Fahrberichte: Volvo

Fahrbericht: Volvo C40 Recharge Pure Electric 1st Edition (2022)

Erster Test des elektrischen Schweden mit 300 kW (408 PS) Systemleistung

Der neue Volvo C40 ist der erste Volvo, den es nur mit Elektroantrieb gibt. Damit bestehen nun keine Zweifel mehr, Volvo wird elektrisch. Tom Schwede konnte den Volvo C40 Recharge Pure Electric bereits für AutoNatives.de testen. Im Stadtverkehr, auf der Autobahn und der Landstraße nahm unser Autor den Nachfolger des V40 ausführlich unter die Lupe.

Tom Schwede, unterwegs im Volvo C40 Recharge Pure Electric
Tom Schwede unterwegs mit dem Volvo C40. Der Crossover aus SUV und Coupé ist nur mit Elektroantrieb verfügbar. Damit unterstreicht Volvo seine Transformation zum E-Auto-Hersteller. Technisch ist die Beschränkung auf den Elektroantrieb nicht notwendig. In China gibt es den dem Volvo C40 ähnlichen Lynk & Co 05 auch mit konventionellen Motoren.

Der Automarkt verändert sich. Vor wenigen Jahren war der Elektroantrieb noch die Domäne ausgewiesener Spezialhersteller oder blieb ausgewählten Sondermodellen vorbehalten. Inzwischen dringt elektrisches Fahren in den Mainstream vor. Der neue Volvo C40 ist ein gutes Beispiel dafür. Denn beim schwedischen Autobauer ersetzt der Fließheck-SUV den V40, den Volvo bis 2019 in der Kompaktklasse anbot. Der V40 war mit Otto- und Diesel-Motoren verfügbar, die ein Leistungsspektrum von 84 bis 187 Kilowatt abdeckten.

Den Volvo C40 gibt es ausschließlich mit Elektroantrieb!

Zum Start gibt es zunächst nur den Volvo C40 Recharge Pure Electric mit zwei Permanent-Magnet-Elektromotoren. Ihre Systemleistung beträgt 300 Kilowatt (408 PS), die von 4.300 bis 13.900 Umdrehungen pro Minute zur Verfügung stehen. Das maximale Drehmoment liegt bei 660 Newtonmetern. Es steht bereits beim Anfahren und bis zu einer Drehzahl von 4.350 Umdrehungen pro Minute zur Verfügung. Kein Wunder, dass der C40 bei Bedarf in 4,7 Sekunden aus dem Stand auf das Landstraßentempo von 100 Kilometer pro Stunde spurtet.

Wen diese Leistungsdaten erschrecken, schon im Mai folgt der Volvo C40 mit nur einem Elektromotor. Wer sich von diesem Antrieb ein Bild machen will, der findet hier im Blog Mitte März einen Fahrbericht des elektrischen Volvo XC40 Recharge. Denn der SUV, der technisch im Wesentlichen mit dem C40 identisch ist, ist bereits mit dem „schwächeren“ Elektroantrieb lieferbar. Im Rahmen der Fahrveranstaltung zum Volvo C40 Recharge Pure Electric konnten wir den XC40 Recharge ebenfalls bereits ausprobieren.

Tür öffnen, einsteigen, Gang einlegen und starten!

Der technische Fortschritt vereinfacht viele Dinge, die für uns heute noch selbstverständlich sind. Vor ein paar Jahren waren Zündschlösser eine Selbstverständlichkeit. Dann entdeckte die Autoindustrie den Startknopf. Wobei der eine oder andere Autobauer diesen dort platzierte, wo zuvor das Zündschloss saß. Richtig komfortabel war das nicht. Denn ich sehe gerne, worauf ich drücke. Besser waren eine Position auf dem Armaturenbrett oder der Mittelkonsole. Wobei dies teilweise Verrenkungen erforderte, um den Kopf zu drücken.

