Rennsport-Geschichten

Vor 60 Jahren: Formel 1-Weltmeisterschaft 1952

Die Formel 1-Weltmeisterschaft 1952 war vor 60 Jahren die dritte Saison der damals noch jungen Meisterschaft. Mit Alfa Romeo verlor der Automobil-Weltverband (FIA) vor Saisonbeginn ihr bisher einziges Weltmeister-Team. Damit erlebte die Formel 1-Weltmeisterschaft 1952 ihre erste Krise. Um die Meisterschaft zu retten, änderten die Regelhüter in einer Hauruck-Aktion die Regeln. Statt für die Grand Prix Fahrzeuge der 1947 definierten Formel 1 schrieben sie Anfang 1952 die Weltmeisterschaft für die Fahrzeuge der Formel 2 aus.

Alberto Ascari, hier 1950 beim ersten WM-Einsatz von Ferrari, gewann die Formel 1-Weltmeisterschaft 1952
Alberto Ascari gewann überlegen die Formel 1-Weltmeisterschaft 1952 – unser Foto zeigt Ascari zwei Jahre zuvor beim ersten Einsatz eines Ferrari in der Automobil-Weltmeisterschaft. (Foto: Ferrari)

Als die FIA und ihre „Commission Sportive Internationale“ (CSI) zwei Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs die Regeln für Grand Prix Fahrzeuge neu definierten, legten sie fest, dass in den Grand Prix-Rennwagen der höchsten Klasse aufgeladene Motoren mit bis zu 1.500 ccm oder Saugmotoren bis 4.500 ccm verwendet werden dürfen. Bei dieser Festlegung orientierte sich die CSI an den Hubraumgrenzen des Voiturettes genannten Unterbaus der vor dem Krieg ausgefahrenen Grand-Prix-Europameisterschaft.

Dies sollte sicherstellen, dass beim Wiederaufleben des Grand-Prix-Sports von Anfang an genügend Teilnehmer ins Rennen gehen. Denn anders als die Grand Prix Rennwagen der Werke hatten die Voiturettes der Privatfahrer den Zweiten Weltkrieg oftmals heil überstanden. Gleichzeitig gingen FIA und CSI davon aus, dass die Grand Prix Fahrzeuge wie vor dem Krieg schnell wieder die Werke anziehen würden. Was erfahrungsgemäß meist zu einer Explosion von Leistung und Kosten führt.

Daher stellten FIA und CSI den Grand Prix Fahrzeugen der zunächst als Formel A bezeichneten Top-Klasse mit der Formel B wieder einen Unterbau zur Seite, um Nachwuchsfahrer und Privatrennfahrer an den Sport zu binden. In der Formel B durften Saugmotoren bis zu 2.000 ccm und aufgeladene Motoren mit maximal 500 ccm eingesetzt werden. Aus der Formel A wurde bald die Formel 1 und sie ging ab 1950 in der Automobil-Weltmeisterschaft, der heutigen Formel 1-Weltmeisterschaft, an den Start.

Alfa Romeo begann bereits kurz nach dem Krieg begonnen, wieder Rennwagen zu bauen.

Grundlage des „Neubeginns“ war der 1937 als „Tipo 158“ konzipierte Grand Prix- Rennwagen. Als „T158 Alfetta“ dominierte dieses Fahrzeug nach Festlegung der Regeln der Formel A den Sport. Als die CSI – ein Jahr nach den Motorrad-Fahrern – auch eine Weltmeisterschaft ausschrieb, war Alfa Romeo praktisch unschlagbar. Wenn die Mailänder antraten, dann siegen sie auch. Alfa Romeo gewann sechs der sieben Weltmeisterschaftsrennen der Formel 1-Weltmeisterschaft 1950.

