Erster Akt – Frank Williams Racing Cars

Frank Williams (2. von links) rettet die Formel-1-Kariere von Piers Courage. Mit 27 Jahren steigt Frank Williams 1969 mit einem Brabham in die Formel 1 ein. (Foto: Joost Evers / Anefo, Nationaal Archief , Bestandsnumemr 922-5542) – Foto: Joost Evers / Anefo, Nationaal Archief , Bestandsnumemr 922-5542

Im August 2020 verkauften Frank Williams und seine Familie Williams F1 Team an amerikanische Investoren. Damit endeten mehr als fünf Jahrzehnte von Frank Williams in der Königsklasse des Motorsports. Denn vor Williams F1 gründete der legendäre Teamchef mit nur 27 Jahren bereits Frank Williams Racing Cars.

Der 1969 von Frank Williams Racing Cars eingesetzte Brabham.
Frank Williams (2. von links) rettet die Formel-1-Kariere von Piers Courage. Mit 27 Jahren steigt Frank Williams 1969 mit einem Brabham in die Formel 1 ein. (Foto: Joost Evers / Anefo, Nationaal Archief , Bestandsnumemr 922-5542)

Frank Williams lernte in der ersten Hälfte der 1960er-Jahre im Motorsport Freunde fürs Leben kennen. Gemeinsam mit den Rennfahrern Jonathan Williams – trotz des gleichen Nachnamens kein Verwandter – und Piers Courage machte der Brite schon 1964 als Bestandteil von „Anglo-Swiss Racing“ europäische Rennstrecken unsicher. Seinen Freunden bot sich anschließend die Möglichkeit des Wechsels in das professionell geführte Rennteam von Charles Lucas. Mit dessen modifizierten Ex-Werkswagen von Brabham gewann beide 1965 zahlreiche Formel-3-Rennen.

Das professionelle Auftreten der Mannschaft rund um den Eton-Absolventen und Millionenerben Lucas fiel auch Colin Chapman auf. Der Lotus-Chef bot Lucas an, 1966 als Semi-Werksteam von Lotus in der Nachwuchsklasse anzutreten. Piers Courage, der Lucas seit der gemeinsamen Schulzeit kannte, sah im „Charles Lucas – Team Lotus“ die Chance, sich für ein Formel-1-Cockpit bei Lotus zu empfehlen. Der Plan ging auf, Chapman ermöglichte dem Rennfahrer noch im gleichen Jahr sein Grand-Prix-Debüt. Auf der Nordschleife durfte Courage mit einem Formel-2-Boliden antreten.

Doch Piers Courage konnte die Chance nicht nutzen, fiel nach nur vier Runden mit einem Fahrfehler aus. Für Jonathan Williams war dagegen im Team von Charles Lucas bald kein Platz mehr. Denn der Rennfahrer benötigte lange, um sich von den Folgen eines Unfalls in Reimes zu erholen. Daher unterschrieb Jonathan Williams bald in Italien einen Vertrag bei Gino De Sanctis. Der Fiat-Händler aus Rom baute ab 1958 eigene Rennwagen. Eine Story, die wir uns bei Gelegenheit in einem weiteren Blog-Artikel vornehmen müssen.

Courage scheiterte in der Formel 2 zunächst!

Auch die Wohngemeinschaft in der Pinner Road löste sich langsam auf. Denn Piers Courage heiratete das Modell Lady Sarah-Marguerite „Sally“ Curzon. Deren Vater Francis Curzon gewann 1931 die 24-Stunden von Le Mans. Das Paar zog natürlich die Berichterstatter der Regenbogenpresse an. An der engen Freundschaft zwischen Frank Williams und Piers Courage änderte das jedoch nichts. Daher bekam Frank Williams aus nächster Nähe mit, dass sich die Hoffnung seines Freundes auf ein echtes Werkscockpit bei Lotus nicht erfüllen.

