Auto-Erinnerungen

VW Transporter – herzlichen Glückwunsch zum 70. Geburtstag

Am 8. März 1950 lief in Wolfsburg das erste Serienmodell des Transporters von VW vom Band. Bereits ein Jahr zuvor meldete Volkswagen die Wortmarke „Bully“ an. Doch ein anderes Unternehmen war schneller. Trotzdem setzte sich der Spitzname – schnell Bulli geschrieben – schnell durch, auch wenn der Transporter offiziell „Typ 2“ hieß.

Es gibt Autos, die fast jeder mag. Der VW Bulli gehört definitiv zu diesen Fahrzeugen. Der offiziell als VW Transporter bezeichnete Kassenschlager stieg zunächst zu einem wichtigen Symbol des deutschen Wirtschaftswunders auf. Ende der 1960er-Jahre wurde der Bulli in Woodstock zum Symbol für eine neue Zeit. Ein Foto eines Flower-Power T1 mit einem Hippie-Paar auf dem Dach machte den Bulli endgültig zur Ikone. 

Das war kurz nach dem Zweiten Weltkrieg nicht absehbar. Denn das Volkswagenwerk in Wolfsburg, „Stadt des KdF-Wagens“ stand unter britischer Verwaltung. Nach der bedingungslosen Kapitulation lag die Regierungsgewalt in Deutschland bei den Alliierten. Die britische Militärregierung entsandte Ivan Hirst nach Wolfsburg. Der ausgebildete Ingenieur übernahm als Senior Resident Officer praktisch die Geschäftsführung des Werks.

Hirst, gerade einmal 29 Jahre alt, verhinderte eine Demontage des Werks. Zudem beseitigte der Brite Versorgungsengpässe und sicherte dem Werk Aufträge der britischen Regierung. Gleichzeitig lies Hirst Volkswagen von der Stunde Null an auch Fahrzeuge für den Export fertigen. Hirst fand für Volkswagen Handelspartner, die bald für eine Auslastung der Produktion sorgten.

VW Plattenwagen von 1946/47
Für den Transport im Werk entstanden solche Plattenwagen mit Technik des Käfers. Anschließend reifte die Idee, einen Transporter anzubieten. (Foto: VW)

Unter der Regie von Hirst nahm Volkswagen schnell Fahrt auf. Das Tempo verschärfte sich mit Heinrich Nordhoff. Der ehemalige Opel-Vorstand übernahm am 1. Januar 1948 den Posten des Generaldirektors des Volkswagenwerks. Volkswagen arbeitete zu diesem Zeitpunkt an der Grenze des Machbaren. Neben Rohstoffen stellten insbesondere die geringen Transportkapazitäten im Werk ein Problem dar.

Ein Werkstransporter liefert die Idee

Um dieses Problem zu lösen, entwickelte die Belegschaft bereits 1947 aus Teilen des Kübelwagens einen Plattenwagen. Bei diesem Gefährt saß der Fahrer am Heck über dem Motor. Die Ladefläche befand sich vor dem Fahrer. Bei einem Besuch in Wolfsburg sah der niederländische Generalimporteur Ben Pon dieses Fahrzeug. Der Niederländer zeigte sofort Interesse und riet Hirst, einen kommerziellen Ableger dieses Werksfahrzeugs anzubieten.

Die Idee ließ sich nicht umsetzen. Die Zulassungsbehörden verweigerten einem Fahrzeug die Betriebsgenehmigung, dessen Fahrer hinter der Ladung sitzt. Doch Ben Pon und Ivan Hirst entwickelten die Idee eines geschlossenen Transporters weiter. Bei einem gemeinsamen Abendessen entstand eine Skizze dieser Idee. Jetzt sitzt der Fahrer vorn, während sich der Käfer-Motor im Heck unter dem Boden des Laderaums befindet.

Heinrich Nordhoff sah eine große Chance für einen Transporter. Denn Nordhoff wusste, dass Renault seit 1945 in Frankreich den Renault Goélette anbot. Schon im Herbst 1947 stellte Citroën seinen Typ H vor. Im März 1949 war der erste Prototyp auf Käfer-Basis fahrbereit. Doch im Fahrversuch hält das Käfer-Chassis den Belastungen eines Transporters nicht stand. Trotzdem verfolgt VW die Idee weiter.

Dann geht alles schnell!

Die Entwickler rund um Entwicklungschef Alfred Haussler setzen beim Transporter auf eine selbsttragende Karosserie, die sich auf einem Leiterrahmen abstützt. Gleichzeitig modifizierten sie Motor und Getriebe für den Einsatz im Transporter. Eine kürzere Getriebeübersetzung verbessert die Beschleunigung des beladenen Fahrzeugs, begrenzt jedoch die Höchstgeschwindigkeit auf 80 Kilometer pro Stunde.

