Finnland und Motorport? Das verbanden die Fans lange nur mit dem Rallye-Sport. Doch Keke Rosberg holte das nordeuropäische Land auch in die Herzen der Rundstrecken-Freunde. Im dritten Teil unserer Serie „Formel-1-Legenden“ werfen wir einen Blick auf die genauso interessante wie bunte Karriere des Formel-1-Weltmeisters von 1982.
Keijo Erik Rosberg – genannt „Keke“– erblickte am 6. Dezember 1948 als Sohn finnischer Eltern in Stockholm das Licht der Welt. Das Interesse am Motorsport lag vermutlich mit in der Wiege. Denn sein Vater, der im Alltag Zahnarzt war, fuhr in seiner Freizeit Rallyes. Ab 1965 nahm auch der Junior regelmäßig an Motorsport-Veranstaltungen teil. Als größter Erfolg dieser Zeit gilt Platz fünf bei der Kart-Weltmeisterschaft. Trotzdem war an eine professionelle Karriere noch nicht zu denken. Rosberg leistete den Militärdienst und absolvierte eine Ausbildung zum Systemanalytiker.
Nebenher trat Keke Rosberg in der Formel Vau an, deren Rennwagen von 1300er VW-Motoren aus dem Käfer angetrieben wurden. Um sich stärker auf den Motorsport zu konzentrieren, nahm Rosberg für – zunächst – ein Jahr unbezahlten Urlaub. Heute nennen wir so etwas Sabbatical. Die Anfangszeit war hart, trotzdem stieg der Finne bald zu einem Topfahrer der Formel V-Szene auf. Um mehr Rennen fahren zu können, zog der Finne in der Nähe des Hockenheimrings. Mit seinem teilweise wilden Fahrstil avancierte Rosberg auf Deutschlands Rennstrecken schnell zu seinem Publikumsliebling.
Wild, bunt und laut – aber erfolgreich
Noch heute schwärmen viele Zeitzeugen von dem Camaro, mit der Rennfahrer seine Rennwagen oft persönlich durch Europa zog. Zudem pflegte Rosberg einen auffälligen Kleidungsstil. Doch die größte Rolle dabei, dass das Publikum den Finnen liebte, spielte der Fahrstil. Rosberg war wild und schnell. Das ging auch schon mal daneben. Legendär der Auftritt beim Jim-Clark-Gedächtnisrennen. Rosberg fuhr einem Konkurrenten aufs Hinterrad. Es folgte ein spektakulärer Überschlag. Unverletzt und unerschüttert kletterte Rosberg aus dem zerstörten Boliden, um sich vor dem Publikum zu verneigen. Auf dem Kopf trug der Finne inzwischen einen Cowboy-Hut, den er zuvor aus dem Cockpit zog.
Mit der Zeit wurden die Ausfälle weniger. Rosberg begann immer häufiger, auch durch Leistung zu überzeugen. Ende 1975 sicherte sich der Finne die „Castrol GTX-Trophy“der Formel Super Vau. Es folgte der Aufstieg in die Formel 2-Europameisterschaft. Bereits nach wenigen Rennen fuhr Rosberg mit seinem Toj-BMW in Rouen erstmals in die Punkte. Bereits 1977 stieg der Finne auch in der zweiten Liga des Monopostosports erstmals ganz oben auf das Siegertreppchen. Am Steuer eines Chevron-Hart B40 sicherte sich Rosberg den Preis des Mittelmeers. Wer die Vollgasstrecke von Enna-Pergusa kennt, der weiß, auf Sizilien fahren traditionell nur die Unerschrockenen zum Sieg.
„Lehrjahre sind keine Herrenjahre“
Die Leistungen in der Formel-2-Europameisterschaft ermöglichten Keke Rosberg schon 1978 den Aufstieg in die Königsklasse. Das Team „Theodore Racing Hong Kong“ bot dem Finnen seinen Rennwagen an. Beim Debüt qualifizierte Rosberg den Theodore TR1 des Teams des Casino-Moguls Teddy Yip souverän. Im Rennen um den Großen Preis von Südafrika stoppte jedoch ein Kupplungsschaden die Fahrt vorzeitig. Doch beim zweiten Start mit dem Theodore TR1 setzte Rosberg einen echten Glanzpunkt: Denn der Finne gewann im März bei strömenden Regen von Silverstone die nicht zur WM zählende „Daily Express Trophy“. Was für Zeiten, bin Anfang der 1980er-Jahre gab es regelmäßig nicht zur WM zählende F1-Rennen.
Trotzdem mussten Rosberg und der Theodore in der WM weiter in die Vorqualifikation. Das war eine Hürde, die Fahrer und Rennwagen, nicht mehr überspringen konnten. Je weiter die Saison voranschritt, um so mehr Teams stellten neue Rennwagen vor. Der von Ron Tauranac konstruierte TR1 war veraltet und damit chancenlos. Das Team stellte den Rennbetrieb ein. Rosberg fand bei ATS eine Möglichkeit, um seine Karriere in der Formel 1 fortzusetzen. Dreimal ging der Finne für das Team des deutschen Felgenherstellers in der Königsklasse an den Start, um dann zu Theodore zurückzukehren. Denn Teamchef Teddy Yip kaufte fürs Comeback zwei gebrauchte Wolf. Damit war die Qualifikation kein Problem, zu Punkten reichte es jedoch nicht.
