-Rennsport-Manager. Über Jahre planten Vater und Sohn Kiernan, den Ford Mustang zu restaurieren. Doch dazu kam es erst nach dem Tod von Robert Kiernan, der 2014 an einer Parkinson-Erkrankung verstarb.

Sean Kiernan restaurierte den Ford Mustang aus Bullitt

Bis 2016 restaurierte sein Sohn Sean Kiernan den Ford Mustang. Wobei Kiernan Junior darauf achtete, möglichst viel von der Patina des Autos zu erhalten. Kiernan baute den Motor neu auf und ersetzte einige wenige Teile. Doch im Wesentlichen blieb die gesamte Ausstattung bei der Restaurierung unverändert. So ein Parkrempler, für den der Opa des heutigen Fahrzeugbesitzers sorgte, ist noch zu erkennen.

Nicht geschlossen wurden die Löcher der Kamera-Halterungen. Überhaupt entspricht der Mustang an vielen Stellen wieder dem Zustand bei den Dreharbeiten. Nur echten Kennern wird auffallen, dass die runden Außenspiegel aus dem Film irgendwann den viereckigen Serienteilen wichen. Zudem versiegelt eine Schicht Füller den Fahrzeuglack. Denn das Filmteam raute einst den Lack mit Kratzschwämmen auf, um Reflexionen zu vermeiden.

Pünktlich zum 50. Jahrestag der Produktion fuhr das „Hero-Car“ zurück ins Rampenlicht. Ford nutzte das Filmauto im Rahmen der North American International Auto Show (NAIAS) in Detroit, um auf ein aktuelles Mustang-Sondermodell, das allerdings nur in den USA verfügbar ist, hinzuweisen. Der aktuelle Ford Mustang ist ein spannendes Auto. Trotzdem glaube ich nicht, dass ein heutiger Mustang in 50 Jahren für so viel Staunen sorgen wird, wie das „Hero Car“ heute schafft.

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Ein Beitrag von:

Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!