MG Metro 6R4 – erfolglos aber heiß!

MG Metro 6R4 bei der Rallye Köln Ahrweiler 2005

Die Gruppe B brachte einige interessante Fahrzeuge hervor. Zu ihnen gehört zweifelsfrei auch der 1985 präsentierte MG Metro 6R4. Doch der Brite kam zu spät, um in der Rallye-WM zum Erfolg zu fahren. Die Gruppe B lief Ende 1986 vorzeitig aus. Weshalb der MG Metro 6R4 als Unvollendeter gilt. Denn in seinem angestammten Revier war nach dem Verbot der Gruppe B kein Staat mehr zu machen. Nur im Rallyecross durfte der mit Hilfe des Formel 1-Teams Williams entstandene Sportler glänzen.

Kürzlich schrieb ich hier im Blog über den Jaguar XJ220. Zur Geschichte dieses Supersportwagens gehört dessen Motor. Denn die 1988 präsentierte Konzeptstudie des Jaguars trieb noch der hauseigene V12 an. Doch als vier Jahre später das Serienmodell fertig war, war nur noch die Hälfte der Zylinder an Bord. Denn der V12 war zu groß und zu schwer. Zudem gab es Bedenken, ob die Leistung des Motors ausreichte, wenn die Techniker alle Vorschriften zur Abgasreinigung einhalten. So bekam der Jaguar XJ220 einen neuen Motor. Diesen fanden Jaguar und Entwicklungspartner TWR bei Austin Rover. Sie entschieden sich für ein Triebwerk, das Mitte der 1980er-Jahre für den MG Metro 6R4 entstand.

Der Metro sollte den Mini beerben!

Der MG Metro 6R4 war die Sportversion des MG Metro. Dessen Geschichte begann 1980 als Austin Mini Metro. Der Namensbestandteil „Mini“ zeigt, dass der Metro der lange erwartete Nachfolger des Minis sein sollte. Wobei zunächst beide im Programm blieben. Gut möglich, dass die Verantwortlichen bei British Leyland (BL) ihrer Neuschöpfung selbst nicht trauten. Das lag wohl auch daran, dass der Metro bei seiner Vorstellung in Teilen schon wieder ein altes Auto war. Denn die Entwicklung startete gut ein Jahrzehnt zuvor, als die damalige British Leyland Motor Corporation (BLMC) mit großen Schritten auf den Abgrund zufuhr. Denn BLMC verbrannte Geld stets im großen Stil. Um die Pleite zu verhindern, verstaatlichte die britische Regierung 1975 die Firma.

Austin Mini Metro L 1.0 von 1980
Dieser Austin Mini Metro L 1.0 von 1980 stand 2018 auf der NEC Classic Motor Show. Er gehört zu den ersten Austin Metro, die 1980/81 an die Kunden gingen. (Foto: Adam C – Vauxford – Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0)

Doch auch die in British Leyland umbenannte BLMC schrieb in den kommenden Jahren Verluste. Das Projekt ADO74, den Mini zu erneuern, stellte 1973 noch die BMLC ein. Unter dem Schock der Ölkrise startete praktisch sofort ein Nachfolgeprojekt. Dessen Ziel war ein besonders sparsames Auto. Um Geld zu sparen, griffen die Entwickler auch im Projekt ADO88 auf Teile des Vorgängers zurück. Doch die Klasse der Kleinwagen war im Wandel. Denn schon 1971 zeigte der Fiat 127, wie ein moderner Kleinwagen aussieht. Ein Jahr später verschoben Renault 5, Peugeot 104 sowie Honda Civic die Grenzen der Klasse weiter. 1974 und 1976 folgten auch der Audi 50 und der Ford Fiesta dem Trend. Das setzte British Leyland unter Druck. Ende 1977 stoppte der BL-Vorstand das Projekt. Denn die Ölkrise war Geschichte. Der Verbrauch trat wieder etwas in den Hintergrund.

Der lange Anlauf des Mini-Nachfolgers!

