Fahrberichte: Volkswagen

Test VW T6 – unterwegs im Raummobil der sechsten Generation

Nach zwölf Jahren Laufzeit hat Volkswagen seinen VW-Bus umfassend überarbeitet. Aus dem T5 wurde der T6, der jetzt bei den Händlern steht. Ich war mit der neuen Generation auf Probefahrt.

Volkswagen vermarktet den neuen VW-Bus konsequent als sechste Generation seines Transporters. Das Online-Lexikon Wikipedia spricht dagegen von einem Facelift. Die Wahrheit dürfte in der Mitte liegen.

Was ist neu beim VW T6 des Jahrgangs 2015?

Die Designer haben an der Front die Motorhaube, die Scheinwerfer und die vorderen Kotflügel sowie die Stoßstange überarbeitet. Dazu gibt es neue Rückleuchten und eine geänderte Heckklappe. Im Innenraum zieht ein neues Armaturenbrett ein. Zudem verfügt der Bus jetzt über die aktuellen Assistenz- und Infotainmentsysteme aus dem Angebot des Konzerns.

Als PKW-Version erfüllt der T6 die Abgasnorm Euro-6. Die Nutzfahrzeuge sind zunächst weiter auch mit Euro-5-Motoren verfügbar. Um bei den Diesel-Motoren, die traditionell den Markt der Transporter dominieren, die strengen Anforderungen der Euro-6-Abgasnorm zu erfüllen, vertraut Volkswagen auf die sogenannte selektive katalytische Reduktion (SCR). Dieser chemische Prozess erfordert die Zugabe von Ammoniak. VW setzt dabei auf AdBlue, eine 32,5-prozentige, wässrige und synthetisch hergestellte Harnstofflösung. Sie gibt es an der Tankstelle. 13 Liter fasst der Zusatztank im T6. Das reicht für bis zu 7.000 Kilometer. Wer tanken kann, der ist auch in der Lage AdBlue nachzufüllen.

Freuen wird – insbesondere regelmäßige Mitfahrer – die überarbeitete Federung. In der hinteren Sitzreihe schaukelte es im T5 ziemlich kräftig, weil sich diese Sitze direkt über der Hinterachse befinden. Mit dem jetzt im T6 verfügbaren adaptiven Fahrwerk lässt sich das Nachschwingen deutlich reduzieren. Vorausgesetzt, der VW-Bus wird mit der richtigen Einstellung bewegt. Denn das adaptive Fahrwerk kennt drei Einstellungen. Mit der Wahloption „komfortabel“ erinnert das Nachschwingen an das Verhalten des T5. Erst mit den Einstellungen „normal“ und „sportlich“ stellt sich ein Fortschritt ein. Ein Eindruck, den Benjamin Brodbeck von automativ.de teilt.

Wie wirkt der VW T6 auf mich?

Vertraut – denn an der grundlegenden Silhouette hat sich nichts geändert. Obwohl Volkswagen es geschafft hat, das Design mit der Überarbeitung aufzufrischen. Der T6 sieht tatsächlich mehr nach 2015 als nach 2003 aus. Am deutlichsten ist die Veränderung im Innenraum. Das neue Armaturenbrett und die überarbeitete Position des Lenkrads sind eine Verbesserung. Und ein typisches Beispiel dafür, wie konsequent Volkswagen sich beim Generationswechsel die Schwachstellen des T5 vornahm.

Welche Motoren bietet Volkswagen im T6 an?

Sechs Motoren stehen zur Auswahl. Vier Turbodiesel und zwei Turbobenziner sind verfügbar. Alle Aggregate verfügen serienmäßig über eine Start-Stopp-Automatik. Der Turbodiesel ist eine Adaption des 2013 vorgestellten Zweiliter-Aggregats EA288. Für den Einsatz im Nutzfahrzeug nahmen die Techniker Änderungen vor, die die Robustheit verbessern. Denn die Transporter werden überdurchschnittlich oft im Kurzstreckenverkehr eingesetzt. Mit deutlich mehr Start-Vorgängen, als es bei Personenkraftwagen üblich ist. Das erfordert einige Detailänderungen, auch weil der Motor im Bus um einige Grad geneigt eingebaut wird.