Nur bei den 500 Meilen von Indianapolis, die von 1950 bis 1960 ebenfalls zur Formel-1-Weltmeisterschaft zählten, gewann mit einem „Kurtis Kraft – Offenhauser“ ein anderes Fabrikat.Den Titel sicherte sich Alfa Romeo-Werksfahrer Giuseppe Farina. Ein Jahr später gewann mit Juan Manuel Fangio erneut ein Alfa Romeo Pilot den Titel. Doch in Mailand begriffen die Bosse des Unternehmens, dass das Geschäft mit teuren und luxuriösen Fahrzeugen wie dem Alfa Romeo 6C 2500 nicht genug ist, um das Engagement des Staats als Eigner von Alfa Romeo zu rechtfertigen.

Fangio mit dem Alfa Romeo 158
Alfa Romeo gewann mit dem Alfa Romeo 1958 schon das erste Rennen der Automobil-Weltmeisterschaft. Es folgten zwei Jahre drückender Überlegenheit. (Foto: Alfa Romeo)

Dank 1900 und Giulietta wird Alfa Romeo von der Fahrzeug-Manufaktur zum Großserienhersteller. Innerhalb von vier Jahren entstanden mehr 1900er als Alfa Romeo in seinen ersten 40 Jahre baute. Doch der Ausbau der Produktionskapazitäten kostete Geld und Alfa Romeo zog sich aus Kostengründen Ende 1951 aus der Formel 1 zurück. Die Italiener störte auch, dass die CSI 1951 bekannt gab, dass ab 1954 in der Formel 1 nur noch Saugmotoren bis zu 2.500 ccm oder aufgeladenen Motoren bis 750 ccm eingesetzt werden dürften. Alfa Romeo wusste, dass die Entwicklung teuer würde.

Die FIA und die CSI standen vor einem Problem!

Denn mit Alfa Romeo verloren die WM den überlegenen Hersteller und ein gutes Drittel des Startfelds. Der Rückzug traf die Funktionäre auf dem falschen Fuß. Nun sah alles nach einem Solo-Lauf für Ferrari und dünnen Startfeldern aus. Denn Hersteller wie Maserati mit dem 4CLT/50, Talbot-Lago mit dem T26C oder Simca-Gordini mit dem Type 15 konnten Ferrari genauso wenig das Wasser reichen die vereinzelt startenden ERA, OSCA, BRM oder HWM. Um die Startfelder der Formel 1-Weltmeisterschaft 1952 zu füllen, änderte die CSI kurzfristig die Regeln ihrer Weltmeisterschaft.

Erst Anfang 1952 gab sie bekannt, dass sie die Formel 1-Weltmeisterschaft 1952 und 1953 für Formel 2- Rennwagen ausschreibt. Deren Zweilitermotoren verfügten damals über weniger als 200 PS Leistung. Zuvor mussten die Piloten der Königsklasse je nach Motorenhersteller 380 bis 420 PS Leistung bändigen. Da Ferrari auch in der Formel 2 einen Leistungs-Vorsprung von rund 30 PS nutzen konnte, änderte die Entscheidung für neue Fahrzeugklasse nichts an der Vorherrschaft der Ferrari. Trotzdem funktionierte die Idee des Klassenwechsels.

Sechszylinder von Bristol
Der Sechszylinder von Bristol geht BMW zurück. Nach der Weiterentwicklung durch Bristol stiegt der Motor zum Standardantrieb der Formel 2 auf. Das half die Formel 1-Weltmeisterschaft 1952 zu retten. (Foto: Tom Schwede)

Denn mit dem Zweilitermotor des BMW 328 sowie seines britischen „Bruders“ von Bristol Cars gab es in der Formel 2 einen guten, standfesten und damit vergleichsweise günstigen Motor. Er kam in vielen unterschiedlichen Fahrzeugen zum Einsatz. Und mit der Entscheidung, in der Formel 1-Weltmeisterschaft 1952 die Formel 2 einzusetzen, hatten mit Aston Butterworth, Cooper, Connaught und Frazer-Nash aus Großbritannien oder AFM oder Veritas aus Deutschland auf einen Schlag zahlreiche Hersteller ein Fahrzeug für die Weltmeisterschaft.