Der Volvo C40 kombiniert die Linie eines Coupés mit einem SUV. Dafür neigen die Gestalter die Heckscheibe stark. Das führt dazu, dass kaum noch Platz für die Scharniere der Heckklappe bleibt. Die Designer überdecken sie mit den Höckern am oberen Rand der Heckscheibe. Markant ist das Leuchtband der Rückleuchten.

Volvo geht einen Schritt weiter und verzichtet im C40 auf den Startknopf! Das verändert die Startprozedur auf eine angenehme Art und Weise. Denn es reicht jetzt, den Schlüssel in der Tasche zu haben und sich dem Volvo anzunähern. Der C40 öffnet sich wie von Zauberhand. Nun gilt es den Fahrersitz zu besetzen, den Gurt anzulegen, die Bremse zu betätigen und den Wahlhebel der 1-Gang-Automatik auf „Drive“ zu stellen. Dann steht der Abfahrt nichts mehr im Wege. Diese neue Startvorgang zeigt, wie sinnvolle Digitalisierung aussieht.

Richtig gemacht fehlen das Aufschließen, das Suchen und das Betätigen des Zündschlosses nur Nostalgikern. Ich denke, in der nächste Evolutionsstufe ersetzt das Smartphone den Schlüssel. Dass dies grundsätzlich möglich ist, zeigte Volvo schon 2017 im XC40 mit einer privaten Carsharing-Funktion. Ich frage mich, wie Händler dann wohl die Übergabe des Autos gestalten. Statt Schlüssel, Fußmatten und Blumen gibt es in Zukunft wohl nur noch den Aktivierungscode für die App. Digitalisierung ist nicht immer charmant!

Wie fährt sich der Volvo C40 Recharge Pure Electric?

Letztlich ist der Startvorgang ein Detail, ist graue Theorie, entscheidend ist auf der Straße. Und da weiß der Volvo C40 in vielen – aber nicht allen – Punkten zu überzeugen. Ich starte die Testfahrt in der Hamburger Innenstadt. Im Stadtverkehr, der an diesem Morgen nicht sehr dicht ist, will ich zur A7, um dann nach Kiel zu fahren. Auf dem Hinweg will ich die Autobahn nutzen und keine Rücksicht auf den Verbrauch nehmen. Zurück soll es auf der Landstraße gehen, um den Verbrauch zu senken und die Reichweite zu maximieren.

Tom Schwede, unterwegs in Kiel mit dem Volvo C40 Recharge Pure Electric
Für meinen Test des Volvo C40 Recharge Pure Electric lege ich mehr als 200 Kilometer mit dem Volvo C40 zurück. Wendepunkt ist das Kieler Holstein-Stadion.

Mindestens 200 Kilometer will ich den Volvo C40 testen. Beim Start ist der Akku zu 100% voll. Im kombinierten WLTP verspricht der 78 kWh fassende Lithium-Ionen-Akku des Volvo eine Reichweite von bis zu 444 Kilometern. Im Optimalfall sollte mein Akku am Ende der Tour also noch knapp halb voll sein. Allerdings regnet es. Beim Losfahren sind die Scheiben von innen beschlagen. Ich wurde auf dem Weg zum Auto nass, beim Einladen kam weitere Feuchtigkeit ins Auto.

Ohne Klimaanlage geht heute nichts!

Der Volvo C40 basiert wie der XC40 auf der CMA-Plattform (Compact Module Architecture). Wie bei Volkswagens MQB ist hier nur das Maß zwischen Pedalen und Vorderachse fest. Alle anderen Maße lassen sich variieren. Zudem funktioniert die Plattform mit Elektromotoren ebenso wie mit konventionellen Antriebssträngen. Der XC40 war 2017 das erste CMA-Modell. Auch der Polestar 2 sowie Autos von Lynk & Co sowie Geely nutzen die Plattform, die Volvo zusammen mit seinem chinesischen Hauptaktionär Geely entwickelte.