Die Motoren leisten zwischen 84 und 204 PS. In den Varianten mit 84, 102 und 150 PS setzt ein Turbolader den 1.968 cm³ großen Vierzylinder-Diesel unter Druck. In der 204 PS-Version übernehmen zwei Turbolader die Beatmung. Alle Turbodiesel erfüllen die Euro-6-Norm. Mit einem Norm-Verbrauch von sechs Litern für 100 Kilometer sind die Motoren mit 84 und 102 PS die Sparmeister im T6-Programm. Mit 6,2 beziehungsweise 6,6 Litern liegen die Varianten mit 150 und 204 PS jedoch nur knapp dahinter.

Der Turbobenziner verfügt ebenfalls über zwei Liter Hubraum. Mit 150 und 204 PS stehen im Benziner zwei Leistungsstufen zur Verfügung. Beide erfüllen ebenfalls die Euro-6-Norm, auch wenn die endgültigen Einstufungen noch nicht vorliegen. Allrad-Freunde können die größeren Motoren auch mit Allrad-Antrieb ordern. Nur der kleine Benziner und die beiden kleinen Diesel sind ausschließlich mit Frontantrieb verfügbar.

Wie fährt sich der 2015er VW T6?

Fahrveranstaltungen der großen Autohersteller bieten in der Regel die Möglichkeit, unterschiedliche Varianten und Motorisierungen eines Fahrzeugs auszuprobieren. Das ermöglicht den unmittelbaren Vergleich. Ich nutzte bei der T6-Fahrveranstaltung von VW die Gelegenheit, gleich zwei der neuen Diesel-Motoren auszuprobieren. Neben dem 150 PS starken Aggregat probierte ich auch die Version mit 204 PS aus.

Natürlich machte der stärkere der beiden Motoren Spaß. Mit ihm lässt sich der T6 in weniger als zehn Sekunden an die Grenze des auf der Landstraße erlaubten treiben. Und auf der Autobahn lässt – wo das noch geht – die Beschleunigung bis Tempo 203 km/h fortsetzen. Doch braucht man das? Ist das wirklich notwendig? Nein, denke ich! Reisen statt Rasen – selten hat mir das Befolgen dieses Mottos so viel Spaß bereitet. Und dazu bedarf es nicht 204 PS Leistung und 450 Newtonmeter Drehmoment. Das klappt auch mit einer Leistung von 150 PS und einem Drehmoment von 340 Newtonmetern vorzüglich.

Unabhängig davon fällt das Fahren im VW-Bus einfach. Volkswagen hat dem Neuen (fast) alle im Konzern verfügbaren Assistenzsysteme spendiert. Nicht immer serienmäßig, aber als Extra kann der Kunde sie ordern. Mir hat der Tempomat mit automatischer Abstandregelung gefallen – Adaptive Cruise Control (ACC) wie das bei VW heißt. Besonders in Ländern mit strengen Kontrollen des Tempolimits ist das ein nützliches Extra, das ich als Käufer eines T6 nicht missen wollte.

Beim Schwimmen im Stadtverkehr helfen die klaren – fast einfachen – Linien des T6. Der VW-Bus ist übersichtlich und lässt sich in der Stadt ohne große Probleme navigieren. Die Tatsache, dass der Wendekreis um einige Zentimeter größer ausfällt, als beim Wettbewerber aus Rüsselsheim fällt im Alltag nicht ins Gewicht.

Wie sitze ich im neuen VW T6?

Wer einen Kleintransporter fährt, reist im automobilen Hochparterre durch die Landschaft. Muss beim Einsteigen zwar nicht wie ein Lastwagenfahrer den Bock erklimmen, aber trotzdem hinaufsteigen. Auf dem Fahrersitz angekommen finde ich für meinen zwei Meter langen Körper sofort eine passende Sitzposition. Hervorragend der Überblick, der es auch im dichten Stadtverkehr einfach macht, mit dem T6 zu reisen.

Durch das im Vergleich zum Vorgänger etwas steiler gestellte Lenkrad erinnert die Sitzposition fast schon an einen Personenkraftwagen. Dazu bleibt über dem Kopf jede Menge Luft, bis das Fahrzeugdach die Grenze zum Himmel bildet. Ähnlich wie Opel im Vivaro hat auch VW den Schalthebel etwas aus dem eigentlichen Instrumententräger herausgezogen. Allerdings nicht soweit, dass ich mir dort wie im Vivaro permanent das Knie stoße.

Bilder zum VW-Bus T6

Was hat mir gefallen?