Prototyp des VW Typ 2 von 1949
1949 wurde aus dem Plattenwagen der VW Transporter. Im November 1949 stellt VW den Typ 2 vor, gut vier Monate später startet in Wolfsburg die Produktion. (Foto: VW)

Offiziell entstanden vier Prototypen. Im November 1949 präsentierte Nordhoff den Typ 2 im Werk. Schon am 8. März 1950 startete die Serienproduktion mit zehn Wagen pro Tag. Mit einem Preis von 5.850 DM war das leichte Nutzfahrzeug 150 DM teurer als ein voll ausgestatteter Export-Käfer. Der VW Transporter war sofort ein Erfolgsmodell. Das war nicht vorhersehbar, denn Wettbewerber gab es reichlich.

Das Hamburger Vidal & Sohn Tempo-Werk bot bereits seit 1949 den Tempo Matador an. Bei der Auto Union startete etwa zeitgleich der DKW-Schnellaster. Beide Kontrahenten verfügten mit einem Rahmen aus Profilrohren und Frontantrieb über eine bessere Raumaufteilung. Trotzdem setzte sich Volkswagen durch. Wohl auch, weil Nordhoff dem Konkurrenten Tempo den Liefervertrag für Motoren kündigte.

Produktion des VW Typ 2 1950 in Wolfsburg
Am 8. März 1950 startete die Produktion des VW Typ 2 in Wolfsburg. Genau sechs Jahre später zog die Produktion des T1 nach Hannover um. Ein Jahr später baute VW den T1 auch in Brasilien.

Zudem baute VW die Modellpalette des Transports schnell aus. Es gab den Transporter als Kastenwagen, Kombi und Kleinbus. Bald folgte ein Transporter mit Hochdach sowie eine Version mit einer großen Seitenklappe. Mit dieser ließ sich der Transporter als mobiler Verkaufsstand nutzen. Das nahmen Wochenmarkt-Händler dankbar an. Daneben gab es Spezialausführungen für Rettungsdienste, die Polizei und die Feuerwehr.

Luxus pur — der Samba-Bus

Zur Modellpalette gehört auch das Achtsitzer-Sondermodell. Fans kennen dieses Sondermodell heute als Samba-Bus. Von außen glänzt der Samba mit Chromradkappen, einem polierten VW-Emblem, einer zweifarbigen Lackierung und natürlich den insgesamt 23 Fenstern. Zur Innen-Ausstattung gehörten ein Röhrenradio und ein Faltschiebedach über dem Passagierbereich. Damit war der Samba einer der Stars der ersten Nachkriegs-IAA im April 1951 in Frankfurt am Main.

Bereits 1954 lief in Wolfsburg Transporter-Nummer 100.000 vom Band. Dabei half, dass der Transporter von Anfang an auch im Ausland Abnehmer fand. Die Produktion in Wolfsburg lief an der Kapazitätsgrenze. Am 8. März 1956 verlegte Volkswagen daher die Produktion ins neue Werk in Hannover. Mit dem Umzug stieg die Produktionskapazität auf 750 Exemplare pro Tag. Damit baute VW seine Marktführung aus. Daran änderten auch neue Marktteilnehmer nur wenig.

In Deutschland buhlten ab 1953 der Ford FK1000 und der Goliath Express um Kunden. Bereits ein Jahr stellte Bedford in Großbritannien den Bedford CA vor.  In Italien kommt 1954 der Alfa Romeo Romeo auf den Markt. In der Sowjetunion entsteht 1958 der RAF-977 „Latvija“ der Rigaer Autobusfabrik (RAF). Renault stellt 1959 den Renault Estafette vor. In Großbritannien folgten ein Jahr später der BMC Morris J4 und der Commer FC.

1962 ist die Million VW Transporter voll

Im August 1961 feiert VW eine Million VW Transporter
1962 feiert VW eine Million VW Transporter. Das Jubiläumsmodell ist ein Samba-Bus.

Doch keiner der Wettbewerber konnte den VW Transporter von seinem Thron stoßen. Dabei half, dass Volkswagen die erste Generation des Transporters kontinuierlich weiterentwickelte. 1963 unterzog Volkswagen den Transporter einer großen Modellpflege. Die Heckklappe wurde breiter und bekam ein größeres Fenster. Neben der geteilten Seitentür bot VW jetzt auch eine Schiebetür an. Zudem ergänzte eine Variante mit einer Nutzlast von einer Tonne das Programm.

Damit hielt der VW Transporter seine Wettbewerber aus dem In- und Ausland erfolgreich auf Distanz. Erst 1967 stellt Volkswagen mit dem Typ2 T2 die zweite Generation auf die Räder. Vom Transporter der ersten Generation entstanden bis zum Modellwechsel insgesamt 1,8 Millionen Fahrzeuge. In Brasilien lebte der T1 noch bis 1997 weiter. Wobei Volkswagen do Brasil ab 1975 einen Zwitter aus T1 und T2 fertigte.

In diesem Sinne, herzlichen Glückwunsch Bulli!

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Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!