Am 10. August 1893 lief der erste Diesel!

Dieselmotor von Burmeister & Wain aus Christianshavn.

2013 ist auch Dieseljahr. Denn vor 120 Jahren erhielt Rudolf Diesel das Patent für das Prinzip eines Selbstzünder. Noch im gleichen Jahr gelang dem Ingenieur der Bau eines funktionierenden Prototypen. Bis zu den Diesel-Motoren, wie wir sie heute kennen, lag allerdings noch ein weiter Weg vor den Entwicklern.

Die Geschichte des Dieselmotors beginnt in Frankreich. Denn Rudolf Diesel erblickte 1858 als Sohn eines Lederwaren-Herstellers in Paris das Licht der Welt. Schon mit zwölf Jahren zeichnet die „Société Pour L’Instruction Elémentaire“ den technisch interessierten Schüler aus. Trotzdem wird die Familie noch im gleichen Jahr ausgewiesen. Denn während des Deutsch-Französischen Kriegs von 1870/71 sind Deutsche in Paris nicht gut gelitten. Die Familie siedelt nach London um, der Sohn reist zu Verwandten nach Augsburg. In der „Fuggerstadt“ lehrte ein Schwager des Vaters als Professor an der „Augsburger Königlichen Kreis-Gewerbsschule“. 1875 schloss Rudolf Diesel diese Schule mit Auszeichnung ab.

Rudolf Diesel, 1883
Rudolf Diesel, 1883

Noch im gleichen Jahr nahm Rudolf Diesel ein Studium an der Polytechnischen Schule München, der Vorläuferin der heutigen Technischen Universität München, auf. Zu den Professoren in München gehörte Carl von Linde. Linde gab 1879 seine Lehrtätigkeit auf, um die „Gesellschaft für Lindes Eismaschinen AG“ zu gründen. Nach dem eigenen Studienabschluss, der als die beste Leistung seit dem Bestehen der Hochschule galt, wird Rudolf Diesel Mitarbeiter bei Linde.

Bei Linde stieg der Ingenieur schnell zum Direktor der Firma auf. Eigene Erfindungen im Bereich der Kältetechnik sorgen für einen frühen Wohlstand. Trotzdem verlor der Entwickler das Interesse an der Kältetechnik und wendete sich Schritt für Schritt dem Thema Verbrennungsmotoren zu. Der Erfinder träumte von der „idealen Wärmekraftmaschine“ – einer Maschine, die Energie mit hohem Wirkungsgrad in mechanische Arbeit umwandelt.

Rudolf Diesel ging das Thema theoretisch an

Denn die damals üblichen Dampfmaschinen erreichten nur einen Wirkungsgrad von rund zehn Prozent. Zudem erforderten Dampfmaschinen eine lange Aufwärmzeit. Der Ingenieur überlegte, wie sich der Wirkungsgrad verbessern läßt. Ausgangspunkt seiner Überlegungen war das so genannte „Pneumatische Feuerzeug“. Bei diesem wird Luft in einem Zylinder so stark erhitzt, dass sich ein Docht entzünden lässtt. Der Ingenieur übertrug die Idee gedanklich auf einen Kolbenmotor, der flüssige Kraftstoffe ohne Zündvorrichtung verbrennt. Er berechnet, welcher Verdichtungsdruck notwendig ist, um ein Luft-Kraftstoff-Gemisch zum Zünden zu bringen. An die Umsetzung die Idee glauben die Zeitgenossen zunächst nicht.

Denn die errechneten hohen Drücke galten damals als nicht beherrschbar. Trotzdem erteilt das kaiserliche Patentamt zu Berlin Anfang 1893 ein Patent für die „Neue rationelle Wärmekraftmaschine“. Gespräche mit der Gasmotoren-Deutz AG zu Übernahme des Konzepts blieben erfolglos. Doch Heinrich Buz, der Direktor der Maschinenfabrik Augsburg stimmte dem Bau eines Versuchsmotors bauen. Mit Friedrich Alfred Krupp sowie der Firma „Gebrüder Sulzer, Giesserei in Winterthur“ gewann Buz Partner, die sich an den Entwicklungskosten beteiligen. Im April 1893 schied Diesel bei seinem bisherigen Arbeitgeber Linde aus, um nun sich ganz auf den Bau seines Motors zu konzentrieren.


Am 10. August 1893 – heute vor 120 Jahren – lief der Prototyp des Motors

Die Maschinenfabrik Augsburg stellte Rudolf Diesel ein Labor zur Verfügung. Der begann der Ingenieur mit dem Bau seines Motors. Besonders die Auswahl des richtigen Kraftstoffs erwies sich als schwierig. Erste Versuche mit Petroleum funktionierten nicht. Es folgten Versuche mit Benzin. Dies verbrannte jedoch schon vor der eigentlichen Verbrennungskammer. Der Durchbruch kam mit Schweröl. Von Anfang an wollte der Ingenieur den Kraftstoff direkt in den Brennraum einspritzen. Doch die dafür notwendigen Pumpen und Einspritzventile sollten erst 15 Jahre später erfunden werden. Diesel wich auf umgebaute Vergaser aus und ersann eine sogenannte Einblasemaschine, die die Luft vorverdichtet dem Brennraum zuführt.