Der VW-Bus ist in allen Details gut durchdacht. Dazu kommt, dass der Bus bis heute ein echter Sympathieträger ist. Besonders das Sondermodell „Generation SIX“ weiß zu gefallen. Das Sondermodell ist ein Retro-Bus mit Zweifarb-Lackierung, Chromleisten und Chromfelgen. Die Zweifarb-Lackierung ist in verschiedenen Kombinationen erhältlich. Das Vorzeigemodell von Volkswagen ist oben weiß und unten rot. Das erinnert an die 1950er-Jahre und würdigt den beliebten Samba-Bus der ersten Generation des VW-Transporters. Auch wenn dem Nachfahren die Fenster im Dach fehlen.

Die Ausstattung des SIX basiert auf der mittleren Ausstattungslinie Comfortline. Damit bringt das Sondermodell bereits den von mir gewünschten Tempomaten ACC mit. Dazu gehören unter anderem dunkelgetönte Scheiben (Privacy Verglasung), LED-Frontscheinwerfer und -Rückleuchten sowie Nebenscheinwerfer mit Abbiegelicht zum Ausstattungsumfang. Und die natürlich der Retrolook mit Zweifarb-Lackierung, dem Chrompaket und den 18“ großen Chromfelgen.

Das alles ist genauso chic wie auffällig. Mir gefällt der Auftritt des Sondermodells „Generation SIX“. Womit ich offensichtlich auch nicht alleine bin. Denn während der Testfahrt mit dem Sondermodell, das VW exklusiv zur Einführung der sechsten Generation anbietet, sprachen mich bei Fotostopps gleich mehrere Passanten auf den VW-Bus an. Bis auf eine Frau, die in dem Wagen das Abbild der polnischen Nationalflagge sah, fanden sie die „Generation SIX“ mindestens so cool wie ich.

Was hat mit am VW T6 nicht gefallen?

Der VW-Bus verfügt, als „Personentransporter“ Multivan über ein sehr flexibles Schienensystem im Wagenboden. Damit lassen sich Sitze, Tische und Ablageboxen fast völlig frei im Raum bewegen. Das System gehört zu den Highlights der VW-Busse. Doch es gibt auch Anlass für einen kleinen Kritikpunkt. Denn es ist möglich, dass sich Vordersitze und die Sitze in der zweiten Sitzreihe gegenseitig blockieren. Das passt nicht ganz zum sonst vorherrschenden Perfektionsanspruchs des T6.

Großartig – im Wortsinn – ist die Heckklappe. Sie öffnet so weit, dass ich darunter stehen kann. Ein Feature, das auch Thomas von Autogefühl gefällt. Allerdings ist die Heckklappe sehr schwer. Das Öffnen und Schließen erfordert einige Kraft. Und eine elektrische Unterstützung, die bei kleineren PKW längst Standard ist, ist für den VW-Bulli bisher nur die Ankündigung. Sie soll 2016 verfügbar sein.

Welcher VW T6 (2015) ist mein Favorit?

Die Frage war selten so einfach zu beantworten, wie beim neuen VW-Bus. Mein Favorit ist das Sondermodell „Generation SIX“. Bei seinem Antrieb würde ich mich für einen Turbodiesel entscheiden. Wobei ich, das habe ich schon geschrieben, nicht zur 204-PS-Version greifen würde. Mir reichen auch 150 PS. 48.650 Euro kostet der VW-Bus damit. Das ist ein ordentlicher Schluck aus der Pulle. Dem gegenüber steht ein solides Auto, das zumindest in der Vergangenheit die hohen Preise mit besonderer Werthaltigkeit belohnt hat.

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Als Kind der 1970er-Jahre hatte Tom das große Vergnügen, in einem ausgesprochen automobilen Umfeld aufzuwachsen. Das war der optimale Nährboden, um heute über Autos zu schreiben und regelmäßig am Mikrofon über Autos zu sprechen. Denn Tom Schwede moderiert seit 2010 bei großen Oldtimer- und Klassik-Veranstaltungen in Deutschland. So ist Tom unter anderem bei den Classic Days (früher Schloß Dyck, heute in Düsseldorf) oder dem 1.000 Kilometer-Rennen am Nürburgring zu hören. Wenn Sie also einen Moderator oder Streckensprecher für Ihre Oldtimer-Rallye oder Ihr Oldtimer-Treffen suchen, dann sind Sie bei Tom definitiv richtig!