Das macht den C40 zur Fließheck-Version des SUV XC40 Recharge Twin, Radstand und Spurweite beider Fahrzeuge sind identisch. Die Verantwortlichen bei Volvo betonen gern die „Coupé-Anmutung“ des Neuen. Die Karosserie ist zweifelsfrei gelungen, gleichwohl mag ich mich nicht auf den Begriff Coupé einlassen. Denn dafür ist der C40 nach meinem Geschmack zu hochbeinig. Und über die Frage, ob ein Coupé fünf Türen haben kann, lässt sich sowieso trefflich streiten.

Infotainment-System im Volvo C40 Recharge Pure Electric
Das Infotainment-System des Volvo basiert jetzt auf Android Automotive. Volvo entwickelte es in Zusammenarbeit mit Google. Das holt als Navigationssystem Google Maps in den Volvo.

Doch so chic der Volvo C40 aussieht, das stark abfallende Dach schränkt die Sicht ein. Denn zwischen der Oberkante der Rückbank und der inneren Kante des Dachs bleibt nur wenig Raum zum Durchsehen. Immerhin lassen sich die Kopfstützen auf Knopfdruck umlegen, um die Sicht zu verbessern. Nett, aber ich musste an dieser Stelle an die Peilstäbe der S-Klasse der Mercedes-Baureihe W140 denken. Denn diese waren in meinen Augen ein Geständnis, dass das Auto unübersichtlich war.

Doch genug gemeckert!

Denn die schlechte Sicht nach hinten, ist der einzige Kritikpunkt, den ich beim Test des Volvo C40 Recharge Pure Electric finden konnte. Denn das Fahren geht tatsächlich leicht von der Hand. Ein Kamera-System, das einen 360 Grad-Blick bietet, hilft, als ich in einer engen Straße wenden muss. Eine Demonstration versperrt mir den Weg. Nach einer guten halben Stunde und viel Stop & Go erreiche ich im Norden Hamburgs endlich die Autobahn. Doch zunächst gilt hier ein Tempolimit, das dämpft meinen Vorwärtsdrang.

Erst in Schleswig-Holstein kann ich etwas schneller fahren. Theoretisch ist der elektrische Volvo 180 Kilometer pro Stunde schnell. Doch der dichte Regen und die schlechte Sicht lassen mich das Tempo deutlich darunter begrenzen. Erst kurz vor der Landeshauptstadt Schleswig-Holsteins kann ich kurz die Höchstgeschwindigkeit testen. Der Volvo C40 strebt dieser Marke problemlos entgegen, um schließlich beim Erreichen des Limits den Zuwachs der Geschwindigkeit sanft zu beenden.

Volvo C40 Recharge Pure Electric am Schwedenkai in Kiel
In Kiel besuche ich den Schwedenkai. Hier legten früher die Fähren nach Göteborg ab. Das passt, obwohl Volvo den C40 nicht am Stammsitz, sondern im belgischen Gent baut.

In Kiel sammle ich weitere Stadt-Kilometer. Wie schon im Hamburg fällt mir die gelungene Auslegung des One-Pedal-Drives auf. Denn der C40 lässt sich, wie weiland ein Autoscooter auf dem Rummel, mit nur einem Pedal fahren. Wer den Fuß vom Gaspedal nimmt, der leitet sofort eine Verzögerung ein. Die Entwickler entschieden sich für diese Auslegung, um die Energierückgewinnung zu maximieren. Nach einem Abstecher zum Schwedenkai, wo die Fähren zum Volvo-Stammsitz in Göteborg ablegen, mache ich mich auf den Rückweg.

Den Weg weist mir übrigens ein Navigationssystem, das Google Maps nutzt. Es sitzt, typisch Volvo, in der Mitte des Armaturenbretts. Neu ist, dass das Infotainment-System auf Android Automotive basiert. Neben Google Maps und Google Assistant lassen sich auch ausgewählte Apps aus dem Play Store installieren. Dabei empfängt das zusammen mit Google entwickelte System notwendige Updates und Kartendaten „over the air“ (OTA). Weshalb zum Auto vier Jahre lang ein unbegrenztes Datenvolumen gehört.

