Rennsport-Geschichten

Legenden der Formel 1: Clay Regazzoni

In seiner aktiven Karriere überlebte Clay Regazzoni mehrere schwere Unfälle. Jochen Rindt nannte ihn den „Unheimlichen“. Am 15.12.2006 kam Regazzoni bei einem Verkehrsunfall ums Leben.

Der am 5. September 1939 im schweizerischen Porza geborene Gian-Claudio Giuseppe „Clay“ Regazzoni begann seine Rennsport-Karriere erst 1963 mit 24 Jahren. Von dem späteren Formel-1-Piloten Silvio Moser angestiftet, bestritt Regazzoni zunächst Bergrennen. Einige Wochen später meldete Regazzoni seinem Austin Sprite (950ccm) für ein Rennen in Monza an. Während die Fahrzeuge der Konkurrenten in der Klasse „Abarth Simca 1300“ locker 200 Kilometer pro Stunde liefen, schaffte Regazzoni mit seinem Austin gerade 140 Sachen. Der Rennleiter warnte nach dem Training die anderen Teilnehmer vor diesem viel zu langsamen Schweizer. Im Rennen überrundeten die anderen Teilnehmer Regazzoni nach zwei Runden.

Nach diesem Erlebnis legte sich Regazzoni einen Mini Cooper S (1070 ccm) zu. Während der Woche bewegte der Schweizer seinen Cooper als Alltagsauto und bestritt an den Wochenenden alle erreichbaren Rennen. Meist fuhren ihm die Gegner auf Spezialreifen davon. Bei einem Slalom in Monteceneri feierte Regazzoni – ohne diese Reifen – trotzdem seinen ersten Sieg. Zurück in Monza langte es im Training zu ersten Bestzeiten. Die gedemütigten Kontrahenten verhinderten mit einem Protest den Start, da Regazzoni die Lenksäule seines Minis abgesenkt hatte.

Warum fährst Du nicht Formel 3?

Wieder war es Silvio Moser, der die Karriere des Tessiners beeinflußte. „Warum fährst Du nicht Formel 3?“ fragte Moser seinen Freund und überzeugte seine Teamchefs im Rennstall „Martinelli und Sonvico“ einen zweiten Wagen einzusetzen. Mit einem De Tomaso startete Regazzoni in seine Formel-Karriere. Zwei Jahre später wurde Regazzoni Profi. Für das Gehalt von 1.400 Franken im Monat startete er als Pilot für das Werksteam der italienischen Firma Tecno. Nach einigen Formel-3-Siegen – aber auch fürchterlichen Unfällen – wurde Enzo Ferrari auf Regazzoni aufmerksam. Ferrari verpflichtete Regazzoni als Fahrer für sein Formel-2-Team.

Clay Reggazoni (links) beim Großen Preis der Niederlande 1971
Clay Reggazoni (links) beim Großen Preis der Niederlande 1971 – Foto: Nationaal Archief, Den Haag, Rijksfotoarchief: Fotocollectie Algemeen Nederlands Fotopersbureau (ANEFO), 1945-1989 – negatiefstroken zwart/wit, nummer toegang 2.24.01.05, bestanddeelnummer 924-6609 – CC 3.0

Doch der 1969 von Ferrari eingesetzte „Dino 166 F2 Modena“ war nicht konkurrenzfähig. Ferrari zog sich aus der Formel 2 zurück und konzentrierte sich auf die Formel 1 sowie die Sportwagen. Trotzdem blieb Clay Regazzoni bei Ferrari und feierte 1970 mit dem Team sein Formel-1-Debüt. Am Ende der Saison belegte Regazzoni einen hervorragenden dritten Platz in der Fahrer-Weltmeisterschaft. Da ihm Ferrari weiterhin Starts in der Formel 2 erlaubte, sicherte sich Regazzoni im gleichen Jahr mit einem Tecno den Titel des Formel-2-Europameisters.

Der Feldherr ertrug den cavallo am culo nicht

Bis Ende 1976 fuhr Regazzoni für Ferrari. Doch die Beziehung zum Teamchef war nie einfach. Schon 1973 fuhr Regazzoni ein Jahr für B.R.M. Doch das ehemalige Topteam war nur noch ein Schatten vergangener Tage. 1974 kehrte Regazzoni zu Ferrari zurück, um das Team Ende 1976 endgültig zu verlassen. Der geschäftstüchtige Regazzoni hatte eine eigene Jeans-Kollektion auf den Markt gebracht, bei denen ein Ferrari-Pferd (cavallo) auf die Gesäßtaschen aufgenäht war. Dies missfiel Enzo Ferrari, der angeblich die Vorstellung seines cavallo am culo (Hintern) „Dicker Weiber“ nicht ertragen konnte. Es folgten zwei Jahre in Teams wie Ensign (1977) und Shadow (1978), die nicht konkurrenzfähig waren. Erst 1979 konnte sich Regazzoni in Silverstone am Steuer eines Williams FW 07 wieder in die Siegerlisten der Formel 1 eintragen. Es sollte der letzte Grand Prix Sieg des Schweizers sein.

Trotzdem kehrte der Tessiner 1980 zu Ensign zurück. Beim Grand Prix in Long Beach brach das aus Titan gefertigte Bremspedal. An vierter Stelle liegend krachte der Tessiner ungebremst in einen in der Auslaufzone stehenden Brabham. Regazzoni überlebte schwer verletzt mit einer Querschnittslähmung. Insgesamt bestritt Regazzoni 132 Formel 1 Grand Prix. Ferrari (1970-72, 74-76), BRM (1973), Ensign (1977 und 1980), Shadow (1978) und Williams (1979) waren seine Stationen. Dabei errang er 5 Pole Positions, 5 Siege, gewann 212 WM-Punkte und fuhr 15 schnellste Runden. Sein größter Erfolg war die Vizeweltmeisterschaft 1974 am Steuer eines Ferrari.

Doch der Unzerstörbare machte weiter!

Bereits Anfang der siebziger Jahre nannte die Presse wurde Clay Regazzoni wegen seines unbeugsamen Durchstehvermögens „Den Unzerstörbaren“. Nach dem Unfall bewies der Schweizer, dass er diesen Spitznamen zu Recht trug. Trotz seiner Querschnittlähmung betrieb Regazzoni weiterhin Motorsport. So trat er bei der Rallye Paris-Dakar an. 1996 verweigerte die FIA ihm eine Lizenz für Sportwagen-Rennen. Bis in die jüngste Zeit startete Regazzoni bei Oldtimer-Veranstaltungen.

Am 15. Dezember 2006 starb Clay Regazzoni im Alter von 67 Jahren bei einem Verkehrsunfall.


Dieser Artikel erschien ursprünglich am 3. April 2007. Zum 10. Todestag von Clay Regazzoni haben wir den Artikel neu bebildert.

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Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!