Stationärer Einzylinder-Dieselmotor von MAN aus dem Jahr 1906
Ein stationärer Einzylinder-Dieselmotor von MAN der ersten Generation. (Foto: Flominator)

Am 10. August 1893 lief der Motor erstmals. Damit war der Beweis erbracht, dass der Selbstzünder möglich ist. Trotzdem vergingen nach dem erfolgreichen Probelauf noch fast fünf Jahre bis zur Serienreife. Ab 1898 bot die Maschinenfabrik Augsburg, die zehn Jahre später mit einer Firma aus Nürnberg zur Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg (MAN) fusionieren sollte, stationäre Diesel-Motoren für Industrieunternehmen an. Sie hatten zwar nur noch sehr wenig mit dem ursprünglichen Patent zu tun. Doch der Name Diesel setzte sich für Motor und Kraftstoff durch.

Schon die ersten Motoren erreichten einen Wirkungsgrad, der mit rund 25 % deutlich über dem der Dampfmaschinen liegt. Damit war das Ziel erreicht, mehr Leistung mit weniger Kraftstoff bereitzustellen als bei einer Dampfmaschine. Der Erfolg weckte schnell Begehrlichkeiten. Es entwickelte sich ein zum Teil heftig geführter Streit um die Rechte an dem Motor. Neben der Gasmotoren-Deutz AG klagte auch der französische Ingenieur Emil Capitaine gegen das Patent. Friedrich Krupp unterstützte Rudolf Diesel, dessen Patent letztlich Bestand hatte.

Men Dieselmotor konnten die Probleme seines Erfinders nicht aufhalten!

Doch die Angriffe setzten dem Erfinder körperlich stark zu. Zeitweise musste sich der Erfinder in der Heilanstalt Neuwittelsbach bei München behandeln lassen. Nach den ersten erfolgreichen Versuchen mit Schweröl etablierte sich Rohöl als Kraftstoff für den Selbstzünder. 1903 wurde der Dieselmotor in einem Binnenschiff erstmals mobil. Doch es ist wie mit den Kältemaschinen – Erfinder Rudolf Diesel verlor das Interesse an seinem Motor. Es war bewiesen, dass das Konzept funktioniert. Diesel wandte sich neuen Themen zu. Der Erfinder veröffentlichte das Buch „Solidarismus, natürliche wirtschaftliche Erlösung der Menschen“.

In diesem Buch kritisierte der Ingenieur als Sozialreformer die sozialen Verwerfungen des Kapitalismus. Die technische Weiterentwicklung seines Motors übernahmen jetzt andere. Der Schweizer Alfred Büchi erfand 1905 den Turbolader und den Ladeluftkühler. Mit beidem steigerte Büchi den Wirkungsgrad des Selbstzünders nochmals deutlich. 1907 lief das Basispatent aus. Jetzt war es vor allem der Ingenieur Prosper L’Orange, der den Dieselmotor weiterentwickelte. Als Mitarbeiter der Gasmotoren-Fabrik Deutz AG erfand L’Orange das Vorkammerprinzip. Nach seinem Wechsel zu Benz & Cie. ersann L’Orange die Nadel-Einspritzdüse und die stufenlos regelbare Einspritzpumpe.

Schritt für Schritt näherte sich der Selbstzünder dem Auto

Damit war der neue Motor endlich so weit, ein Kraftfahrzeug anzutreiben. Ab 1922 bot Benz & Cie. zusammen mit dem Münchener Motoren- und Traktorhersteller Sendling den Ackerschlepper Typ 6 mit Selbstzünder-Motor an. Zwei Jahre später stellten mit MAN, Benz & Cie. und der Daimler-Motoren-Gesellschaft gleich drei Hersteller auf der Internationalen Automobil-Ausstellung in Berlin Lkw mit selbstzündenden Motoren vor. Trotzdem vergingen noch zwölf Jahre bis zum ersten serienmäßigen Diesel-Pkw. Lesen Sie im zweiten Teil dieser Serie, wie der Diesel-Motor den Weg ins Auto fand.


Infos zum Titelbild dieses Beitrags:
Dieser 1932 gebaute stationäre Dieselmotor in einem Kraftwerk in Kopenhagen war für einige Jahre der größte Selbstzünder der Welt.

Foto: Tom Schwede

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Ein Beitrag von:

Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!