Fazit zum Volvo C40 Recharge Pure Electric:

Der Volvo C40 Recharge Pure Electric ist chic. Mir gefällt seine Linie besser als die des Bruders XC40, aber ich war auch noch nie ein SUV-Freund. Wie immer bei Volvo sind es die Details, die den Schweden liebenswert machen. Die dreidimensionale Struktur der Dekoreinlage auf der Instrumententafel und in den vorderen Türverkleidungen stammt von topographischen Karten des schwedischen Abisko-Nationalparks. Das braucht sicher kein Mensch, ist aber nett.

Ein Statement ist der Verzicht auf Leder. Denn Volvo nutzt in den vollelektrischen Modellen in Zukunft keine tierischen Produkte mehr. Neben dem Tierschutz steht dabei auch im Vordergrund, dass die intensive Nutztierhaltung weltweit für 14 Prozent der durch Menschen verursachten Treibhausgasemissionen verantwortlich sein soll. Volvo setzt stattdessen auf Textilien, die aus recycelten Materialien oder nachhaltig bewirtschafteten Anbau stammen.

Doch am Ende interessiert vor allem die Frage, welche Reichweite war mit dem Volvo C40 Recharge Pure Electric möglich?

Der Stadtverkehr in Hamburg und Kiel kostete viel Zeit. So wähle ich auf dem Rückweg doch die Autobahn. Sie ist jetzt weitestgehend trocken und überraschend leer. Ich kann nochmals die Höchstgeschwindigkeit testen. Zurück am Ausgangpunkt lasse ich den Computer Strecke, Verbrauch und verbleibende Reichweite anzeigen. Insgesamt war ich 220 Kilometer unterwegs. Mein durchschnittlicher Verbrauch lag bei 26,9 kWh pro 100 Kilometer. Das liegt 20 Prozent über dem Maximalwert des WLTP-Wert, den Volvo mit 22,3 kWh/100 km angibt.

Aber auch hier gilt die alte Weisheit davon, dass der Verbrauch immer eine direkte Folge des eigenen Fahrverhaltens ist. Mein Hochgeschwindigkeitsanteil war relativ hoch. Das trieb den Verbrauch nach oben. Wer so fährt wie ich, der kommt mit dem Volvo C40 Recharge Pure Electric knapp 300 Kilometer weit. Doch wie immer gilt, wer sich bei der Geschwindigkeit beschränkt, der kann den nächsten Tank- beziehungsweise Ladestopp später einplanen. Da unterscheidet sich das Elektroauto nicht vom Benziner. Und beim Fahren auch nicht.


Der Volvo C40 Recharge Pure Electric kostet in der 1st Edition 62.050 Euro. Im Fahrzeugpreis ist für 36 Monate eine kombinierte Kfz-Haftpflicht- und Vollkaskoversicherung enthalten. Der Selbstbehalt dieser Versicherung liegt bei 1.000 EUR in der Vollkasko- und 150 EUR in der Teilkaskoversicherung. Wer will, der kann die Versicherung abwählen. Volvo reduziert den Fahrzeugpreis in diesem Fall um 1.260 Euro. Dies beispielsweise notwendig, wenn der Nachwuchs den C40 begleitet fahren soll. Denn das Mindestalter des Fahrers legen die Versicherungsbedingungen auf 25 Jahre fest.


Infos zum Titelbild dieses Beitrags:
Tom Schwede unterwegs mit dem Volvo C40. Der Crossover aus SUV und Coupé ist nur mit Elektroantrieb verfügbar. Damit unterstreicht Volvo seine Transformation zum E-Auto-Hersteller. Technisch ist die Beschränkung auf den Elektroantrieb nicht notwendig. In China gibt es den dem Volvo C40 ähnlichen Lynk & Co 05 auch mit konventionellen Motoren.

Foto: Malte Dressel für Volvo

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Themen in diesem Artikel:

Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!

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