Piers Courage in Zandvoort bei einem Formel 2-Rennen
Aufwärts geht es für Piers Courage erst, als Frank Williams Racing Cars 1968 in der Formel 2 einen Brabham einsetzt. Hier ist Courage (#32) in Zandvoort in der Formel 2 unterwegs. (Foto: Nationaal Archief, Bestandsnummer 921-5605)

Denn Colin Chapman hielt den Eton-Absolventen für zu weich für den professionellen Motorsport. Der Fahrfehler am Nürburgring, der Courage beim Grand-Prix-Debüt aus dem Rennen riß, war den Lotus-Chef die passende Bestätigung. Auch die Partnerschaft von Charles Lucas und Lotus endete nach nur einem Jahr. Denn zwischen Team und Hersteller gab es Unstimmigkeiten über die Verteilung der Preisgelder. Zudem sah sich Piers Courage endgültig reif für höhere Aufgaben. Dafür wollte Lotus-Chef Chapman jedoch kein Auto bereitstellen.

Dabei gewann der Brite 1966 nicht nur einige Rennen, sondern auch den französischen Formel-3-Titel. Reg Parnell Racing reichte diese Visitenkarte. Das Team vertraute Courage einen seiner BRM-Rennwagen an. Doch schon nach dem Großen Preis von Monaco war wieder Schluß. Courage verlor sein Cockpit an Chris Irwin und wechselte ins Formel-2-Team des Jaguar-Händlers John Coombs. Hier versuchte Courage, das unterlegene Material mit einer besonderen Risikobereitschaft auszugleichen. Die Folge waren zahlreiche Unfälle. Deshalb galt Courage bald als überforderter Bruchpilot.

Frank Williams Racing Cars und die Formel 2

Formel-2-Teamchef John Coombs empfahl seinem Piloten sogar, den Helm an den Nagel zu hängen. Frank Williams war anderer Meinung. 1968 setzte der Brite unter den Namen Frank Williams Racing Cars einen Brabham BT23C in der Formel 2 für Piers Courage ein. Parallel dazu ging der Rennfahrer wieder für das Team Reg Parnell Racing in der Formel 1 an den Start. Während in der Königsklasse meist vorzeitig Schluss war, zahlte Courage das Vertrauen seines Freunds in der Formel 2 mit Leistung zurück. Schon beim Formel 2-Debüt des neuen Teams in Barcelona fuhr Piers Courage für Frank Williams Racing Cars auf Platz vier.

Zum Auftakt der Formel 2-Europameisterschaft in Hockenheim fuhr Courage als Dritter sogar auf das Podium. Beim „Gran Premio della Lotteria di Monza“ in Juni übernahm Jonathan Williams den Formel 2-Brabham des Teams und gewinnt das Rennen. Der Sieg auf der Rennstrecke vor den Toren Mailands war der erste Sieg eines von Frank Williams eingesetzten Fahrzeugs. Mit dem Erfolg überzeugte Jonathan Williams auch Alejandro de Tomaso von einem persönlichen Vertrag. Von dieser Verbindung sollte nur wenig später auch sein Freund Frank Williams profitieren. Mit einem Sieg beim EM-Rennen in Enna-Pergussa auf Sizilien sicherte Courage dem Team Platz schließlich sechs in der F2-Europameisterschaft.

Neben Courage saß zeitweilig auch der spätere FIA-Chef Max Mosley in einem weiteren von Frank Williams Racing Cars eingesetzten Boliden. Zusätzlich startete Frank Williams Racing Cars mit zwei Brabham ein Formel 3-Programm. Mit Tetsu Ikuzawa, Richard Burton und Malcolm Guthrie fuhren gleich drei Piloten für Williams in Großbritannien Formel 3. Wobei Ikuzawa vier Läufe der „III MCD Lombank Championship“ gewann. Doch Teamchef Frank Williams war klar, dass nur fahrende Rennwagen Geld verdienen. Alleine in Großbritannien war das Programm nicht zu finanzieren. In Frankreich saßen deshalb die Franzosen Patrick Champin und Jean-Francois in den Rennwagen.

Frank Williams organisierte trickreich einen Brabham BT26 für die Königsklasse!

Schon 1969 stieg Frank Williams zusammen mit seinem Freund Piers Courage im Cockpit in die Formel 1 auf. Nach dem erfolgreichen Vorjahr verfügte Williams über gute Beziehungen zur Jack Brabham und seiner Firma Motor Racing Developments (MRD). Eigentlich wollte MRD 1969 keine aktuellen Fahrzeuge mehr an Formel-1-Kundenteams liefern. Doch Frank Williams schaffte es trotzdem, trickreich einen neuen Brabham BT26 mit Cosworth-Motor für Courage ins Grid zu stellen. Denn Frank Williams erwarb den BT26 offiziell für die Tasman Serie. Später sollte der Rennwagen in Australien in der Formel 5000 laufen, so erzählte es Williams Brabham.

