Auto-Erinnerungen

29. März 1974 – der erste VW Golf rollt von Band!

Heute vor 45 Jahren startete in Wolfsburg die Serienproduktion des VW Golf. Mit dem kompakten wassergekühlten Frontriebler begann endgültig die Abnabelung der Marke Volkswagen vom legendären Käfer.

Denn bis Anfang der 1970er-Jahre waren Volkswagen und sein Käfer eine untrennbare Einheit. Das erste Modell des Wolfsburger Autobauers gab dem Unternehmen sogar seinen Namen. Zudem verdiente die Firma Volkswagen lange gutes Geld mit der von Ferdinand Porsche in den 1930er-Jahren entworfenen Konstruktion. Nach dem Zweiten Weltkrieg schrieb der Käfer eine unglaubliche Erfolgsstory. Denn in dieser Epoche wuchs der weltweite Automarkt. Das bescherte dem Käfer praktisch jedes Jahr neue Produktionsrekorde.

Der VW Käfer war das Wirtschaftswunder

Nur einmal, Mitte der 1960er-Jahre lag die Absatzmenge von Volkswagen einmal unter der des Vorjahrs. Ansonsten ging es über Jahrzehnte stetig aufwärts. 1947 verlassen 8.987 Käfer die Werkshallen. Ein Jahr später sind es schon 19.244 Einheiten. Schon 1955 war die erste Million voll. Gut zehn Jahre später baute Volkswagen eine Million Käfer pro Jahr. Selbst 25 Jahre nach dem Produktionsstart war der Käfer immer noch Marktführer.

Volkswagen verstand es in diesen Jahren mit geschicktem Marketing, den Absatz des Käfers in immer neue Höhen zu treiben. In den USA war der Volkswagen in den 1960er-Jahren dank pfiffiger Werbeanzeigen die Verkörperung einer Gegenkultur zu den monströsen Straßenkreuzern der heimischen Autobauer. Angesichts dieser Erfolge beschränkten sich die Verantwortlichen daheim in Wolfsburg auf eine moderate Modellpflege. Stattdessen bauten sie ihre Produktionskapazitäten aus, um die Nachfrage zu befriedigen.

Mitte der 1960er-Jahren übernahm Volkswagen die Auto Union von Daimler-Benz, um noch mehr Käfer bauen zu können. 1969 kaufte VW zusätzlich NSU und führte diese Firma mit der Auto Union zur heutigen Audi AG zusammen. Die Strategie war erfolgreich, den 1971 verlassen 1.291.612 Käfer die Produktionsstätten. Volkswagen zögert, den Käfer endlich in Rente zu schicken und fährt mit Vollgas in die Krise. Doch obwohl „auto motor und sport“ 1969 einen Test des Käfers mit dem Fazit „Einen wirklichen, echten Anti-Käfer wird und kann es nie geben.“ abschließt, verändert sich der Markt.

Der Wandel kommt fast zu spät

Moderne Kleinwagen wie der Fiat 127 zeigen, wohin sich der Autobau entwickelt. Frontantrieb und Wasserkühlung gehören die Zukunft. Die neuen Konstruktionen der Konkurrenz mit quer verbauten Motoren boten mehr Platz und Komfort als der in den 30er-Jahren konzipierte Volkswagen. Gleichzeitig waren die modernen Konstruktionen günstiger zu produzieren. Deshalb verdiente Volkswagen in diesen Jahren trotz der Absatzrekorde vergleichsweise wenig Geld.

Volkswagen rettet schließlich, dass in Ingolstadt und Neckarsulm Frontantrieb und Wasserkühlung längst Standard sind. Mit dem VW Passat, der eine Variante des Audi 80 ist, leitet Volkswagen 1972 die Wende ein. Kurze Zeit später entsteht der VW Golf, dessen Produktion heute vor 45 Jahren startet. Gut drei Monate später, am 8. Juli 1974 stehen die ersten Golf bei den Händlern. Anfang August 1974 liefern die Händler den Golf auch an Kunden aus.

Zu den ersten Kunden gehören auch die Fahrschulen, die mein Großvater damals betrieb. Neben einigen Käfern standen den Fahrschülern im Sommer 1974 auch ein gelber und ein blauer Golf als Fahrschulwagen zur Verfügung. Das Bild zeigt, wie der Golf praktisch sofort erfolgreich das Erbe seines Vorgängers antrat. Genauso wie sein Vorgänger wurde der Golf schnell zu einem praktisch klassenloses Auto, das vom Pförtner bis zum Professor praktisch jeder gerne fährt.

Bis heute baute Volkswagen von den inzwischen sieben Generationen mehr als 35 Millionen Exemplare. Seit dem Produktionsstart vor 45 Jahren baute das Unternehmen rein rechnerisch ohne Unterbrechung jeden Tag alle 41 Sekunden einen Golf. Im Durchschnitt entstanden bisher rund 780.000 Golf pro Jahr. Ob das am 29. März 1974 in Wolfsburg irgendwer ahnte?

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Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!