Zum Siegen war in der Formel 1-Weltmeisterschaft 1952 ein Ferrari notwendig!

Die große Anzahl von einsetzbaren Fahrzeugen machte die Formel 1-Weltmeisterschaft 1952 auch für zahlreiche Privatfahrer interessant. Insgesamt gingen in der Saison 1952 inklusive des Rennens in Indianapolis 132 Piloten bei einem WM-Rennen an den Start. Bereits beim Saisonauftakt beim Großen Preis der Schweiz auf der Rennstrecke Bremgarten bei Bern siegte mit Piero Taruffi ein Ferrari-Fahrer. Alberto Ascari, der Spitzenfahrer des Teams lies das Rennen in der Schweiz aus, da gleichzeitig (!) in Indianapolis die Qualifikation für das „500 Meilen Rennen“ durchgeführt wurde.

Denn Ferrari wollte mit einem Start im Nudeltopf die Bekanntheit seiner Marke auf der anderen Seite des großen Teichs steigern. Doch mit dem vom Formel 1 Rennwagen des Vorjahrs angeleiteten „Ferrari 375 Indianapolis“ konnte sich Alberto Ascari in Indianapolis nur mit Mühe qualifizieren. Im großen amerikanischen Rennen war der Italiener mit seinem 4.500 ccm großen Motor ohne Chance gegen die amerikanische Konkurrenz mit ihren bis zu 6.700 ccm großen Motoren. Hinzukam, dass die Speichenräder des Ferraris den Belastungen der Oval-Strecke nicht gewachsen waren.

Die Amerikaner rüsteten ihre Rennwagen bereits mit modernen Magnesium-Rädern aus. Den Sieg sicherte sich Troy Ruttman in einem Kuzma-Offenhauser. Nebenbei stellte der Amerikaner dabei einen Rekord auf, der mehr als 50 Jahre Bestand haben sollte. Denn bis zum Sieg Fernando Alonsos in Ungarn 2003 war Troy Ruttman der jüngste Sieger eines Laufs zur Formel 1-Weltmeisterschaft. Fortsetzung fand die Formel 1-Weltmeisterschaft 1952 im Juni mit dem Großen Preis von Belgien. Gefahren wurde auf der 14,12 Kilometer langen Strecke mit den Vollgaspassagen von Burnenville, Malmedy und Stavelot.

Mike Hawthorn debütierte 1952 in der Weltmeisterschaft

In dieser Konfiguration wirkt selbst die heutige Strecke in Spa „fast“ wie ein „Micky-Maus-Kurs“. Mit einem klaren Triumph von Alberto Ascari brachte das Rennen einen Vorgeschmack auf die kommenden Rennen. Zumal Ferrari dank eines zweiten Rangs von Giuseppe Farina einen überlegenen Doppelsieg feiern konnte. Mit einem vierten Platz in einem Cooper-Bristol T20, dem einzigen Formel 1-Rennwagen von Cooper mit Frontmotor, sicherte sich Mike Hawthorn bei seinem Formel-1-Debüt sofort seine ersten WM-Punkte.

Ferrari 500 F2 von 1951/52
Der Ferrari 500 F2 war das überlegene Auto der Formel 1-Weltmeisterschaft 1952. (Foto: Ferrari)

Hawthorn sollte im weiteren Saisonverlauf mit seinem privaten Cooper noch mehrmals mit solch positiven Ergebnissen aufwarten können und fuhr sich so in das Notizbuch von Enzo Ferrari. Das Regenrennen um den Grand Prix von Frankreich in Rouen-les-Essarts wurde erneut eine sicherte Beute von Alberto Ascari. Der Italiener überrundete bei seiner Siegesfahrt alle anderen Teilnehmer und siegte vor den Teamkollegen Giuseppe Farina und Piero Taruffi.