Anfang 1979 stand Keke Rosberg daher zunächst ohne Formel-1-Cockpit dar. Doch wie viele seiner damaligen Kollegen fuhr der Finne überall wo Geld zu verdienen war. Dazu zählten genauso Rennen der Formula Atlantic oder der CanAm-Serie in Nordamerika wie Sportwagen- und Tourenwagen-Rennen in Europa. 1978 startete der fleissige Finne nicht nur in der Formel 1 und trat insgesamt an 36 Rennwochenenden zu 41 Rennen an. Somit war Keke Rosberg auch nach dem Abschied aus der Formel 1 nicht beschäftigungslos. Bei Paul Newman, der damals Newman-Freeman Racing betrieb, fand Rosberg ein CanAm-Cockpit und gewann mit dem Spyder NF-10 des Teams bereits beim Saisonauftakt.
Keke Rosberg kehrt bei Wolf in die Formel 1 zurück
Trotzdem blieb die Königsklasse ein Thema. Als James Hunt nach dem Grand Prix von Monaco die Brocken hinwarf, öffnete sich eine Tür bei Wolf Racing. Keke Rosberg im Juli 1979 beim Großen Preis von Frankreich in die Formel 1 zurück. Doch am Ende des Jahres verlor auch Walter Wolf die Lust am teuren Spielzeug F1. Der Austro-Kanadier verkaufte das Team an Wilson und Emerson Fittipaldi. Keke Rosberg blieb an Bord und wird Fittipaldi-Pilot. Nach einem dritten Platz beim Saisonauftakt in Argentinien galt der Finne als etablierter F1-Pilot. Am Ende des Jahres sprang der 10. Platz in der WM-Wertung heraus. Doch 1981 blieben Rosberg und Fittipaldi punktlos. Teilweise verfehlte Keke Rosberg sogar die Qualifikation.
1982 brachte die Wende zum Erfolg
Nach dem Rücktritt von Alain Jones benötigte Frank Williams einen neuen Piloten. Der Brite bot Keke Rosberg einen Test an. Dabei konnte der Finne offensichtlich überzeugen, denn Williams verpflichtete Rosberg anschließend. Rosberg sollte an der Seite von Carlos Reutemann für Williams fahren und den Argentinier bei der Jagd nach dem Titel unterstützen. Das Selbstbewusstsein des Finnen schmälerte diese Vorgabe nicht. Legendär, wie sich Keke Rosberg unmittelbar nach der Vertragsunterzeichnung im Büro des Marathon-Läufers und bekennenden Zigaretten-Hassers Frank Williams demonstrativ eine Zigarette anzündete.
Doch nach zwei Saisonrennen verlor Nummer-1-Pilot Reutemann die Lust am Motorsport. „Lole“ erklärte seinen Rücktritt und zog sich nach Argentinien zurück. Das Cockpit von Reutemann übernahm für ein Rennen Mario Andretti. Rosberg war im Training zum Großen Preis der USA West in Long Beach deutlich schneller als der Ex-Weltmeister. Andretti verzichtete auf weitere Formel-1-Einsätze. Damit stieg Keke Rosberg plötzlich zum „Leader“ eines Topteams auf. Der Finne zahlte das Vertrauen mit Leistung zurück und gewann in Dijon den Großen Preis der Schweiz. Es blieb der einzige Sieg, doch Rosberg sammelte Kontakt Punkte. Und da es 1982 – neben viel Politik und dramatischen Unfällen – in den 16 Saisonrennen elf verschiedene Sieger gab, sicherte sich der Finne am Ende des Jahres damit überraschend den WM-Titel!
Vom Karriereende in den Unruhestand
Rosberg blieb bis 1985 bei Williams und gewann noch vier weitere Grand Prix. 1986 folgte noch eine Formel-1-Saison bei McLaren, wo der Finne neben Alain Prost jedoch farblos blieb. Anschließend zog sich Keke Rosberg aus dem Motorsport zurück. Nach gut 2 ½ Jahren Pause trat Rosberg mit einem Ferrari Mondial 1989 überraschend bei den 24 Stunden von Opa an. 1990 unterzeichnete der Ex-Weltmeister einen Vertrag bei Peugeot und trat im Peugeot 905 der Gruppe C an. Nach zwei Jahren wechselte Rosberg in die DTM, fuhr dort bis 1995 zunächst für Mercedes und dann für Opel.
In seiner letzten aktiven Saison trat Keke Rosberg mit einem vom eigenen Team Rosberg betreuten Opel Calibra an. Anschließend zog sich der Finne in Management zurück. Neben seinem Team kümmerte sich Rosberg als Manager um die Karriere seiner finnischen Landsleute JJ Lehto und Mika Häkkinen. Auch den Aufstieg seines Sohns Nico, inzwischen ebenfalls Formel-1-Weltmeister, in die Königsklasse begleitete Keke Rosberg nach Kräften. Nico Rosberg fuhr in der Formel BMW und der Formel 3 im Team seines Vaters. In Nicos Formel-1-Jahren hielt sich Keke Rosberg allerdings stets im Hintergrund, war trotzdem immer ein gern gesehener Gast im Fahrerlager.