Auto-Erinnerungen

Mein unverschämtes Verhältnis … mit einem Volvo?

Mein unverschämtes Verhältnis – schon die Überschrift zeigt, Werbung in den 1970er war anders. Wer heute alte Anzeigen in die Finger bekommt, der erkennt den Unterschied sofort.

Anzeige – Mein unverschämtes Verhältnis
Mein unverschämtes Verhältnis. Volvo-Anzeige für den Volvo 144 — Den Volvo 144 bot Volvo von 1966 bis 1974 an. Der Kühlergrill deutet auf ein jüngeres Modell hin. (Foto: Volvo)

Denn wo heute allenfalls kurze Infos oder prägnante Botschaften stehen, da gab es vor fast 50 Jahren noch jede Menge Text. Mit der Textmenge, die die Verantwortlichen damals in ihre Anzeigen pressten, füllen ihre Enkel heute in sozialen Netzwerken wohl gleich mehrere Postings. Doch es gibt nicht nur quantitative Unterschiede. Auch inhaltlich veränderte sich in den vergangenen gut fünf Jahrzehnten jede Menge. Denn es ist heute wohl nicht mehr vorstellbar, dass ein Autohersteller für eine Anzeige so eine „Lebensbeichte“ erfindet, wie Volvo das in den 1970er-Jahren tat

Wobei das Erzählen von Geschichten auch heute noch üblich ist. Doch heute überläßt die Industrie dies den Influencern. Die füllen dann mit ähnlich wackeligen Geschichten ihre Accounts bei Instagram oder TikTok. Und am Ende gibt es eine Gemeinsamkeit. Denn genauso wie viele heutige Beiträge in sozialen Netzwerken befremdlich wirken, klingt auch die alte Auto-Anzeige aus heutiger Sicht ziemlich seltsam. Beide Geschichten – die von damals wie die von heute – klingen konstruiert. Das Erste, was auffällt ist, dass für die Mitglieder der Generation Y es offenbar eine „Nachricht“ war, wenn Frauen Auto fahren!

Mein unverschämtes Verhältnis. Wie sich Volvo der Frau als Zielgruppe näherte!

Was heute eine Selbstverständlichkeit ist, das galt vor gut 50 Jahren noch als Ausdruck besonderer Modernität. Deshalb war es offensichtlich erwähnenswert. Wobei der Rest der Anzeige – bei aller vorgegebenen Modernität – dann doch eher ein klassisches Rollenbild lebt. So verglich Volvo damals den Autokauf tatsächlich mit einer Heirat. Die Werber des Autobauers schrieben, dass die namenlose Dame „vernarrt in diesen Wagen“ sei. Das wirkt heute extrem rückständig. Trotzdem ist die Anzeige wohl ein gutes Beispiel dafür, wie sich die Autowelt damals der Frau als Zielgruppe näherte.

Selbst 2015 waren Frauen für die Autoindustrie gerne noch schmückendes Beiwerk.
Selbst 2015 waren Frauen für die Autoindustrie gerne noch schmückendes Beiwerk.

Denn zuvor waren Frauen in der Branche allenfalls schmückendes Beiwerk auf Automessen oder in Auto-Prospekten. Zudem lag damals die Zeit, als der Ehemann den Arbeitsvertrag seiner Frau ohne Zustimmung seiner Gattin kündigen konnte, noch nicht lange zurück. Erst 1958 strich der Gesetzgeber in Deutschland diese Möglichkeit. Nochmal vier Jahre später konnten verheiratete Ehefrauen erst ohne Zustimmung ihres Mannes ein eigenes Bankkonto eröffnen. Und erst 1969 galt eine verheiratete Frau als voll geschäftsfähig! Umso mehr überrascht, dass die Anzeige von Volvo trotz aller Veränderungen weiter mit alten Klischees spielte.

Das unterstreicht auch die Doppeldeutigkeit der Überschrift!

„Mein unverschämtes Verhältnis“ steht über der Anzeige. Das würde sich heute wahrscheinlich kein Hersteller mehr trauen. Aber damals warb Volvo ja auch noch mit der „Sicherheit aus Schwedenstahl“. Das klang für mich immer etwas nach „Panzer“ und wäre damit heute wohl auch nicht mehr gesellschaftskompatibel.


Infos zum Titelbild dieses Beitrags:
Mein unverschämtes Verhältnis. Volvo-Anzeige für den Volvo 144 -- Den Volvo 144 bot Volvo von 1966 bis 1974 an. Der Kühlergrill deutet auf ein jüngeres Modell hin. (Foto: Volvo)

Foto: Volvo

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