Das war eine glatte Lüge, denn Williams plante nie einen Verkauf des Rennwagens nach Australien. Jack Brabham verstimmte das Verhalten des Briten nachhaltig. Doch schon beim zweiten gemeinsamen Formel-1-Einsatz von Frank Williams Racing Cars fuhr Courage mit dem Brabham für in Monaco auf den zweiten Platz. Ein Ergebnis, das der Brite später beim Grand Prix von Kanada ebenfalls erreichte. Die zwölf Punkte, die Brabham damit in der Wertung der Konstrukteure gewann, sollten Jack Brabham später etwas gnädiger stimmen. Doch am Ende des Jahres stand Frank Williams Racing Cars trotzdem ohne Fahrzeug dar. Kein Top-Team wollte Williams einen Wagen liefern.

1970 trat Williams als de Tomaso Werksteam an!

Neben dem Programm in der Königsklasse trat Frank Williams Racing Cars übrigens weiter in der Formel 2 an. Dort fuhren 1969 Derek Bell und Malcolm Guthrie für Williams. John Kendall hielt die Fahne des Teams in der Formel 3 hoch. Doch das Jahr in der Formel 1 überzeugte Frank Williams vom Weitermachen. Zum Glück hatte Jonathan Williams die richtigen Kontakte. Denn der Brite fuhr in seiner Wahlheimat Italien für Alejandro de Tomaso. Der Argentinier wollte gerade die Präsenz seiner Marke im Motorsport ausbauen. Allerdings lehnte es de Tomaso aus Kostengründen ab, in der Königsklasse ein eigenes Team zu führen.

Frank Williams war bereit, die Lücke zu füllen und den Einsatz auf seine Kosten zu übernehmen. Alejandro de Tomaso willigte ein und beauftragte seinen Mitarbeiter Gian Paolo Dallara mit der Konstruktion des passenden Fahrzeugs. Der junge Ingenieur entwarf bereits für die Saison 1969 mit dem de Tomaso 103 einen durchaus gelungenen Formel-2-Boliden. Neben Jonathan Williams traten auch Jacky Ickx und Piers Courage im Laufe des Jahres mit dem Formel 2-Rennwagen von de Tomaso an. Besonders der dritte Platz von Courage in ersten Lauf des traditionell in zwei Teilen ausgetragenen F2-Rennens in Vallelunga überzeugte Frank Williams vom Potenzial der neuen Verbindung.


Das Drama von Zandvoort!

Die Zusammenarbeit mit einem Autobauer bot Williams zudem die Möglichkeit, sich zunächst auf die Königsklasse zu konzentrieren. Gian Paolo Dallara stellte mit dem de Tomaso 505 für die Saison 1970 einen zeitgenössischen Rennwagen auf die Räder. Beim Antrieb vertraute die britisch-italienische Renngemeinschaft weiter auf den bewährten V8 von Cosworth. Dem technologischen Anspruch des Sportwagenherstellers de Tomaso folgend, setzte Dallara bei der Konstruktion des Monoposto auf relativ viel Magnesium. Davon versprachen sich alle Beteiligten Gewichtsvorteile.

De Tomaso 505 beim AvD Oldtimer-Grand-Prix 2022. 1970 setzte Frank Williams Racings Cars dieses Auto ein.
Paul Grant im De Tomaso 505 beim AvD Oldtimer-Grand-Prix 2022 (Foto: Tom Schwede – AutoNatives.de)

Trotzdem galt der 505 beim Debüt als etwas zu schwer. Zudem war der Rennwagen unzuverlässig. Doch mit kontinuierlicher Entwicklungsarbeit machte sich Frank Williams Racings Cars daran, dem Rennwagen von de Tomaso die Schwachstellen auszutreiben. Doch die Entwicklungsarbeit geriet ins Stocken als Piers Courage beim Großen Preis der Niederlande in Zandvoort tödlich verunglückte. Courage verbrannte im Wrack seines Rennwagens. Denn nach einem Unfall entzündete sich das Benzin. Der reichhaltige Einsatz von Magnesium beim Bau des Chassis gab dem Feuer weitere Nahrung.

Zandvoort 1970 war ein Skandal!