Auch beim Großen Preis von Großbritannien feierte Ascari einen überlegenen Sieg. Erneut überrundete der Sohn des legendären Antonio Ascari das gesamte Feld. Zweiter wurde Piero Taruffi vor dem jungen Mike Hawthorn, der sich damit bereits im dritten Formel 1-Rennen seine erste Podestplatzierung sichern konnte. Schon beim nächsten Rennen auf dem Nürburgring, drei Rennen vor dem Saisonende, sicherte sich Alberto Ascari mit einem weiteren Erfolg vorzeitig den Titel des Fahrerweltmeisters.

Vorzeitig zum Titel der Formel 1-Weltmeisterschaft 1952: Alberto Ascari

Alberto Ascari profitierte bei seinem Titelgewinn sicherlich auch davon, dass der Titelverteidiger Juan Manuel Fangio bei Maserati kein konkurrenzfähiges Material vorfand. Zudem fiel der Argentinier nach einem Unfall bei einem Rennen in Monza, das im Frühjahr nicht zur Formel 1-Weltmeisterschaft 1952 zählte, mit einer schweren Wirbelsäulen-Verletzung fünf Monate aus. Trotzdem war Alberto Ascari ein würdiger Weltmeister, der seinen Erfolg ein Jahr später sogar nochmals wiederholen konnte.

Im gesamten Jahr 1952 hatte Ascari seine Teamkollegen im Werksteam von Enzo Ferrari fest im Griff. Weder Piero Taruffi noch der 1950er-Weltmeister Giuseppe Farina konnten Ascari bei den Läufen der Formel 1-Weltmeisterschaft 1952 das Wasser reichen. Einen Eindruck, den Ascari auch nach dem vorzeitigen Titelgewinn bei den verbleibenden Saisonrennen um den Großen Preis der Niederlande in Zandvoort sowie dem Heimrennen um den Großen Preis von Italien in Monza eindrucksvoll bestätige.

Ferrari testete die Piloten und nicht die Autos

Denn Alberto Ascari siegte auch bei diesen Rennen ohne größere Probleme. Damit gewann der Italiener sechs der acht Saisonrennen. Neben der großen sportlichen Überlegenheit von Alberto Ascari blieb die Saison der Formel 1-Weltmeisterschaft 1952 so vor allem dadurch in Erinnerung, dass sich mit Mike Hawthorn ein nur 23 Jahre alter Brite in der Weltspitze des Motorsports etablierte. Als bester Nicht-Ferrari-Pilot belegte der Debütant in der WM Platz vier und wurde prompt von Enzo Ferrari verpflichtet.

Obwohl der „Commendatore“ nicht begeistert war, als Hawthorn im Herbst 1952 zum Kennenlernen in Begleitung seines Vaters und des bewährten Cooper-Bristol in Maranello erschien. Hawthorn wollte diesen vor einer Unterschrift bei Ferrari mit dem italienischen Rennwagen vergleichen. Nach dem Verständnis von Enzo Ferrari ging es bei dem Treffen in Maranello nicht um einen Test des Ferraris, sondern um einen Test des Piloten. Trotzdem wurden sich beide einig und der Aufsteiger der Formel 1- Weltmeisterschaft 1952 wechselte zu Ferrari.

Zudem blieb die Formel 1-Weltmeisterschaft 1952 in Erinnerung, weil die CSI in dieser Saison nicht nur die Leistung reduzierte, sondern auch die Weichen für mehr passive Sicherheit stellte. Denn die CSI schrieb zum Saisonbeginn den Einsatz von Helmen im Automobilsport verbindlich vor. An die Stelle von dünnen Lederkappen traten die sogenannten Braincaps, deren Helmschale den Bereich oberhalb der Ohren und des Nackens schützte.


Infos zum Titelbild dieses Beitrags:
Alberto Ascari, hier 1950 beim ersten WM-Einsatz von Ferrari, gewann die Formel 1-Weltmeisterschaft 1952

Foto: Ferrari

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