Also starteten die Chefs das Projekt Mini-Nachfolger neu. Aus dem Projekt ADO88 wurde das Projekt LC8 (Leyland Cars Number 8). Diesmal gaben die Verantwortlichen vor, dass sich der neue Kleinwagen bei Größe und Komfort an den Wettbewerbern orientieren müsse. Um Zeit zu sparen, griffen die Entwickler jedoch auf die Vorarbeiten der zuvor gestoppten Projekte zurück. Im Oktober 1980 war der neue Kleinwagen fertig. Doch der als Austin Mini Metro angebotene war immer noch ein enger Verwandter des 1959 präsentierten Klassikers. Denn wie beim Mini steht auch der Metro auf massiven Hilfsrahmen. Der Vordere führt Motor, Getriebe und die Aufhängung der Vorderräder zu einer Einheit zusammen. Am hinteren Rahmen stützen sich die an massiven Schwingen hängenden Hinterräder ab.

MG Metro 6R4 in Gaydon
Bei der Entwicklung des MG Metro 6R4 half Williams. Dabei entstand ein radikales Auto, das in der Rallye-WM gut Chancen gehabt hätte – wenn die Gruppe B nicht Ende 1986 vorzeitig eingestellt worden wäre. Dieses Exemplar steht im British Motor Museum in Gaydon.

Auch beim Motor vertraute British Leyland auf die weiterentwickelte A-Serie, die ihr Debüt ursprünglich 1951 im Austin A30 feierte. Wie beim Mini sitzt auch beim Metro das Getriebe in der Ölwanne des Motors. Für das Design der Karosserie zeichneten die BL-Chefstylisten David Bache und Harris Mann verantwortlich. Wobei ihre Karosserie etwas zu groß für die 12 Zoll kleinen Räder wirkte. Ab 1983 hieß der Kleinwagen MG Metro. Denn der Autobauer verabschiedete sich vom Namen Austin. Der Mini war fortan ein Rover und damit ein Luxus-Produkt. Mit der Nutzung des Namens MG für den Metro trennte sich der Nachfolger – namentlich – vom Vorgänger. Mit dieser Umbenennung begleitete British Leyland seine Reprivatisierung vor.

British Leyland nutzte den Motorsport, um für sich zu werben!

Um für die Marken zu werben, startete British Leyland gleich mehrere Motorsport-Programme. Schon 1979 wurde der Konzern Sponsor der Grand Prix-Boliden von Williams. Ein Jahr später traten die Rover SD1 von David Price Racing regelmäßig in der Tourenwagen-Europameisterschaft an. Ab 1982 setzte Tom Walkinshaw mit seinem Team TWR dort den Jaguar XJS ein. Jaguar gehörte damals ebenfalls zu British Leyland. Parallel dazu übernahm TWR auch die Einsätze des SD1, der jetzt allerdings als Rover Vitesse antrat. Damit hatte der Konzern zeitweilig im Tourenwagensport sogar zwei heiße Eisen im Feuer. So entstand die Idee, für die Marke MG im gerade boomenden Rallye-Sport zu werben. Dafür entstand mit dem MG Metro 6R4 (für 6-Zylinder, Rallye, Allradantrieb) ein Mittelmotor-Metro.

Heckansicht des MG Metro 6R4 bei der Rallye Köln Ahrweiler 2005
Beim Front- und Heckspoiler griff Patrick Head bei Williams ins Regal. Zum Einsatz kamen auch Spoiler-Elemente des Williams FW06 von 1978 – sie paßten von der Breite am Besten. Das wirkt improvisiert und war es vermutlich auch.