Da schon beim Aufprall ein Vorderrad den Piloten traf, verlor dieser beim Unfall wohl das Bewusstsein. Anders als vor ein paar Wochen Romain Grosjean konnte Piers Courage den Rennwagen nicht verlassen und starb daher in den Flammen den Rennfahrertod. Es gilt bis heute als Skandal, dass das Rennen während der Löscharbeiten einfach weiterlief. Für Frank Williams war der Verlust seines Freundes Piers Courage der emotionale Tiefpunkt seiner Karriere. Viele Szene-Kenner sind sich sicher, dass Williams wegen dieses Verlusts nie wieder zu einem anderen Rennfahrer eine enge Bindung aufbaute.

Beim Großen Preis der Niederlande verunglückt Piers Courage.
Beim Großen Preis der Niederlande verunglückt Piers Courage. Die Rettungskräfte sind mit der Situation überfordert und unzureichend ausgerüstet. Courage kommt ums Leben. Zum Skandal gerät, dass das Rennen während der Löscharbeiten ungebremst weiterläuft. Ein Tiefpunkt der Formel-1-Geschichte. (Foto: Joost Evers / Anefo – Nationaal Archief , Bestandsnummer 923-6117)

Von einem harten und rauen Umgang des Teamchefs mit seinen Piloten berichten praktisch alle, die einmal für Williams fuhren. Auch Jonathan Williams hängte kurz nach dem Tod des gemeinsamen Freundes seinen Helm bald an den Nagel. Der Ex-Rennfahrer verdiente sein Geld in den kommenden Jahren zunächst als Privatpilot von Alejandro de Tomaso, um anschließend als Kunstflieger zu arbeiten. Nach dem Unfall von Zandvoort verzichtete Frank Williams Racing Cars die Rennen in Frankreich und Großbritannien. In Hockenheim übernahm Brian Redman das Cockpit, verpasste aber die Qualifikation. Anschließend saß Tim Schenken im de Tomaso.

Frank Williams Racing Cars wird March-Kundenteam

Doch auch der Australier konnte mit dem von Frank Williams Racing Cars eingesetzten Rennwagen kein Rennen in Wertung beenden. Die Allianz mit de Tomaso endete nach nur einem Jahr. 1971 setzte Frank Williams stattdessen einen March ein. Ins Cockpit stieg Henri Pescarolo. Der Franzose fuhr in Großbritannien (4.) und Deutschland (6.) sogar zweimal in die Punkte. Nebenbei trat Williams auch wieder in der Formel 2 an. Unter anderem fuhren Derek Bell und Carlos Pace für Frank Williams Racing Cars die Formel 2-Europameisterschaft. Denn in der Formel 2 war damals Geld zu verdienen, zahlten die Veranstalter doch Startgeld, um dem Publikum etwas bieten zu können.

Trotzdem blieb die finanzielle Lage von Frank Williams Racing Cars angespannt. Deshalb waren im Fahrerlager der Formel 1 viele überrascht, dass das Team 1972 bereits mit zwei Rennwagen in der Königsklasse antrat. Neben Pescarolo saß jetzt Carlos Pace in einem weiteren March des Teams. Dank der Sponsoren des Brasilianers floß frisches Geld in die schmale Kasse des Teams. Denn bei Frank Williams Racing Cars fuhren Piloten, deren Sponsoren fürs Fahren bezahlen! Doch Frank Williams war klar, dass auf Dauer kein Weg am Einsatz eines eigenen Autos vorbeiführt. Der Einsatz der käuflichen Rennwagen verschlang einen großen Teil des Budgets.


Deshalb wollte auch Frank Williams mit seinem Team Frank Williams Racing Cars in den Kreis der Formel-1-Konstrukteure aufsteigen. Doch dazu in Kürze mehr …

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Ein Beitrag von:

Fabian P. Wiedl interessiert sich seit Kindestagen für Motorsport und Automobile. Als Mitverfasser mehrerer Bücher, wovon insbesondere „Audi Typenkunde: Renn- und Rallyewagen von 1968 bis 2013“ zu erwähnen ist, greift Wiedl gern auf sein umfassendes Motorsport-Archiv zurück.

Tom Schwede wuchs in einem ausgesprochen automobilen Umfeld auf. Dies war ein optimaler Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Seit 2010 moderiert Tom bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland sowie dem angrenzenden Ausland.

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