Auto-Erinnerungen

So hätte der Nachfolger des VW Phaeton aussehen können!

Warum Volkswagen sich aus der Oberklasse zurückzog und der Phaeton keinen Nachfolger bekam.

Ich gebe es gerne zu, der VW Phaeton gehört zu den Autos, die ich erst viel zu spät würdigen konnte. Damit war ich wohl nicht der Einzige. Denn die Oberklasse-Limousine blieb – zumindest in Europa – ohne echten Nachfolger. Jetzt veröffentlichte Volkswagen Fotos, wie eine zweite Generation des Phaeton hätte aussehen können.

Zwei Generationen VW Phaeton
Es hat nicht sein sollen. VW entschied sich gegen die Realisierung eines neuen VW Phaeton. Dabei war der Nachfolger fertig gestaltet. (Foto: Foto Martin Meiners für Volkswagen)

1999 präsentierte Volkswagen auf der IAA in Frankfurt die Studie „Concept D“. Auf mich wirkte die Vorstellung damals gleich doppelt befremdlich. Denn Volkswagen und Oberklasse, das passte Ende des ausgehenden Jahrtausends nicht zusammen. Wobei es schon 1963 den Prototyp VW EA 128 gab. Der zeigte, wie ein VW der Oberklasse hätte aussehen können. Doch vor 60 Jahren fehlte den Wolfsburgern der Mut, aus dem Prototypen ein Serienmodell abzuleiten. Das war diesmal anders, denn beim zweiten Versuch wurde aus der Studie „Concept D“ der VW Phaeton, der intern D1 hieß.

Die Legende sagt, dass EA 128 am klaren Nein von VW-Boss Heinrich Nordhoff scheiterte. Nordhoff kam am 1. Januar 1948 als Generaldirektor zur damaligen Volkswagenwerk GmbH. Unter seiner Regie wurde der VW Typ 1 zum Kassenschlager. VW verdiente mit dem Käfer-Export viel Geld. Doch Nordhoff versäumte es, den Käfer frühzeitig abzulösen. Besonders das Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL kritisierte den VW-Chef immer wieder für seine zögerliche Modellpolitik. Die Kritik wirkte wohl. Denn 1967 zeigte Nordhoff bei einem Pressetermin mehr als 30 Prototypen der Öffentlichkeit. Es war reine Symbolpolitik, denn von diesen Entwicklungen wurde schließlich keiner realisiert.

1999 waren andere Zeiten!

Denn inzwischen hatte bei VW Ferdinand Piëch das Sagen. Und Piëch wusste, dass die ganze Marke profitiert, wenn sie ein Auto der Oberklasse anbietet. Deshalb stand 2001 der VW Phaeton in Frankfurt auf der IAA. Schon der Start war schwierig. Ich traf mich damals in Frankfurt auf der leeren IAA mit einem Headhunter. Es war zwei Tage nach den Terroranschlägen vom 11. September. Das Publikum mied die Messehallen in Frankfurt. Es verpasste ein Auto, dessen Komfort und Hightech-Features sowie dessen beeindruckende Fertigungsqualität seiner Zeit voraus war.

Concept car Phaeton D2
Das Concept Car Phaeton D2 hätte sicher seine Chance gehabt. Es hätte 2016 sicher in der Oberklasse funktioniert. (Foto: Volkswagen)

Das hätte der Auto-Fan zu dieser Zeit bei Mercedes-Benz, BMW oder auch Audi und nicht bei Volkswagen erwartet. Der immer etwas biedere Autobauer aus Wolfsburg bewies mit dem VW Phaeton gleich beim ersten (richtigen) Versuch Premium-Kompetenz. Das strahlte auf die ganze Marke ab und diente als Wegbereiter für weitere Premium-Produkte aus Niedersachsen. Ohne den Phaeton würde es heute wohl weder den Touareg noch den Arteon geben. Schon 2002 ergänzte der SUV das Oberklasse-Angebot von VW um ein zweites Modell.

Zweite Generation des VW Phaeton
Die zweite Generation des VW Phaeton wäre dynamischer als ihr Vorgänger gewesen. (Foto: Volkswagen)

Doch während inzwischen schon die dritte Touareg-Generation bei den freundlichen VW-Händlern steht, blieb der VW Phaeton ohne Nachfolger. 14 lange Jahre boten die Wolfsburger die erste und einzige Generation ihrer Luxus-Limousine an. Wobei sie sie kontinuierlich pflegten. Trotzdem wirkte der Phaeton am Ende seiner Bauzeit wieder genauso aus der Zeit gefallen, wie am Anfang seiner Karriere. VW opferte die Luxus-Limousine übrigens der konsequenten Neuausrichtung auf die Elektromobilität.

So hätte die zweite Generation des VW Phaeton aussehen sollen!

Dabei stand ein Nachfolger mit dem Projektnamen „Phaeton D2“ schon bereit. Dem Bau des fahrbaren Einzelstücks des Phaeton D2 ging eine interne Auswahl von vier verschiedenen Konzepten voraus. Dabei erhielt ein Entwurf von Marco Pavone, heute Leiter Exterieur Design der Marke Volkswagen, und Tomasz Bachorski, heute Leiter Interieur Design, den Zuschlag. Anschließend entstand auf der Grundlage des Modularen Längsbaukasten (MLB) für die Entscheidungsfindung im Aufsichtsrat das seriennahe Konzeptfahrzeug. Doch dieser stoppte das Projekt seinerzeit.

Wer die Bilder des zweiten Phaeton heute sieht, der wird diese Entscheidung wahrscheinlich bedauern. Denn der Entwurf hätte die Ideen und Formgebung des ersten Phaeton in die Moderne transportiert. Nur Details des Konzepts, wie die großflächigen Displays im Innenraum, schafften es in die Serie. Das ganze Auto blieb ein Prototyp, teilt so Schicksal mit seinem Urahn EA 128. Offenbar fehlt Volkswagen heute so ein Macher wie Ferdinand Piëch! Wobei Volkswagen die Bilder der Studie jetzt selbst offiziell publizierte. So etwas passiert bei Autobauern selten ohne Hintergedanken. Die Veröffentlichung könnte der Vorbote eines elektrischen Phaeton-Nachfolgers sein.

Innenraum der Studie Volkswagen Phaeton D2
2015, als die Studie des Volkswagen Phaeton D2 entstand, war dieser Innenraum in weiten Teilen noch Zukunftsmusik. Damit hätte VW neue Standards gesetzt. Die Chance blieb ungenutzt. (Foto: Volkswagen)

Infos zum Titelbild dieses Beitrags:
Es hat nicht sein sollen. VW entschied sich gegen die Realisierung eines neuen VW Phaeton. Dabei war der Nachfolger fertig gestaltet.

Foto Martin Meiners für Volkswagen

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Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!

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