Dessen Entwicklung übernahm Williams Grand Prix Engineering. Williams sicherte sich den Auftrag über das Sponsorship und baute ein Sportgerät, das nur entfernt dem Serien-Metro ähnelte. Die kantige Karosserie ruht auf einem Halb-Monocoque mit aufgesetztem Gitterrohrrahmen. Nur beim Dach vertraute Williams auf Aluminium. Die Stahltüren und der Scheibenrahmen stammten aus dem Metro der Großserie. Wobei beim Sportmodell auf den Türen und über den Rädern zusätzliche Kunststoff-Boxen sitzen. Sie führen dem in der Mittelmotor-Position verbauten Motor die notwendige Atemluft zu. Da GFK zerbrechlich ist, tragen viele MG Metro 6R4 heute Aufkleber. Sie zeigen an, wo sich das Auto schieben lässt, ohne die Karosserie zu beschädigen.

Der MG Metro 6R4 sollte die Rallye-WM rocken!

Im Mai 1985 stellte Austin Rover, wie British Leyland inzwischen hieß, den MG Metro 6R4 der Öffentlichkeit vor. Bis zum Herbst des gleichen Jahrs sollten die für den Einsatz in der Gruppe B notwendigen 200 Exemplare entstehen. Direkt im Anschluss plante Austin Rover den Bau von 20 Evolutionsmodelle, um 1986 in der Rallye-Weltmeisterschaft anzugreifen. Wobei der Motor des MG Metro 6R4 – anders als die der anderen Gruppe B-Boliden – seine Atemluft selbst ansaugte. David Wood, Chefingenieur von Austin Rover Motorsport – wie sich British Leyland jetzt nannte – entschied sich für einen Sauger. Damit wollte Wood den späteren Rallye-Piloten ein Turboloch ersparen. Zudem war so kein Ladeluftkühler in dem kleinen Auto zu verstauen.

MG Metro 6R4
Auch der Frontspoiler stammte von Williams. Die Verbreiterungen und die Fronthaube fertigte das Formel 1-Team aus GFK. Nur der Scheibenrahmen und die Türen stammten von den Serienmodellen aus der Großserie.

Der bekannte V8 von Rover war die erste Option. Denn der war immerhin schon einmal Formel 1-Weltmeister. Inzwischen kooperierte Austin Rover zudem mit dem japanischen Autobauer Honda. So kam auch der V6 aus dem Honda Legend/Rover 800 in die engere Wahl. Doch der japanische V6 fiel wegen seiner SOHC-Zylinderköpfe durch. Auch Hondas erfolgreicher Formel 2-Motor schied aus. Denn der verfügte als Rundstrecken-Motor nur über ein schmales nutzbares Drehzahlband. Das erschien den Verantwortlichen bei Austin Rover Motorsport und Williams nicht für den Einsatz in einem Rallye-Auto geeignet. Die notwendigen Anpassungen hätten das Budget gesprengt. Und Geld war trotz der staatlichen Eigner weiterhin knapp.


Cosworth half bei der Entwicklung des Motors V64V!

So entstand die Idee, einen eigenen Motor zu entwickeln. Dazu leitete David Wood zunächst vom Rover V8 einen 2,5 Liter großen V6 ab. Dieser V62V genannte Motor leistete 250 PS – zu wenig für den Wettbewerbseinsatz. Deshalb entwarf Wood anschließend einen 90 Grad V6 mit zwei obenliegenden Nockenwellen und vier Ventilen pro Zylinder. Mahle lieferte für dieses V64V getaufte Aggregat spezielle Kolben. Bei den Zylinderköpfen unterstützte Cosworth Austin Rover Motorsport und Williams. Weshalb die Zylinderköpfe an die des Erfolgsmodells Cosworth DFV erinnern. Das lohnte sich, denn der V64V verfügte sofort über 410 PS Leistung. Parallel dazu entstand für die zur Homologation benötigten Kundenfahrzeuge eine „zahme“ 250 PS-Version des Motors.

MG Metro 6R4
Anfang 2024 stand einer der MG Metro 6R4 auch auf der Bremen Classic Motorshow und legte die Initialzündung für diesen Artikel.

Dafür begrenzten die Entwickler die Höchstdrehzahl auf 7.000 Umdrehungen pro Minute. Zudem kamen in den „Serienmotoren“ aus EN24-Stahl hergestellte Pleuel des Rover V8 zum Einsatz. Die Sportmotoren verfügten über speziell konstruierte Pleuel. In den höherdrehenden Sportmotoren nutzte Austin Rover zudem doppelte Ventilfedern. Das Serienmodell verfügte über einfache Ventilfedern. Den Motor verstaute Williams mit dem vorangestellten selbstentwickelte Getriebe in der Mitte des Fahrzeugs. Damit sitzt die „Vorderseite“ des Motors an der Heckklappe. Vom davor positionierten 5-Gang-Getriebe fließt die Kraft des Motors permanent zu allen vier Rädern. Das hintere Differential ist an der Seite der Ölwanne montiert. Weshalb eine Antriebswelle durch den Ölsumpf zum angetriebenen Hinterrad läuft.

Am 1. November 1985 war der MG Metro 6R4 einsatzbereit!

Den Bau der Serienmodelle des MG Metro 6R4 übernahm des Werk in Longbridge. Am 1. November 1985 homologierte die FISA den neuen Rallye-Sportler sowie das verbesserte Evolutionsmodell. Das ermöglichte den Einsatz des MG Metro 6R4 bei der RAC Rallye wenige Tage später. Dabei fuhr Tony Pond mit seinem Beifahrer Arthur Rob hinter zwei Lancia Delta S4 auf einen respektablen dritten Platz. Doch in der Saison 1986 knüpfte der MG Metro 6R4 nicht mehr an diese Frühform an. Bei keinem WM-Lauf 1986 erreichte eines der eingesetzten Fahrzeuge das Ziel. Weder Tony Pond noch der zweite Pilot Malcolm Wilson gewann einen WM-Punkt. Schuld waren neben einigen Unfällen vor allem Motorschäden. Offenbar war der V64V noch reif für den Wettbewerbseinsatz.

Will Gollop mit seinem MG Metro 6R4 BiTurbo
1992 gewann der Brite Will Gollop mit einem fast 700 PS starken MG Metro 6R4 BiTurbo den Titel des Rallycross-Europameisters. Es war der größte sportliche Erfolg eines MG Metro 6R4. Gollop nutzte die von TWR bzw. Max Heidegger entwickelte Turboversion des V64V-Motors in seinem Metro. (Foto: Eddi Laumanns)

Ende 1986 fuhr die Gruppe B vorzeitig in die Rente. Auslöser war der tödliche Unfall von Henri Toivonen und Beifahrer Sergio Cresto auf Korsika. Nach diesem galt die Gruppe B als nicht mehr zeitgemäß. Austin Rover Motorsport zog sich aus der Rallye-WM zurück. Die Rechte am Motor erwarb Tom Walkinshaw. Major Tom setzte eine Turboversion des Motors in seinen Sportprototypen sowie im Jaguar XJ220 ein. Den Restbestand der MG Metro 6R4 übernahmen Sammler sowie Rallyecross-Piloten. 1992 gewann der Brite Will Gollop mit einem fast 700 PS starken MG Metro 6R4 BiTurbo den Titel des Rallycross-Europameisters. Und trotz ihrer sonstigen Erfolglosigkeit zählen die MG Metro 6R4 heute im historischen Rallye-Motorsport zu den gern gesehenen Gästen.

Technische Daten des MG Metro 6R4


Motor
2.991,4 ccm Hubraum – V64V 90° V6-DOHC
Bohrung und Hub 92×75 Millimeter
Leistung 250 PS (186 kW) in der Serienversion – 410 PS (306 kW) in der Rennsportversion
GetriebeManuelles 5-Gang mit dem Schema R/1 – 2/3 – 4/5
Radstand2.412 Millimeter
Länge3.657 Millimeter
Breite1.860 Millimeter
Höhe1.650 Millimeter
Leergewicht1.040 Kilogramm
Technische Daten des MG Metro 6R gemäß Homologationsblatt B-277 der FIA

Infos zum Titelbild dieses Beitrags:
MG Metro 6R4 bei der Rallye Köln Ahrweiler 2005

Foto: Tom Schwede

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Ein Beitrag von:

Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!

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